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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679.

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[Spaltenumbruch] auch denen Rechten und Gesetzen/ sich unterwerffe/ damit er nicht aufs neue in unwiederbringlichen Vom Acheron dem Höllen-Fluß. Schaden und Verderbnus einfalle. Belangend nun den Fährmann Charon/ der/ mit einem Schiffe/ Rudern und schwartzen beraucherten Segeln/ die Ströme/ Pfühle und Seen der Höllen/ als den Acheron/ Styx/ Cocytus und Phlegeton überfuhr: So haben wir gleichfalls nöhtig/ einige Erklärung drüber zu machen/ solches aber zu thun/ müssen wir erst/ von den Höllwässern/ etwas weitleufftiger reden. Acheron soll ein Sohn der Ceres/ oder der Erden gewesen/ und darum zur Höllen verjagt worden seyn/ weil er denen Titanen zu trincken gereicht/ als sie von dem Jupiter bestritten worden. Es war aber/ oder ist/ ein Fluß/ der seinen Namen hatte von einem Könige/ Namens Acheron/ welcher der erste/ so in Epirus/ oder der Landschafft Thesprotia herrschete. Dieser Fluß Acheron hat seinen Ursprung aus einem Meer in Elatria/ genannt Acherusia: und ist ein Wasser von sehr übelem Geschmack. Soll an einem Orte sich unter die Erde verbergen/ und an einem andern wiederum hervor kommen. Dieser Fluß oder Morast wurde genannt die erste Ruhstatt der Seelen/ oder der Ort/ allda sie erstlich überfahren müsten: Dieweil man letzlich/ im Ableiben oder Sterben/ einen bittern Geschmack des beängstigten Gemüts empfinde/ wegen der beschwerenden/ bösen und schnöden Wercke seines geführten Lebens/ welcher den Menschen erschrecke und eine Vom Flusse Styx. bittere Reue erwecke. Der zweyte Fluß/ welchen man zu überfahren hat/ ist Styx/ eine Tochter des Oceans und der Thetys/ oder Acherons/ oder der Erde. Sie vertraute sich/ mit einem/ Namens Pallas/ oder Piras/ von welchem sie die Hydra zeugete. Mit ihrem Vatter Acheron soll sie/ wie Einige sagen/ gezeugt haben eine Tochter/ genannt Victoria , oder Uberwindung/ und noch andere mehr/ als: Macht/ Gewalt/ und Eifer: die dem Jupiter Hülff und Beystand geleistet/ wider die Titanen: weswegen ihnen vom Jupiter solche Ehre bezeiget wurde/ daß der grosse heilige Eyd der Götter gethan werden und bestehen solte/ bey der Styx. Andere sagen/ daß sie diese Ehre deswegen erlangt habe/ weil sie dem Jupiter der Götter Anschlag geoffenbart/ als selbige ihn zu binden und zu fässelen beschlossen hatten. Das Wasser dieses Flusses/ sagen einige/ sey allen Thieren/ so darvon trincken/ überaus schädlich/ könne alle Metallen zerstören oder verschmeltzen/ und habe einen sehr übelen Geschmack. Und weil dieses Wasser sich in die Erde verbarg/ vermeinten die Menschen es säncke hinab Erklärung des Styx Flusses. in die Hölle/ und wäre ein höllischer Fluß. Gleichwie nun Acheron/ die Beschwerung des Gemühts/ über das vorhergeführte böse Leben/ welches man/ wann das Sterbstündlein herbey nahet/ zu überlegen beginnet: also ist dieser Styx der Haß und das Misfallen/ so man daran hat/ indeme man/ mit einem aufrechten Leidwesen/ gerührt wird: dannenhero wird gesagt/ daß die Seelen auch darüber fahren müssen. Cocytus ist gleichfalls ein Fluß/ der sich zu weilen unter die Erde verschlupfft; weswegen er ebenmässig ein Höllfluß