Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,2. Nürnberg, 1679.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] bald zu Grab gefolget: wiewol Caesar, solche zu erhalten/ ihm seiner Schwester Enkelin die Octaviam angetragen/ und hinwiederum dessen Tochter/ welche dem Fausto Syllae zu vermeint gewesen/ von ihme zur Gemahlin begehret.

Weil grosse Herren hochmütig sind/ der Hochmut aber ihm selbst viel erlaubet/ als pflegen sie gemeiniglich/ gleichwie viel Tugenden/ also auch viel Lastere/ von sich scheinen zu lassen/ da es zwar heisset nach Horatii Lehr-Spruch:

Nam vitiis nemo sine nascitur: optimus
ille,

qui minimis urgetur - -
Niemand ohne Laster lebt: doch man
nennt der Besten einen/

der die minsten lässet scheinen.

Seine Großmütigkeit. Unter Caesars Tugenden/ war wol die gröste/ die Großmütigkeit/ die er allemal und überall erscheinen lassen. Er ware unverzagt in allen Gefärden/ und freuete sich derselben/ weil sie Ruhm nach sich zögen. Er sagte auch/ daß man selbige anzutreten sich nicht lang bedencken müste/ um den Feind/ sich zu erholen/ nicht Raum und Zeit zu geben. Gegen die Seeräuber. Er wurde/ als er vom K. Nicomedes aus Bithynien wiederkehrte/ bey der Insel Pharmacusa von Seeräubern aus Cicilien gefangen: welche er/ als sie 20. Talenta für seine Erledigung gefordert/ nur ausgelacht/ und ihnen funfzig dafür angeboten/ auch seine Leute/ solche aus der nächsten Stadt herbey zu bringen/ so fort ausgesendet/ und nur mit einem einigen Freund und zweyen Knechten/ unter diesen wilden Barbaren/ 38. Tage lang geblieben. Gleichwol ware er mehr ihr Herr/ als ihr Gefangener. Wann er ruhen wolte/ schickte er einen zu ihnen mit dem Befehl/ daß sie sich still verhalten solten: gleich als wann sie nicht seine Gefangenmeister/ sondern seine Aufwärter wären. Er schriebe Carmina, und lase sie ab mitten unter ihnen: und wann sie dieselben nicht bewunderten/ schallte er sie ungeschickte Barbaren/ und drohete ihnen/ er wolte sie aufhängen lassen. Sie vertrugen solches/ ihn für einen ungescheiden Jüngling haltend. Sobald sie aber/ nach Empfang des Geldes/ ihn ans Land aus gesetzet/ verfolgte er sie alsobald mit einer Flotte/ und liesse sie/ als er sie eingeholet/ alle aufhängen/ wie er ihnen zuvor im Scherz gedrohet. Im Egyptischen Krieg/ als ihn die Feinde Gegen dem Feind im Meer. übermänget/ sprange er vom Ufer ins Meer/ und schwamme wol 200. Schritte zum nächsten Schiffe/ mit der Lincken Hand einige acta in die Höhe/ und mit der Rechten seinen Mantel haltend/ damit jene nicht naß/ noch dieser dem Feind zu Theil und zu Feld. würde. In offentlichen Slachten/ deren er 50 gehalten/ hat er oft das halb-verlorne Feld noch erhalten/ den Flüchtigen begegnet/ und manchen beym Hals wieder gegen dem Feind gezogen. Also thate er einsmals auch einem Adler-Fähnrich/ und rieffe ihm zu: Wo trägt dich der Weg hin? dort hinten ist der Feind/ mit deme müssen wir ietzt fechten. Also hat er öfters einen ganzen Flügel[Spaltenumbruch] wider den Feind gekehret/ und die halb-überwundene noch zu Uberwindern gemacht.

Seine Klugheit. Witze und Hitze/ Raht und That/ gehören zusammen. Diese vollziehet/ was jene nützlich ersihet. Bey unsrem Caesar waren sie beyde so trefflich zu finden/ daß auf der Wage schwebet/ ob er zu Großthaten mehr wol-entschlossen/ oder mehr unverdrossen gewesen. Das Kriegsvolck führte er nie durch Unwege/ sondern spähete vorher die Gelegenheit selber wol aus: wie er dann auch die Seehäfen in Britannien wol besichtiget/ ehe er die Römische Waffen in diese Insel übergeführet.

