Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675.[Spaltenumbruch] zimlich verdunkelte. Er arbeitete zu Arezzo auf Griechische Art/ und mahlte mit Eyerfarb unterschiedliche Tafeln. Er triebe auch seine Arbeit auf nassen Kalk/ und thäte alles mit großer Müh und Erfande den Gebrauch/ die Tafeln mit Tuch zu überspannen. ämsigkeit. Von ihm ist zu merken/ daß er der erste gewesen/ der die Tafeln/ darauf er mahlen wolte/ zu einer Vorsorge/ damit die Fugen nicht voneinander giengen/ mit einem Tuch überzoge/ und solches mit starkem Leim daran befästigte/ hernach mit gesotnem Leim überfuhre/ und alsdann übermahlte. Und mit Blätlein-Gold zu vergulden. Er war ingleichen der Erfinder/ auf den Bolus zu vergulden mit Blätlein-Gold/ auch das gebrunirte Gold zu machen: welches vorher nicht im Brauch gewesen. Er machte auch eine Marmorsteinerne Begräbnis/ und bildete einen Papst von Marmor und Farben/ welches man für seine bäste Arbeit geschätzet. Auch machte er Anno 1270. eine Visirung/ zu des Gubernators Palast in Ancona, auf Griechische Manier/ und zierte solchen mit etlichen Historien von Bildschneiderey. Er starbe seines Alters im 77sten Jahr/ und bekame diese Grab-Schrift: So zu Teutsch also könte lauten: V. GIOTTO, Mahler/ Bildschneider und Baumeister eines Bauren Sohn bey Florenz.DIeser GIOTTO ware gebohren Anno 1276. zu Vespignano, einem Dorf/ 14. Italienischer Meilen von Florenz entlegen. Sein Vatter war ein Bauersmann/ mit Namen Bondon, und steht desselben Conterfät/ in der Kupferblatten mit K bezeichnet. Als er ein Knab von zehen Jahren war/ zeigte er schon/ doch in seinem Thun und Wesen/ eine ungemeine Schnellheit des Geistes: welches verursachte/ daß nicht allein der Vatter/ sondern auch alle andere Leute/ in und ausser dem Dorf/ zu ihme Lieb gewunen; der Vatter aber konte nicht War in der ersten Jugend ein Schafhirt. merken/ worzu die Natur seinen Sohn leitete/ schikte ihn derowegen/ seiner Schafe zu hüten. Weil aber Giotto zur Zeichen-Kunst geneiget war/ hat er immer/ wo er Platz fande/ auf Mauren/ etwas nach dem Leben/ oder aus dem Geist gezeichnet. Es geschahe ungefähr/ daß Cimabue in diesem Dorf etwas zu verrichten hatte: der fande den Giotto, daß er eines seiner Schafe gar natürlich abzeichnete/ hierüber nun sich verwunderend/ fragte er ihn: ob er nicht mit ihm nach Florenz kommen wolte ? Der Knab ware hierzu willig/ wann es sein Wird von Cimabue nach Florenz geführet und unterwiesen Vatter zulassen würde. Der Vatter willigte darein/ und kame also Giotto nach Florenz: da er/ durch Anleitung der günstigen Natur/ und Unterweisung des Cimabue, so weit kame/ daß er nicht allein seinem Meister gleich wurde/ sondern auch von der Griechischen plumpen Manier gänzlich abwiche/ und die bässere moderne Mahler-Kunst/ auch die rechte Kunst nach dem Leben zu conterfeyen/ welches bey 200. Jahren schlechtlich war beobachtet worden/ herfürbrachte. Unter andern [Spaltenumbruch] Von dem Poeten Dantes geliebet. machte er das Contrafät des berühmten Dantes, seines großen Freundes: welcher ein ja so fürtreflicher Poet, als er ein Mahler/ ware. Er thäte viel Arbeit in Kirchen und Clöstern/ die man/ wegen seiner Jugend/ höchlich bewunderte. Er verreisete nachmals von Florenz/ und begunte auch in andern Städten von Italien seine Kunst und dern Ruhm auszubreiten. Seinen klugen Geist und hohe Vernunft hat er/ durch Ausbildung der affecten und Gemühts-Bewegungen/ in seinen Bildern sehr künstlich sehen lassen/ und erdachte stets etwas neues: daß er also/ mit gutem Fug/ der Natur Lehr-Kind hat mögen genennet Seine schöne Mahlerey zu Assisi, Gehorsam und Verschwiegenheit/ werden. In der Stadt Assisi in Umbria, in S. Francisci Closter/ da dieser Heilige begraben lieget/ hat er viel Historien auf nassen Kalk gemahlet/ worinn die Unterschiedlichkeit der figuren/ treflich ausgebildet und lebhaft zu sehen ist. Unter andern ist eine daselbst von schöner invention, wie der Gehorsam einem Mönchen/ der vor ihme kniet/ ein Joch an den Hals leget/ welches mit Händen aus dem Himmel in die Höhe gezogen wird. Sie zeiget auch Silentium oder die Verschwiegenheit/ einen Finger auf den Mund legend/ und die Augen auf zu Christo wendend/ der aus seiner Seite das Blut fliessen lässet. Die Gespielinnen dieser Tugend sind die Weißheit und Demut: damit zu beweisen/ daß/ wo wahrer Gehorsam ist/ daselbst auch allezeit Demut und Weißheit seye/ welche alle gute Werke vollbringen helfen. wie auch die Mäßigkeit/ und andere Tugenden/ Auf der andern Seite ist eine Historie/ da stehet Temperantia oder die Mässigkeit auf einem starken Felsen/ die sich nicht bewegen/ oder überwinden lässet/ weder von Kronen noch Palmen/ welche ihr etliche zeigen und anbieten. Bey ihren Füßen ist die Reinigkeit/ welche ein nackendes Mensch wäschet: und die Starkmütigkeit bringet immer Volk daher/ welches gewaschen will werden. Neben der Keuschheit stehet die Buß oder poenitenz, welche durch die disciplin die geflügelte Liebe verjaget/ und die Unreinigkeit austreibet. Im samt der Armut. dritten Gemälde ist die Armut/ welche mit bloßen Füßen auf Dornen gehet; hinter ihr folget ein bellender Hund; auf der Seite ist ein Kind/ das mit Steinen auf sie zuwirfet/ und noch ein anders/ das mit einem Stab die Dornen zu ihren Füßen drucket. Diese Armut wird S. Francisco vermählet durch Christum: dabey sind die Hofnung und S. Francisci Himmelfahrt. Keuschheit. In der vierdten Figur ist S. Francicus, wie er gen Himmel fährt/ bekleidet mit einer weißen Diacons-Stole/ um ihn her schwebet ein Chor der Engel; Er trägt einen Fahnen/ darinn ein Creutz und sieben Sterne/ über ihm schwebet der Heil. Geist/ und die Engel haben Zettel in Händen mit Lateinischen Schriften/ zu Auslegung jedes Gemäldes. In dieser Kirche mahlte er auch noch einen Franciscum auf nassen Kalk/ an welchem eine solche innerliche devotion zu sehen ist/ daß man sich höchlich darob verwundern muß. Und ferner zu Pisa Als er endlich nach Florenz wieder gekehret/ hat er zu Pisa auf nassen Kalk gemahlet/ Sechs Historien die Historie von Hiob. von dem gedultigen Job/ in welchen viel schöne Figuren zu sehen. Unter andern stehen etliche Bauren/ welche dem Job die böse Zeitung bringen/ [Spaltenumbruch] zimlich verdunkelte. Er arbeitete zu Arezzo auf Griechische Art/ und mahlte mit Eyerfarb unterschiedliche Tafeln. Er triebe auch seine Arbeit auf nassen Kalk/ und thäte alles mit großer Müh und Erfande den Gebrauch/ die Tafeln mit Tuch zu überspannen. ämsigkeit. Von ihm ist zu merken/ daß er der erste gewesen/ der die Tafeln/ darauf er mahlen wolte/ zu einer Vorsorge/ damit die Fugen nicht voneinander giengen/ mit einem Tuch überzoge/ und solches mit starkem Leim daran befästigte/ hernach mit gesotnem Leim überfuhre/ und alsdann übermahlte. Und mit Blätlein-Gold zu vergulden. Er war ingleichen der