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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679.

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[Spaltenumbruch] Geschichtliche Auslegung dieser Fabel von der Niobe. gehabt. Nachdem diese und ihr Mann Amphion todt waren/ wurde sie in einen weinenden Felsen verwandelt. Einige wollen diese Fabel einer Geschicht/ beymessen; indem sie sagen/ daß in Phrygia eine grosse Pest gewesen/ woran der Niobe Kinder alle/ auf einen Tag/ gestorben: und diese Seuche solte/ nach etlicher vortreflicher Schreiber Meinung/ verursacht seyn/ von der Sonnen und dem Mond/ als der Hitze/ und dem Uberfluß der Dämpffe: Dannenhero man gesprochen/ sie wären/ mit den Pfellen des Apollo und der Diana/ umgebracht worden: inmassen man/ von solchen Schiessen des Apollo/ noch lieset/ im ersten Buch der Iliaden des Homerus. Daß Niobe/ in einen Felsen oder Stein/ verwandelt worden/ bedeutet/ daß die Menschen/ zu solcher Zeit Lehrliche Auslegung/ von der Niobe. der Seuchen/ gantz verhärtet/ und/ aus Furcht der Ansteckung/ ohne Liebe seynd. Aber/ damit wirs kurtz machen; so ist Niobe (welche/ um ihres Hochmuhts/ und Verachtung Gottes willen/ gestrafft ward) gewesen eine Tochter des Tantalus/ und der Eurianassa. Durch den Tantalus wird die Begierde/ oder der Geitz/ durch Eurianassa aber/ der Uberfluß des Reichthums verstanden: Von welchen zweyen ins gemein der Hochmut/ und des Menschen Trutz und Frechheit geboren wird/ worauf denn meistentheils Verachtung Gottes/ Geringhaltung des Nächsten/ und Vergessen Gottes/ und der Menschen Wolthaten/ zu folgen pfleget. Niobe nun/ oder der Hochmuht und Stoltz/ erhebt sich/ indem sie so viel Kinder/ das ist/ grosse Macht an Reichthum/ grosse Ehre/ die ihr/ als Gott selbst/ angethan wird/ den Adel ihres alten herrlichen Geschlechts/ viel reiche Freunde und Bündnüsse/ eine grosse Menge Unterthanen und gemein Volck/ so vor ihr niederfällt/ ihr die Hände küsset/ und sie anbetet/ siehet/ also daß sie dencket/ sie sey alles dessen wol würdig/ und Gott weder zu weichen/ noch zu dancken schuldig. Wann dann ein Haus/ oder Stadt also in Hochmut aufsteiget/ ist gewißlich der Fall und Untergang nahe vorhanden. Wann aber die Göttliche Straffhand Jemanden auf den Hals dringt/ hilfft weder Reichthum/ Freunde/ noch menschliche Würdigkeit; weil Gott dieses alles/ in einem Augenblick/ in seinem Zorne/ darnieder schlagen kan: und wann das Mittel des Reichthums hin ist/ kehren die Freunde den Rücken/ aller Dienst der Knechte/ alles neigen/ bücken und aufwarten höret auf. Das Geschlechte sey so alt/ als es wolle; alles stinckt/ wann nichts mehr da ist/ das da klingt. Diesem des Menschen Hochmuht zu steuren/ das Verachten des Nächsten zu verbesseren/ die Hoffart zu unterdrücken/ und den eiteln Ruhm zu dämpffen/ haben die alte Poeten diese unbesonnene Gott verachtende Niobe/ dem Menschen zu einem Vorbilde/ dargestellt.

