Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679.

Bild:
<< vorherige Seite
[Spaltenumbruch]

Von der Themis.

Von der Themis Herkunft und Geburt. THemis war eine Tochter des Oceans und der Thetys/ oder (wie Hesiodus wil) des Himmels und der Erde. Sie ist gewest Themis und ihre Tochter des Jupiters Rahtgeberinnen. eine Schwester des Saturnus/ und des Jupiters andere Gemahlin/ von welcher die Uren/ oder Stunden/ als Thürhüterinnen des Himmels geboren worden. Diese nun heissen Eunomia/ Dice und Irene/ die einmütige Unterhaltung der guten Gesetze/ des Gerichts/ und Friedens. Themis/ mit ihrer Tochter der Dice/ sind/ (wie Plutarchus erzehlet) die beysitzende Rahtgeberinnen des Jupiters: allda er auch beweist/ daß Fürsten/ verständig und gelehrt seyn müssen/ welches so viel gesagt/ als daß sie des Jupiters beysitzende Rahtsleute seyn: wormit man gleichsam sagen wollen/ daß niemand dem Rechte zu groß und entwachsen wäre. Weswegen dann die Alten schreiben/ daß Jupiter selbst nicht solte gebieten können/ ohne das Recht/ oder die Gerechtigkeit/ welche/ wie Hesiodus sagt/ eine reine und unbefleckte Jungfrau/ dero allezeit beywohnet Schaam/ Keuschheit/ und Einfalt. Dannenhero man/ vor Alters/ die Könige ehrsame/ und erbare genennet: dann es sich gebüret/ daß die/ so das wenigste zu förchten/ auch mehr Schaam und Ehre haben: darum ein Fürst sich mehr zu entsetzen vor bösem Thun/ weder vor Empfangung desselben. Die Stunden werden/ vom Pausanias genennt Carpo und Thallote/ die dritte nennet er gar nicht. Carpos bedeutet eine Frucht/ und Thallain grünen/ oder hervorsprossen. Sie werden genennet die langsamste/ unter allen Göttern/ und bringen dem Menschen allezeit was neues. Sie wurden nicht allein/ vom Homerus/ genennet Thürhüterinnen des Himmels/ sondern waren auch bestellt/ die Wolcken vom Olympus/ oder Himmel zu vertreiben. Dann alsdenn wird der Himmel/ oder die Lufft/ wie man sagt/ eröffnet und aufgeschlossen. Auch verdüsterten oder beschlossen sie den Himmel/ nach eignem Belieben. Ihr Nam hat seinen Ursprung von dem Wort Horeein, (oresin, oder orein) welches wachen/ oder bewahren heisst; weil sie des Himmels zu hüten hatten. Sie sind des Geschlechts der Gratien/ oder Holdgöttinnen: weil Themis ihre Mutter/ die Gerechtigkeit/ und Nomos das Gesetz/ Dice die Billigkeit/ und Irene der Friede: welche drey/ als die Gesetze/ Gerechtigkeit und der Friede/ die Früchte und Gebäue bewahren und unterhalten/ da hingegen der Krieg/ Ungerechtigkeit und Zwietracht alles verderben und zunichte machen. So ists nun die Erhaltung der göttlichen Ordnung und burgerlichen Gesetze/ die sie zeuget und hervor bringet: sintemal Themis die Billig- oder Aufrichtigkeit/ welche die Natur selbst des Menschen Geiste eingedruckt/ bemerckt: und ist solche eben der Anfang/ woraus die Gesetze entstanden sind. Jupiter hat diese Aufrichtigkeit geehlicht: und sie ist von seinem Geschlecht: dann Gott ist rechtfertig und getreu. Jupiter/ der Vatter der Stunden/ mässiget die Lufft: das ist/ Gott bewahrt und erhält die Frommen/ und himmlisch gesinnte. Dann der Uberfluß wird gerne/ von der[Spaltenumbruch] Frömmigkeit/ vergesellet/ wie der Hunger und die Theurung/ auf viel und grosse Sünden erfolgen. Also daß der Unterscheid der fruchtbaren oder magern Zeiten wol der helleste Spiegel ist/ der Menschen gute oder böse Wercke zu erkennen/ dergestalt kan man verstehen/ wie den Stunden/ die Thüren des Himmels zu bewahren anbefohlen seyn. Bey der Themis ist auch wol gewest das älteste Geheimnus/ oder Orakel/ allda man die Götter um Raht zu fragen pflegen. Allhier wollen wir nun den/ von ihr/ vorbedeuteten Thebischen Krieg beschreiben/ und den unglücklich- oder unseligen Oedipus vorstellen.