Erfinder/ auf den Bolus zu vergulden mit Blätlein-Gold/ auch das gebrunirte Gold zu machen: welches vorher nicht im Brauch gewesen. Er machte auch eine Marmorsteinerne Begräbnis/ und bildete einen Papst von Marmor und Farben/ welches man für seine bäste Arbeit geschätzet. Auch machte er Anno 1270. eine Visirung/ zu des Gubernators Palast in Ancona, auf Griechische Manier/ und zierte solchen mit etlichen Historien von Bildschneiderey. Er starbe seines Alters im 77sten Jahr/ und bekame diese Grab-Schrift: So zu Teutsch also könte lauten: V. GIOTTO, Mahler/ Bildschneider und Baumeister eines Bauren Sohn bey Florenz.DIeser GIOTTO ware gebohren Anno 1276. zu Vespignano, einem Dorf/ 14. Italienischer Meilen von Florenz entlegen. Sein Vatter war ein Bauersmann/ mit Namen Bondon, und steht desselben Conterfät/ in der Kupferblatten mit K bezeichnet. Als er ein Knab von zehen Jahren war/ zeigte er schon/ doch in seinem Thun und Wesen/ eine ungemeine Schnellheit des Geistes: welches verursachte/ daß nicht allein der Vatter/ sondern auch alle andere Leute/ in und ausser dem Dorf/ zu ihme Lieb gewunen; der Vatter aber konte nicht War in der ersten Jugend ein Schafhirt. merken/ worzu die Natur seinen Sohn leitete/ schikte ihn derowegen/ seiner Schafe zu hüten. Weil aber Giotto zur Zeichen-Kunst geneiget war/ hat er immer/ wo er Platz fande/ auf Mauren/ etwas nach dem Leben/ oder aus dem Geist gezeichnet. Es geschahe ungefähr/ daß Cimabue in diesem Dorf etwas zu verrichten hatte: der fande den Giotto, daß er eines seiner Schafe gar natürlich abzeichnete/ hierüber nun sich verwunderend/ fragte er ihn: ob er nicht mit ihm nach Florenz kommen wolte ? Der Knab ware hierzu willig/ wann es sein Wird von Cimabue nach Florenz geführet und unterwiesen Vatter zulassen würde. Der Vatter willigte darein/ und kame also Giotto nach Florenz: da er/ durch Anleitung der günstigen Natur/ und Unterweisung des Cimabue, so weit kame/ daß er nicht allein seinem Meister gleich wurde/ sondern auch von der Griechischen plumpen Manier gänzlich abwiche/ und die bässere moderne Mahler-Kunst/ auch die rechte Kunst nach dem Leben zu conterfeyen/ welches bey 200. Jahren schlechtlich war beobachtet worden/ herfürbrachte. Unter andern [Spaltenumbruch] Von dem Poëten Dantes geliebet. machte er das Contrafät des berühmten Dantes, seines großen Freundes: welcher ein ja so fürtreflicher Poët, als er ein Mahler/ ware. Er thäte viel Arbeit in Kirchen und Clöstern/ die man/ wegen seiner Jugend/ höchlich bewunderte. Er verreisete nachmals von Florenz/ und begunte auch in andern Städten von Italien seine Kunst und dern Ruhm auszubreiten. Seinen klugen Geist und hohe Vernunft hat er/ durch Ausbildung der affecten und Gemühts-Bewegungen/ in seinen Bildern sehr künstlich sehen lassen/ und erdachte stets etwas neues: daß er also/ mit gutem Fug/ der Natur Lehr-Kind hat mögen genennet Seine schöne Mahlerey zu Assisi, Gehorsam und Verschwiegenheit/ werden. In der Stadt Assisi in Umbria, in S. Francisci Closter/ da dieser Heilige begraben lieget/ hat er viel Historien auf nassen Kalk gemahlet/ worinn die Unterschiedlichkeit der figuren/ treflich ausgebildet und lebhaft zu sehen ist. Unter andern ist eine daselbst von schöner invention, wie der Gehorsam einem Mönchen/ der vor ihme kniet/ ein Joch an den Hals leget/ welches mit Händen aus dem Himmel in die Höhe gezogen wird. Sie zeiget auch Silentium oder