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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675.

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[Spaltenumbruch] Ergötzlichkeit. Diese wird unter andern auch in den Künsten gefunden/ die mit Verwunderung das Gesichte/ Gehör/ oder andere Sinnen erfreuen: wordurch dem Menschen der Verdruß seiner Himmel-ausländischen Pilgramschafft benommen wird: eben wie ein gesprächiger Reis-Gesell/ mit seinen anmutigen Erzehlungen/ die Meilen abkürzet/ und die Reise/ eh man sich dessen versiehet/ zum verlangten Ziel der Wanderschaft fördert. Es zeigen aber die Künste/ welche etliche für überflüssig und unnötig achten/ als die Mahlerey/ Poesy und Musik/ für sich selbst genugsam/ wieviel sie vermögen/ das Gesicht/ Gehör und Gemüte zu erfreuen und zu belustigen.

DIe Edle Mahler-Kunst betreffend/ habe ich/ nach fleissigem Untersuchen/ selbige auf diesem Theatro vorzustellen/ mir vorgenommen/ und zwar hiermit anfangs/ deren ersten Erfinder/ I. GYGES ein Lydier/ erster Mahler in Egypten. den GYGES, welchen Namen ihme der Urbinische Geschichtschreiber Polydorus, lib. 2. cap. 24. zueignet/ und solchen aus Plinii lib. 7. cap. 56. geholet. Dieser Gyges war geboren in der Landschafft Lydia, welche oberhalb des Landes Jonia, gegen Aufgang/ liget/ gegen Mitternacht mit Mysia gränzet/ und gegen Mittag das Königreich Caria berühret. Die Alten nenneten dieses Land Moeonia: Die Haupt-Stadt ware Sardis, und lage an dem Berg Tmolus, allda der fürtreffliche Palast des Königs Croesi zu sehen gewesen. Diese Lydier waren vor alten Zeiten dem Götzen-Dienste sehr zugethan/ darum sie von den Griechen Tuscans genennet worden/ welches so viel heisen soll/ als ein Götzen-Priester. Sie haben mit ihrem König Tyrrheno das siebende Reich von Italien eingenommen und gewonnen: worvon dem Toscaner-Land und dem Tyrrhenischen See Die Lydier brachten die Mahler-Kunst in Italien. der Name geblieben ist. Diese nun/ weil sie sich beflissen den Göttern zu dienen/ als haben sie die Kunst der Bild- und Mahlerey gar zeitlich in dieses Theil von Italien gebracht. Wie dann bey vielen alten Scribenten/ fürnemlich bey Leo Baptista Alberti zu lesen ist/ daß die Zeichen-Kunst/ zur Zeit des Porsenna, in grosser Vollkommenheit geschwebet. Solches bezeuget auch Alte Figuren in Hetruria aufgegraben. dessen Grab-Schrift/ welche man unlängst zu Chiusi entdecket/ und darbey viele schöne und halb-runde Figuren gefunden hat. Dergleichen geschahe auch zu Viterbo, und Anno 1554. zu Arezzo, da man ein Bild von Metall/ die Chimaera, aufgegraben. Dieses alles gibt zu kennen/ daß die Toscaner gar zeitlich kunstreich gewesen seyen. Man fande auch gewiße Schriften in der Klaue dieses Bildes/ und auf den andern Bildern zu Viterbo, deren fremde Characteres das Altertum anzeigen/ massen solche kein Gelehrter unsrer Zeit zu errahten oder zu lesen vermochte.

Gyges erfindet die Zeichen-Kunst. Nun aber zu unserm Lydischen Gyges wieder zu kehren/ so wird ihm die Ehre gegeben/ daß er/ in Egypten sich aufhaltend/ die Mahler-Kunst erfunden/ und der erste Zeichner gewesen. Wann er aber eigentlich gelebet/ auch wem er diese neue[Spaltenumbruch] Erfindung mitgetheilet/ darvon haben wir keine Gewißheit. Kundbar ist/ daß Egypten zeitlich wol-erbauet gewesen/ und des Götter-Dienstes gepflogen habe: bey welchem die Zeichen-Kunst gemeinlich/ gleichwie der Weinstock am Ulmenbaum/ aufwächset und empor kommet. So ist demnach zu vermuhten/ daß die Nymfe Pictura erstlich/ an der Gegend des sandigten Nilus, ihren viel-farbigen Rock angezogen/ auch von dar aus über andere Völker/ zu grosser Verwunderung/ weit ausgebreitet/ und ihre Schönheit auf die Die Egypter berühmen sich der Erfindung dieser Kunst Schau geführet. Wie deme nun seyn mag/ so rühmen sich doch die Egypter (nach Plinii Zeugnis) daß sie dieser Kunst erste Erfinder seyen/ und zwar durch besagten Gyges. Dieses aber scheinet fremd/ was sie hinzu setzen: daß nämlich diese edle Wissenschaft/ schon sechs tausend Jahre vorher/ eh sie von ihnen zu den Griechen gekommen/ bey ihnen gewesen sey. Allhier hätte ich wieder eine lange Arbeit zu untersuchen/ wie unterschiedliche Völker die Jahr-Zahlen so ungleich nehmen: Dann/ nach unserer Rechnung/ ist die Welt nicht so alt/ daß diese Berühmung der Egypter wahr seyn könte. ich lasse aber dieses die Gelehrten ausfechten/ und will zu den andern fortschreiten.

