Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,1. Nürnberg, 1679.[Spaltenumbruch] und einiger andern Materie, arbeiten/ oder zu weg bringen/ es werde dann zuvor in quadro oder Vier-Eck gebracht/ damit man nun den Verstand hierinnen finde/ als soll von den fünfferley Arten dieser Arbeit in folgenden Blättern nur kürtzlich gehandelt werden: weil allbereits die fünff Ordnungen oder gantze Seulen/ samt allen deren grossen und kleinen Gliedern/ auch Form und Zier mit den Massen und Ziffern/ aufs allergenauste eingerichtet/ und dabey aller Orten die best-möglichst-deutliche Die Eck-Columnen sollen dicker seyn als die andern. Erklärung völlig zu finden. Es ist auch weiter zu berichten/ daß die Eck-Columnen iedesmal dicker gemacht werden/ als die andern/ nemlich auf den funfzigsten Theil in ihrem Diametro. Dann so sie vom offnen Liecht umgeben werden/ von welcher Bescheinung sie dem Gesicht dünner vorkommen/ so ist vonnöthen/ daß dasjenige/ was das Gesicht blendet/ und sich abspielet/ mit Verstand Wie alle Columnen oben einzuziehen. durch die Kunst erstattet werde. Wie aber alle Columnen/ darauf das Capitell gesetzt wird/ (von Vitruvio Upotrakhelia genant) zu oberst einzuziehen sey/ ist zu wissen/ daß damit also zu verfahren: Wann die Columna zum wenigsten auf 15. Schuhe an der Höhe ist/ so theile die Dicke des Untersten Theils an der Basi solches Pfeilers/ oder Seiten in sechs Theile: davon sollen die fünff Theile oben zu der Dicke der Columnen genommen werden; Welche aber in der Höhe ist/ von 15. Schuhen/ bis auf zwantzig/ da soll die Seule unten in sechs/ und einen halben Theil abgetheilet werden: Von solchen Theilen gib fünff und einen halben Theil der obern schmalen Dicke. Weiter so die Columna von 20. bis 30. Schuh hoch ist/ so soll der Diameter der Seule unten in sieben Theile getheilet werden: Davon gib der obern Dicke 6. Theile. Welche aber von 30. in 40. Schuh hoch ist/ deren Diameter der untern Dicke soll in sieben und ein halb Theil abgetheilet werden: Davon gebe man sieben der obern Dicke. Desgleichen auch/ wo etliche noch höher wären/ soll ihr Maß/ nach dieser Weise/ in der obern Dicke gehalten werden: Dann solche temperirung der Dicke wird ihnen/ wegen der Verlierung/ oder Abstellung des Gesichts/ in der Höhe nothwendig zugeeignet werden; damit man dem Gesicht verlangter massen begegne. Es ist Bäuchung der Columnen. aber der Columnen hieraus entstehende Erschwellung/ oder Bäuchung/ in solcher Ordnung einzurichten/ wie in unsers ersten Haupt-Theils beygefügter Platte/ mit N. I. Fol. 6. bezeichnet/ zu ersehen: nemlich die Seule soll in drey gleiche Theile abgetheilet werden/ deren das erste Theil unten von A. zu B. wagrecht verbleibet: alsdann ziehet man von B. eine gerade Linie vörter hinauf nach dem Puncten der Diminution, wie vor gedacht/ unterhalb des Collarino, oder Hälsleins; Darnach zeichnet sich selbst der Columna verlangte Geschwellung/ oder Bäuchung und obere Form gantz zierlich. Diese Weise wird von den berühmtesten Architecten/ bey aller Ordnung/ beobachtet. Nun wollen wir/ die fünff Seulen zu betrachten/ vor uns nehmen. I. Rustica, die Bäurische. Die Arbeit/ so Rustica, oder die Bäurische benamet wird/ ist die allerschlechteste und gröbste/ wie ihr Name bezeuget: Massen sie auch der[Spaltenumbruch] Anfang/ Grund und das Fundament aller