Seine Sanftmut. Die Hohen der Welt sollen den Planeten gleichen: die/ um wieviel höher sie stehen/ soviel langsamer laufen. Julius Caesar war so gütig und langmütig/ daß er seiner Feinde schonen/ sie lieben und erheben konte. Als ihm seine Freunde riehten/ er solte/ seine mit Waffen erworbene Würde/ auch mit Waffen beschirmen/ gabe er zur Antwort: Ich wil lieber todt als gefürchtet seyn. Daher Marius von ihm zu sagen pflegte: Die den Caesar ansprechen dörfen/ denken nicht an seine Großmut/ und die es nicht thun dörfen/ kennen nicht seine Güte und Freundlichkeit. Als er einsmals mit C. Oppio reisete/ und sie in eine Herberge kamen/ darinnen nur einer ligen konte/ hat er solche dem Oppio, weil er erkranket/ und selbige Nacht unter freyem Himmel geschlaffen/ überlassen. Also/ da er das Collegium der Poeten besuchet/ und der Poet Accius vor ihme nicht aufgestanden/ hat er solches wol aufgenommen/ und gesagt: Accius sey/ an diesem Ort/ mit dem Caesar in gleicher Würde. Zu Meyland hatte ihn Valerius Leo zu gast geladen/ und Spargen unter andern Speisen aufgesetzet/ die der Koch aus Unbedachtsamkeit/ nicht mit Oel/ sondern mit einer Salbe zugerichtet. Dieses vertruge er/ und als seine Leute den Wirt darum schalten/ schalte er sie wieder/ und sagte: Sie möchten eine Speise/ die ihnen nicht schmekte/ unberührt lassen/ und es sey Bäurisch/ eine Unhöflichkeit nicht ungeantet lassen können.

Seine Glükseeligkeit/ Das Glück/ ist gern bey den Klugen und Tapfern: Darum hatte es auch Julius Caesar zur Gefärtin/ wie sein Leben bezeuget. Dis wuste er/ darum sagte er zu einem Schiffer/ der ihn bey Nacht/ unter grossem Ungestüm/ ganz verzagt überführte: Fürchte dich nicht/ du führest den Caesar und sein Glück.

Mildigkeit Der Mildigkeit war er sehr ergeben/ und pflage zu sagen: dis sey sein Reichthum/ wann er der Wolverdienten reich machen/ und zu Freunden erkaufen könne. Er hat auch/ durch sein reichliches Schenken/ bey dem Kriegsvolk sich in solches Ansehen gesetzet/ daß sie/ für seine Ehr und Glück sich gerne in Lebensgefahr begaben. Und diese seine Mildigkeit/ erstreckte sich auch über seine Feinde: massen er/ als Pompejus seine Völker/ die er ihme zum Galbischen Krieg geliehen/ wieder abgefordert/ demselben tausend Goldstücke geschenket.

und Mässigkeit. Sonsten ware er so gar dem Trunck nicht ergeben/ daß seiner Feinde einer M. Cato von ihm

[Spaltenumbruch] bald zu Grab gefolget: wiewol Caesar, solche zu erhalten/ ihm seiner Schwester Enkelin die Octaviam angetragen/ und hinwiederum dessen Tochter/ welche dem Fausto Syllae zu vermeint gewesen/ von ihme zur Gemahlin begehret.

Weil grosse Herren hochmütig sind/ der Hochmut aber ihm selbst viel erlaubet/ als pflegen sie gemeiniglich/ gleichwie viel Tugenden/ also auch viel Lastere/ von sich scheinen zu lassen/ da es zwar heisset nach Horatii Lehr-Spruch:

Nam vitiis nemo sine nascitur: optimus
ille,

qui minimis urgetur - -
Niemand ohne Laster lebt: doch man
nennt der Besten einen/

der die minsten lässet scheinen.