heissen muß. Dieser laufft/ mit vielen umkrümmen/ nach dem Fluß Pyriphlegeton/ welcher ihm entgegen kommt/ in den Morast oder[Spaltenumbruch] Pfuhl Acherusia; iedoch vermenget sich des Cocytus Wasser mit keinem andern. Die Alte erdichteten/ daß Menta/ eine schöne Nymphe/ des Cocytus Tochter wäre/ die hernach von der Proserpina/ bey ihrem Pluto/ erwischt/ in ein Kraut/ nach ihrem Namen/ Menta, oder Müntze genannt/ verwandelt Von Cocytus und dessen Auslegung. worden sey. Cocytus bedeutet beklagen und beweinen; weil sie dasjenige verlassen müssen/ was sie/ auf dieser Welt/ am meisten in Ehren gehabt/ und geliebt haben. Andere deuten es auf das Geschrey und die Thrän-Vergiessung der Freunde über den Sterbenden/ oder bereits gestorbenen/ der doch mit keinen Thränen wieder herzubringen ist. Wiewol/ durch solches Wort/ Cocytus nemlich/ von Einigen auch verstanden wird/ das klagen oder beweinen des bösen Lebens: Und ist zu mercken/ daß/ der Poeten Aussage nach/ niemand zur Höllen kommen mochte/ dann über die erzehlte Flüsse/ oder (besser zu sagen) durch diese schreckliche Gedancken. Wormit dann die Alten lehren wolten/ daß man tugendsam und ehrlich/ in dieser Welt/ leben müsste/ damit man einen desto leichtern Ausgang haben möchte. Und hiermit wollen wir auch von dem Charon unsere Rede schliessen.

Das Wort Charon bedeutet in unserer Sprache Freude: wordurch verstanden wird/ daß das Menschliche Gemüht/ wann es diese schwere Anfechtungen überwunden/ oder sich wiederum getrost befindet/ in Uberdenckung des guten und vernünftigen Wandels/ alsdann sehr frölich sey/ von hinnen zu scheiden. Andere machen/ aus dem Charon/ die Zeit: weil er sey ein Sohn des Erebus/ den man für den geheimen Raht der Götter hält/ durch welchen die Zeit/ und alle Dinge/ ans Liecht gekommen: Seine Mutter ist die Nacht: dann/ vor der Zeit/ war kein Liecht/ sondern Finsternus: und dannenhero scheinet die Zeit/ aus der Finsternus/ oder Nacht/ geboren zu seyn. Er war geordnet in die Hölle/ dann im Himmel wird die Zeit nicht abgemessen mit Uhrwercken; weil sie allda ewig ist/ aber hierunten hat alles seine Zeit/ wie auch Anfang/ und Ende. Dieser Charon/ oder die Zeit/ nun führet die Seelen/ von dem einem Ufer/ zum andern: Dann so bald wir geboren seynd/ führet uns die Zeit hin nach dem Tode/ und bring uns Acheron über den Cocytus/ Phlegeton/ Styx/ Lethe/ oder dergleichen Höllen-Flüsse: welche sind allerley Traurigkeiten/ Beschwerungen/ Qvaal und Schmertzen dieser vergänglichen Welt; Die wir offtermals/ durch ein wenig Freude/ mit Beyhülffe einer edlen Natur/ oder Standhafftigkeit des Gemühts/ wiederum vergessen. Die Platonisten aber hielten darfür/ die Verdammte wären in der Welt/ litten allda alle Peinligkeiten und Qvaalen der Seelen/ oder des Gemühts/ die Seele aber käme in der Hölle/ wann sie in den sterblichen Lehrliche Erklärung des Flusses Lethe/ wie auch ein mehres von Charon. Leib eingieng/ ihre Wohnung allda zu nehmen/ und darinnen fände sie den Fluß Lethe/ weil sie hier alle Freude/ so sie durch Erkäntnus der herrlichen Himmlischen Dinge hätte/ vergässe und verlöre/ also daß sie innerlich seuffzend/ selber gebiere/ betrübte Thränen-Flusse/ bittere Cocyten und Styxen/ wie auch feurige Pflegethonten brünstiger Neigungen des Zorns/ und anderer dergleichen