Vom Oedipus.

OEdipus war ein Sohn Laius/ des Königs von Thebe/ und dieser ein Sohn des verstorbenen Königs Labdacus. Dieser Laius hatte zur Gemahlin seine Schwester von der Mutter/ oder die Schwester und Tochter des Creons/ so das schönste Weib war/ die man mit Augen sehen mögen/ Namens Jocasta. Nachdem diese geschwängert worden/ war der König Laius begierig Oedipus geboren/ wird durch die Füsse gestochen/ und an einen Baum gehangen. zu wissen/ wie es dem Kinde/ so ihm von ihr solte geboren werden/ ergehen würde. Das Oraculum des Apollo zu Delphis/ antwortete ihme/ daß er von desselben Kindes Hand sterben solte. Weil er nun sich diese Antwort zu Hertzen zoge/ gab er das Kind/ so bald es geboren wurde/ einem von seiner Leib-Wacht/ oder andern Diener/ solches heimlich umzubringen: welcher aber nicht wolte ein Werckzeug seyn seines Herrn unmenschlicher Grausamkeit: und weil er gleichwol von seinem Gebot nicht gäntzlich abweichen durffte/ erwehlte er den Mittelweg/ nahm dannenhero das Kind/ durchstach ihm beyde Füßlein/ steckte ein Stricklein durch/ und hinge es darbey an einen Baum/ in einer Wildnus/ bey dem Berge Cytheron: in Meinung/ daß es hülfflos bald sterben solte/ allein Phorbas/ einer von des Königs Polybius (welchen Comes sonst Polybum nennet) von Corinthen seinen Hirten/ gieng ohngefehr allda vorbey/ und hörte dieses armen Kindleins Winselen/ lieff dannenhero hinzu/ und nachdem ers loß gemacht/ nahm er solches mit nach Corintho/ und gab es der Königin. Welche/ weil sie unfruchtbar war/ es auferzoch/ und in solchem Wehrt hielte/ als obs ihr vom Himmel zugesand wäre. Und weil ihm die Füsse wegen der Wunden geschwollen waren/ wurde es Oedipus/ das ist/ geschwollen-Fuß genennt: dann Oidein, (oidein) ist/ und bedeutet geschwellen/ und Pous/ einen Fuß. Einige sagen/ es habe der Vatter Laius ihme die Füsse selbst durchstochen/ und solches denen Thieren zum besten/ auf den Berg Cytheron/ aufzuhencken befohlen: welches aber die Botten nicht gethan/ sondern es der Königin von Corinthen geschencket hätten. Nachdem nun Oedipus zu Verstand und Jahren kommen/ und verstanden habe/ daß er nicht des Polybius/ (oder Polybus) Königs von Corinthen/ Sohn wäre/ nahm er sich vor/ zu erforschen/ wer sein Vatter gewest/ dahero er sich erhube nach dem Orakul des Apollo zu Delphis: welches ihme dann antwortete; daß er seinen

[Spaltenumbruch]

Von der Themis.

Von der Themis Herkunft und Geburt. THemis war eine Tochter des Oceans und der Thetys/ oder (wie Hesiodus wil) des Himmels und der Erde. Sie ist gewest Themis und ihre Tochter des Jupiters Rahtgeberinnen. eine Schwester des Saturnus/ und des Jupiters andere Gemahlin/ von welcher die Uren/ oder Stunden/ als Thürhüterinnen des Himmels geboren worden. Diese nun heissen Eunomia/ Dice und Irene/ die einmütige Unterhaltung der guten Gesetze/ des Gerichts/ und Friedens. Themis/ mit ihrer Tochter der Dice/ sind/ (wie Plutarchus erzehlet) die beysitzende Rahtgeberinnen des Jupiters: allda er auch beweist/ daß