die Verschwiegenheit/ einen Finger auf den Mund legend/ und die Augen auf zu Christo wendend/ der aus seiner Seite das Blut fliessen lässet. Die Gespielinnen dieser Tugend sind die Weißheit und Demut: damit zu beweisen/ daß/ wo wahrer Gehorsam ist/ daselbst auch allezeit Demut und Weißheit seye/ welche alle gute Werke vollbringen helfen. wie auch die Mäßigkeit/ und andere Tugenden/ Auf der andern Seite ist eine Historie/ da stehet Temperantia oder die Mässigkeit auf einem starken Felsen/ die sich nicht bewegen/ oder überwinden lässet/ weder von Kronen noch Palmen/ welche ihr etliche zeigen und anbieten. Bey ihren Füßen ist die Reinigkeit/ welche ein nackendes Mensch wäschet: und die Starkmütigkeit bringet immer Volk daher/ welches gewaschen will werden. Neben der Keuschheit stehet die Buß oder poenitenz, welche durch die disciplin die geflügelte Liebe verjaget/ und die Unreinigkeit austreibet. Im samt der Armut. dritten Gemälde ist die Armut/ welche mit bloßen Füßen auf Dornen gehet; hinter ihr folget ein bellender Hund; auf der Seite ist ein Kind/ das mit Steinen auf sie zuwirfet/ und noch ein anders/ das mit einem Stab die Dornen zu ihren Füßen drucket. Diese Armut wird S. Francisco vermählet durch Christum: dabey sind die Hofnung und S. Francisci Himmelfahrt. Keuschheit. In der vierdten Figur ist S. Francicus, wie er gen Himmel fährt/ bekleidet mit einer weißen Diacons-Stole/ um ihn her schwebet ein Chor der Engel; Er trägt einen Fahnen/ darinn ein Creutz und sieben Sterne/ über ihm schwebet der Heil. Geist/ und die Engel haben Zettel in Händen mit Lateinischen Schriften/ zu Auslegung jedes Gemäldes. In dieser Kirche mahlte er auch noch einen Franciscum auf nassen Kalk/ an welchem eine solche innerliche devotion zu sehen ist/ daß man sich höchlich darob verwundern muß. Und ferner zu Pisa Als er endlich nach Florenz wieder gekehret/ hat er zu Pisa auf nassen Kalk gemahlet/ Sechs Historien die Historie von Hiob. von dem gedultigen Job/ in welchen viel schöne Figuren zu sehen. Unter andern stehen etliche Bauren/ welche dem Job die böse Zeitung bringen/ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <p xml:id="p263.6"><pb facs="#f0077" xml:id="pb-264" n="[II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 59]"/><cb/> zimlich verdunkelte. Er arbeitete zu <hi rendition="#aq"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-17 http://www.geonames.org/3182884/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7006072">Arezzo</placeName></hi> auf Griechische Art/ und mahlte mit Eyerfarb unterschiedliche Tafeln. Er triebe auch seine Arbeit auf nassen Kalk/ und thäte alles mit großer Müh und <note place="right">Erfande den Gebrauch/ die Tafeln mit Tuch zu überspannen.</note> ämsigkeit. 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Bey ihren Füßen ist die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5071">Reinigkeit</persName>/ welche ein nackendes Mensch wäschet: und die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5072">Starkmütigkeit</persName> bringet immer Volk daher/ welches gewaschen will werden. Neben der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3896 http://d-nb.info/gnd/133008150 http://viaf.org/viaf/70106501">Keuschheit</persName> stehet die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3695">Buß</persName> oder <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3695"><hi rendition="#aq">poenitenz</hi></persName>, welche durch die <hi rendition="#aq">disciplin</hi> die geflügelte Liebe verjaget/ und die Unreinigkeit austreibet. Im <note place="right">samt der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4992">Armut</persName>.