Vom Tiresia. Den Wahrsager Tiresias/ weil er blind gewest/ haben wir/ im dritten Buch/ stillschweigend vorbey gegangen/ ietzo aber gibt uns seine Tochter Manto/ voll vom Weissager-Geiste/ im Einladen zum Opffern der Latona/ Anlaß/ seiner zugedencken. Von deme/ daß er Mann und Weib gewest seyn soll/ lieset man/ im dritten Buch der Verwandlung unsers Poeten/ und warum dem armen Manne von der Juno das Gesicht benommen/ und vom Jupiter[Spaltenumbruch] die Gabe des Weissagens gegeben worden. Eben dieses wird auch vom Hyginius/ im 75. Capitel seiner Fabeln/ also beschrieben/ daß er annoch beyfüget/ wie der Jupiter/ über die Gabe der Weissagung/ ihme auch das Leben/ bis auf sieben Menschen Alterthum/ erlängert habe. Es wird aber sonsten auch eine andere Ursach seiner Blindheit erzehlet: weil nemlich die keusch-reine Minerva/ mit andren/ gantz mutternacket sich gebadet/ in dem Heliconischen Brunn/Tiresias wird von Minerva blind gemacht: weil er sie nacket gesehen. Hippocrene/ und vom Tiresias allda unversehens nacket gesehen worden sey/ welches sie so übel empfunden und aufgenommen/ daß sie ihm seins Gesichts beraubt habe: Dann ihr nicht ziemlich zu seyn bedünckte/ daß sich ein sterblicher Mensch rühmen solte/ er hätte sie/ die doch für ihre Ehre so sorgfältig war/ nacket gesehen: Jedoch habe Chariclo/ des Tiresias Mutter/ von der Minerva erlangt/ daß er/ an statt seines auswendigen Gesichts/ ein inwendiges/ nemlich zukünfftige Dinge vorzusagen/ Lehrliche Auslegung über des Tiresias blindheit. bekommen. Hierinn nun einen verständlichen Sinn zu finden/ ist zu wissen/ daß bey dem nackend sehen der Minerva angedeutet werde/ wie derjenige/ so die Süssigkeit der rechten Weisheitsfrucht nur einmal geschmeckt/ oder die Klarheit derselben eins recht gesehen/ die Augen seiner Sinnen/ alle andere Dinge zu wünschen/ oder zu begehren/ willig zu zuschliessen pflege; oder daß wir/ wann wir gründlich betrachten/ was die Göttliche reine Weisheit sey/ befinden und bekennen müssen/ daß wir von uns selber blind und unverständig seynd/ und gar nichts wissen. Wenn wir ihr aber mit Fleiß nachspüren und dieselbe ernstlich suchen/ bekommen wir ein besser Gesicht/ durch welches unser Geist/ mit ihrer Erkändnus/ erleuchtet wird/ daß wir alsdann zukünfftige Dinge deuten/ zu vor sehen und sagen können. Sintemal wir alsdann weislich überlegen/ was auf diese/ oder jene weise vorfallen/ oder geschehen könte. Nunmehro wird vonnöhten seyn/ auch den Amphion vor die Hand zu nehmen.

Vom Amphion.

AMphion/ der König von Thebes/ war ein ein Sohn des Jupiters/ und Antiopa/ einer Tochter des Nyctäus/ Königs von Boeotien: Dann diese Antiopa/ so in Schönheit alle Jungfern ihrer Zeit übertraff/ wurde von dem/ in sie hefftig verliebten/ Jupiter geschwängert. Nyctäus ihr Vatter/ der nicht wolte glauben/ daß sie von solchem Gotte schwanger wäre/ war gesinnet/ wegen ihrer Unkeuschheit/ sie ernstlich abzustraffen; weil sie aber ein Mittel fand/ loß zu kommen/ nahm sie die Flucht an einen Ort/ allda hin sich auch ohngefehr verfügte Epaphus von Sicyonia: welcher sie mit sich/ und zu seinem Weibe nahm. Nictäus ihr Vatter aber war wider sie erbittert/ bis in die Stunde seines Todes: da er einen Eyd/ von seinem Bruder Lycus/ dem er auch sein Königreich hinderlies/ nahm/ daß er solche Missethat ungestrafft nicht lassen wolte/ also daß dieser nach des Nyctäus Abschied gen Sicyonien zog/ den Epaphus tödtete/ und die Antiopa an Händen und Füssen gebunden zurück brachte. Als er aber auf den Berg Cytheron an