Seine Großmütigkeit. Unter Caesars Tugenden/ war wol die gröste/ die Großmütigkeit/ die er allemal und überall erscheinen lassen. Er ware unverzagt in allen Gefärden/ und freuete sich derselben/ weil sie Ruhm nach sich zögen. Er sagte auch/ daß man selbige anzutreten sich nicht lang bedencken müste/ um den Feind/ sich zu erholen/ nicht Raum und Zeit zu geben. Gegen die Seeräuber. Er wurde/ als er vom K. Nicomedes aus Bithynien wiederkehrte/ bey der Insel Pharmacusa von Seeräubern aus Cicilien gefangen: welche er/ als sie 20. Talenta für seine Erledigung gefordert/ nur ausgelacht/ und ihnen funfzig dafür angeboten/ auch seine Leute/ solche aus der nächsten Stadt herbey zu bringen/ so fort ausgesendet/ und nur mit einem einigen Freund und zweyen Knechten/ unter diesen wilden Barbaren/ 38. Tage lang geblieben. Gleichwol ware er mehr ihr Herr/ als ihr Gefangener. Wann er ruhen wolte/ schickte er einen zu ihnen mit dem Befehl/ daß sie sich still verhalten solten: gleich als wann sie nicht seine Gefangenmeister/ sondern seine Aufwärter wären. Er schriebe Carmina, und lase sie ab mitten unter ihnen: und wann sie dieselben nicht bewunderten/ schallte er sie ungeschickte Barbaren/ und drohete ihnen/ er wolte sie aufhängen lassen. Sie vertrugen solches/ ihn für einen ungescheiden Jüngling haltend. Sobald sie aber/ nach Empfang des Geldes/ ihn ans Land aus gesetzet/ verfolgte er sie alsobald mit einer Flotte/ und liesse sie/ als er sie eingeholet/ alle aufhängen/ wie er ihnen zuvor im Scherz gedrohet. Im Egyptischen Krieg/ als ihn die Feinde Gegen dem Feind im Meer. übermänget/ sprange er vom Ufer ins Meer/ und schwamme wol 200. Schritte zum nächsten Schiffe/ mit der Lincken Hand einige acta in die Höhe/ und mit der Rechten seinen Mantel haltend/ damit jene nicht naß/ noch dieser dem Feind zu Theil und zu Feld. würde. In offentlichen Slachten/ deren er 50 gehalten/ hat er oft das halb-verlorne Feld noch erhalten/ den Flüchtigen begegnet/ und manchen beym Hals wieder gegen dem Feind gezogen. Also thate er einsmals auch einem Adler-Fähnrich/ und rieffe ihm zu: Wo trägt dich der Weg hin? dort hinten ist der Feind/ mit deme müssen wir ietzt fechten. Also hat er öfters einen ganzen Flügel[Spaltenumbruch] wider den Feind gekehret/ und die halb-überwundene noch zu Uberwindern gemacht.

Seine Klugheit. Witze und Hitze/ Raht und That/ gehören zusammen. Diese vollziehet/ was jene nützlich ersihet. Bey unsrem Caesar waren sie beyde so trefflich zu finden/ daß auf der Wage schwebet/ ob er zu Großthaten mehr wol-entschlossen/ oder mehr unverdrossen gewesen. Das Kriegsvolck führte er nie durch Unwege/ sondern spähete vorher die Gelegenheit selber wol aus: wie er dann auch die Seehäfen in Britannien wol besichtiget/ ehe er die Römische Waffen in diese Insel übergeführet.