Fürsten/ verständig und gelehrt seyn müssen/ welches so viel gesagt/ als daß sie des Jupiters beysitzende Rahtsleute seyn: wormit man gleichsam sagen wollen/ daß niemand dem Rechte zu groß und entwachsen wäre. Weswegen dann die Alten schreiben/ daß Jupiter selbst nicht solte gebieten können/ ohne das Recht/ oder die Gerechtigkeit/ welche/ wie Hesiodus sagt/ eine reine und unbefleckte Jungfrau/ dero allezeit beywohnet Schaam/ Keuschheit/ und Einfalt. Dannenhero man/ vor Alters/ die Könige ehrsame/ und erbare genennet: dann es sich gebüret/ daß die/ so das wenigste zu förchten/ auch mehr Schaam und Ehre haben: darum ein Fürst sich mehr zu entsetzen vor bösem Thun/ weder vor Empfangung desselben. Die Stunden werden/ vom Pausanias genennt Carpo und Thallote/ die dritte nennet er gar nicht. Carpos bedeutet eine Frucht/ und Thallain grünen/ oder hervorsprossen. Sie werden genennet die langsamste/ unter allen Göttern/ und bringen dem Menschen allezeit was neues. Sie wurden nicht allein/ vom Homerus/ genennet Thürhüterinnen des Himmels/ sondern waren auch bestellt/ die Wolcken vom Olympus/ oder Himmel zu vertreiben. Dann alsdenn wird der Himmel/ oder die Lufft/ wie man sagt/ eröffnet und aufgeschlossen. Auch verdüsterten oder beschlossen sie den Himmel/ nach eignem Belieben. Ihr Nam hat seinen Ursprung von dem Wort Horéein, (ὠρέσιν, oder ὠρεῖν) welches wachen/ oder bewahren heisst; weil sie des Himmels zu hüten hatten. Sie sind des Geschlechts der Gratien/ oder Holdgöttinnen: weil Themis ihre Mutter/ die Gerechtigkeit/ und Nomos das Gesetz/ Dice die Billigkeit/ und Irene der Friede: welche drey/ als die Gesetze/ Gerechtigkeit und der Friede/ die Früchte und Gebäue bewahren und unterhalten/ da hingegen der Krieg/ Ungerechtigkeit und Zwietracht alles verderben und zunichte machen. So ists nun die Erhaltung der göttlichen Ordnung und burgerlichen Gesetze/ die sie zeuget und hervor bringet: sintemal Themis die Billig- oder Aufrichtigkeit/ welche die Natur selbst des Menschen Geiste eingedruckt/ bemerckt: und ist solche eben der Anfang/ woraus die Gesetze entstanden sind. Jupiter hat diese Aufrichtigkeit geehlicht: und sie ist von seinem Geschlecht: dann Gott ist rechtfertig und getreu. Jupiter/ der Vatter der Stunden/ mässiget die Lufft: das ist/ Gott bewahrt und erhält die Frommen/ und himmlisch gesinnte. Dann der Uberfluß wird gerne/ von der[Spaltenumbruch] Frömmigkeit/ vergesellet/ wie der Hunger und die Theurung/ auf viel und grosse Sünden erfolgen. Also daß der Unterscheid der fruchtbaren oder magern Zeiten wol der helleste Spiegel ist/ der Menschen gute oder böse Wercke zu erkennen/ dergestalt kan man verstehen/ wie den Stunden/ die Thüren des Himmels zu bewahren anbefohlen seyn. Bey der Themis ist auch wol gewest das älteste Geheimnus/ oder Orakel/ allda man die Götter um Raht zu fragen pflegen. Allhier wollen wir nun den/ von ihr/ vorbedeuteten Thebischen Krieg beschreiben/ und den unglücklich- oder unseligen Oedipus vorstellen.

Vom Oedipus.

