Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] Mehr auch auf ein kleines Papier die Mutter Gottes/ wie dieselbe auf einem niederen Sessel sitzet/ und das halb angekleidete liebe JEsuskindlein umarmet/ neben noch andern vielfältigen Sachen mehr/ die Raphael an unterschiedlichen Orten gezeichnet und gemahlet.

Ferner stache Marc Antonio einen jungen Johann Baptist/ wie selbiger in der Wüsten bey dem Tisch sitzet/ und welchen Raphael zu S. Johann auf dem Berg der heiligen Caecilia, neben mehr Heiligen/gemahlt/ so für ein sehr schönes Werk gehalten worden: Und weiln Raphael zur Päpstlichen Capellen alle Cartonen zu denen Teppichen/ so nachmalen von Seiden und Gold mit denen Geschichten Petri/ Pauli/ und Stephani gewirket worden/ gemacht/ als hat Marc Antonio in Kupfer auch die Lehr und das Predigamt des heiligen Stephani/ auch wie er den Blinden das Gesicht wieder ertheilt/gebracht/ welche Kupfer dann/ wegen sinnreicher Invention, Austheilung und Zeichnung des Raphaels, wie auch fürtreflichen Fleisses und saubern Stichs des Marc Antonio, also vollkommen waren/ daß es unmöglich bässere zu überkommen und anzutreffen schiene/ sonderlich aber kame auch von ihm eine herrliche Abnehmung vom Creutz/ worunter Maria vor Schmerzen und Wehmut niedersinket/ nach Raphaels invention sehr wunderbar und rar heraus/ wie nicht weniger eine Creuztragung Christi/ welche Raphael nach Palermo gemacht/ mit sonderbar herrlich und saubern Stichen. Nachgehends auch die jenige Zeichnung Raphaels von Christo in der Luft mit Maria/ Johann Baptista/ und der heiligen Catharina/ die auf der Erden kniet/ neben dem heiligen Apostel Paulo/ der aufrecht stehet/ welches ein grosses und herrliches Kupfer ist. Er machte auch in Profil Papst Clemens den VII. nach Gewonheit der Medaglien mit geschornem Bart/ auch Carolum Quintum noch jung/ und wie er älter worden/ nicht minder auch seinen Nachfolger Ferdinandum den Röm. König. In Rom stellte er ganz natürlich den Peter Aretino, einen weitberühmten Poëten/ vor/ welches Kupfer für das bäste/ so Marc Antonio jemalen gemacht/ gehalten wird/ bald darauf aber die 12. Käiser/ deren Abdrücke Raphael in Teutschland an Albrecht Dürer übersandt/ welcher den Marc Antonio dann sehr gelobt/ und hingegen wiederum viel von seiner Hand an Raphaeln überschikt/ daraus dann auch sein herrliche Kunst sehr gepriesen worden/ wie ferner an seinem Ort gemeldet.