Seine Sanftmut. Die Hohen der Welt sollen den Planeten gleichen: die/ um wieviel höher sie stehen/ soviel langsamer laufen. Julius Caesar war so gütig und langmütig/ daß er seiner Feinde schonen/ sie lieben und erheben konte. Als ihm seine Freunde riehten/ er solte/ seine mit Waffen erworbene Würde/ auch mit Waffen beschirmen/ gabe er zur Antwort: Ich wil lieber todt als gefürchtet seyn. Daher Marius von ihm zu sagen pflegte: Die den Caesar ansprechen dörfen/ denken nicht an seine Großmut/ und die es nicht thun dörfen/ kennen nicht seine Güte und Freundlichkeit. Als er einsmals mit C. Oppio reisete/ und sie in eine Herberge kamen/ darinnen nur einer ligen konte/ hat er solche dem Oppio, weil er erkranket/ und selbige Nacht unter freyem Himmel geschlaffen/ überlassen. Also/ da er das Collegium der Poeten besuchet/ und der Poet Accius vor ihme nicht aufgestanden/ hat er solches wol aufgenommen/ und gesagt: Accius sey/ an diesem Ort/ mit dem Caesar in gleicher Würde. Zu Meyland hatte ihn Valerius Leo zu gast geladen/ und Spargen unter andern Speisen aufgesetzet/ die der Koch aus Unbedachtsamkeit/ nicht mit Oel/ sondern mit einer Salbe zugerichtet. Dieses vertruge er/ und als seine Leute den Wirt darum schalten/ schalte er sie wieder/ und sagte: Sie möchten eine Speise/ die ihnen nicht schmekte/ unberührt lassen/ und es sey Bäurisch/ eine Unhöflichkeit nicht ungeantet lassen können.

Seine Glükseeligkeit/ Das Glück/ ist gern bey den Klugen und Tapfern: Darum hatte es auch Julius Caesar zur Gefärtin/ wie sein Leben bezeuget. Dis wuste er/ darum sagte er zu einem Schiffer/ der ihn bey Nacht/ unter grossem Ungestüm/ ganz verzagt überführte: Fürchte dich nicht/ du führest den Caesar und sein Glück.

Mildigkeit Der Mildigkeit war er sehr ergeben/ und pflage zu sagen: dis sey sein Reichthum/ wann er der Wolverdienten reich machen/ und zu Freunden erkaufen könne. Er hat auch/ durch sein reichliches Schenken/ bey dem Kriegsvolk sich in solches Ansehen gesetzet/ daß sie/ für seine Ehr und Glück sich gerne in Lebensgefahr begaben. Und diese seine Mildigkeit/ erstreckte sich auch über seine Feinde: massen er/ als Pompejus seine Völker/ die er ihme zum Galbischen Krieg geliehen/ wieder abgefordert/ demselben tausend Goldstücke geschenket.

und Mässigkeit. Sonsten ware er so gar dem Trunck nicht ergeben/ daß seiner Feinde einer M. Cato von ihm