</note> dritten Gemälde ist die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4992">Armut</persName>/ welche mit bloßen Füßen auf Dornen gehet; hinter ihr folget ein bellender Hund; auf der Seite ist ein Kind/ das mit Steinen auf sie zuwirfet/ und noch ein anders/ das mit einem Stab die Dornen zu ihren Füßen drucket. Diese <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4992">Armut</persName> wird <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1043 http://d-nb.info/gnd/118534963 http://viaf.org/viaf/87832561">S. Francisco</persName></hi> vermählet durch <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-15 http://d-nb.info/gnd/118557513 http://viaf.org/viaf/73945424">Christum</persName>: dabey sind die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2424">Hofnung</persName> und <note place="right"><hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1043 http://d-nb.info/gnd/118534963 http://viaf.org/viaf/87832561">S. Francisci</persName></hi> Himmelfahrt.</note> <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3896 http://d-nb.info/gnd/133008150 http://viaf.org/viaf/70106501">Keuschheit</persName>. In der vierdten Figur ist <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1043 http://d-nb.info/gnd/118534963 http://viaf.org/viaf/87832561">S. Francicus</persName>,</hi> wie er gen Himmel fährt/ bekleidet mit einer weißen <hi rendition="#aq">Diacons</hi>-Stole/ um ihn her schwebet ein Chor der Engel; Er trägt einen Fahnen/ darinn ein Creutz und sieben Sterne/ über ihm schwebet der Heil. Geist/ und die Engel haben Zettel in Händen mit Lateinischen Schriften/ zu Auslegung jedes Gemäldes. In dieser Kirche mahlte er auch noch einen <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1043 http://d-nb.info/gnd/118534963 http://viaf.org/viaf/87832561">Franciscum</persName></hi> auf nassen Kalk/ an welchem eine solche innerliche <hi rendition="#aq">devotion</hi> zu sehen ist/ daß man sich höchlich darob verwundern muß.</p> <p xml:id="p264.5"><note place="right">Und ferner zu <hi rendition="#aq"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-14 http://www.geonames.org/3170647/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7006082">Pisa</placeName></hi></note> Als er endlich nach <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-23 http://www.geonames.org/3176959/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7000457">Florenz</placeName> wieder gekehret/ hat er zu <hi rendition="#aq"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-14 http://www.geonames.org/3170647/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7006082">Pisa</placeName></hi> auf nassen Kalk gemahlet/ Sechs Historien <note place="right">die Historie von <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1039 http://d-nb.info/gnd/118551353 http://viaf.org/viaf/46762859">Hiob</persName>.</note> von dem gedultigen <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1039 http://d-nb.info/gnd/118551353 http://viaf.org/viaf/46762859">Job</persName>/ in welchen viel schöne Figuren zu sehen. Unter andern stehen etliche Bauren/ welche dem <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1039 http://d-nb.info/gnd/118551353 http://viaf.org/viaf/46762859">Job</persName> die böse Zeitung bringen/ </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 59]/0077]
