Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,2. Nürnberg, 1679.[Spaltenumbruch] ließe/ daß kein Weibsbild iemand etwas versagen solte: da dann die Knechte ihre Frauen und deren Töchter/ in Gegenwart der Herren/ wie die Hunde anfielen/ auch ihrer viele/ die sich widersezten/ ersäuft/ und also viel Bosheit verübet wurde. Sein Leyrspielen. Er ware/ der Kaiserlichen Höchst- Würde zu Schimpf/ ein Comoediant, der sich oft auf offenen Schaubühnen in Gestalt eines Leyrspielers sehen und hören lassen: welcherwegen Tiridates, der König in Armenien/ der ihn zuvor einen Herrn und Gott genennt/ ihn verachtet/ und den Feldherrn Corbulonem nachmals gestichelt/ wie die Römer einen solchen Kaiser dulten könten. Seine Uppigkeit. Es ware nicht genug/ daß er den Tag mit Uppigkeit verschwendet: er rasete auch die Nacht durch/ schändete Jungfrauen und Knaben/ schluge/ beraubte und tödete/ wen er antraffe/ und lieffe auch in die Häuser/ also daß kein Mensch sicher ware. Und hierzu bediente er sich unterschiedlicher Kleider/ auch Haar-Mützen/ die man heutigs Tags Parrucquen nennet/ vermeinend/ also unerkenntlich zu seyn: aber man wuste/ wer es thäte/ und truge er einesmal/ von einem Ratsherrn Julio Montano, so derbe Schläge und Zeichen davon/ daß er in etlichen Tagen nicht von Haus gehen dörfen. Verschwenderey. Im Verschwenden war er so ausgelassen/ daß er einsmals einem Soldaten von der Leibwacht 100000 Groschen zu zahlen befohle/ und als seine Mutter ihm solche Summa vor die Augen schütten ließe/ damit er/ die Mänge sehend/ von solcher Geuderey abstehen möchte/ befahle er/ man solte die Zahl verdopplen/ und sagte: Ich habe nicht gewust/ daß ich ihm so wenig geschencket. Er pflage kein Kleid zweymal anzuziehen. Er fischete mit einem güldnen Netze/ dessen Stricke von Purpur waren. Niemals fuhre er mit wenigern/ als tausend/ Carossen. Dieses Laster machte ihn einen Palast in Rom bauen/ der eine Stadt heissen mochte. Es stunde im Vorhof ein Colossus 120 Schuhe hoch/ mit seinem Bildnis. Mitten darinn war ein See/ wie ein Meer/ ringsum mit Gebäuden und Bädern besetzet. Man sahe auch darinn viel Saat-Felder/ Wiesen/ Wälder und Weinberge/ mit allerhand zahmen und wilden Thieren. Das Wonhaus ware meist verguldt/ auch mit Perlen/ Edelsteinen und Muscheln versezt. Das Getäfel in den Speis-Zimmern war von Helfenbein/ und ließe sich hinweg schieben/ daß man von oben Blumen und wolriechende Wasser herab schütten konte. Das vornehmste unter denselben war rund/ und lieffe Tag und Nacht herum/ wie der Himmel und seine Gestirne/ den es vorbildete. Es wurde das güldene Haus genennet: das aber keiner von den folgenden Kaisern zu bewohnen hat würdigen wollen/ daher es nach und nach vergangen. Seine Rauberey. Weil diese Verschwenderey ein unsägliches Geld frasse/ als muste er seinem Vorfahrer Caligulae nachahmen/ die Auflagen und Zölle steigern/ und die Güter der Reichen mit List und Gewalt an sich ziehen. Daher sagte er allemal/ wann er iemanden[Spaltenumbruch] ein Amt verliehe: du weist/ was ich vonnöten habe/ darum hilf verschaffen/ daß niemand was behalte. Ist eine Rede/ die einem Strassenrauber bässer/ als einem Lands-Fürsten/ anstehet. Seine Grausamkeit. Dieses grausame Tygerthier/ unvergnügt mit dem Raube/ thäte auch nichts/ als würgen und morden/ ohne Ansehen aller Freund- und Befreundschaft. Also musten herhalten Thrasea, und Soranus, unter dem Schein der Aufruhr: wiewol jenen dieses gefället/ daß er/ als ein edler erbarer Römer/ dem Leyrspiel des