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div xml:id="d899">
          <p xml:id="p899.5"><pb facs="#f0029" xml:id="pb-901" n="[II (Skulptur), S. 21]"/><cb/>
bald zu Grab gefolget: wiewol <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-628 http://d-nb.info/gnd/118518275 http://viaf.org/viaf/100227925">Caesar</persName>,</hi> solche zu erhalten/ ihm <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4334">seiner Schwester</persName> Enkelin die <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1944 http://d-nb.info/gnd/121421287 http://viaf.org/viaf/31016078">Octaviam</persName></hi> angetragen/ und hinwiederum <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5135">dessen Tochter</persName>/ welche dem <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5134">Fausto Syllae</persName></hi> zu vermeint gewesen/ von ihme zur Gemahlin begehret.</p>
          <p xml:id="p901.1">Weil grosse Herren hochmütig sind/ der Hochmut aber ihm selbst viel erlaubet/ als pflegen sie gemeiniglich/ gleichwie viel Tugenden/ also auch viel Lastere/ von sich scheinen zu lassen/ da es zwar heisset nach <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1275 http://d-nb.info/gnd/118553569 http://viaf.org/viaf/100227522">Horatii</persName></hi> Lehr-Spruch:</p>
          <lg rendition="#aq" xml:lang="lat" type="poem">
            <l>Nam vitiis nemo sine nascitur: optimus<lb/>
ille,</l><lb/>
            <l>qui minimis urgetur - -</l><lb/>
          </lg>
          <lg rendition="#c" type="poem">
            <l>Niemand ohne Laster lebt: doch man<lb/>
nennt der Besten einen/</l><lb/>
            <l>der die minsten lässet scheinen.</l><lb/>
          </lg>
          <p xml:id="p901.2"><note place="right">Seine Großmütigkeit.</note> Unter <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-628 http://d-nb.info/gnd/118518275 http://viaf.org/viaf/100227925">Caesars</persName></hi> Tugenden/ war wol die gröste/ die Großmütigkeit/ die er allemal und überall erscheinen lassen. Er ware unverzagt in allen Gefärden/ und freuete sich derselben/ weil sie Ruhm nach sich zögen. Er sagte auch/ daß man selbige anzutreten sich nicht lang bedencken müste/ um den Feind/ sich zu erholen/ nicht Raum und Zeit zu geben. <note place="right">Gegen die Seeräuber.</note> Er wurde/ als er vom <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5300">K. <hi rendition="#aq">Nicomedes</hi></persName> aus <hi rendition="#aq"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-220 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7016608">Bithynien</placeName></hi> wiederkehrte/ bey der Insel <hi rendition="#aq"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1730">Pharmacusa</placeName></hi> von Seeräubern aus <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-937 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7002470">Cicilien</placeName> gefangen: welche er/ als sie 20. <hi rendition="#aq">Talenta</hi> für seine Erledigung gefordert/ nur ausgelacht/ und ihnen funfzig dafür angeboten/ auch seine Leute/ solche aus der nächsten Stadt herbey zu bringen/ so fort ausgesendet/ und nur mit einem einigen Freund und zweyen Knechten/ unter diesen wilden Barbaren/ 38. Tage lang geblieben. Gleichwol ware er mehr ihr Herr/ als ihr Gefangener. Wann er ruhen wolte/ schickte er einen zu ihnen mit dem Befehl/ daß sie sich still verhalten solten: gleich als wann sie nicht seine Gefangenmeister/ sondern seine Aufwärter wären. Er schriebe <hi rendition="#aq">Carmina,</hi> und lase sie ab mitten unter ihnen: und wann sie dieselben nicht bewunderten/ schallte er sie ungeschickte Barbaren/ und drohete ihnen/ er wolte sie aufhängen lassen. Sie vertrugen solches/ ihn für einen ungescheiden Jüngling haltend. Sobald sie aber/ nach Empfang des Geldes/ ihn ans Land aus gesetzet/ verfolgte er sie alsobald mit einer Flotte/ und liesse sie/ als er sie eingeholet/ alle aufhängen/ wie er ihnen zuvor im Scherz gedrohet. Im Egyptischen Krieg/ als ihn die Feinde <note place="right">Gegen dem Feind im Meer.</note> übermänget/ sprange er vom Ufer ins Meer/ und schwamme wol 200. Schritte zum nächsten Schiffe/ mit der Lincken Hand einige <hi rendition="#aq">acta</hi> in die Höhe/ und mit der Rechten seinen Mantel haltend/ damit jene nicht naß/ noch dieser dem Feind zu Theil <note place="right">und zu Feld.</note> würde. In offentlichen Slachten/ deren er 50 gehalten/ hat er oft das halb-verlorne Feld noch erhalten/ den Flüchtigen begegnet/ und manchen beym Hals wieder gegen dem Feind gezogen. Also thate er einsmals auch einem Adler-Fähnrich/ und rieffe ihm zu: Wo trägt dich der Weg hin? dort hinten ist der Feind/ mit deme müssen wir ietzt fechten. Also hat er öfters einen ganzen Flügel<cb/>