[Spaltenumbruch] Geschichtliche Auslegung dieser Fabel von der Niobe. gehabt. Nachdem diese und ihr Mann Amphion todt waren/ wurde sie in einen weinenden Felsen verwandelt. Einige wollen diese Fabel einer Geschicht/ beymessen; indem sie sagen/ daß in Phrygia eine grosse Pest gewesen/ woran der Niobe Kinder alle/ auf einen Tag/ gestorben: und diese Seuche solte/ nach etlicher vortreflicher Schreiber Meinung/ verursacht seyn/ von der Sonnen und dem Mond/ als der Hitze/ und dem Uberfluß der Dämpffe: Dannenhero man gesprochen/ sie wären/ mit den Pfellen des Apollo und der Diana/ umgebracht worden: inmassen man/ von solchen Schiessen des Apollo/ noch lieset/ im ersten Buch der Iliaden des Homerus. Daß Niobe/ in einen Felsen oder Stein/ verwandelt worden/ bedeutet/ daß die Menschen/ zu solcher Zeit Lehrliche Auslegung/ von der Niobe. der Seuchen/ gantz verhärtet/ und/ aus Furcht der Ansteckung/ ohne Liebe seynd. Aber/ damit wirs kurtz machen; so ist Niobe (welche/ um ihres Hochmuhts/ und Verachtung Gottes willen/ gestrafft ward) gewesen eine Tochter des Tantalus/ und der Eurianassa. Durch den Tantalus wird die Begierde/ oder der Geitz/ durch Eurianassa aber/ der Uberfluß des Reichthums verstanden: Von welchen zweyen ins gemein der Hochmut/ und des Menschen Trutz und Frechheit geboren wird/ worauf denn meistentheils Verachtung Gottes/ Geringhaltung des Nächsten/ und Vergessen Gottes/ und der Menschen Wolthaten/ zu folgen pfleget. Niobe nun/ oder der Hochmuht und Stoltz/ erhebt sich/ indem sie so viel Kinder/ das ist/ grosse Macht an Reichthum/ grosse Ehre/ die ihr/ als Gott selbst/ angethan wird/ den Adel ihres alten herrlichen Geschlechts/ viel reiche Freunde und Bündnüsse/ eine grosse Menge Unterthanen und gemein Volck/ so vor ihr niederfällt/ ihr die Hände küsset/ und sie anbetet/ siehet/ also daß sie dencket/ sie sey alles dessen wol würdig/ und Gott weder zu weichen/ noch zu dancken schuldig. Wann dann ein Haus/ oder Stadt also in Hochmut aufsteiget/ ist gewißlich der Fall und Untergang nahe vorhanden. Wann aber die Göttliche Straffhand Jemanden auf den Hals dringt/ hilfft weder Reichthum/ Freunde/ noch menschliche Würdigkeit; weil Gott dieses alles/ in einem Augenblick/ in seinem Zorne/ darnieder schlagen kan: und wann das Mittel des Reichthums hin ist/ kehren die Freunde den Rücken/ aller Dienst der Knechte/ alles neigen/ bücken und aufwarten höret auf. Das Geschlechte sey so alt/ als es wolle; alles stinckt/ wann nichts mehr da ist/ das da klingt. Diesem des Menschen Hochmuht zu steuren/ das Verachten des Nächsten zu verbesseren/ die Hoffart zu unterdrücken/ und den eiteln Ruhm zu dämpffen/ haben die alte Poeten diese unbesonnene Gott verachtende Niobe/ dem Menschen zu einem Vorbilde/ dargestellt.

Vom Tiresia. Den Wahrsager Tiresias/ weil er blind gewest/ haben wir/ im dritten Buch/ stillschweigend vorbey gegangen/ ietzo aber gibt uns seine Tochter Manto/ voll vom Weissager-Geiste/ im Einladen zum Opffern der Latona/ Anlaß/ seiner zugedencken. Von deme/ daß er Mann und Weib gewest seyn soll/ lieset man/ im dritten Buch der Verwandlung unsers Poeten/ und warum dem armen Manne von der Juno das Gesicht benommen/ und vom Jupiter[Spaltenumbruch] die Gabe des Weissagens gegeben worden. Eben dieses wird auch vom Hyginius/ im 75. Capitel seiner Fabeln/ also beschrieben/ daß er annoch beyfüget/ wie der Jupiter/ über die Gabe der Weissagung/ ihme auch das Leben/ bis auf sieben Menschen Alterthum/ erlängert habe. Es wird aber sonsten auch eine andere Ursach seiner Blindheit erzehlet: weil nemlich die keusch-reine Minerva/ mit andren/ gantz mutternacket sich gebadet/ in dem Heliconischen Brunn/Tiresias wird von Minerva blind gemacht: weil er sie nacket gesehen. Hippocrene/ und vom Tiresias allda unversehens nacket gesehen worden sey/ welches sie so übel empfunden und aufgenommen/ daß sie ihm seins Gesichts beraubt habe: Dann ihr nicht ziemlich zu seyn bedünckte/ daß sich ein sterblicher Mensch rühmen solte/ er hätte sie/ die doch für ihre Ehre so sorgfältig war/ nacket gesehen: Jedoch habe Chariclo/ des Tiresias Mutter/ von der Minerva erlangt/ daß er/ an statt seines auswendigen Gesichts/ ein inwendiges/ nemlich zukünfftige Dinge vorzusagen/ Lehrliche Auslegung über des Tiresias