Nero nicht zuhören wollen. Den jungen Aulum Plancum brachte die Huld Agrippinen zum Tode/ daher Nero von ihm sagte: Nun komme meine Mutter/ und küsse den Erben meines Thrones. Der Dänzer Paris muste sterben/ weil er von ihme das Danzen nicht erlernen können. Der dapfre Corbulo, der in seinem Namen Armenien zum Reich erobert/ und von dem Kriegsheer oft angelassen worden/ sich um die Kaiser-Würde anzunehmen/ wuste gar nicht/ warum er sterben muste. Seinem getreuen Belehrer dem Senecae, ließe er sagen/ Er solte ihm eine Art des Todes erwehlen: wiewol er ihm oft theuer zugeschworen/ daß er eher selbst sterben/ als ihme schaden wolte. Sein Geld mochte die Ursach seines Todes seyn: massen ihm einst einer vorgerücket/ er hätte in vier Jahren 13 Millionen gesamlet. Er ließe ihm selbst die Adern an Armen und Beinen sprengen/ trancke Gift/ und stiege in ein warmes Bad/ da er sanft gestorben. Sein Weib blutete nun auch schon/ zum Mit-sterben: aber der Tyrann verbote ihr solches/ und hat sie hernach Lebenslang bleich ausgesehen. Seinen andern Belehrer/ dem Burrho, schickte er einen Gift-trank: dem er eine Arzney für den krancken Hals versprochen hatte. Der Poet Lucanus, muste auch an diesen Reyen. Zwo Aufruhren wider ihn/ die Pisonische und Vinicische/ wurden entdecket: da des Rasens wider die Verschwornen kein Ende war. Einer von denselben sagte/ in der Frage: Er hätte dem Nero nicht anders von seinen Lastern abhelfen können. Der verurtheilte Flavius, Haubtman von der Leibwacht/ sagte ihm ins Gesichte: Ich habe dich/ mehr als alle Menschen/ geliebt und gehasset; jenes/ deine Fromkeit hoffend; dieses aber/ seit daß du deine Mutter und Gemahlin ermordet/ auch ein Fuhrmann/ Comoediant und Mordbrenner/ worden bist. Seine Blut Mörderey: am Vatter/ Kais Claudio, Dieser Vorwurf bezoge sich auf seine Mordthaten/ die er vorher an Vatter/ Mutter/ Brüdern/ Gemahlin und andern nahen Bluts-Verwandten/ verübet. Den Wahl-Vatter/ Kaiser Claudium, hat er zwar nicht selbst hingerichtet/ an der Mutter Agrippina. aber zugelassen/ daß es seine Mutter verrichtet. Eben diese seine Mutter/ die Agrippina, machte sich erstlich damit feindseelig/ daß sie ihn von seinen Bosheiten abhielte. Demnach stieße er sie vom Hof/ und als er merckte/ daß sie damit umgienge/ ihn vom Thron zu heben/ und seinen Bruder Britannicum darauf zu setzen/ dachte er das Vorkommen zu spielen/ und ließe ihr dreymal Gift beybringen. Weil sie aber hierwider sich verwahrt [Spaltenumbruch] ließe/ daß kein Weibsbild iemand etwas versagen solte: da dann die Knechte ihre Frauen und deren Töchter/ in Gegenwart der Herren/ wie die Hunde anfielen/ auch ihrer viele/ die sich widersezten/ ersäuft/ und also viel Bosheit verübet wurde. Sein Leyrspielen. Er ware/ der Kaiserlichen Höchst- Würde zu Schimpf/ ein Comoediant, der sich oft auf offenen Schaubühnen in Gestalt eines Leyrspielers sehen und hören lassen: welcherwegen Tiridates, der König in Armenien/ der ihn zuvor einen Herrn und Gott genennt/ ihn verachtet/ und den Feldherrn Corbulonem nachmals gestichelt/ wie die Römer einen solchen Kaiser dulten könten. Seine Uppigkeit. Es ware nicht genug/ daß er den Tag mit Uppigkeit verschwendet: er rasete auch die Nacht durch/ schändete Jungfrauen und Knaben/ schluge/ beraubte und tödete/ wen er antraffe/ und lieffe auch in die Häuser/ also daß kein Mensch sicher ware. Und hierzu bediente er sich unterschiedlicher Kleider/ auch Haar-Mützen/ die man heutigs Tags Parrucquen nennet/ vermeinend/ also