OEdipus war ein Sohn Laius/ des Königs von Thebe/ und dieser ein Sohn des verstorbenen Königs Labdacus. Dieser Laius hatte zur Gemahlin seine Schwester von der Mutter/ oder die Schwester und Tochter des Creons/ so das schönste Weib war/ die man mit Augen sehen mögen/ Namens Jocasta. Nachdem diese geschwängert worden/ war der König Laius begierig Oedipus geboren/ wird durch die Füsse gestochen/ und an einen Baum gehangen. zu wissen/ wie es dem Kinde/ so ihm von ihr solte geboren werden/ ergehen würde. Das Oraculum des Apollo zu Delphis/ antwortete ihme/ daß er von desselben Kindes Hand sterben solte. Weil er nun sich diese Antwort zu Hertzen zoge/ gab er das Kind/ so bald es geboren wurde/ einem von seiner Leib-Wacht/ oder andern Diener/ solches heimlich umzubringen: welcher aber nicht wolte ein Werckzeug seyn seines Herrn unmenschlicher Grausamkeit: und weil er gleichwol von seinem Gebot nicht gäntzlich abweichen durffte/ erwehlte er den Mittelweg/ nahm dannenhero das Kind/ durchstach ihm beyde Füßlein/ steckte ein Stricklein durch/ und hinge es darbey an einen Baum/ in einer Wildnus/ bey dem Berge Cytheron: in Meinung/ daß es hülfflos bald sterben solte/ allein Phorbas/ einer von des Königs Polybius (welchen Comes sonst Polybum nennet) von Corinthen seinen Hirten/ gieng ohngefehr allda vorbey/ und hörte dieses armen Kindleins Winselen/ lieff dannenhero hinzu/ und nachdem ers loß gemacht/ nahm er solches mit nach Corintho/ und gab es der Königin. Welche/ weil sie unfruchtbar war/ es auferzoch/ und in solchem Wehrt hielte/ als obs ihr vom Himmel zugesand wäre. Und weil ihm die Füsse wegen der Wunden geschwollen waren/ wurde es Oedipus/ das ist/ geschwollen-Fuß genennt: dann Oidein, (ὀιδεῖν) ist/ und bedeutet geschwellen/ und Pous/ einen Fuß. Einige sagen/ es habe der Vatter Laius ihme die Füsse selbst durchstochen/ und solches denen Thieren zum besten/ auf den Berg Cytheron/ aufzuhencken befohlen: welches aber die Botten nicht gethan/ sondern es der Königin von Corinthen geschencket hätten. Nachdem nun Oedipus zu Verstand und Jahren kommen/ und verstanden habe/ daß er nicht des Polybius/ (oder Polybus) Königs von Corinthen/ Sohn wäre/ nahm er sich vor/ zu erforschen/ wer sein Vatter gewest/ dahero er sich erhube nach dem Orakul des Apollo zu Delphis: welches ihme dann antwortete; daß er seinen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div>
          <div>
            <pb facs="#f0288" xml:id="pb-1235" n="[Metamorphosis, S. 112]"/>
            <cb/>
            <p rendition="#c" xml:id="p1235.2">Von der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1865 http://d-nb.info/gnd/118881647 http://viaf.org/viaf/62346568">Themis</persName>.</p>
            <p><note place="right">Von der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1865 http://d-nb.info/gnd/118881647 http://viaf.org/viaf/62346568">Themis</persName> Herkunft und Geburt.</note><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1865 http://d-nb.info/gnd/118881647 http://viaf.org/viaf/62346568">THemis</persName> war eine Tochter des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1895 http://d-nb.info/gnd/118993607 http://viaf.org/viaf/32796924">Oceans</persName> und der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3803">Thetys</persName>/ oder (wie <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1273 http://d-nb.info/gnd/118550292 http://viaf.org/viaf/122220717">Hesiodus</persName> wil) des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3156">Himmels</persName> und der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4007">Erde</persName>. Sie ist gewest <note place="right"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1865 http://d-nb.info/gnd/118881647 http://viaf.org/viaf/62346568">Themis</persName> und ihre Tochter des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-99 http://d-nb.info/gnd/118558897 http://viaf.org/viaf/22933410">Jupiters</persName> Rahtgeberinnen.