Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679.

Bild:
<< vorherige Seite
Ausleg- und Sinn-gebender
Erklärung/
über die
METAMORPHOSIS,
oder
Verwandlungs-Bücher/
Des
Publius Ovidius Naso.
Eilftes Buch.
[Spaltenumbruch]

VOm Orpheus haben wir/ im vorhergehenden Buche/ fast alles/ was wir zu sagen gehabt/ erzehlt/ wie auch unterschiedliche Meinungen von seinem Tode beygebracht. Einige vermeinen/ er seye in Tracien vom Jupiter/ durch einen Donnerstral/ erschlagen worden/ wie unter andern auch diese Grabschrifft des Leonidas ausweiset:

Des Thrazers Orpheus sein Gebein ligt
hier bedeckt/

den Jupiter mit Blitz' und Donner-Stral
erschreckt/

und gantz zerschmettert hat etc.

Pausanias sagt/ daß die Nachtigaln/ so sich um das Grab des Orpheus aufgehalten/ viel lieb- und künstlicher gesungen/ als alle andere gethan hätten. Sein Grab aber war in Macedonien/ an dem Ort Dia genannt: und weil seine Glieder auf dem Felde zerrissen/ und vor den wilden Thieren gelegen/ Auslegung/ auf die in Sterne verwandelte Harff des Orpheus. haben die neun Musen selbige begraben. Sein Haupt war vom Fluß Hebre bis Lesbos geschwommen/ und allda begraben/ seine Harff unter die Sternen gestellet/ und mit neun hellen Sternen gezieret: dann iede Musa/ oder Gesang-Göttin hatte einen darzu gegeben. Wordurch zu verstehen ist/ daß der Menschen tugendsame und ehrlöbliche Thaten in der Ewigkeit blincken/ berühmt seyn/ und in stets-gläntzender Gedächtnus bleiben. Hierauf folgen nun Silenus und Midas.

Vom Silenus.

WEr dieses Silenus Eltern gewesen/ habe ich nirgend funden/ sondern nur/ daß er/ wie Pausanias und Pindarus erzehlen/ aus der Stadt Malca in Macedonien gewest. Wiewol Catullus sagt/ daß er von Nysa/ einer Stadt in Indien/ bürtig gewest sey. Seine Mutter soll gewest seyn eine Nymphe/ geringer dann die Götter/[Spaltenumbruch] und doch mehr als ein Mensch. Er war der Kostherr und Auferzieher des Bachus. Lucianus sagt/ er sey gewest ein alter Mann/ klein von Gestalt/ fett/ und habe einen sehr dicken Bauch/ eine zerdruckte Nase/ kahlen Kopff/ lange/ scharffe/ spitzige Ohren gehabt/ sey zitterend/ sich auf einem Stecken lehnend einhergegangen: Er pflegte sehr gebückt mit einem langen gelben Kleide/ als ein Weib/ auf seinem Esel zu sitzen. Unter dem Bachus/ ist er gewest ein tapfferer Hofmann und Kriegs-Obrister/ dem jener am meisten vertrauen kunte/ und der trefllichgute Erfahrenheit hatte/ eine Schlacht-Ordnung zu stellen. Virgilius/ in seinem sechsten Hirten-Liede/ sagt/ er sey meist bezecht und truncken gewest; unser Poet aber/ in seiner Liebs-kunst/ daß er allezeit einen Theil Satyren bey sich gehabt/ die ihme wann er truncken vom Esel gefallen/ wiederum drauf geholffen. Pausanias meldet ebenfalls/ daß der älteste/ unter denen Satyren/ Silenus genennet worden. Von seinem Esel werden Wunder-Dinge erzehlet. Erstlich/ als Jupiter bestritten ward/ von den Riesen/ machte er ein solches Geschrey/ daß die Riesen erschracken/ und die Flucht nahmen/ in Meinung/ es wäre ein erschrecklich Gespenst/ oder Ungeheuer vorhanden/ welches die Götter herbey brächten. So trieb er auch die Indianer/ auf solche Weise/ in die Flucht/ als Bachus daselbst Krieg führte: also/ daß dieses Thier nachgehends gleichfalls unter die Sterne gesetzet werden muste. Man sagte/ daß Midas eins den Silenus betrogen. Dann weil er gewust/ daß dieser alte Mann ein grosser Liebhaber des Weins/ habe er in einen Spring-Brunn Wein giessen/ ihme Netze/ oder Stricke legen lassen/ und ihn also gefangen bekommen: dieweil er aber gewust/ daß er von des Bachus Volcke/ habe er ihn wol empfangen/ und den zehnten Tag wieder losgegeben/ nachdem er vom Silenus viel vortrefliche und verborgene Dinge/ als/ von dem fremden und unbekandten Indien/ und dergleichen mehr/ erlernet hatte. Von denen Daemones was sie gewesen. Strabo gedenckt/ in seinem zehntem Buche/ daß die Satyri/ Sileni/ Bacchi/ und Tityri/ gewesen/ Daemones, oder Diener und Knechte der andern