blindheit. bekommen. Hierinn nun einen verständlichen Sinn zu finden/ ist zu wissen/ daß bey dem nackend sehen der Minerva angedeutet werde/ wie derjenige/ so die Süssigkeit der rechten Weisheitsfrucht nur einmal geschmeckt/ oder die Klarheit derselben eins recht gesehen/ die Augen seiner Sinnen/ alle andere Dinge zu wünschen/ oder zu begehren/ willig zu zuschliessen pflege; oder daß wir/ wann wir gründlich betrachten/ was die Göttliche reine Weisheit sey/ befinden und bekennen müssen/ daß wir von uns selber blind und unverständig seynd/ und gar nichts wissen. Wenn wir ihr aber mit Fleiß nachspüren und dieselbe ernstlich suchen/ bekommen wir ein besser Gesicht/ durch welches unser Geist/ mit ihrer Erkändnus/ erleuchtet wird/ daß wir alsdann zukünfftige Dinge deuten/ zu vor sehen und sagen können. Sintemal wir alsdann weislich überlegen/ was auf diese/ oder jene weise vorfallen/ oder geschehen könte. Nunmehro wird vonnöhten seyn/ auch den Amphion vor die Hand zu nehmen.

Vom Amphion.

AMphion/ der König von Thebes/ war ein ein Sohn des Jupiters/ und Antiopa/ einer Tochter des Nyctäus/ Königs von Boeotien: Dann diese Antiopa/ so in Schönheit alle Jungfern ihrer Zeit übertraff/ wurde von dem/ in sie hefftig verliebten/ Jupiter geschwängert. Nyctäus ihr Vatter/ der nicht wolte glauben/ daß sie von solchem Gotte schwanger wäre/ war gesinnet/ wegen ihrer Unkeuschheit/ sie ernstlich abzustraffen; weil sie aber ein Mittel fand/ loß zu kommen/ nahm sie die Flucht an einen Ort/ allda hin sich auch ohngefehr verfügte Epaphus von Sicyonia: welcher sie mit sich/ und zu seinem Weibe nahm. Nictäus ihr Vatter aber war wider sie erbittert/ bis in die Stunde seines Todes: da er einen Eyd/ von seinem Bruder Lycus/ dem er auch sein Königreich hinderlies/ nahm/ daß er solche Missethat ungestrafft nicht lassen wolte/ also daß dieser nach des Nyctäus Abschied gen Sicyonien zog/ den Epaphus tödtete/ und die Antiopa an Händen und Füssen gebunden zurück brachte. Als er aber auf den Berg Cytheron an

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            <p><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4097">AMphion</persName>/ der König von <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1011 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7029383">Thebes</placeName>/ war ein ein Sohn des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-99 http://d-nb.info/gnd/118558897 http://viaf.org/viaf/22933410">Jupiters</persName>/ und <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3322 http://d-nb.info/gnd/131746782 http://viaf.org/viaf/45442989">Antiopa</persName>/ einer Tochter des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3330">Nyctäus</persName>/ Königs von <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-205 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7002683">Boeotien</placeName>: Dann diese <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3322 http://d-nb.info/gnd/131746782 http://viaf.org/viaf/45442989">Antiopa</persName>/ so in Schönheit alle Jungfern ihrer Zeit übertraff/ wurde von dem/ in sie hefftig verliebten/ <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-99 http://d-nb.info/gnd/118558897 http://viaf.org/viaf/22933410">Jupiter</persName> geschwängert. <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3330">Nyctäus</persName> ihr Vatter/ der nicht wolte glauben/ daß sie von solchem Gotte schwanger wäre/ war gesinnet/ wegen ihrer Unkeuschheit/ sie ernstlich abzustraffen; weil sie aber ein Mittel fand/ loß zu kommen/ nahm sie die Flucht an einen Ort/ allda hin sich auch ohngefehr verfügte <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2240 http://d-nb.info/gnd/12317211X http://viaf.org/viaf/13209638">Epaphus</persName> von <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-187 http://www.geonames.org/253878/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7011098">Sicyonia</placeName>: welcher sie mit sich/ und zu seinem Weibe nahm. <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3330">Nictäus</persName> ihr Vatter aber war wider sie erbittert/ bis in die Stunde seines Todes: da er einen Eyd/ von seinem Bruder <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3331">Lycus</persName>/ dem er auch sein Königreich hinderlies/ nahm/ daß er solche Missethat ungestrafft nicht lassen wolte/ also daß dieser nach des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3330">Nyctäus</persName> Abschied gen <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-187 http://www.geonames.org/253878/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7011098">Sicyonien</placeName> zog/ den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2240 http://d-nb.info/gnd/12317211X http://viaf.org/viaf/13209638">Epaphus</persName> tödtete/ und die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3322 http://d-nb.info/gnd/131746782 http://viaf.org/viaf/45442989">Antiopa</persName> an Händen und Füssen gebunden zurück brachte. Als er aber auf den Berg <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1422 http://www.geonames.org/259711/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7229083">Cytheron</placeName> an
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[[Metamorphosis, S. 73]/0249] gehabt. Nachdem diese und ihr Mann Amphion todt waren/ wurde sie in einen weinenden Felsen verwandelt. Einige wollen diese Fabel einer Geschicht/ beymessen; indem sie sagen/ daß in Phrygia eine grosse Pest gewesen/ woran der Niobe Kinder alle/ auf einen Tag/ gestorben: und diese Seuche solte/ nach etlicher vortreflicher Schreiber Meinung/ verursacht seyn/ von der Sonnen und dem Mond/ als der Hitze/ und dem Uberfluß der Dämpffe: Dannenhero man gesprochen/ sie wären/ mit den Pfellen des Apollo und der Diana/ umgebracht worden: inmassen man/ von solchen Schiessen des Apollo/ noch lieset/ im ersten Buch der Iliaden des Homerus. Daß Niobe/ in einen Felsen oder Stein/ verwandelt worden/ bedeutet/ daß die Menschen/ zu solcher Zeit der Seuchen/ gantz verhärtet/ und/ aus Furcht der Ansteckung/ ohne Liebe seynd. Aber/ damit wirs kurtz machen; so ist Niobe (welche/ um ihres Hochmuhts/ und Verachtung Gottes willen/ gestrafft ward) gewesen eine Tochter des Tantalus/ und der Eurianassa. Durch den Tantalus wird die Begierde/ oder der Geitz/ durch Eurianassa aber/ der Uberfluß des Reichthums verstanden: Von welchen zweyen ins gemein der Hochmut/ und des Menschen Trutz und Frechheit geboren wird/ worauf denn meistentheils Verachtung Gottes/ Geringhaltung des Nächsten/ und Vergessen Gottes/ und der Menschen Wolthaten/ zu folgen pfleget. Niobe nun/ oder der Hochmuht und Stoltz/ erhebt sich/ indem sie so viel Kinder/ das ist/ grosse Macht an Reichthum/ grosse Ehre/ die ihr/ als Gott selbst/ angethan wird/ den Adel ihres alten herrlichen Geschlechts/ viel reiche Freunde und Bündnüsse/ eine grosse Menge Unterthanen und gemein Volck/ so vor ihr niederfällt/ ihr die Hände küsset/ und sie anbetet/ siehet/ also daß sie dencket/ sie sey alles dessen wol würdig/ und Gott weder zu weichen/ noch zu dancken schuldig. Wann dann ein Haus/ oder Stadt also in Hochmut aufsteiget/ ist gewißlich der Fall und Untergang nahe vorhanden. Wann aber die Göttliche Straffhand Jemanden auf den Hals dringt/ hilfft weder Reichthum/ Freunde/ noch menschliche Würdigkeit; weil Gott dieses alles/ in einem Augenblick/ in seinem Zorne/ darnieder schlagen kan: und wann das Mittel des Reichthums hin ist/ kehren die Freunde den Rücken/ aller Dienst der Knechte/ alles neigen/ bücken und aufwarten höret auf. Das Geschlechte sey so alt/ als es wolle; alles stinckt/ wann nichts mehr da ist/ das da klingt. Diesem des Menschen Hochmuht zu steuren/ das Verachten des Nächsten zu verbesseren/ die Hoffart zu unterdrücken/ und den