</note> eine Schwester des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-98 http://d-nb.info/gnd/118804758 http://viaf.org/viaf/67261976">Saturnus</persName>/ und des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-99 http://d-nb.info/gnd/118558897 http://viaf.org/viaf/22933410">Jupiters</persName> andere Gemahlin/ von welcher die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3594">Uren</persName>/ oder <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3594">Stunden</persName>/ als Thürhüterinnen des Himmels geboren worden. Diese nun heissen <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3595">Eunomia</persName>/ <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3596">Dice</persName> und <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3597">Irene</persName>/ die einmütige Unterhaltung der guten Gesetze/ des Gerichts/ und Friedens. <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1865 http://d-nb.info/gnd/118881647 http://viaf.org/viaf/62346568">Themis</persName>/ mit ihrer Tochter der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3596">Dice</persName>/ sind/ (wie <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-343 http://d-nb.info/gnd/118595237 http://viaf.org/viaf/32140876">Plutarchus</persName> erzehlet) die beysitzende Rahtgeberinnen des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-99 http://d-nb.info/gnd/118558897 http://viaf.org/viaf/22933410">Jupiters</persName>: allda er auch beweist/ daß Fürsten/ verständig und gelehrt seyn müssen/ welches so viel gesagt/ als daß sie des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-99 http://d-nb.info/gnd/118558897 http://viaf.org/viaf/22933410">Jupiters</persName> beysitzende Rahtsleute seyn: wormit man gleichsam sagen wollen/ daß niemand dem Rechte zu groß und entwachsen wäre. Weswegen dann die Alten schreiben/ daß <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-99 http://d-nb.info/gnd/118558897 http://viaf.org/viaf/22933410">Jupiter</persName> selbst nicht solte gebieten können/ ohne das Recht/ oder die Gerechtigkeit/ welche/ wie <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1273 http://d-nb.info/gnd/118550292 http://viaf.org/viaf/122220717">Hesiodus</persName> sagt/ eine reine und unbefleckte Jungfrau/ dero allezeit beywohnet Schaam/ Keuschheit/ und Einfalt. Dannenhero man/ vor Alters/ die Könige ehrsame/ und erbare genennet: dann es sich gebüret/ daß die/ so das wenigste zu förchten/ auch mehr Schaam und Ehre haben: darum ein Fürst sich mehr zu entsetzen vor bösem Thun/ weder vor Empfangung desselben. Die Stunden werden/ vom <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-331 http://d-nb.info/gnd/118592246 http://viaf.org/viaf/100176033">Pausanias</persName> genennt <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3598">Carpo</persName> und <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3599">Thallote</persName>/ die dritte nennet er gar nicht. Carpos bedeutet eine Frucht/ und Thallain grünen/ oder hervorsprossen. Sie werden genennet die langsamste/ unter allen Göttern/ und bringen dem Menschen allezeit was neues. Sie wurden nicht allein/ vom <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-109 http://d-nb.info/gnd/11855333X http://viaf.org/viaf/63292865">Homerus</persName>/ genennet Thürhüterinnen des Himmels/ sondern waren auch bestellt/ die Wolcken vom <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1340 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7011019">Olympus</placeName>/ oder Himmel zu vertreiben. Dann alsdenn wird der Himmel/ oder die Lufft/ wie man sagt/ eröffnet und aufgeschlossen. Auch verdüsterten oder beschlossen sie den Himmel/ nach eignem Belieben. Ihr Nam hat seinen Ursprung von dem Wort <hi rendition="#aq">Horéein,</hi> (<foreign xml:lang="ell">&#x1F60;&#x03C1;&#x03AD;&#x03C3;&#x03B9;&#x03BD;</foreign>, oder <foreign xml:lang="ell">&#x1F60;&#x03C1;&#x03B5;&#x1FD6;&#x03BD;</foreign>) welches wachen/ oder bewahren heisst; weil sie des Himmels zu hüten hatten. Sie sind des Geschlechts der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1052 http://d-nb.info/gnd/11863934X http://viaf.org/viaf/15562925">Gratien</persName>/ oder <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1052 http://d-nb.info/gnd/11863934X http://viaf.org/viaf/15562925">Holdgöttinnen</persName>: weil <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1865 http://d-nb.info/gnd/118881647 http://viaf.org/viaf/62346568">Themis</persName> ihre Mutter/ die Gerechtigkeit/ und <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5430">Nomos</persName> das Gesetz/ <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3596">Dice</persName> die Billigkeit/ und <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3597">Irene</persName> der Friede: welche drey/ als die Gesetze/ Gerechtigkeit und der Friede/ die Früchte und Gebäue bewahren und unterhalten/ da hingegen der Krieg/ Ungerechtigkeit und Zwietracht alles verderben und zunichte machen. So ists nun die Erhaltung der göttlichen Ordnung und burgerlichen Gesetze/ die sie zeuget und hervor bringet: sintemal <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1865 http://d-nb.info/gnd/118881647 http://viaf.org/viaf/62346568">Themis</persName> die Billig- oder Aufrichtigkeit/ welche die Natur selbst des Menschen Geiste eingedruckt/ bemerckt: und ist solche eben der Anfang/ woraus die Gesetze entstanden sind. <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-99 http://d-nb.info/gnd/118558897 http://viaf.org/viaf/22933410">Jupiter</persName> hat diese Aufrichtigkeit geehlicht: und sie ist von seinem Geschlecht: dann <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-204">Gott</persName> ist rechtfertig und getreu. <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-99 http://d-nb.info/gnd/118558897 http://viaf.org/viaf/22933410">Jupiter</persName>/ der Vatter der Stunden/ mässiget die Lufft: das ist/ <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-204">Gott</persName> bewahrt und erhält die Frommen/ und himmlisch gesinnte. Dann der Uberfluß wird gerne/ von der<cb/>
Frömmigkeit/ vergesellet/ wie der Hunger und die Theurung/ auf viel und grosse Sünden erfolgen. Also daß der Unterscheid der fruchtbaren oder magern Zeiten wol der helleste Spiegel ist/ der Menschen gute oder böse Wercke zu erkennen/ dergestalt kan man verstehen/ wie den Stunden/ die Thüren des Himmels zu bewahren anbefohlen seyn. Bey der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1865 http://d-nb.info/gnd/118881647 http://viaf.org/viaf/62346568">Themis</persName> ist auch wol gewest das älteste Geheimnus/ oder Orakel/ allda man die Götter um Raht zu fragen pflegen. Allhier wollen <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">wir</persName> nun den/ von ihr/ vorbedeuteten Thebischen Krieg beschreiben/ und den unglücklich- oder unseligen <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2491 http://d-nb.info/gnd/118589393 http://viaf.org/viaf/804472">Oedipus</persName> vorstellen.</p>
            <p rendition="#c" xml:id="p1235.1">Vom <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2491 http://d-nb.info/gnd/118589393 http://viaf.org/viaf/804472">Oedipus</persName>.</p>
            <p><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2491 http://d-nb.info/gnd/118589393 http://viaf.org/viaf/804472">OEdipus</persName> war ein Sohn <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2490">Laius</persName>/ des Königs von <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1011 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7029383">Thebe</placeName>/ und dieser ein Sohn des verstorbenen <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2489">Königs Labdacus</persName>. Dieser <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2490">Laius</persName> hatte zur Gemahlin seine Schwester von der Mutter/ oder die Schwester und Tochter des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3451">Creons</persName>/ so das schönste Weib war/ die man mit Augen sehen mögen/ Namens <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3601 http://d-nb.info/gnd/120908360 http://viaf.org/viaf/20524263">Jocasta</persName>. Nachdem diese geschwängert worden/ war der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2490">König Laius</persName> begierig <note place="right"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2491 http://d-nb.info/gnd/118589393 http://viaf.org/viaf/804472">Oedipus</persName> geboren/ wird durch die Füsse gestochen/ und an einen Baum gehangen.</note> zu wissen/ wie es dem Kinde/ so ihm von ihr solte geboren werden/ ergehen würde. Das Oraculum des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-59 http://d-nb.info/gnd/118503642 http://viaf.org/viaf/3261638">Apollo</persName> zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-39 http://www.geonames.org/263219/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7010770">Delphis</placeName>/ antwortete ihme/ daß er von desselben Kindes Hand sterben solte. Weil er nun sich diese Antwort zu Hertzen zoge/ gab er das Kind/ so bald es geboren wurde/ einem von seiner Leib-Wacht/ oder andern Diener/ solches heimlich umzubringen: welcher aber nicht wolte ein Werckzeug seyn seines Herrn unmenschlicher Grausamkeit: und weil er gleichwol von seinem Gebot nicht gäntzlich abweichen durffte/ erwehlte er den Mittelweg/ nahm dannenhero das Kind/ durchstach ihm beyde Füßlein/ steckte ein Stricklein durch/ und hinge es darbey an einen Baum/ in einer Wildnus/ bey dem Berge <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1422 http://www.geonames.org/259711/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7229083">Cytheron</placeName>: in Meinung/ daß es hülfflos bald sterben solte/ allein <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3646">Phorbas</persName>/ einer von des Königs <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3605">Polybius</persName> (welchen <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2203 