Ausleg- und Sinn-gebender
Erklärung/
über die
METAMORPHOSIS,
oder
Verwandlungs-Bücher/
Des
Publius Ovidius Naso.
Eilftes Buch.
[Spaltenumbruch]

VOm Orpheus haben wir/ im vorhergehenden Buche/ fast alles/ was wir zu sagen gehabt/ erzehlt/ wie auch unterschiedliche Meinungen von seinem Tode beygebracht. Einige vermeinen/ er seye in Tracien vom Jupiter/ durch einen Donnerstral/ erschlagen worden/ wie unter andern auch diese Grabschrifft des Leonidas ausweiset:

Des Thrazers Orpheus sein Gebein ligt
hier bedeckt/

den Jupiter mit Blitz’ und Donner-Stral
erschreckt/

und gantz zerschmettert hat etc.

Pausanias sagt/ daß die Nachtigaln/ so sich um das Grab des Orpheus aufgehalten/ viel lieb- und künstlicher gesungen/ als alle andere gethan hätten. Sein Grab aber war in Macedonien/ an dem Ort Dia genannt: und weil seine Glieder auf dem Felde zerrissen/ und vor den wilden Thieren gelegen/ Auslegung/ auf die in Sterne verwandelte Harff des Orpheus. haben die neun Musen selbige begraben. Sein Haupt war vom Fluß Hebre bis Lesbos geschwommen/ und allda begraben/ seine Harff unter die Sternen gestellet/ und mit neun hellen Sternen gezieret: dann iede Musa/ oder Gesang-Göttin hatte einen darzu gegeben. Wordurch zu verstehen ist/ daß der Menschen tugendsame und ehrlöbliche Thaten in der Ewigkeit blincken/ berühmt seyn/ und in stets-gläntzender Gedächtnus bleiben. Hierauf folgen nun Silenus und Midas.

Vom Silenus.