unerkenntlich zu seyn: aber man wuste/ wer es thäte/ und truge er einesmal/ von einem Ratsherrn Julio Montano, so derbe Schläge und Zeichen davon/ daß er in etlichen Tagen nicht von Haus gehen dörfen. Verschwenderey. Im Verschwenden war er so ausgelassen/ daß er einsmals einem Soldaten von der Leibwacht 100000 Groschen zu zahlen befohle/ und als seine Mutter ihm solche Summa vor die Augen schütten ließe/ damit er/ die Mänge sehend/ von solcher Geuderey abstehen möchte/ befahle er/ man solte die Zahl verdopplen/ und sagte: Ich habe nicht gewust/ daß ich ihm so wenig geschencket. Er pflage kein Kleid zweymal anzuziehen. Er fischete mit einem güldnen Netze/ dessen Stricke von Purpur waren. Niemals fuhre er mit wenigern/ als tausend/ Carossen. Dieses Laster machte ihn einen Palast in Rom bauen/ der eine Stadt heissen mochte. Es stunde im Vorhof ein Colossus 120 Schuhe hoch/ mit seinem Bildnis. Mitten darinn war ein See/ wie ein Meer/ ringsum mit Gebäuden und Bädern besetzet. Man sahe auch darinn viel Saat-Felder/ Wiesen/ Wälder und Weinberge/ mit allerhand zahmen und wilden Thieren. Das Wonhaus ware meist verguldt/ auch mit Perlen/ Edelsteinen und Muscheln versezt. Das Getäfel in den Speis-Zimmern war von Helfenbein/ und ließe sich hinweg schieben/ daß man von oben Blumen und wolriechende Wasser herab schütten konte. Das vornehmste unter denselben war rund/ und lieffe Tag und Nacht herum/ wie der Himmel und seine Gestirne/ den es vorbildete. Es wurde das güldene Haus genennet: das aber keiner von den folgenden Kaisern zu bewohnen hat würdigen wollen/ daher es nach und nach vergangen. Seine Rauberey. Weil diese Verschwenderey ein unsägliches Geld frasse/ als muste er seinem Vorfahrer Caligulae nachahmen/ die Auflagen und Zölle steigern/ und die Güter der Reichen mit List und Gewalt an sich ziehen. Daher sagte er allemal/ wann er iemanden[Spaltenumbruch] ein Amt verliehe: du weist/ was ich vonnöten habe/ darum hilf verschaffen/ daß niemand was behalte. Ist eine Rede/ die einem Strassenrauber bässer/ als einem Lands-Fürsten/ anstehet. Seine Grausamkeit. Dieses grausame Tygerthier/ unvergnügt mit dem Raube/ thäte auch nichts/ als würgen und morden/ ohne Ansehen aller Freund- und Befreundschaft. Also musten herhalten Thrasea, und Soranus, unter dem Schein der Aufruhr: wiewol jenen dieses gefället/ daß er/ als ein edler erbarer Römer/ dem Leyrspiel des Nero nicht zuhören wollen. Den jungen Aulum Plancum brachte die Huld Agrippinen zum Tode/ daher Nero von ihm sagte: Nun komme meine Mutter/ und küsse den Erben meines Thrones. Der Dänzer Paris muste sterben/ weil er von ihme das Danzen nicht erlernen können. Der dapfre Corbulo, der in seinem Namen Armenien zum Reich erobert/ und von dem Kriegsheer oft angelassen worden/ sich um die Kaiser-Würde anzunehmen/ wuste gar nicht/ warum er sterben muste. Seinem getreuen Belehrer dem Senecae, ließe er sagen/ Er solte ihm eine Art des Todes erwehlen: wiewol er ihm oft theuer zugeschworen/ daß er eher selbst sterben/ als ihme schaden wolte. Sein Geld mochte die Ursach seines Todes seyn: massen ihm einst einer vorgerücket/ er hätte in vier Jahren 13 Millionen gesamlet. Er ließe ihm selbst die Adern an Armen und Beinen sprengen/ trancke Gift/ und stiege in ein warmes Bad/ da er sanft gestorben. Sein Weib blutete nun auch schon/ zum Mit-sterben: aber der Tyrann verbote ihr solches/ und hat sie hernach Lebenslang bleich ausgesehen. Seinen andern Belehrer/ dem Burrho, schickte er einen Gift-trank: dem