http://d-nb.info/gnd/128918292 http://viaf.org/viaf/32030981">Comes</persName> sonst <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3605">Polybum</persName> nennet) von <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-33 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7010734">Corinthen</placeName> seinen Hirten/ gieng ohngefehr allda vorbey/ und hörte dieses armen Kindleins Winselen/ lieff dannenhero hinzu/ und nachdem ers loß gemacht/ nahm er solches mit nach <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-33 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7010734">Corintho</placeName>/ und gab es der Königin. Welche/ weil sie unfruchtbar war/ es auferzoch/ und in solchem Wehrt hielte/ als obs ihr vom Himmel zugesand wäre. Und weil ihm die Füsse wegen der Wunden geschwollen waren/ wurde es <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2491 http://d-nb.info/gnd/118589393 http://viaf.org/viaf/804472">Oedipus</persName>/ das ist/ geschwollen-Fuß genennt: dann <hi rendition="#aq">Oidein,</hi> (<foreign xml:lang="ell">&#x1F40;&#x03B9;&#x03B4;&#x03B5;&#x1FD6;&#x03BD;</foreign>) ist/ und bedeutet geschwellen/ und Pous/ einen Fuß. Einige sagen/ es habe der Vatter <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2490">Laius</persName> ihme die Füsse selbst durchstochen/ und solches denen Thieren zum besten/ auf den Berg <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1422 http://www.geonames.org/259711/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7229083">Cytheron</placeName>/ aufzuhencken befohlen: welches aber die Botten nicht gethan/ sondern es der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3607">Königin von Corinthen</persName> geschencket hätten. Nachdem nun <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2491 http://d-nb.info/gnd/118589393 http://viaf.org/viaf/804472">Oedipus</persName> zu Verstand und Jahren kommen/ und verstanden habe/ daß er nicht des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3605">Polybius</persName>/ (oder <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3605">Polybus</persName>) <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3605">Königs von Corinthen</persName>/ Sohn wäre/ nahm er sich vor/ zu erforschen/ wer sein Vatter gewest/ dahero er sich erhube nach dem Orakul des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-59 http://d-nb.info/gnd/118503642 http://viaf.org/viaf/3261638">Apollo</persName> zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-39 http://www.geonames.org/263219/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7010770">Delphis</placeName>: welches ihme dann antwortete; daß er seinen
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[Metamorphosis, S. 112]/0288] Von der Themis. THemis war eine Tochter des Oceans und der Thetys/ oder (wie Hesiodus wil) des Himmels und der Erde. Sie ist gewest eine Schwester des Saturnus/ und des Jupiters andere Gemahlin/ von welcher die Uren/ oder Stunden/ als Thürhüterinnen des Himmels geboren worden. Diese nun heissen Eunomia/ Dice und Irene/ die einmütige Unterhaltung der guten Gesetze/ des Gerichts/ und Friedens. Themis/ mit ihrer Tochter der Dice/ sind/ (wie Plutarchus erzehlet) die beysitzende Rahtgeberinnen des Jupiters: allda er auch beweist/ daß Fürsten/ verständig und gelehrt seyn müssen/ welches so viel gesagt/ als daß sie des Jupiters beysitzende Rahtsleute seyn: wormit man gleichsam sagen wollen/ daß niemand dem Rechte zu groß und entwachsen wäre. Weswegen dann die Alten schreiben/ daß Jupiter selbst nicht solte gebieten können/ ohne das Recht/ oder die Gerechtigkeit/ welche/ wie Hesiodus sagt/ eine reine und unbefleckte Jungfrau/ dero allezeit beywohnet Schaam/ Keuschheit/ und Einfalt. Dannenhero man/ vor Alters/ die Könige ehrsame/ und erbare genennet: dann es sich gebüret/ daß die/ so das wenigste zu förchten/ auch mehr Schaam und Ehre haben: darum ein Fürst sich mehr zu entsetzen vor bösem Thun/ weder vor Empfangung desselben. Die Stunden werden/ vom Pausanias genennt Carpo und Thallote/ die dritte nennet er gar nicht. Carpos bedeutet eine Frucht/ und Thallain grünen/ oder hervorsprossen. Sie werden genennet die langsamste/ unter allen Göttern/ und bringen dem Menschen allezeit was neues. Sie wurden nicht allein/ vom Homerus/ genennet Thürhüterinnen des Himmels/ sondern waren auch bestellt/ die Wolcken vom Olympus/ oder Himmel zu vertreiben. Dann alsdenn wird der Himmel/ oder die Lufft/ wie man sagt/ eröffnet und aufgeschlossen. Auch verdüsterten oder beschlossen sie den Himmel/ nach eignem Belieben. Ihr Nam hat seinen Ursprung von dem Wort