WEr dieses Silenus Eltern gewesen/ habe ich nirgend funden/ sondern nur/ daß er/ wie Pausanias und Pindarus erzehlen/ aus der Stadt Malca in Macedonien gewest. Wiewol Catullus sagt/ daß er von Nysa/ einer Stadt in Indien/ bürtig gewest sey. Seine Mutter soll gewest seyn eine Nymphe/ geringer dann die Götter/[Spaltenumbruch] und doch mehr als ein Mensch. Er war der Kostherr und Auferzieher des Bachus. Lucianus sagt/ er sey gewest ein alter Mann/ klein von Gestalt/ fett/ und habe einen sehr dicken Bauch/ eine zerdruckte Nase/ kahlen Kopff/ lange/ scharffe/ spitzige Ohren gehabt/ sey zitterend/ sich auf einem Stecken lehnend einhergegangen: Er pflegte sehr gebückt mit einem langen gelben Kleide/ als ein Weib/ auf seinem Esel zu sitzen. Unter dem Bachus/ ist er gewest ein tapfferer Hofmann und Kriegs-Obrister/ dem jener am meisten vertrauen kunte/ und der trefllichgute Erfahrenheit hatte/ eine Schlacht-Ordnung zu stellen. Virgilius/ in seinem sechsten Hirten-Liede/ sagt/ er sey meist bezecht und truncken gewest; unser Poet aber/ in seiner Liebs-kunst/ daß er allezeit einen Theil Satyren bey sich gehabt/ die ihme wann er truncken vom Esel gefallen/ wiederum drauf geholffen. Pausanias meldet ebenfalls/ daß der älteste/ unter denen Satyren/ Silenus genennet worden. Von seinem Esel werden Wunder-Dinge erzehlet. Erstlich/ als Jupiter bestritten ward/ von den Riesen/ machte er ein solches Geschrey/ daß die Riesen erschracken/ und die Flucht nahmen/ in Meinung/ es wäre ein erschrecklich Gespenst/ oder Ungeheuer vorhanden/ welches die Götter herbey brächten. So trieb er auch die Indianer/ auf solche Weise/ in die Flucht/ als Bachus daselbst Krieg führte: also/ daß dieses Thier nachgehends gleichfalls unter die Sterne gesetzet werden muste. Man sagte/ daß Midas eins den Silenus betrogen. Dann weil er gewust/ daß dieser alte Mann ein grosser Liebhaber des Weins/ habe er in einen Spring-Brunn Wein giessen/ ihme Netze/ oder Stricke legen lassen/ und ihn also gefangen bekommen: dieweil er aber gewust/ daß er von des Bachus Volcke/ habe er ihn wol empfangen/ und den zehnten Tag wieder losgegeben/ nachdem er vom Silenus viel vortrefliche und verborgene Dinge/ als/ von dem fremden und unbekandten Indien/ und dergleichen mehr/ erlernet hatte. Von denen Daemones was sie gewesen. Strabo gedenckt/ in seinem zehntem Buche/ daß die Satyri/ Sileni/ Bacchi/ und Tityri/ gewesen/ Daemones, oder Diener und Knechte der andern