Weil dann nun der Nam und Ruhm des Marc Antonio treflich gewachsen/ haben sich sehr viel/ um bey ihm die Kunst zu erlernen und zu ergreiffen/angemeldet/ und hat/ vor andern/ grossen Progress MARCO DA RAVENNA erwiesen/ als der seine Stich ebenmässig unter dem Zeichen R. S. ausgehen lassen/ wie ingleichem auch AUGUSTIN VINETIANO, so sich des Zeichens A. V. bedient/ welche beyde sehr viel Zeichnungen Raphaels zu Kupfer gebracht/ als nämlichen die Mutter GOttes mit dem verstorbnen Heyland/ der ganz ausgestreckt da liget/ und zu seinen Füssen den heiligen Johannes/ Mariam Magdalenam/ Nicodemum und andere Marien stehen hat/ auch wie mit mehrerm[Spaltenumbruch] Ansehen gedachte Mutter GOttes/ mit offnen Armen und erhebten Augen/ gegen dem Himmel ganz anmuhtig sich erhebt/ und ebemnässig Christum also ausgestrekt und verblichen auf der Schoß ligend hat; hernach einen heiligen Augustinum auf grossem Papier/ item die Geburt JEsu Christi in Beyseyn der Hirten und Englen/ samt GOtt dem Vatter/ worbey auch rings herum viel Geschirr auf alt und neue Manier zu sehen/ mehr auf einem Papier einen/ der in einen Wolf verwandelt worden/ und dem Bett/ daselbst einen im Schlaf umzubringen/ zugetretten. Weiters einen Alexander, deme Rosana zum Beyschlaff zugeführet/ ihro aber von dem König die Cron aufgesezt worden/ worzwischen etliche Liebes-Götter herumfliegen/ und andere indessen die Waffen Alexandri bewahren; mehr brachte er auf ein zimlich grosses Papier das Abendmahl unsers HErrn und Erlösers mit den zwölf Apostlen/ alle nach Zeichnung Raphaels, auch zwey Historien von Psyche, so kurz zuvor Raphael gemahlet gehabt.

Sie stachen auch viel Ding in Kupfer/ die Giulio Romano gemahlt/ und sie hernachmalen nachgezeichnet hatten/ und weiln fast kein einiges Stuck von Raphaël übrig/ das sie nicht nachgestochen/ so haben sie endlich selbige Sachen/ so Giulio Romano nach Zeichnung des Raphaëls gemahlt/ vor sich genommen/ da dann etliche von den ersten anzutreffen/ welche das Zeichen M. R. als Marco Ravignano, und andere A. V. als Augustino vinetiano führen/ weil selbige von andern wieder nachgestochen worden/ als die Erschaffung der Welt/ und wie GOtt der Allmächtige die unvernünftige Thier gemacht/ ingleichen das Opfer Cains und Abels/ auch dessen Tod. Item/ wie Abraham den Isaac zu schlachten bereit da stehet. Nicht weniger die Arche Noe/ und Sündfluth/ den Durchzug durch das rohte Meer/ die Liefferung des Gesetzes auf dem Berg Sinai/ das Manna/ item wie David Goliath enthauptet/ so Marc Antonio vorhin auch schon gestochen. Weiters die Erbauung des Salomonischen Tempels/ die Ankunft der Königin aus Saba zu Salomon; und aus dem Neuen Testament die Geburt und Auferstehung Christi/ Sendung des Heiligen Geistes/ so alle bey Lebzeiten Raphaëls gestochen worden; nach dessen Tod aber sind Marco und Augustino voneinander geschieden/ und ist Augustino von Baccio Bandinelli, dem Florentinischen Bildhauer/ gedinget worden/ um mit seiner Zeichnung eine Anatomi von trucknen alten Leibern und Todtenbeinen zu machen/ wie nachgehends auch eine Cleopatra, die er beyde sehr wol verfärtiget/ und ist dadurch ihme das Herz gewachsen/ nach Zeichnung des Baccio ein grösseres Stuck von bekleidt- und nackenden Weibspersonen zu machen/ die aus Befehl des Königs Herodis ihre kleine Kinder um das Leben bringen.

Marc Antonio aber fuhre unterdessen in seinem stechen fort/ und machte die zwölf Apostel in klein auf unterschiedliche Manier/ auch viel Heiligen und Heilige/ damit er denen Mahlern/ die etwas schwach von Zeichnung und Invention, mit solchen zu Hülf kommen möchte. Dieser machte auch einen Nackenden/ zu dessen Füssen ein Löw

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sandrart.net: Bereitstellung der Texttranskription in XML/TEI. (2013-05-21T09:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus sandrart.net entsprechen muss.
Sandrart.net: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-05-21T09:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-05-21T09:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0102_1675
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0102_1675/244
Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675, S. [II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 206]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0102_1675/244>, abgerufen am 02.01.2025.