wider den Feind gekehret/ und die halb-überwundene noch zu Uberwindern gemacht.</p>
          <p xml:id="p901.3"><note place="right">Seine Klugheit.</note> Witze und Hitze/ Raht und That/ gehören zusammen. Diese vollziehet/ was jene nützlich ersihet. Bey unsrem <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-628 http://d-nb.info/gnd/118518275 http://viaf.org/viaf/100227925">Caesar</persName></hi> waren sie beyde so trefflich zu finden/ daß auf der Wage schwebet/ ob er zu Großthaten mehr wol-entschlossen/ oder mehr unverdrossen gewesen. Das Kriegsvolck führte er nie durch Unwege/ sondern spähete vorher die Gelegenheit selber wol aus: wie er dann auch die Seehäfen in <hi rendition="#aq"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1051 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7030316">Britannien</placeName></hi> wol besichtiget/ ehe er die Römische Waffen in diese Insel übergeführet.</p>
          <p xml:id="p901.4"><note place="right">Seine Sanftmut.</note> Die Hohen der Welt sollen den Planeten gleichen: die/ um wieviel höher sie stehen/ soviel langsamer laufen. <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-628 http://d-nb.info/gnd/118518275 http://viaf.org/viaf/100227925">Julius Caesar</persName></hi> war so gütig und langmütig/ daß er seiner Feinde schonen/ sie lieben und erheben konte. Als ihm seine Freunde riehten/ er solte/ seine mit Waffen erworbene Würde/ auch mit Waffen beschirmen/ gabe er zur Antwort: Ich wil lieber todt als gefürchtet seyn. Daher <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5632">Marius</persName></hi> von ihm zu sagen pflegte: Die den <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-628 http://d-nb.info/gnd/118518275 http://viaf.org/viaf/100227925">Caesar</persName></hi> ansprechen dörfen/ denken nicht an seine Großmut/ und die es nicht thun dörfen/ kennen nicht seine Güte und Freundlichkeit. Als er einsmals mit <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4388 http://d-nb.info/gnd/119148978 http://viaf.org/viaf/62351922">C. Oppio</persName></hi> reisete/ und sie in eine Herberge kamen/ darinnen nur einer ligen konte/ hat er solche dem <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4388 http://d-nb.info/gnd/119148978 http://viaf.org/viaf/62351922">Oppio</persName>,</hi> weil er erkranket/ und selbige Nacht unter freyem Himmel geschlaffen/ überlassen. Also/ da er das <hi rendition="#aq">Collegium</hi> der Poeten besuchet/ und der Poet <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3570 http://d-nb.info/gnd/118500368 http://viaf.org/viaf/4905872">Accius</persName></hi> vor ihme nicht aufgestanden/ hat er solches wol aufgenommen/ und gesagt: <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3570 http://d-nb.info/gnd/118500368 http://viaf.org/viaf/4905872">Accius</persName></hi> sey/ an diesem Ort/ mit dem <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5056 http://d-nb.info/gnd/10238357X http://viaf.org/viaf/44692335">Caesar</persName></hi> in gleicher Würde. Zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-3 http://www.geonames.org/3173435/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7005903">Meyland</placeName> hatte ihn <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5632">Valerius Leo</persName></hi> zu gast geladen/ und Spargen unter andern Speisen aufgesetzet/ die der Koch aus Unbedachtsamkeit/ nicht mit Oel/ sondern mit einer Salbe zugerichtet. Dieses vertruge er/ und als seine Leute den Wirt darum schalten/ schalte er sie wieder/ und sagte: Sie möchten eine Speise/ die ihnen nicht schmekte/ unberührt lassen/ und es sey Bäurisch/ eine Unhöflichkeit nicht ungeantet lassen können.</p>