[Spaltenumbruch] auch denen Rechten und Gesetzen/ sich unterwerffe/ damit er nicht aufs neue in unwiederbringlichen Vom Acheron dem Höllen-Fluß. Schaden und Verderbnus einfalle. Belangend nun den Fährmann Charon/ der/ mit einem Schiffe/ Rudern und schwartzen beraucherten Segeln/ die Ströme/ Pfühle und Seen der Höllen/ als den Acheron/ Styx/ Cocytus und Phlegeton überfuhr: So haben wir gleichfalls nöhtig/ einige Erklärung drüber zu machen/ solches aber zu thun/ müssen wir erst/ von den Höllwässern/ etwas weitleufftiger reden. Acheron soll ein Sohn der Ceres/ oder der Erden gewesen/ und darum zur Höllen verjagt worden seyn/ weil er denen Titanen zu trincken gereicht/ als sie von dem Jupiter bestritten worden. Es war aber/ oder ist/ ein Fluß/ der seinen Namen hatte von einem Könige/ Namens Acheron/ welcher der erste/ so in Epirus/ oder der Landschafft Thesprotia herrschete. Dieser Fluß Acheron hat seinen Ursprung aus einem Meer in Elatria/ genannt Acherusia: und ist ein Wasser von sehr übelem Geschmack. Soll an einem Orte sich unter die Erde verbergen/ und an einem andern wiederum hervor kommen. Dieser Fluß oder Morast wurde genannt die erste Ruhstatt der Seelen/ oder der Ort/ allda sie erstlich überfahren müsten: Dieweil man letzlich/ im Ableiben oder Sterben/ einen bittern Geschmack des beängstigten Gemüts empfinde/ wegen der beschwerenden/ bösen und schnöden Wercke seines geführten Lebens/ welcher den Menschen erschrecke und eine Vom Flusse Styx. bittere Reue erwecke. Der zweyte Fluß/ welchen man zu überfahren hat/ ist Styx/ eine Tochter des Oceans und der Thetys/ oder Acherons/ oder der Erde. Sie vertraute sich/ mit einem/ Namens Pallas/ oder Piras/ von welchem sie die Hydra zeugete. Mit ihrem Vatter Acheron soll sie/ wie Einige sagen/ gezeugt haben eine Tochter/ genannt Victoria , oder Uberwindung/ und noch andere mehr/ als: Macht/ Gewalt/ und Eifer: die dem Jupiter Hülff und Beystand geleistet/ wider die Titanen: weswegen ihnen vom Jupiter solche Ehre bezeiget wurde/ daß der grosse heilige Eyd der Götter gethan werden und bestehen solte/ bey der Styx. Andere sagen/ daß sie diese Ehre deswegen erlangt habe/ weil sie dem Jupiter der Götter Anschlag geoffenbart/ als selbige ihn zu binden und zu fässelen beschlossen hatten. Das Wasser dieses Flusses/ sagen einige/ sey allen Thieren/ so darvon trincken/ überaus schädlich/ könne alle Metallen zerstören oder verschmeltzen/ und habe einen sehr übelen Geschmack. Und weil dieses Wasser sich in die Erde verbarg/ vermeinten die Menschen es säncke hinab Erklärung des Styx Flusses. in die Hölle/ und wäre ein höllischer Fluß. Gleichwie nun Acheron/ die Beschwerung des Gemühts/ über das vorhergeführte böse Leben/ welches man/ wann das Sterbstündlein herbey nahet/ zu überlegen beginnet: also ist dieser Styx der Haß und das Misfallen/ so man daran hat/ indeme man/ mit einem aufrechten Leidwesen/ gerührt wird: dannenhero wird gesagt/ daß die Seelen auch darüber fahren müssen. Cocytus ist gleichfalls ein Fluß/ der sich zu weilen unter die Erde verschlupfft; weswegen er ebenmässig ein Höllfluß heissen muß. Dieser laufft/ mit vielen umkrümmen/ nach dem Fluß Pyriphlegeton/ welcher ihm entgegen kommt/ in den Morast