Horéein, (ὠρέσιν, oder ὠρεῖν) welches wachen/ oder bewahren heisst; weil sie des Himmels zu hüten hatten. Sie sind des Geschlechts der Gratien/ oder Holdgöttinnen: weil Themis ihre Mutter/ die Gerechtigkeit/ und Nomos das Gesetz/ Dice die Billigkeit/ und Irene der Friede: welche drey/ als die Gesetze/ Gerechtigkeit und der Friede/ die Früchte und Gebäue bewahren und unterhalten/ da hingegen der Krieg/ Ungerechtigkeit und Zwietracht alles verderben und zunichte machen. So ists nun die Erhaltung der göttlichen Ordnung und burgerlichen Gesetze/ die sie zeuget und hervor bringet: sintemal Themis die Billig- oder Aufrichtigkeit/ welche die Natur selbst des Menschen Geiste eingedruckt/ bemerckt: und ist solche eben der Anfang/ woraus die Gesetze entstanden sind. Jupiter hat diese Aufrichtigkeit geehlicht: und sie ist von seinem Geschlecht: dann Gott ist rechtfertig und getreu. Jupiter/ der Vatter der Stunden/ mässiget die Lufft: das ist/ Gott bewahrt und erhält die Frommen/ und himmlisch gesinnte. Dann der Uberfluß wird gerne/ von der Frömmigkeit/ vergesellet/ wie der Hunger und die Theurung/ auf viel und grosse Sünden erfolgen. Also daß der Unterscheid der fruchtbaren oder magern Zeiten wol der helleste Spiegel ist/ der Menschen gute oder böse Wercke zu erkennen/ dergestalt kan man verstehen/ wie den Stunden/ die Thüren des Himmels zu bewahren anbefohlen seyn. Bey der Themis ist auch wol gewest das älteste Geheimnus/ oder Orakel/ allda man die Götter um Raht zu fragen pflegen. Allhier wollen wir nun den/ von ihr/ vorbedeuteten Thebischen Krieg beschreiben/ und den unglücklich- oder unseligen Oedipus vorstellen. Von der Themis Herkunft und Geburt. Themis und ihre Tochter des Jupiters Rahtgeberinnen. Vom Oedipus. OEdipus war ein Sohn Laius/ des Königs von Thebe/ und dieser ein Sohn des verstorbenen Königs Labdacus. Dieser Laius hatte zur Gemahlin seine Schwester von der Mutter/ oder die Schwester und Tochter des Creons/ so das schönste Weib war/ die man mit Augen sehen mögen/ Namens Jocasta. Nachdem diese geschwängert worden/ war der König Laius begierig zu wissen/ wie es dem Kinde/ so ihm von ihr solte geboren werden/ ergehen würde. Das Oraculum des Apollo zu Delphis/ antwortete ihme/ daß er von desselben Kindes Hand sterben solte. Weil er nun sich diese Antwort zu Hertzen zoge/ gab er das Kind/ so bald es geboren wurde/ einem von seiner Leib-Wacht/ oder andern Diener/ solches heimlich umzubringen: welcher aber nicht wolte ein Werckzeug seyn seines Herrn unmenschlicher Grausamkeit: und weil er gleichwol von seinem Gebot nicht gäntzlich abweichen durffte/ erwehlte er den Mittelweg/ nahm dannenhero das Kind/ durchstach ihm beyde Füßlein/ steckte ein Stricklein durch/ und hinge es darbey an einen Baum/ in einer Wildnus/ bey dem Berge Cytheron: in Meinung/ daß es hülfflos bald sterben solte/ allein Phorbas/ einer von des Königs Polybius (welchen Comes sonst Polybum nennet) von Corinthen seinen Hirten/ gieng ohngefehr allda vorbey/ und hörte dieses armen Kindleins Winselen/ lieff dannenhero hinzu/ und nachdem ers loß gemacht/ nahm er solches mit nach Corintho/ und gab es der Königin. Welche/ weil sie unfruchtbar war/ es auferzoch/ und in solchem Wehrt hielte/ als obs ihr vom Himmel zugesand wäre. Und weil ihm die Füsse wegen der Wunden geschwollen waren/ wurde es Oedipus/ das ist/ geschwollen-Fuß genennt: dann Oidein, (ὀιδεῖν) ist/ und bedeutet geschwellen/ und Pous/ einen Fuß. Einige sagen/ es habe der Vatter Laius ihme die Füsse selbst durchstochen/ und solches denen Thieren zum besten/ auf den Berg Cytheron/ aufzuhencken befohlen: welches aber die Botten nicht gethan/ sondern es der Königin von Corinthen geschencket hätten. Nachdem nun Oedipus zu Verstand und Jahren kommen/ und verstanden habe/ daß er nicht des Polybius/ (oder Polybus) Königs von Corinthen/ Sohn wäre/ nahm er sich vor/ zu erforschen/ wer sein Vatter gewest/ dahero er sich erhube nach dem Orakul des Apollo zu Delphis: welches ihme dann antwortete; daß er seinen Oedipus geboren/ wird durch die Füsse gestochen/ und an einen Baum gehangen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sandrart.net: Bereitstellung der Texttranskription in XML/TEI. (2013-05-21T09:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus sandrart.net entsprechen muss.
Sandrart.net: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-05-21T09:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-05-21T09:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/288
Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679, S. [Metamorphosis, S. 112]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/288>, abgerufen am 22.11.2024.