er eine Arzney für den krancken Hals versprochen hatte. Der Poet Lucanus, muste auch an diesen Reyen. Zwo Aufruhren wider ihn/ die Pisonische und Vinicische/ wurden entdecket: da des Rasens wider die Verschwornen kein Ende war. Einer von denselben sagte/ in der Frage: Er hätte dem Nero nicht anders von seinen Lastern abhelfen können. Der verurtheilte Flavius, Haubtman von der Leibwacht/ sagte ihm ins Gesichte: Ich habe dich/ mehr als alle Menschen/ geliebt und gehasset; jenes/ deine Fromkeit hoffend; dieses aber/ seit daß du deine Mutter und Gemahlin ermordet/ auch ein Fuhrmann/ Comoediant und Mordbrenner/ worden bist. Seine Blut Mörderey: am Vatter/ Kais Claudio, Dieser Vorwurf bezoge sich auf seine Mordthaten/ die er vorher an Vatter/ Mutter/ Brüdern/ Gemahlin und andern nahen Bluts-Verwandten/ verübet. Den Wahl-Vatter/ Kaiser Claudium, hat er zwar nicht selbst hingerichtet/ an der Mutter Agrippinâ. aber zugelassen/ daß es seine Mutter verrichtet. Eben diese seine Mutter/ die Agrippina, machte sich erstlich damit feindseelig/ daß sie ihn von seinen Bosheiten abhielte. Demnach stieße er sie vom Hof/ und als er merckte/ daß sie damit umgienge/ ihn vom Thron zu heben/ und seinen Bruder Britannicum darauf zu setzen/ dachte er das Vorkommen zu spielen/ und ließe ihr dreymal Gift beybringen. 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Und hierzu bediente er sich unterschiedlicher Kleider/ auch Haar-Mützen/ die man heutigs Tags <hi rendition="#aq">Parrucquen</hi> nennet/ vermeinend/ also unerkenntlich zu seyn: aber man wuste/ wer es thäte/ und truge er einesmal/ von einem Ratsherrn <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5005">Julio Montano</persName>,</hi> so derbe Schläge und Zeichen davon/ daß er in etlichen Tagen nicht von Haus gehen dörfen.</p> <p xml:id="p931.3"><note place="right">Verschwenderey.</note> Im Verschwenden war er so ausgelassen/ daß er einsmals einem Soldaten von der Leibwacht 100000 Groschen zu zahlen befohle/ und als seine <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1567 http://d-nb.info/gnd/11864405X http://viaf.org/viaf/87873347">Mutter</persName> ihm solche Summa vor die Augen schütten ließe/ damit er/ die Mänge sehend/ von solcher Geuderey abstehen möchte/ befahle er/ man solte die Zahl verdopplen/ und sagte: Ich habe nicht gewust/ daß ich ihm so wenig geschencket. 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Er ließe ihm selbst die Adern an Armen und Beinen sprengen/ trancke Gift/ und stiege in ein warmes Bad/ da er sanft gestorben. Sein Weib blutete nun auch schon/ zum Mit-sterben: aber der Tyrann verbote ihr solches/ und hat sie hernach Lebenslang bleich ausgesehen. Seinen andern Belehrer/ dem <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2110">Burrho</persName>,</hi> schickte er einen Gift-trank: dem er eine Arzney für den krancken Hals versprochen hatte. Der Poet <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2113 http://d-nb.info/gnd/118574701 http://viaf.org/viaf/100902938">Lucanus</persName>,</hi> muste auch an diesen Reyen. Zwo Aufruhren wider ihn/ die Pisonische und Vinicische/ wurden entdecket: da des Rasens wider die Verschwornen kein Ende war. 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ließe/ daß kein Weibsbild iemand etwas versagen solte: da dann die Knechte ihre Frauen und deren Töchter/ in Gegenwart der Herren/ wie die Hunde anfielen/ auch ihrer viele/ die sich widersezten/ ersäuft/ und also viel Bosheit verübet wurde.