oder[Spaltenumbruch] Pfuhl Acherusia; iedoch vermenget sich des Cocytus Wasser mit keinem andern. Die Alte erdichteten/ daß Menta/ eine schöne Nymphe/ des Cocytus Tochter wäre/ die hernach von der Proserpina/ bey ihrem Pluto/ erwischt/ in ein Kraut/ nach ihrem Namen/ Menta, oder Müntze genannt/ verwandelt Von Cocytus und dessen Auslegung. worden sey. Cocytus bedeutet beklagen und beweinen; weil sie dasjenige verlassen müssen/ was sie/ auf dieser Welt/ am meisten in Ehren gehabt/ und geliebt haben. Andere deuten es auf das Geschrey und die Thrän-Vergiessung der Freunde über den Sterbenden/ oder bereits gestorbenen/ der doch mit keinen Thränen wieder herzubringen ist. Wiewol/ durch solches Wort/ Cocytus nemlich/ von Einigen auch verstanden wird/ das klagen oder beweinen des bösen Lebens: Und ist zu mercken/ daß/ der Poeten Aussage nach/ niemand zur Höllen kommen mochte/ dann über die erzehlte Flüsse/ oder (besser zu sagen) durch diese schreckliche Gedancken. Wormit dann die Alten lehren wolten/ daß man tugendsam und ehrlich/ in dieser Welt/ leben müsste/ damit man einen desto leichtern Ausgang haben möchte. Und hiermit wollen wir auch von dem Charon unsere Rede schliessen.

Das Wort Charon bedeutet in unserer Sprache Freude: wordurch verstanden wird/ daß das Menschliche Gemüht/ wann es diese schwere Anfechtungen überwunden/ oder sich wiederum getrost befindet/ in Uberdenckung des guten und vernünftigen Wandels/ alsdann sehr frölich sey/ von hinnen zu scheiden. Andere machen/ aus dem Charon/ die Zeit: weil er sey ein Sohn des Erebus/ den man für den geheimen Raht der Götter hält/ durch welchen die Zeit/ und alle Dinge/ ans Liecht gekommen: Seine Mutter ist die Nacht: dann/ vor der Zeit/ war kein Liecht/ sondern Finsternus: und dannenhero scheinet die Zeit/ aus der Finsternus/ oder Nacht/ geboren zu seyn. Er war geordnet in die Hölle/ dann im Himmel wird die Zeit nicht abgemessen mit Uhrwercken; weil sie allda ewig ist/ aber hierunten hat alles seine Zeit/ wie auch Anfang/ und Ende. Dieser Charon/ oder die Zeit/ nun führet die Seelen/ von dem einem Ufer/ zum andern: Dann so bald wir geboren seynd/ führet uns die Zeit hin nach dem Tode/ und bring uns Acheron über den Cocytus/ Phlegeton/ Styx/ Lethe/ oder dergleichen Höllen-Flüsse: welche sind allerley Traurigkeiten/ Beschwerungen/ Qvaal und Schmertzen dieser vergänglichen Welt; Die wir offtermals/ durch ein wenig Freude/ mit Beyhülffe einer edlen Natur/ oder Standhafftigkeit des Gemühts/ wiederum vergessen. Die Platonisten aber hielten darfür/ die Verdammte wären in der Welt/ litten allda alle Peinligkeiten und Qvaalen der Seelen/ oder des Gemühts/ die Seele aber käme in der Hölle/ wann sie in den sterblichen Lehrliche Erklärung des Flusses Lethe/ wie auch ein mehres von Charon. Leib eingieng/ ihre Wohnung allda zu nehmen/ und darinnen fände sie den Fluß Lethe/ weil sie hier alle Freude/ so sie durch Erkäntnus der herrlichen Himmlischen Dinge hätte/ vergässe und verlöre/ also daß sie innerlich seuffzend/ selber gebiere/ betrübte Thränen-Flusse/ bittere Cocyten und Styxen/ wie auch feurige Pflegethonten brünstiger Neigungen des Zorns/ und anderer dergleichen