folgenden ist. Sie wird nach Weise und Art vieler im Florentinischen Gebiet befindlichen herrlichen Gebäuen/ mit Brunnen und Wasserkünsten aufgeführet/ welche auf solche Seulen gesetzet sind. Es Stuck von dieser Arbeit sind auch dieser Art viel schöne Bögen allda zusehen/ deren sich unsere Vorfahren auf ihren Schlössern bedienet: Gleichwie auch in Campanien/ an gewissen Orten/ als zu Tivoli und Puteoli, Was die Alten auf diese Art gebauet die Begräbnussen mit dergleichen Seulen ausgezieret sind. Auf solche Art baueten die Alten ihre Stadt-Thore/ Fenster/ Brucken/ Wassergänge/ Castelle/ Thürne/ Schatzkammern/ Zeug - und Gefangen-Häuser/ mit Steinen/ und auf Demant-Art versetzet. In diesen Gebäuen/ wie gemein und niderträchtig sie auch geführet werden/ erscheinet gleichwol eine sonderbare Meisterschaft: Weil die Steinstuck unzertrennlich/ und fast sauber zusammen gefügt werden/ als ob sich die Natur selbst in einen Stein verwandelt hätte; und ist also unmöglich/ daß sie durch einiges Ungewitter/ Heisset Toscana von ihrer Ursprungs-Ort. oder durch langwierige Zeit mögen zertrümmert werden. Diese hat ihren Ursprung/ wie gesagt/ aus Toscana, der edlen Landschafft in Italien/ von der sie noch den Namen führet/ und hat mit deren Basa samt Capitell/ in der Länge so viel als sieben Modulo, oder Schuh. sie wird oben/ um den vierten Theil ihrer Dicke geschmälert. Hierbey ist nun zuerwähnen/ daß die Toscana als die gröbste/ selten oberhalb der Erden gestellet werde/ ausser wann mir eine Ordnung allein zu finden/ als nemlich auf dem Lande/ zur Uberdeckung/ oder aber zu überaus grossen Gebäuen/ als in einem Amphitheatro und dergleichen/ wo mehrere Ordnungen von nöthen/ zu denen wird sie/ an statt der Dorica, unterhalb der Ionica gestellet. Wann man aber eine von diesen auslassen wolte/ als nemlich/ daß ohne Mittel die Corinthiaca auf der Dorica stünde/ ist solches wol zulässig/ wann nur iedesmals Von der Intercolonnen Abtheilung derselben. die stärckste unten stehet. Die Intercolonnen/ oder zwischen beeden Columnen offne Spacia von einer zur andern/ sind von anderthalb Diametern der Columne zumachen/ und ist der Diameter vom nidrigsten Theil der Columne zu nehmen. Sie sind auch von zween Diametern/ oder zween und einen viertel/ wiederum von dreyen/ und auch/ nach gestalt der Sachen/ von noch mehrern. Doch haben die Antichen die Maß von dreyen Diametern nicht überschritten/ ausgenommen in der Regul Rustica, in welcher die Architraven/ oder Zwergbalcken solcher intercolonnen/ sehr breit von Holtz werden können: Wie A. und B. in unsers ersten Haupt-Theils ersten Platte vorzeiget. Und dergestalt dienet die Rustica gar schicklich in Gärten/ und im Feld/ wegen der Kärren/ Wägen/ und anderer Feld-Instrumenten/ die man darzwischen in Geschuff und Geschirr gebrauchet/ ist auch von geringerm Unkosten. Wann man aber Portale und Loggien/ oder Lauben mit Bögen machen will/ so kan man/ beygefügter Zeichnung im Kupfer/ sich bedienen/ in welcher man siehet il disposito und die Schliessung der Steine/ wie es/ unsers Bedünckens/ seyn soll/ wann man es von Stein zumachen gedencket. [Spaltenumbruch] und einiger andern Materie, arbeiten/ oder zu weg bringen/ es werde dann zuvor in quadro oder Vier-Eck gebracht/ damit man nun den Verstand hierinnen finde/ als soll von den fünfferley Arten dieser Arbeit