EIne fürtreffliche Kunst/ die der Menschen Verwunderung nach sich ziehet/ kan/ wegen des Glanzes ihrer Schönheit/ nicht verborgen bleiben: welches die Ursach seyn mag/ daß unsere Mahler-Kunst aus Egypten in Griechen-Land gekommen/ und alldar/ als eine neue Erfindung/ herfür gebrochen/ durch den Vetter oder Nefe des II. PYRRHUS, erster Griechischer Mahler/Daedali Nefe/ Daedalus, welcher PYRRHUS, bey andern aber EUCTIS, heisset. Diesen benennet Aristoteles, daß er der erste Mahler in Griechen-Land gewesen seye. Daedalus aber war ein großer Künstler in Bildhauen/ Zeichnen/ und andern Kunst-Sachen/ ein Athener/ und lebte zur Zeit des Regenten hat fast vor 2800. Jahren gelebet. Thesei, Anno Mundi 2730. vor Christi Geburt im 1120. Jahr. Hieraus ist nun abzunehmen/ daß kurtz nach dieser Jahr-Zahl die Mahler-Kunst in Griechen-Land ihren Anfang genommen habe.

IN Beschreibung des Lebens dieser alten Meistere/ befinde ich/ daß man/ um nicht auf Irr-Wege zu gerahten/ alles fleissig aus den alten Scribenten auf zu suchen/ und zu unterscheiden habe. Theophrastus, als Plinius meldet/ ist der Meinung III. POLYGNOTUS Mahler zu Athen. gewesen/ POLYGNOTUS, von Athen gebürtig/ (dessen Contrefät in der Kupfer-Blatten mit Lit. C. gezeichnet zu finden) sey unter den Griechen der erste Mahler gewesen. Es ist aber zu wissen/ daß/ als die Mahler-Kunst erst geboren/ und sehr unvollkommen ware/ der jenige/ so etwas zu deren Verbesserung erfunden/ leichtlich für einen Erfinder derselben können gehalten werden. Encaustice oder das Mahlen mit Feuer/ von ihm erfunden. Es ist aber Polygnotus, so viel man mutmassen kan/ der erste gewesen/ der mit Feuer gemahlet. Diese Manier zu arbeiten habe ich fleissig untersucht/ und befunden/ daß es sey gewesen das amaliren auf Gold/ oder mit heissen und glüenden Eisen/ etwas auf Holz oder Helfenbein zu

[Spaltenumbruch] Ergötzlichkeit. Diese wird unter andern auch in den Künsten gefunden/ die mit Verwunderung das Gesichte/ Gehör/ oder andere Sinnen erfreuen: wordurch dem Menschen der Verdruß seiner Himmel-ausländischen Pilgramschafft benommen wird: eben wie ein gesprächiger Reis-Gesell/ mit seinen anmutigen Erzehlungen/ die Meilen abkürzet/ und die Reise/ eh man sich dessen versiehet/ zum verlangten Ziel der Wanderschaft fördert. Es zeigen aber die Künste/ welche etliche für überflüssig und unnötig achten/ als die Mahlerey/ Poesy und Musik/ für sich selbst genugsam/ wieviel sie vermögen/ das Gesicht/ Gehör und Gemüte zu erfreuen und zu belustigen.