          <p xml:id="p901.5"><note place="right">Seine Glükseeligkeit/</note> Das Glück/ ist gern bey den Klugen und Tapfern: Darum hatte es auch <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-628 http://d-nb.info/gnd/118518275 http://viaf.org/viaf/100227925">Julius Caesar</persName></hi> zur Gefärtin/ wie sein Leben bezeuget. Dis wuste er/ darum sagte er zu einem Schiffer/ der ihn bey Nacht/ unter grossem Ungestüm/ ganz verzagt überführte: Fürchte dich nicht/ du führest den <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-628 http://d-nb.info/gnd/118518275 http://viaf.org/viaf/100227925">Caesar</persName></hi> und sein Glück.</p>
          <p xml:id="p901.6"><note place="right">Mildigkeit</note> Der Mildigkeit war er sehr ergeben/ und pflage zu sagen: dis sey sein Reichthum/ wann er der Wolverdienten reich machen/ und zu Freunden erkaufen könne. Er hat auch/ durch sein reichliches Schenken/ bey dem Kriegsvolk sich in solches Ansehen gesetzet/ daß sie/ für seine Ehr und Glück sich gerne in Lebensgefahr begaben. Und diese seine Mildigkeit/ erstreckte sich auch über seine Feinde: massen er/ als <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-251 http://d-nb.info/gnd/118595636 http://viaf.org/viaf/88739765">Pompejus</persName></hi> seine Völker/ die er ihme zum Galbischen Krieg geliehen/ wieder abgefordert/ demselben tausend Goldstücke geschenket.</p>
          <p xml:id="p901.7"><note place="right">und Mässigkeit.</note> Sonsten ware er so gar dem Trunck nicht ergeben/ daß seiner Feinde einer <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1609 http://d-nb.info/gnd/118519700 http://viaf.org/viaf/89426632">M. Cato</persName></hi> von ihm
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[II (Skulptur), S. 21]/0029] bald zu Grab gefolget: wiewol Caesar, solche zu erhalten/ ihm seiner Schwester Enkelin die Octaviam angetragen/ und hinwiederum dessen Tochter/ welche dem Fausto Syllae zu vermeint gewesen/ von ihme zur Gemahlin begehret. Weil grosse Herren hochmütig sind/ der Hochmut aber ihm selbst viel erlaubet/ als pflegen sie gemeiniglich/ gleichwie viel Tugenden/ also auch viel Lastere/ von sich scheinen zu lassen/ da es zwar heisset nach Horatii Lehr-Spruch: Nam vitiis nemo sine nascitur: optimus ille, qui minimis urgetur - - Niemand ohne Laster lebt: doch man nennt der Besten einen/ der die minsten lässet scheinen. Unter Caesars Tugenden/ war wol die gröste/ die Großmütigkeit/ die er allemal und überall erscheinen lassen. Er ware unverzagt in allen Gefärden/ und freuete sich derselben/ weil sie Ruhm nach sich zögen. Er sagte auch/ daß man selbige anzutreten sich nicht lang bedencken müste/ um den Feind/ sich zu erholen/ nicht Raum und Zeit zu geben. Er wurde/ als er vom K. Nicomedes aus Bithynien wiederkehrte/ bey der Insel Pharmacusa von Seeräubern aus Cicilien gefangen: welche er/ als sie 20. Talenta für seine Erledigung gefordert/ nur ausgelacht/ und ihnen funfzig dafür angeboten/ auch seine Leute/ solche aus der nächsten Stadt herbey zu bringen/ so fort ausgesendet/ und nur mit einem einigen Freund und zweyen Knechten/ unter diesen wilden Barbaren/ 38. Tage lang geblieben. Gleichwol ware er mehr ihr Herr/ als ihr Gefangener. Wann er ruhen wolte/ schickte er einen zu ihnen mit dem Befehl/ daß sie sich still verhalten solten: gleich als wann sie nicht seine Gefangenmeister/ sondern seine Aufwärter wären. Er schriebe Carmina, und lase sie ab mitten unter ihnen: und wann sie dieselben nicht bewunderten/ schallte er sie ungeschickte Barbaren/ und drohete ihnen/ er wolte sie aufhängen lassen. Sie vertrugen solches/ ihn für einen ungescheiden Jüngling haltend. Sobald sie aber/ nach Empfang des Geldes/ ihn ans Land aus gesetzet/ verfolgte er sie alsobald mit einer Flotte/ und liesse sie/ als er sie eingeholet/ alle aufhängen/ wie er ihnen zuvor im Scherz gedrohet. Im Egyptischen Krieg/ als ihn die Feinde übermänget/ sprange er vom Ufer ins Meer/ und schwamme wol 200. Schritte zum nächsten Schiffe/ mit der Lincken Hand einige acta in die Höhe/ und mit