eiteln Ruhm zu dämpffen/ haben die alte Poeten diese unbesonnene Gott verachtende Niobe/ dem Menschen zu einem Vorbilde/ dargestellt. Geschichtliche Auslegung dieser Fabel von der Niobe. Lehrliche Auslegung/ von der Niobe. Den Wahrsager Tiresias/ weil er blind gewest/ haben wir/ im dritten Buch/ stillschweigend vorbey gegangen/ ietzo aber gibt uns seine Tochter Manto/ voll vom Weissager-Geiste/ im Einladen zum Opffern der Latona/ Anlaß/ seiner zugedencken. Von deme/ daß er Mann und Weib gewest seyn soll/ lieset man/ im dritten Buch der Verwandlung unsers Poeten/ und warum dem armen Manne von der Juno das Gesicht benommen/ und vom Jupiter die Gabe des Weissagens gegeben worden. Eben dieses wird auch vom Hyginius/ im 75. Capitel seiner Fabeln/ also beschrieben/ daß er annoch beyfüget/ wie der Jupiter/ über die Gabe der Weissagung/ ihme auch das Leben/ bis auf sieben Menschen Alterthum/ erlängert habe. Es wird aber sonsten auch eine andere Ursach seiner Blindheit erzehlet: weil nemlich die keusch-reine Minerva/ mit andren/ gantz mutternacket sich gebadet/ in dem Heliconischen Brunn/ Hippocrene/ und vom Tiresias allda unversehens nacket gesehen worden sey/ welches sie so übel empfunden und aufgenommen/ daß sie ihm seins Gesichts beraubt habe: Dann ihr nicht ziemlich zu seyn bedünckte/ daß sich ein sterblicher Mensch rühmen solte/ er hätte sie/ die doch für ihre Ehre so sorgfältig war/ nacket gesehen: Jedoch habe Chariclo/ des Tiresias Mutter/ von der Minerva erlangt/ daß er/ an statt seines auswendigen Gesichts/ ein inwendiges/ nemlich zukünfftige Dinge vorzusagen/ bekommen. Hierinn nun einen verständlichen Sinn zu finden/ ist zu wissen/ daß bey dem nackend sehen der Minerva angedeutet werde/ wie derjenige/ so die Süssigkeit der rechten Weisheitsfrucht nur einmal geschmeckt/ oder die Klarheit derselben eins recht gesehen/ die Augen seiner Sinnen/ alle andere Dinge zu wünschen/ oder zu begehren/ willig zu zuschliessen pflege; oder daß wir/ wann wir gründlich betrachten/ was die Göttliche reine Weisheit sey/ befinden und bekennen müssen/ daß wir von uns selber blind und unverständig seynd/ und gar nichts wissen. Wenn wir ihr aber mit Fleiß nachspüren und dieselbe ernstlich suchen/ bekommen wir ein besser Gesicht/ durch welches unser Geist/ mit ihrer Erkändnus/ erleuchtet wird/ daß wir alsdann zukünfftige Dinge deuten/ zu vor sehen und sagen können. Sintemal wir alsdann weislich überlegen/ was auf diese/ oder jene weise vorfallen/ oder geschehen könte. Nunmehro wird vonnöhten seyn/ auch den Amphion vor die Hand zu nehmen. Vom Tiresia. Tiresias wird von Minerva blind gemacht: weil er sie nacket gesehen. Lehrliche Auslegung über des Tiresias blindheit. Vom Amphion. AMphion/ der König von Thebes/ war ein ein Sohn des Jupiters/ und Antiopa/ einer Tochter des Nyctäus/ Königs von Boeotien: Dann diese Antiopa/ so in Schönheit alle Jungfern ihrer Zeit übertraff/ wurde von dem/ in sie hefftig verliebten/ Jupiter geschwängert. Nyctäus ihr Vatter/ der nicht wolte glauben/ daß sie von solchem Gotte schwanger wäre/ war gesinnet/ wegen ihrer Unkeuschheit/ sie ernstlich abzustraffen; weil sie aber ein Mittel fand/ loß zu kommen/ nahm sie die Flucht an einen Ort/ allda hin sich auch ohngefehr verfügte Epaphus von Sicyonia: welcher sie mit sich/ und zu seinem Weibe nahm. Nictäus ihr Vatter aber war wider sie erbittert/ bis in die Stunde seines Todes: da er einen Eyd/ von seinem Bruder Lycus/ dem er auch sein Königreich hinderlies/ nahm/ daß er solche Missethat ungestrafft nicht lassen wolte/ also daß dieser nach des Nyctäus Abschied gen Sicyonien zog/ den Epaphus tödtete/ und die Antiopa an Händen und Füssen gebunden zurück brachte. Als er aber auf den Berg Cytheron an

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679, S. [Metamorphosis, S. 73]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/249>, abgerufen am 27.04.2024.