DIe Edle Mahler-Kunst betreffend/ habe ich/ nach fleissigem Untersuchen/ selbige auf diesem Theatro vorzustellen/ mir vorgenommen/ und zwar hiermit anfangs/ deren ersten Erfinder/ I. GYGES ein Lydier/ erster Mahler in Egypten. den GYGES, welchen Namen ihme der Urbinische Geschichtschreiber Polydorus, lib. 2. cap. 24. zueignet/ und solchen aus Plinii lib. 7. cap. 56. geholet. Dieser Gyges war geboren in der Landschafft Lydia, welche oberhalb des Landes Jonia, gegen Aufgang/ liget/ gegen Mitternacht mit Mysia gränzet/ und gegen Mittag das Königreich Caria berühret. Die Alten nenneten dieses Land Moeonia: Die Haupt-Stadt ware Sardis, und lage an dem Berg Tmolus, allda der fürtreffliche Palast des Königs Croesi zu sehen gewesen. Diese Lydier waren vor alten Zeiten dem Götzen-Dienste sehr zugethan/ darum sie von den Griechen Tuscans genennet worden/ welches so viel heisen soll/ als ein Götzen-Priester. Sie haben mit ihrem König Tyrrheno das siebende Reich von Italien eingenommen und gewonnen: worvon dem Toscaner-Land und dem Tyrrhenischen See Die Lydier brachten die Mahler-Kunst in Italien. der Name geblieben ist. Diese nun/ weil sie sich beflissen den Göttern zu dienen/ als haben sie die Kunst der Bild- und Mahlerey gar zeitlich in dieses Theil von Italien gebracht. Wie dann bey vielen alten Scribenten/ fürnemlich bey Leo Baptista Alberti zu lesen ist/ daß die Zeichen-Kunst/ zur Zeit des Porsenna, in grosser Vollkommenheit geschwebet. Solches bezeuget auch Alte Figuren in Hetruria aufgegraben. dessen Grab-Schrift/ welche man unlängst zu Chiusi entdecket/ und darbey viele schöne und halb-runde Figuren gefunden hat. Dergleichen geschahe auch zu Viterbo, und Anno 1554. zu Arezzo, da man ein Bild von Metall/ die Chimaera, aufgegraben. Dieses alles gibt zu kennen/ daß die Toscaner gar zeitlich kunstreich gewesen seyen. Man fande auch gewiße Schriften in der Klaue dieses Bildes/ und auf den andern Bildern zu Viterbo, deren fremde Characteres das Altertum anzeigen/ massen solche kein Gelehrter unsrer Zeit zu errahten oder zu lesen vermochte.

Gyges erfindet die Zeichen-Kunst. Nun aber zu unserm Lydischen Gyges wieder zu kehren/ so wird ihm die Ehre gegeben/ daß er/ in Egypten sich aufhaltend/ die Mahler-Kunst erfunden/ und der erste Zeichner gewesen. Wann er aber eigentlich gelebet/ auch wem er diese neue[Spaltenumbruch] Erfindung mitgetheilet/ darvon haben wir keine Gewißheit. Kundbar ist/ daß Egypten zeitlich wol-erbauet gewesen/ und des Götter-Dienstes gepflogen habe: bey welchem die Zeichen-Kunst gemeinlich/ gleichwie der Weinstock am Ulmenbaum/ aufwächset und empor kommet. So ist demnach zu vermuhten/ daß die Nymfe Pictura erstlich/ an der Gegend des sandigten Nilus, ihren viel-farbigen Rock angezogen/ auch von dar aus über andere Völker/ zu grosser Verwunderung/ weit ausgebreitet/ und ihre Schönheit auf die Die Egypter berühmen sich der Erfindung dieser Kunst Schau geführet. Wie deme nun seyn mag/ so rühmen sich doch die Egypter (nach Plinii Zeugnis) daß sie dieser Kunst erste Erfinder seyen/ und zwar durch besagten Gyges. Dieses aber scheinet fremd/ was sie hinzu setzen: daß nämlich diese edle Wissenschaft/ schon sechs tausend Jahre vorher/ eh sie von ihnen zu den Griechen gekommen/ bey ihnen gewesen sey. Allhier hätte ich wieder eine lange Arbeit zu untersuchen/ wie unterschiedliche Völker die Jahr-Zahlen so ungleich nehmen: Dann/ nach unserer Rechnung/ ist die Welt nicht so alt/ daß diese Berühmung der Egypter wahr seyn könte. ich lasse aber dieses die Gelehrten ausfechten/ und will zu den andern fortschreiten.