in folgenden Blättern nur kürtzlich gehandelt werden: weil allbereits die fünff Ordnungen oder gantze Seulen/ samt allen deren grossen und kleinen Gliedern/ auch Form und Zier mit den Massen und Ziffern/ aufs allergenauste eingerichtet/ und dabey aller Orten die best-möglichst-deutliche Die Eck-Columnen sollen dicker seyn als die andern. Erklärung völlig zu finden. Es ist auch weiter zu berichten/ daß die Eck-Columnen iedesmal dicker gemacht werden/ als die andern/ nemlich auf den funfzigsten Theil in ihrem Diametro. Dann so sie vom offnen Liecht umgeben werden/ von welcher Bescheinung sie dem Gesicht dünner vorkommen/ so ist vonnöthen/ daß dasjenige/ was das Gesicht blendet/ und sich abspielet/ mit Verstand Wie alle Columnen oben einzuziehen. durch die Kunst erstattet werde. Wie aber alle Columnen/ darauf das Capitell gesetzt wird/ (von Vitruvio Ὑποτραχήλια genant) zu oberst einzuziehen sey/ ist zu wissen/ daß damit also zu verfahren: Wann die Columna zum wenigsten auf 15. Schuhe an der Höhe ist/ so theile die Dicke des Untersten Theils an der Basi solches Pfeilers/ oder Seiten in sechs Theile: davon sollen die fünff Theile oben zu der Dicke der Columnen genommen werden; Welche aber in der Höhe ist/ von 15. Schuhen/ bis auf zwantzig/ da soll die Seule unten in sechs/ und einen halben Theil abgetheilet werden: Von solchen Theilen gib fünff und einen halben Theil der obern schmalen Dicke. Weiter so die Columna von 20. bis 30. Schuh hoch ist/ so soll der Diameter der Seule unten in sieben Theile getheilet werden: Davon gib der obern Dicke 6. Theile. Welche aber von 30. in 40. Schuh hoch ist/ deren Diameter der untern Dicke soll in sieben und ein halb Theil abgetheilet werden: Davon gebe man sieben der obern Dicke. Desgleichen auch/ wo etliche noch höher wären/ soll ihr Maß/ nach dieser Weise/ in der obern Dicke gehalten werden: Dann solche temperirung der Dicke wird ihnen/ wegen der Verlierung/ oder Abstellung des Gesichts/ in der Höhe nothwendig zugeeignet werden; damit man dem Gesicht verlangter massen begegne. Es ist Bäuchung der Columnen. aber der Columnen hieraus entstehende Erschwellung/ oder Bäuchung/ in solcher Ordnung einzurichten/ wie in unsers ersten Haupt-Theils beygefügter Platte/ mit N. I. Fol. 6. bezeichnet/ zu ersehen: nemlich die Seule soll in drey gleiche Theile abgetheilet werden/ deren das erste Theil unten von A. zu B. wagrecht verbleibet: alsdann ziehet man von B. eine gerade Linie vörter hinauf nach dem Puncten der Diminution, wie vor gedacht/ unterhalb des Collarino, oder Hälsleins; Darnach zeichnet sich selbst der Columna verlangte Geschwellung/ oder Bäuchung und obere Form gantz zierlich. Diese Weise wird von den berühmtesten Architecten/ bey aller Ordnung/ beobachtet. Nun wollen wir/ die fünff Seulen zu betrachten/ vor uns nehmen. I. Rustica, die Bäurische. Die Arbeit/ so Rustica, oder die Bäurische benamet wird/ ist die allerschlechteste und gröbste/ wie ihr Name bezeuget: Massen sie auch der[Spaltenumbruch] Anfang/ Grund und das Fundament aller folgenden ist. Sie wird nach Weise und Art vieler im Florentinischen Gebiet befindlichen herrlichen Gebäuen/ mit Brunnen und Wasserkünsten aufgeführet/ welche auf solche Seulen gesetzet sind. Es Stuck von dieser Arbeit sind auch dieser Art viel schöne Bögen allda zusehen/ deren sich unsere