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[[Metamorphosis, S. 119]/0295] auch denen Rechten und Gesetzen/ sich unterwerffe/ damit er nicht aufs neue in unwiederbringlichen Schaden und Verderbnus einfalle. Belangend nun den Fährmann Charon/ der/ mit einem Schiffe/ Rudern und schwartzen beraucherten Segeln/ die Ströme/ Pfühle und Seen der Höllen/ als den Acheron/ Styx/ Cocytus und Phlegeton überfuhr: So haben wir gleichfalls nöhtig/ einige Erklärung drüber zu machen/ solches aber zu thun/ müssen wir erst/ von den Höllwässern/ etwas weitleufftiger reden. Acheron soll ein Sohn der Ceres/ oder der Erden gewesen/ und darum zur Höllen verjagt worden seyn/ weil er denen Titanen zu trincken gereicht/ als sie von dem Jupiter bestritten worden. Es war aber/ oder ist/ ein Fluß/ der seinen Namen hatte von einem Könige/ Namens Acheron/ welcher der erste/ so in Epirus/ oder der Landschafft Thesprotia herrschete. Dieser Fluß Acheron hat seinen Ursprung aus einem Meer in Elatria/ genannt Acherusia: und ist ein Wasser von sehr übelem Geschmack. Soll an einem Orte sich unter die Erde verbergen/ und an einem andern wiederum hervor kommen. Dieser Fluß oder Morast wurde genannt die erste Ruhstatt der Seelen/ oder der Ort/ allda sie erstlich überfahren müsten: Dieweil man letzlich/ im Ableiben oder Sterben/ einen bittern Geschmack des beängstigten Gemüts empfinde/ wegen der beschwerenden/ bösen und schnöden Wercke seines geführten Lebens/ welcher den Menschen erschrecke und eine bittere Reue erwecke. Der zweyte Fluß/ welchen man zu überfahren hat/ ist Styx/ eine Tochter des Oceans und der Thetys/ oder Acherons/ oder der Erde. Sie vertraute sich/ mit einem/ Namens Pallas/ oder Piras/ von welchem sie die Hydra zeugete. Mit ihrem Vatter Acheron soll sie/ wie Einige sagen/ gezeugt haben eine Tochter/ genannt Victoria , oder Uberwindung/ und noch andere mehr/ als: Macht/ Gewalt/ und Eifer: die dem Jupiter Hülff und Beystand geleistet/ wider die Titanen: weswegen ihnen vom Jupiter solche Ehre bezeiget wurde/ daß der grosse heilige Eyd der Götter gethan werden und bestehen solte/ bey der Styx. Andere sagen/ daß sie diese Ehre deswegen erlangt habe/ weil sie dem Jupiter der Götter Anschlag geoffenbart/ als selbige ihn zu binden und zu fässelen beschlossen hatten. Das Wasser dieses Flusses/ sagen einige/ sey allen Thieren/ so darvon trincken/ überaus schädlich/ könne alle Metallen zerstören oder verschmeltzen/ und habe einen sehr übelen Geschmack. Und weil dieses Wasser sich in die Erde verbarg/ vermeinten die Menschen es säncke hinab in die Hölle/ und wäre ein höllischer Fluß. Gleichwie nun Acheron/ die Beschwerung des Gemühts/ über das vorhergeführte böse Leben/ welches man/ wann das Sterbstündlein herbey nahet/ zu überlegen beginnet: also ist dieser Styx der Haß und das Misfallen/ so man daran hat/ indeme man/ mit einem aufrechten Leidwesen/ gerührt wird: dannenhero wird gesagt/ daß die Seelen auch darüber fahren müssen. Cocytus ist gleichfalls ein Fluß/ der sich zu weilen unter die Erde verschlupfft; weswegen er ebenmässig ein Höllfluß heissen muß. Dieser laufft/ mit vielen umkrümmen/ nach dem Fluß Pyriphlegeton/ welcher ihm entgegen kommt/ in den Morast oder Pfuhl Acherusia; iedoch vermenget sich des Cocytus Wasser mit keinem andern. Die Alte erdichteten/ daß Menta/ eine schöne Nymphe/ des