zimlich verdunkelte. Er arbeitete zu Arezzo auf Griechische Art/ und mahlte mit Eyerfarb unterschiedliche Tafeln. Er triebe auch seine Arbeit auf nassen Kalk/ und thäte alles mit großer Müh und ämsigkeit. Von ihm ist zu merken/ daß er der erste gewesen/ der die Tafeln/ darauf er mahlen wolte/ zu einer Vorsorge/ damit die Fugen nicht voneinander giengen/ mit einem Tuch überzoge/ und solches mit starkem Leim daran befästigte/ hernach mit gesotnem Leim überfuhre/ und alsdann übermahlte. Er war ingleichen der Erfinder/ auf den Bolus zu vergulden mit Blätlein-Gold/ auch das gebrunirte Gold zu machen: welches vorher nicht im Brauch gewesen. Er machte auch eine Marmorsteinerne Begräbnis/ und bildete einen Papst von Marmor und Farben/ welches man für seine bäste Arbeit geschätzet. Auch machte er Anno 1270. eine Visirung/ zu des Gubernators Palast in Ancona, auf Griechische Manier/ und zierte solchen mit etlichen Historien von Bildschneiderey. Er starbe seines Alters im 77sten Jahr/ und bekame diese Grab-Schrift:
Erfande den Gebrauch/ die Tafeln mit Tuch zu überspannen.
Und mit Blätlein-Gold zu vergulden. Hîc jacet ille bonus picturâ Margaritonus:
Cui requiem Dominus tradat ubique pius.
So zu Teutsch also könte lauten:
Hie ligt Margariton, der Mahler/ einge-
graben:
GOtt woll’ mit steter Ruh ihn in dem Him-
mel laben.
DIeser GIOTTO ware gebohren Anno 1276. zu Vespignano, einem Dorf/ 14. Italienischer Meilen von Florenz entlegen. Sein Vatter war ein Bauersmann/ mit Namen Bondon, und steht desselben Conterfät/ in der Kupferblatten mit K bezeichnet. Als er ein Knab von zehen Jahren war/ zeigte er schon/ doch in seinem Thun und Wesen/ eine ungemeine Schnellheit des Geistes: welches verursachte/ daß nicht allein der Vatter/ sondern auch alle andere Leute/ in und ausser dem Dorf/ zu ihme Lieb gewunen; der Vatter aber konte nicht merken/ worzu die Natur seinen Sohn leitete/ schikte ihn derowegen/ seiner Schafe zu hüten. Weil aber Giotto zur Zeichen-Kunst geneiget war/ hat er immer/ wo er Platz fande/ auf Mauren/ etwas nach dem Leben/ oder aus dem Geist gezeichnet.
V. GIOTTO, Mahler/ Bildschneider und Baumeister eines Bauren Sohn bey Florenz.
War in der ersten Jugend ein Schafhirt. Es geschahe ungefähr/ daß Cimabue in diesem Dorf etwas zu verrichten hatte: der fande den Giotto, daß er eines seiner Schafe gar natürlich abzeichnete/ hierüber nun sich verwunderend/ fragte er ihn: ob er nicht mit ihm nach Florenz kommen wolte ? Der Knab ware hierzu willig/ wann es sein Vatter zulassen würde. Der Vatter willigte darein/ und kame also Giotto nach Florenz: da er/ durch Anleitung der günstigen Natur/ und Unterweisung des Cimabue, so weit kame/ daß er nicht allein seinem Meister gleich wurde/ sondern auch von der Griechischen plumpen Manier gänzlich abwiche/ und die bässere moderne Mahler-Kunst/ auch die rechte Kunst nach dem Leben zu conterfeyen/ welches bey 200. Jahren schlechtlich war beobachtet worden/ herfürbrachte. Unter andern
machte er das Contrafät des berühmten Dantes, seines großen Freundes: welcher ein ja so fürtreflicher Poët, als er ein Mahler/ ware. Er thäte viel Arbeit in Kirchen und Clöstern/ die man/ wegen seiner Jugend/ höchlich bewunderte.