Vorfahren auf ihren Schlössern bedienet: Gleichwie auch in Campanien/ an gewissen Orten/ als zu Tivoli und Puteoli, Was die Alten auf diese Art gebauet die Begräbnussen mit dergleichen Seulen ausgezieret sind. Auf solche Art baueten die Alten ihre Stadt-Thore/ Fenster/ Brucken/ Wassergänge/ Castelle/ Thürne/ Schatzkammern/ Zeug - und Gefangen-Häuser/ mit Steinen/ und auf Demant-Art versetzet. In diesen Gebäuen/ wie gemein und niderträchtig sie auch geführet werden/ erscheinet gleichwol eine sonderbare Meisterschaft: Weil die Steinstuck unzertrennlich/ und fast sauber zusammen gefügt werden/ als ob sich die Natur selbst in einen Stein verwandelt hätte; und ist also unmöglich/ daß sie durch einiges Ungewitter/ Heisset Toscana von ihrer Ursprungs-Ort. oder durch langwierige Zeit mögen zertrümmert werden. Diese hat ihren Ursprung/ wie gesagt/ aus Toscana, der edlen Landschafft in Italien/ von der sie noch den Namen führet/ und hat mit deren Basa samt Capitell/ in der Länge so viel als sieben Modulo, oder Schuh. sie wird oben/ um den vierten Theil ihrer Dicke geschmälert. Hierbey ist nun zuerwähnen/ daß die Toscana als die gröbste/ selten oberhalb der Erden gestellet werde/ ausser wann mir eine Ordnung allein zu finden/ als nemlich auf dem Lande/ zur Uberdeckung/ oder aber zu überaus grossen Gebäuen/ als in einem Amphitheatro und dergleichen/ wo mehrere Ordnungen von nöthen/ zu denen wird sie/ an statt der Dorica, unterhalb der Ionica gestellet. Wann man aber eine von diesen auslassen wolte/ als nemlich/ daß ohne Mittel die Corinthiaca auf der Dorica stünde/ ist solches wol zulässig/ wann nur iedesmals Von der Intercolonnen Abtheilung derselben. die stärckste unten stehet. Die Intercolonnen/ oder zwischen beeden Columnen offne Spacia von einer zur andern/ sind von anderthalb Diametern der Columne zumachen/ und ist der Diameter vom nidrigsten Theil der Columne zu nehmen. Sie sind auch von zween Diametern/ oder zween und einen viertel/ wiederum von dreyen/ und auch/ nach gestalt der Sachen/ von noch mehrern. Doch haben die Antichen die Maß von dreyen Diametern nicht überschritten/ ausgenommen in der Regul Rustica, in welcher die Architraven/ oder Zwergbalcken solcher intercolonnen/ sehr breit von Holtz werden können: Wie A. und B. in unsers ersten Haupt-Theils ersten Platte vorzeiget. Und dergestalt dienet die Rustica gar schicklich in Gärten/ und im Feld/ wegen der Kärren/ Wägen/ und anderer Feld-Instrumenten/ die man darzwischen in Geschuff und Geschirr gebrauchet/ ist auch von geringerm Unkosten. Wann man aber Portale und Loggien/ oder Lauben mit Bögen machen will/ so kan man/ beygefügter Zeichnung im Kupfer/ sich bedienen/ in welcher man siehet il disposito und die Schliessung der Steine/ wie es/ unsers Bedünckens/ seyn soll/ wann man es von Stein zumachen gedencket. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div xml:id="d741"> <p><pb facs="#f0207" xml:id="pb-742" n="[I (Architektur), S. 10]"/><cb/> und einiger andern <hi rendition="#aq">Materie,</hi> arbeiten/ oder zu weg bringen/ es werde dann zuvor in <hi rendition="#aq">quadro</hi> oder Vier-Eck gebracht/ damit man nun den Verstand hierinnen finde/ als soll von den fünfferley Arten dieser Arbeit in folgenden Blättern nur kürtzlich gehandelt werden: weil allbereits die fünff Ordnungen oder gantze Seulen/ samt allen deren grossen und kleinen Gliedern/ auch Form und Zier mit den Massen und Ziffern/ aufs allergenauste eingerichtet/ und dabey aller Orten die best-möglichst-deutliche <note place="right">Die Eck-Columnen sollen dicker seyn als die andern.