der Rechten seinen Mantel haltend/ damit jene nicht naß/ noch dieser dem Feind zu Theil würde. In offentlichen Slachten/ deren er 50 gehalten/ hat er oft das halb-verlorne Feld noch erhalten/ den Flüchtigen begegnet/ und manchen beym Hals wieder gegen dem Feind gezogen. Also thate er einsmals auch einem Adler-Fähnrich/ und rieffe ihm zu: Wo trägt dich der Weg hin? dort hinten ist der Feind/ mit deme müssen wir ietzt fechten. Also hat er öfters einen ganzen Flügel wider den Feind gekehret/ und die halb-überwundene noch zu Uberwindern gemacht. Seine Großmütigkeit. Gegen die Seeräuber. Gegen dem Feind im Meer. und zu Feld. Witze und Hitze/ Raht und That/ gehören zusammen. Diese vollziehet/ was jene nützlich ersihet. Bey unsrem Caesar waren sie beyde so trefflich zu finden/ daß auf der Wage schwebet/ ob er zu Großthaten mehr wol-entschlossen/ oder mehr unverdrossen gewesen. Das Kriegsvolck führte er nie durch Unwege/ sondern spähete vorher die Gelegenheit selber wol aus: wie er dann auch die Seehäfen in Britannien wol besichtiget/ ehe er die Römische Waffen in diese Insel übergeführet. Seine Klugheit. Die Hohen der Welt sollen den Planeten gleichen: die/ um wieviel höher sie stehen/ soviel langsamer laufen. Julius Caesar war so gütig und langmütig/ daß er seiner Feinde schonen/ sie lieben und erheben konte. Als ihm seine Freunde riehten/ er solte/ seine mit Waffen erworbene Würde/ auch mit Waffen beschirmen/ gabe er zur Antwort: Ich wil lieber todt als gefürchtet seyn. Daher Marius von ihm zu sagen pflegte: Die den Caesar ansprechen dörfen/ denken nicht an seine Großmut/ und die es nicht thun dörfen/ kennen nicht seine Güte und Freundlichkeit. Als er einsmals mit C. Oppio reisete/ und sie in eine Herberge kamen/ darinnen nur einer ligen konte/ hat er solche dem Oppio, weil er erkranket/ und selbige Nacht unter freyem Himmel geschlaffen/ überlassen. Also/ da er das Collegium der Poeten besuchet/ und der Poet Accius vor ihme nicht aufgestanden/ hat er solches wol aufgenommen/ und gesagt: Accius sey/ an diesem Ort/ mit dem Caesar in gleicher Würde. Zu Meyland hatte ihn Valerius Leo zu gast geladen/ und Spargen unter andern Speisen aufgesetzet/ die der Koch aus Unbedachtsamkeit/ nicht mit Oel/ sondern mit einer Salbe zugerichtet. Dieses vertruge er/ und als seine Leute den Wirt darum schalten/ schalte er sie wieder/ und sagte: Sie möchten eine Speise/ die ihnen nicht schmekte/ unberührt lassen/ und es sey Bäurisch/ eine Unhöflichkeit nicht ungeantet lassen können. Seine Sanftmut. Das Glück/ ist gern bey den Klugen und Tapfern: Darum hatte es auch Julius Caesar zur Gefärtin/ wie sein Leben bezeuget. Dis wuste er/ darum sagte er zu einem Schiffer/ der ihn bey Nacht/ unter grossem Ungestüm/ ganz verzagt überführte: Fürchte dich nicht/ du führest den Caesar und sein Glück. Seine Glükseeligkeit/ Der Mildigkeit war er sehr ergeben/ und pflage zu sagen: dis sey sein Reichthum/ wann er der Wolverdienten reich machen/ und zu Freunden erkaufen könne. Er hat auch/ durch sein reichliches Schenken/ bey dem Kriegsvolk sich in solches Ansehen gesetzet/ daß sie/ für seine Ehr und Glück sich gerne in Lebensgefahr begaben. Und diese seine Mildigkeit/ erstreckte sich auch über seine Feinde: massen er/ als Pompejus seine Völker/ die er ihme zum Galbischen Krieg geliehen/ wieder abgefordert/ demselben tausend Goldstücke geschenket. Mildigkeit Sonsten ware er so gar dem Trunck nicht ergeben/ daß seiner Feinde einer M. Cato von ihm und Mässigkeit.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sandrart.net: Bereitstellung der Texttranskription in XML/TEI. (2013-05-21T09:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus sandrart.net entsprechen muss.
Sandrart.net: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-05-21T09:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-05-21T09:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0202_1679
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0202_1679/29
Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,2. Nürnberg, 1679, S. [II (Skulptur), S. 21]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0202_1679/29>, abgerufen am 06.10.2024.