Wird von Cimabue nach Florenz geführet und unterwiesen
Von dem Poëten Dantes geliebet. Er verreisete nachmals von Florenz/ und begunte auch in andern Städten von Italien seine Kunst und dern Ruhm auszubreiten. Seinen klugen Geist und hohe Vernunft hat er/ durch Ausbildung der affecten und Gemühts-Bewegungen/ in seinen Bildern sehr künstlich sehen lassen/ und erdachte stets etwas neues: daß er also/ mit gutem Fug/ der Natur Lehr-Kind hat mögen genennet werden. In der Stadt Assisi in Umbria, in S. Francisci Closter/ da dieser Heilige begraben lieget/ hat er viel Historien auf nassen Kalk gemahlet/ worinn die Unterschiedlichkeit der figuren/ treflich ausgebildet und lebhaft zu sehen ist. Unter andern ist eine daselbst von schöner invention, wie der Gehorsam einem Mönchen/ der vor ihme kniet/ ein Joch an den Hals leget/ welches mit Händen aus dem Himmel in die Höhe gezogen wird. Sie zeiget auch Silentium oder die Verschwiegenheit/ einen Finger auf den Mund legend/ und die Augen auf zu Christo wendend/ der aus seiner Seite das Blut fliessen lässet. Die Gespielinnen dieser Tugend sind die Weißheit und Demut: damit zu beweisen/ daß/ wo wahrer Gehorsam ist/ daselbst auch allezeit Demut und Weißheit seye/ welche alle gute Werke vollbringen helfen.
Seine schöne Mahlerey zu Assisi, Gehorsam und Verschwiegenheit/ Auf der andern Seite ist eine Historie/ da stehet Temperantia oder die Mässigkeit auf einem starken Felsen/ die sich nicht bewegen/ oder überwinden lässet/ weder von Kronen noch Palmen/ welche ihr etliche zeigen und anbieten. Bey ihren Füßen ist die Reinigkeit/ welche ein nackendes Mensch wäschet: und die Starkmütigkeit bringet immer Volk daher/ welches gewaschen will werden. Neben der Keuschheit stehet die Buß oder poenitenz, welche durch die disciplin die geflügelte Liebe verjaget/ und die Unreinigkeit austreibet. Im dritten Gemälde ist die Armut/ welche mit bloßen Füßen auf Dornen gehet; hinter ihr folget ein bellender Hund; auf der Seite ist ein Kind/ das mit Steinen auf sie zuwirfet/ und noch ein anders/ das mit einem Stab die Dornen zu ihren Füßen drucket. Diese Armut wird S. Francisco vermählet durch Christum: dabey sind die Hofnung und Keuschheit. In der vierdten Figur ist S. Francicus, wie er gen Himmel fährt/ bekleidet mit einer weißen Diacons-Stole/ um ihn her schwebet ein Chor der Engel; Er trägt einen Fahnen/ darinn ein Creutz und sieben Sterne/ über ihm schwebet der Heil. Geist/ und die Engel haben Zettel in Händen mit Lateinischen Schriften/ zu Auslegung jedes Gemäldes. In dieser Kirche mahlte er auch noch einen Franciscum auf nassen Kalk/ an welchem eine solche innerliche devotion zu sehen ist/ daß man sich höchlich darob verwundern muß.
wie auch die Mäßigkeit/ und andere Tugenden/
samt der Armut.
S. Francisci Himmelfahrt. Als er endlich nach Florenz wieder gekehret/ hat er zu Pisa auf nassen Kalk gemahlet/ Sechs Historien von dem gedultigen Job/ in welchen viel schöne Figuren zu sehen. Unter andern stehen etliche Bauren/ welche dem Job die böse Zeitung bringen/
Und ferner zu Pisa
die Historie von Hiob.
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