Er ware/ der Kaiserlichen Höchst- Würde zu Schimpf/ ein Comoediant, der sich oft auf offenen Schaubühnen in Gestalt eines Leyrspielers sehen und hören lassen: welcherwegen Tiridates, der König in Armenien/ der ihn zuvor einen Herrn und Gott genennt/ ihn verachtet/ und den Feldherrn Corbulonem nachmals gestichelt/ wie die Römer einen solchen Kaiser dulten könten.
Sein Leyrspielen. Es ware nicht genug/ daß er den Tag mit Uppigkeit verschwendet: er rasete auch die Nacht durch/ schändete Jungfrauen und Knaben/ schluge/ beraubte und tödete/ wen er antraffe/ und lieffe auch in die Häuser/ also daß kein Mensch sicher ware. Und hierzu bediente er sich unterschiedlicher Kleider/ auch Haar-Mützen/ die man heutigs Tags Parrucquen nennet/ vermeinend/ also unerkenntlich zu seyn: aber man wuste/ wer es thäte/ und truge er einesmal/ von einem Ratsherrn Julio Montano, so derbe Schläge und Zeichen davon/ daß er in etlichen Tagen nicht von Haus gehen dörfen.
Seine Uppigkeit. Im Verschwenden war er so ausgelassen/ daß er einsmals einem Soldaten von der Leibwacht 100000 Groschen zu zahlen befohle/ und als seine Mutter ihm solche Summa vor die Augen schütten ließe/ damit er/ die Mänge sehend/ von solcher Geuderey abstehen möchte/ befahle er/ man solte die Zahl verdopplen/ und sagte: Ich habe nicht gewust/ daß ich ihm so wenig geschencket. Er pflage kein Kleid zweymal anzuziehen. Er fischete mit einem güldnen Netze/ dessen Stricke von Purpur waren. Niemals fuhre er mit wenigern/ als tausend/ Carossen. Dieses Laster machte ihn einen Palast in Rom bauen/ der eine Stadt heissen mochte. Es stunde im Vorhof ein Colossus 120 Schuhe hoch/ mit seinem Bildnis. Mitten darinn war ein See/ wie ein Meer/ ringsum mit Gebäuden und Bädern besetzet. Man sahe auch darinn viel Saat-Felder/ Wiesen/ Wälder und Weinberge/ mit allerhand zahmen und wilden Thieren. Das Wonhaus ware meist verguldt/ auch mit Perlen/ Edelsteinen und Muscheln versezt. Das Getäfel in den Speis-Zimmern war von Helfenbein/ und ließe sich hinweg schieben/ daß man von oben Blumen und wolriechende Wasser herab schütten konte. Das vornehmste unter denselben war rund/ und lieffe Tag und Nacht herum/ wie der Himmel und seine Gestirne/ den es vorbildete. Es wurde das güldene Haus genennet: das aber keiner von den folgenden Kaisern zu bewohnen hat würdigen wollen/ daher es nach und nach vergangen.