</note> Erklärung völlig zu finden. 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und einiger andern Materie, arbeiten/ oder zu weg bringen/ es werde dann zuvor in quadro oder Vier-Eck gebracht/ damit man nun den Verstand hierinnen finde/ als soll von den fünfferley Arten dieser Arbeit in folgenden Blättern nur kürtzlich gehandelt werden: weil allbereits die fünff Ordnungen oder gantze Seulen/ samt allen deren grossen und kleinen Gliedern/ auch Form und Zier mit den Massen und Ziffern/ aufs allergenauste eingerichtet/ und dabey aller Orten die best-möglichst-deutliche Erklärung völlig zu finden. Es ist auch weiter zu berichten/ daß die Eck-Columnen iedesmal dicker gemacht werden/ als die andern/ nemlich auf den funfzigsten Theil in ihrem Diametro. Dann so sie vom offnen Liecht umgeben werden/ von welcher Bescheinung sie dem Gesicht dünner vorkommen/ so ist vonnöthen/ daß dasjenige/ was das Gesicht blendet/ und sich abspielet/ mit Verstand durch die Kunst erstattet werde. Wie aber alle Columnen/ darauf das Capitell gesetzt wird/ (von Vitruvio Ὑποτραχήλια genant) zu oberst einzuziehen sey/ ist zu wissen/ daß damit also zu verfahren: Wann die Columna zum wenigsten auf 15. Schuhe an der Höhe ist/ so theile die Dicke des Untersten Theils an der Basi solches Pfeilers/ oder Seiten in sechs Theile: davon sollen die fünff Theile oben zu der Dicke der Columnen genommen werden; Welche aber in der Höhe ist/ von 15. Schuhen/ bis auf zwantzig/ da soll die Seule unten in sechs/ und einen halben Theil abgetheilet werden: Von solchen Theilen gib fünff und einen halben Theil der obern schmalen Dicke. Weiter so die Columna von 20. bis 30. Schuh hoch ist/ so soll der Diameter der Seule unten in sieben Theile getheilet werden: Davon gib der obern Dicke 6. Theile. Welche aber von 30. in 40. Schuh hoch ist/ deren Diameter der untern Dicke soll in sieben und ein halb Theil abgetheilet werden: Davon gebe man sieben der obern Dicke. Desgleichen auch/ wo etliche noch höher wären/ soll ihr Maß/ nach dieser Weise/ in der obern Dicke gehalten werden: Dann solche temperirung der Dicke wird ihnen/ wegen der Verlierung/ oder Abstellung des Gesichts/ in der Höhe nothwendig zugeeignet werden; damit man dem Gesicht verlangter massen begegne. Es ist aber der Columnen hieraus entstehende Erschwellung/ oder Bäuchung/ in solcher Ordnung einzurichten/ wie in unsers ersten Haupt-Theils beygefügter Platte/ mit N. I. Fol. 6. bezeichnet/ zu ersehen: nemlich die Seule soll in drey gleiche Theile abgetheilet werden/ deren das erste Theil unten von A. zu B. wagrecht verbleibet: alsdann ziehet man von B. eine gerade Linie vörter hinauf nach dem Puncten der Diminution, wie vor gedacht/ unterhalb des Collarino, oder Hälsleins; Darnach zeichnet sich selbst der Columna verlangte Geschwellung/ oder Bäuchung und obere Form gantz zierlich. Diese Weise wird von den berühmtesten Architecten/ bey aller Ordnung/ beobachtet. Nun wollen wir/ die fünff Seulen zu betrachten/ vor uns nehmen.
Die Eck-Columnen sollen dicker seyn als die andern.
Wie alle Columnen oben einzuziehen.