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div>
          <pb facs="#f0300" xml:id="pb-1247" n="[Metamorphosis, S. 124]"/>
          <div>
            <head>Ausleg- und Sinn-gebender<lb/>
Erklärung/<lb/>
über die<lb/><hi rendition="#aq">METAMORPHOSIS,</hi><lb/>
oder<lb/>
Verwandlungs-Bücher/<lb/>
Des<lb/><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-350 http://d-nb.info/gnd/118590995 http://viaf.org/viaf/88342447">Publius Ovidius Naso</persName>. </head><lb/>
            <head>Eilftes Buch.</head><lb/>
            <cb/>
            <p><hi rendition="#in">V</hi>Om <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-532 http://d-nb.info/gnd/118590278 http://viaf.org/viaf/27213508">Orpheus</persName> haben <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">wir</persName>/ im vorhergehenden Buche/ fast alles/ was <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">wir</persName> zu sagen gehabt/ erzehlt/ wie auch unterschiedliche Meinungen von seinem Tode beygebracht. Einige vermeinen/ er seye in <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-222 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7001303">Tracien</placeName> vom <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-99 http://d-nb.info/gnd/118558897 http://viaf.org/viaf/22933410">Jupiter</persName>/ durch einen Donnerstral/ erschlagen worden/ wie unter andern auch diese Grabschrifft des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2344 http://d-nb.info/gnd/118973932 http://viaf.org/viaf/14430039">Leonidas</persName> ausweiset:</p>
            <lg rendition="#c" type="poem">
              <l>Des Thrazers <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-532 http://d-nb.info/gnd/118590278 http://viaf.org/viaf/27213508">Orpheus</persName> sein Gebein ligt<lb/>
hier bedeckt/</l><lb/>
              <l>den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-99 http://d-nb.info/gnd/118558897 http://viaf.org/viaf/22933410">Jupiter</persName> mit Blitz&#x2019; und Donner-Stral<lb/>
erschreckt/</l><lb/>
              <l>und gantz zerschmettert hat etc.</l><lb/>
            </lg>
            <p><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-331 http://d-nb.info/gnd/118592246 http://viaf.org/viaf/100176033">Pausanias</persName> sagt/ daß die Nachtigaln/ so sich um das Grab des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-532 http://d-nb.info/gnd/118590278 http://viaf.org/viaf/27213508">Orpheus</persName> aufgehalten/ viel lieb- und künstlicher gesungen/ als alle andere gethan hätten. Sein Grab aber war in <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-515 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7001349">Macedonien</placeName>/ an dem Ort <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-2231">Dia</placeName> genannt: und weil seine Glieder auf dem Felde zerrissen/ und vor den wilden Thieren gelegen/ <note place="right">Auslegung/ auf die in Sterne verwandelte Harff des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-532 http://d-nb.info/gnd/118590278 http://viaf.org/viaf/27213508">Orpheus</persName>.</note> haben die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1666 http://d-nb.info/gnd/118820656 http://viaf.org/viaf/5727734">neun Musen</persName> selbige begraben. Sein Haupt war vom Fluß <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1469">Hebre</placeName> bis <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1050 http://www.geonames.org/258466/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7002672">Lesbos</placeName> geschwommen/ und allda begraben/ seine Harff unter die Sternen gestellet/ und mit neun hellen Sternen gezieret: dann iede <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4567">Musa</persName>/ oder <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4567">Gesang-Göttin</persName> hatte einen darzu gegeben. Wordurch zu verstehen ist/ daß der Menschen tugendsame und ehrlöbliche Thaten in der Ewigkeit blincken/ berühmt seyn/ und in stets-gläntzender Gedächtnus bleiben. Hierauf folgen nun <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1097">Silenus</persName> und <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-666 http://d-nb.info/gnd/118924176 http://viaf.org/viaf/30335859">Midas</persName>.</p>
            <p rendition="#c">Vom <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1097">Silenus</persName>.</p>