Verschwenderey. Weil diese Verschwenderey ein unsägliches Geld frasse/ als muste er seinem Vorfahrer Caligulae nachahmen/ die Auflagen und Zölle steigern/ und die Güter der Reichen mit List und Gewalt an sich ziehen. Daher sagte er allemal/ wann er iemanden
ein Amt verliehe: du weist/ was ich vonnöten habe/ darum hilf verschaffen/ daß niemand was behalte. Ist eine Rede/ die einem Strassenrauber bässer/ als einem Lands-Fürsten/ anstehet.
Seine Rauberey. Dieses grausame Tygerthier/ unvergnügt mit dem Raube/ thäte auch nichts/ als würgen und morden/ ohne Ansehen aller Freund- und Befreundschaft. Also musten herhalten Thrasea, und Soranus, unter dem Schein der Aufruhr: wiewol jenen dieses gefället/ daß er/ als ein edler erbarer Römer/ dem Leyrspiel des Nero nicht zuhören wollen. Den jungen Aulum Plancum brachte die Huld Agrippinen zum Tode/ daher Nero von ihm sagte: Nun komme meine Mutter/ und küsse den Erben meines Thrones. Der Dänzer Paris muste sterben/ weil er von ihme das Danzen nicht erlernen können. Der dapfre Corbulo, der in seinem Namen Armenien zum Reich erobert/ und von dem Kriegsheer oft angelassen worden/ sich um die Kaiser-Würde anzunehmen/ wuste gar nicht/ warum er sterben muste. Seinem getreuen Belehrer dem Senecae, ließe er sagen/ Er solte ihm eine Art des Todes erwehlen: wiewol er ihm oft theuer zugeschworen/ daß er eher selbst sterben/ als ihme schaden wolte. Sein Geld mochte die Ursach seines Todes seyn: massen ihm einst einer vorgerücket/ er hätte in vier Jahren 13 Millionen gesamlet. Er ließe ihm selbst die Adern an Armen und Beinen sprengen/ trancke Gift/ und stiege in ein warmes Bad/ da er sanft gestorben. Sein Weib blutete nun auch schon/ zum Mit-sterben: aber der Tyrann verbote ihr solches/ und hat sie hernach Lebenslang bleich ausgesehen. Seinen andern Belehrer/ dem Burrho, schickte er einen Gift-trank: dem er eine Arzney für den krancken Hals versprochen hatte. Der Poet Lucanus, muste auch an diesen Reyen. Zwo Aufruhren wider ihn/ die Pisonische und Vinicische/ wurden entdecket: da des Rasens wider die Verschwornen kein Ende war. Einer von denselben sagte/ in der Frage: Er hätte dem Nero nicht anders von seinen Lastern abhelfen können. Der verurtheilte Flavius, Haubtman von der Leibwacht/ sagte ihm ins Gesichte: Ich habe dich/ mehr als alle Menschen/ geliebt und gehasset; jenes/ deine Fromkeit hoffend; dieses aber/ seit daß du deine Mutter und Gemahlin ermordet/ auch ein Fuhrmann/ Comoediant und Mordbrenner/ worden bist.
Seine Grausamkeit. Dieser Vorwurf bezoge sich auf seine Mordthaten/ die er vorher an Vatter/ Mutter/ Brüdern/ Gemahlin und andern nahen Bluts-Verwandten/ verübet. Den Wahl-Vatter/ Kaiser Claudium, hat er zwar nicht selbst hingerichtet/ aber zugelassen/ daß es seine Mutter verrichtet. Eben diese seine Mutter/ die Agrippina, machte sich erstlich damit feindseelig/ daß sie ihn von seinen Bosheiten abhielte. Demnach stieße er sie vom Hof/ und als er merckte/ daß sie damit umgienge/ ihn vom Thron zu heben/ und seinen Bruder Britannicum darauf zu setzen/ dachte er das Vorkommen zu spielen/ und ließe ihr dreymal Gift beybringen. Weil sie aber hierwider sich verwahrt
Seine Blut Mörderey: am Vatter/ Kais Claudio,
an der Mutter Agrippinâ.
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Zitationshilfe: | Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,2. Nürnberg, 1679, S. [II (Skulptur), S. 46]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0202_1679/64>, abgerufen am 17.07.2024. |