Bäuchung der Columnen. Die Arbeit/ so Rustica, oder die Bäurische benamet wird/ ist die allerschlechteste und gröbste/ wie ihr Name bezeuget: Massen sie auch der
Anfang/ Grund und das Fundament aller folgenden ist. Sie wird nach Weise und Art vieler im Florentinischen Gebiet befindlichen herrlichen Gebäuen/ mit Brunnen und Wasserkünsten aufgeführet/ welche auf solche Seulen gesetzet sind. Es sind auch dieser Art viel schöne Bögen allda zusehen/ deren sich unsere Vorfahren auf ihren Schlössern bedienet: Gleichwie auch in Campanien/ an gewissen Orten/ als zu Tivoli und Puteoli, die Begräbnussen mit dergleichen Seulen ausgezieret sind. Auf solche Art baueten die Alten ihre Stadt-Thore/ Fenster/ Brucken/ Wassergänge/ Castelle/ Thürne/ Schatzkammern/ Zeug - und Gefangen-Häuser/ mit Steinen/ und auf Demant-Art versetzet. In diesen Gebäuen/ wie gemein und niderträchtig sie auch geführet werden/ erscheinet gleichwol eine sonderbare Meisterschaft: Weil die Steinstuck unzertrennlich/ und fast sauber zusammen gefügt werden/ als ob sich die Natur selbst in einen Stein verwandelt hätte; und ist also unmöglich/ daß sie durch einiges Ungewitter/ oder durch langwierige Zeit mögen zertrümmert werden. Diese hat ihren Ursprung/ wie gesagt/ aus Toscana, der edlen Landschafft in Italien/ von der sie noch den Namen führet/ und hat mit deren Basa samt Capitell/ in der Länge so viel als sieben Modulo, oder Schuh. sie wird oben/ um den vierten Theil ihrer Dicke geschmälert. Hierbey ist nun zuerwähnen/ daß die Toscana als die gröbste/ selten oberhalb der Erden gestellet werde/ ausser wann mir eine Ordnung allein zu finden/ als nemlich auf dem Lande/ zur Uberdeckung/ oder aber zu überaus grossen Gebäuen/ als in einem Amphitheatro und dergleichen/ wo mehrere Ordnungen von nöthen/ zu denen wird sie/ an statt der Dorica, unterhalb der Ionica gestellet. Wann man aber eine von diesen auslassen wolte/ als nemlich/ daß ohne Mittel die Corinthiaca auf der Dorica stünde/ ist solches wol zulässig/ wann nur iedesmals die stärckste unten stehet. Die Intercolonnen/ oder zwischen beeden Columnen offne Spacia von einer zur andern/ sind von anderthalb Diametern der Columne zumachen/ und ist der Diameter vom nidrigsten Theil der Columne zu nehmen. Sie sind auch von zween Diametern/ oder zween und einen viertel/ wiederum von dreyen/ und auch/ nach gestalt der Sachen/ von noch mehrern. Doch haben die Antichen die Maß von dreyen Diametern nicht überschritten/ ausgenommen in der Regul Rustica, in welcher die Architraven/ oder Zwergbalcken solcher intercolonnen/ sehr breit von Holtz werden können: Wie A. und B. in unsers ersten Haupt-Theils ersten Platte vorzeiget. Und dergestalt dienet die Rustica gar schicklich in Gärten/ und im Feld/ wegen der Kärren/ Wägen/ und anderer Feld-Instrumenten/ die man darzwischen in Geschuff und Geschirr gebrauchet/ ist auch von geringerm Unkosten. Wann man aber Portale und Loggien/ oder Lauben mit Bögen machen will/ so kan man/ beygefügter Zeichnung im Kupfer/ sich bedienen/ in welcher man siehet il disposito und die Schliessung der Steine/ wie es/ unsers Bedünckens/ seyn soll/ wann man es von Stein zumachen gedencket.
I. Rustica, die Bäurische.
Stuck von dieser Arbeit
Was die Alten auf diese Art gebauet
Heisset Toscana von ihrer Ursprungs-Ort.
Von der Intercolonnen Abtheilung derselben.
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Zitationshilfe: | Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,1. Nürnberg, 1679, S. [I (Architektur), S. 10]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0201_1679/207>, abgerufen am 16.02.2025. |