Cocytus Tochter wäre/ die hernach von der Proserpina/ bey ihrem Pluto/ erwischt/ in ein Kraut/ nach ihrem Namen/ Menta, oder Müntze genannt/ verwandelt worden sey. Cocytus bedeutet beklagen und beweinen; weil sie dasjenige verlassen müssen/ was sie/ auf dieser Welt/ am meisten in Ehren gehabt/ und geliebt haben. Andere deuten es auf das Geschrey und die Thrän-Vergiessung der Freunde über den Sterbenden/ oder bereits gestorbenen/ der doch mit keinen Thränen wieder herzubringen ist. Wiewol/ durch solches Wort/ Cocytus nemlich/ von Einigen auch verstanden wird/ das klagen oder beweinen des bösen Lebens: Und ist zu mercken/ daß/ der Poeten Aussage nach/ niemand zur Höllen kommen mochte/ dann über die erzehlte Flüsse/ oder (besser zu sagen) durch diese schreckliche Gedancken. Wormit dann die Alten lehren wolten/ daß man tugendsam und ehrlich/ in dieser Welt/ leben müsste/ damit man einen desto leichtern Ausgang haben möchte. Und hiermit wollen wir auch von dem Charon unsere Rede schliessen. Vom Acheron dem Höllen-Fluß. Vom Flusse Styx. Erklärung des Styx Flusses. Von Cocytus und dessen Auslegung. Das Wort Charon bedeutet in unserer Sprache Freude: wordurch verstanden wird/ daß das Menschliche Gemüht/ wann es diese schwere Anfechtungen überwunden/ oder sich wiederum getrost befindet/ in Uberdenckung des guten und vernünftigen Wandels/ alsdann sehr frölich sey/ von hinnen zu scheiden. Andere machen/ aus dem Charon/ die Zeit: weil er sey ein Sohn des Erebus/ den man für den geheimen Raht der Götter hält/ durch welchen die Zeit/ und alle Dinge/ ans Liecht gekommen: Seine Mutter ist die Nacht: dann/ vor der Zeit/ war kein Liecht/ sondern Finsternus: und dannenhero scheinet die Zeit/ aus der Finsternus/ oder Nacht/ geboren zu seyn. Er war geordnet in die Hölle/ dann im Himmel wird die Zeit nicht abgemessen mit Uhrwercken; weil sie allda ewig ist/ aber hierunten hat alles seine Zeit/ wie auch Anfang/ und Ende. Dieser Charon/ oder die Zeit/ nun führet die Seelen/ von dem einem Ufer/ zum andern: Dann so bald wir geboren seynd/ führet uns die Zeit hin nach dem Tode/ und bring uns Acheron über den Cocytus/ Phlegeton/ Styx/ Lethe/ oder dergleichen Höllen-Flüsse: welche sind allerley Traurigkeiten/ Beschwerungen/ Qvaal und Schmertzen dieser vergänglichen Welt; Die wir offtermals/ durch ein wenig Freude/ mit Beyhülffe einer edlen Natur/ oder Standhafftigkeit des Gemühts/ wiederum vergessen. Die Platonisten aber hielten darfür/ die Verdammte wären in der Welt/ litten allda alle Peinligkeiten und Qvaalen der Seelen/ oder des Gemühts/ die Seele aber käme in der Hölle/ wann sie in den sterblichen Leib eingieng/ ihre Wohnung allda zu nehmen/ und darinnen fände sie den Fluß Lethe/ weil sie hier alle Freude/ so sie durch Erkäntnus der herrlichen Himmlischen Dinge hätte/ vergässe und verlöre/ also daß sie innerlich seuffzend/ selber gebiere/ betrübte Thränen-Flusse/ bittere Cocyten und Styxen/ wie auch feurige Pflegethonten brünstiger Neigungen des Zorns/ und anderer dergleichen Lehrliche Erklärung des Flusses Lethe/ wie auch ein mehres von Charon.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679, S. [Metamorphosis, S. 119]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/295>, abgerufen am 25.11.2024.