            <p>WEr dieses <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1097">Silenus</persName> Eltern gewesen/ habe <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">ich</persName> nirgend funden/ sondern nur/ daß er/ wie <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-331 http://d-nb.info/gnd/118592246 http://viaf.org/viaf/100176033">Pausanias</persName> und <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2082 http://d-nb.info/gnd/118594427 http://viaf.org/viaf/100181296">Pindarus</persName> erzehlen/ aus der Stadt <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-2231">Malca</placeName> in <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-515 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7001349">Macedonien</placeName> gewest. Wiewol <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1412 http://d-nb.info/gnd/118519719 http://viaf.org/viaf/100218993">Catullus</persName> sagt/ daß er von <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1012">Nysa</placeName>/ einer Stadt in <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-344 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7000208">Indien</placeName>/ bürtig gewest sey. Seine Mutter soll gewest seyn eine Nymphe/ geringer dann die Götter/<cb/>
und doch mehr als ein Mensch. Er war der Kostherr und Auferzieher des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-133 http://d-nb.info/gnd/118651439 http://viaf.org/viaf/27864934">Bachus</persName>. <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-119 http://d-nb.info/gnd/118575228 http://viaf.org/viaf/89552688">Lucianus</persName> sagt/ er sey gewest ein alter Mann/ klein von Gestalt/ fett/ und habe einen sehr dicken Bauch/ eine zerdruckte Nase/ kahlen Kopff/ lange/ scharffe/ spitzige Ohren gehabt/ sey zitterend/ sich auf einem Stecken lehnend einhergegangen: Er pflegte sehr gebückt mit einem langen gelben Kleide/ als ein Weib/ auf seinem Esel zu sitzen. Unter dem <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-133 http://d-nb.info/gnd/118651439 http://viaf.org/viaf/27864934">Bachus</persName>/ ist er gewest ein tapfferer Hofmann und Kriegs-Obrister/ dem jener am meisten vertrauen kunte/ und der trefllichgute Erfahrenheit hatte/ eine Schlacht-Ordnung zu stellen. <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-410 http://d-nb.info/gnd/118626574 http://viaf.org/viaf/8194433">Virgilius</persName>/ in seinem sechsten Hirten-Liede/ sagt/ er sey meist bezecht und truncken gewest; <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-350 http://d-nb.info/gnd/118590995 http://viaf.org/viaf/88342447">unser Poet</persName> aber/ in seiner Liebs-kunst/ daß er allezeit einen Theil Satyren bey sich gehabt/ die ihme wann er truncken vom Esel gefallen/ wiederum drauf geholffen. <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-331 http://d-nb.info/gnd/118592246 http://viaf.org/viaf/100176033">Pausanias</persName> meldet ebenfalls/ daß der älteste/ unter denen <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3784">Satyren</persName>/ <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1097">Silenus</persName> genennet worden. Von seinem Esel werden Wunder-Dinge erzehlet. Erstlich/ als <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-99 http://d-nb.info/gnd/118558897 http://viaf.org/viaf/22933410">Jupiter</persName> bestritten ward/ von den Riesen/ machte er ein solches Geschrey/ daß die Riesen erschracken/ und die Flucht nahmen/ in Meinung/ es wäre ein erschrecklich Gespenst/ oder Ungeheuer vorhanden/ welches die Götter herbey brächten. So trieb er auch die Indianer/ auf solche Weise/ in die Flucht/ als <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-133 http://d-nb.info/gnd/118651439 http://viaf.org/viaf/27864934">Bachus</persName> daselbst Krieg führte: also/ daß dieses Thier nachgehends gleichfalls unter die Sterne gesetzet werden muste. Man sagte/ daß <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-666 http://d-nb.info/gnd/118924176 http://viaf.org/viaf/30335859">Midas</persName> eins den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1097">Silenus</persName> betrogen. Dann weil er gewust/ daß dieser alte Mann ein grosser Liebhaber des Weins/ habe er in einen Spring-Brunn Wein giessen/ ihme Netze/ oder Stricke legen lassen/ und ihn also gefangen bekommen: dieweil er aber gewust/ daß er von des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-133 http://d-nb.info/gnd/118651439 http://viaf.org/viaf/27864934">Bachus</persName> Volcke/ habe er ihn wol empfangen/ und den zehnten Tag wieder losgegeben/ nachdem er vom <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1097">Silenus</persName> viel vortrefliche und verborgene Dinge/ als/ von dem fremden und unbekandten <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-344 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7000208">Indien</placeName>/ und dergleichen mehr/ erlernet hatte. <note place="right">Von denen Daemones was sie gewesen.</note> <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-578 http://d-nb.info/gnd/118618806 http://viaf.org/viaf/39384505">Strabo</persName> gedenckt/ in seinem zehntem Buche/ daß die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3784">Satyri</persName>/ Sileni/ Bacchi/ und Tityri/ gewesen/ <hi rendition="#aq">Daemones,</hi> oder Diener und Knechte der andern
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[Metamorphosis, S. 124]/0300] Ausleg- und Sinn-gebender Erklärung/ über die METAMORPHOSIS, oder Verwandlungs-Bücher/ Des Publius Ovidius Naso. Eilftes Buch. VOm Orpheus haben wir/ im vorhergehenden Buche/ fast alles/ was wir zu sagen gehabt/ erzehlt/ wie auch unterschiedliche Meinungen von seinem Tode beygebracht. Einige vermeinen/ er seye in Tracien vom Jupiter/ durch einen Donnerstral/ erschlagen worden/ wie unter andern auch diese Grabschrifft des Leonidas ausweiset: Des Thrazers Orpheus sein Gebein ligt hier bedeckt/ den Jupiter mit Blitz’ und Donner-Stral erschreckt/ und gantz zerschmettert hat etc. Pausanias sagt/ daß die Nachtigaln/ so sich um das Grab des Orpheus aufgehalten/ viel lieb- und künstlicher gesungen/ als alle andere gethan hätten. Sein Grab aber war in Macedonien/ an dem Ort Dia genannt: und weil seine Glieder auf dem Felde zerrissen/ und vor den wilden Thieren gelegen/ haben die neun Musen selbige begraben. Sein Haupt war vom Fluß Hebre bis Lesbos geschwommen/ und allda begraben/ seine Harff unter die Sternen gestellet/ und mit neun hellen Sternen gezieret: dann iede Musa/ oder Gesang-Göttin hatte einen darzu gegeben. Wordurch zu verstehen ist/ daß der Menschen tugendsame und ehrlöbliche Thaten in der Ewigkeit blincken/ berühmt seyn/ und in stets-gläntzender Gedächtnus bleiben. Hierauf folgen nun Silenus und Midas. Auslegung/ auf die in Sterne verwandelte Harff des Orpheus. Vom Silenus. WEr dieses Silenus Eltern gewesen/ habe ich nirgend funden/ sondern nur/ daß er/ wie Pausanias und Pindarus erzehlen/ aus der Stadt Malca in Macedonien gewest. Wiewol Catullus sagt/ daß er von Nysa/ einer Stadt in Indien/ bürtig gewest sey. Seine Mutter soll gewest seyn eine Nymphe/ geringer dann die Götter/ und doch mehr als ein Mensch. Er war der Kostherr und Auferzieher des Bachus. Lucianus sagt/ er sey gewest ein alter Mann/ klein von Gestalt/ fett/ und habe einen sehr dicken Bauch/ eine zerdruckte Nase/ kahlen Kopff/ lange/ scharffe/ spitzige Ohren gehabt/ sey zitterend/ sich auf einem Stecken lehnend einhergegangen: Er pflegte sehr gebückt mit einem langen gelben Kleide/ als ein Weib/ auf seinem Esel zu sitzen. Unter dem Bachus/ ist er gewest ein tapfferer Hofmann und Kriegs-Obrister/ dem jener am meisten vertrauen kunte/ und der trefllichgute Erfahrenheit hatte/ eine Schlacht-Ordnung zu stellen. Virgilius/ in seinem sechsten Hirten-Liede/ sagt/ er sey meist bezecht und truncken gewest; unser Poet aber/ in seiner Liebs-kunst/ daß er allezeit einen Theil Satyren bey sich gehabt/ die ihme wann er truncken vom Esel gefallen/ wiederum drauf geholffen. Pausanias meldet ebenfalls/ daß der älteste/ unter denen Satyren/ Silenus genennet worden. Von seinem Esel werden Wunder-Dinge erzehlet. Erstlich/ als Jupiter bestritten ward/ von den Riesen/ machte er ein solches Geschrey/ daß die Riesen erschracken/ und die Flucht nahmen/ in Meinung/ es wäre ein erschrecklich Gespenst/ oder Ungeheuer vorhanden/ welches die Götter herbey brächten. So trieb er auch die Indianer/ auf solche Weise/ in die Flucht/ als Bachus daselbst Krieg führte: also/ daß dieses Thier nachgehends gleichfalls unter die Sterne gesetzet werden muste. Man sagte/ daß Midas eins den Silenus betrogen. Dann weil er gewust/ daß dieser alte Mann ein grosser Liebhaber des Weins/ habe er in einen Spring-Brunn Wein giessen/ ihme Netze/ oder Stricke legen lassen/ und ihn also gefangen bekommen: dieweil er aber gewust/ daß er von des Bachus Volcke/ habe er ihn wol empfangen/ und den zehnten Tag wieder losgegeben/ nachdem er vom Silenus viel vortrefliche und verborgene Dinge/ als/ von dem fremden und unbekandten Indien/ und dergleichen mehr/ erlernet hatte. Strabo gedenckt/ in seinem zehntem Buche/ daß die Satyri/ Sileni/ Bacchi/ und Tityri/ gewesen/ Daemones, oder Diener und Knechte der andern Von denen Daemones was sie gewesen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sandrart.net: Bereitstellung der Texttranskription in XML/TEI. (2013-05-21T09:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus sandrart.net entsprechen muss.
Sandrart.net: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-05-21T09:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-05-21T09:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/300
Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679, S. [Metamorphosis, S. 124]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/300>, abgerufen am 24.11.2024.