EIne fürtreffliche Kunst/ die der Menschen Verwunderung nach sich ziehet/ kan/ wegen des Glanzes ihrer Schönheit/ nicht verborgen bleiben: welches die Ursach seyn mag/ daß unsere Mahler-Kunst aus Egypten in Griechen-Land gekommen/ und alldar/ als eine neue Erfindung/ herfür gebrochen/ durch den Vetter oder Nefe des II. PYRRHUS, erster Griechischer Mahler/Daedali Nefe/ Daedalus, welcher PYRRHUS, bey andern aber EUCTIS, heisset. Diesen benennet Aristoteles, daß er der erste Mahler in Griechen-Land gewesen seye. Daedalus aber war ein großer Künstler in Bildhauen/ Zeichnen/ und andern Kunst-Sachen/ ein Athener/ und lebte zur Zeit des Regenten hat fast vor 2800. Jahren gelebet. Thesei, Anno Mundi 2730. vor Christi Geburt im 1120. Jahr. Hieraus ist nun abzunehmen/ daß kurtz nach dieser Jahr-Zahl die Mahler-Kunst in Griechen-Land ihren Anfang genommen habe.

IN Beschreibung des Lebens dieser alten Meistere/ befinde ich/ daß man/ um nicht auf Irr-Wege zu gerahten/ alles fleissig aus den alten Scribenten auf zu suchen/ und zu unterscheiden habe. Theophrastus, als Plinius meldet/ ist der Meinung III. POLYGNOTUS Mahler zu Athen. gewesen/ POLYGNOTUS, von Athen gebürtig/ (dessen Contrefät in der Kupfer-Blatten mit Lit. C. gezeichnet zu finden) sey unter den Griechen der erste Mahler gewesen. Es ist aber zu wissen/ daß/ als die Mahler-Kunst erst geboren/ und sehr unvollkommen ware/ der jenige/ so etwas zu deren Verbesserung erfunden/ leichtlich für einen Erfinder derselben können gehalten werden. Encaustice oder das Mahlen mit Feuer/ von ihm erfunden. Es ist aber Polygnotus, so viel man mutmassen kan/ der erste gewesen/ der mit Feuer gemahlet. Diese Manier zu arbeiten habe ich fleissig untersucht/ und befunden/ daß es sey gewesen das amaliren auf Gold/ oder mit heissen und glüenden Eisen/ etwas auf Holz oder Helfenbein zu

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[[II, Buch 1 (antike Künstler), S. 12]/0016] Ergötzlichkeit. Diese wird unter andern auch in den Künsten gefunden/ die mit Verwunderung das Gesichte/ Gehör/ oder andere Sinnen erfreuen: wordurch dem Menschen der Verdruß seiner Himmel-ausländischen Pilgramschafft benommen wird: eben wie ein gesprächiger Reis-Gesell/ mit seinen anmutigen Erzehlungen/ die Meilen abkürzet/ und die Reise/ eh man sich dessen versiehet/ zum verlangten Ziel der Wanderschaft fördert. Es zeigen aber die Künste/ welche etliche für überflüssig und unnötig achten/ als die Mahlerey/ Poesy und Musik/ für sich selbst genugsam/ wieviel sie vermögen/ das Gesicht/ Gehör und Gemüte zu erfreuen und zu belustigen. DIe Edle Mahler-Kunst betreffend/ habe ich/ nach fleissigem Untersuchen/ selbige auf diesem Theatro vorzustellen/ mir vorgenommen/ und zwar hiermit anfangs/ deren ersten Erfinder/ den GYGES, welchen Namen ihme der Urbinische Geschichtschreiber Polydorus, lib. 2. cap. 24. zueignet/ und solchen aus Plinii lib. 7. cap. 56. geholet. Dieser Gyges war geboren in der Landschafft Lydia, welche oberhalb des Landes Jonia, gegen Aufgang/ liget/ gegen Mitternacht mit Mysia gränzet/ und gegen Mittag das Königreich Caria berühret. Die Alten nenneten dieses Land Moeonia: Die Haupt-Stadt ware Sardis, und lage an dem Berg Tmolus, allda der fürtreffliche Palast des Königs Croesi zu sehen gewesen. Diese Lydier waren vor alten Zeiten dem Götzen-Dienste sehr zugethan/ darum sie von den Griechen Tuscans genennet worden/ welches so viel heisen soll/ als ein Götzen-Priester. Sie haben mit ihrem König Tyrrheno das siebende Reich von Italien eingenommen und gewonnen: worvon dem Toscaner-Land und dem Tyrrhenischen See der Name geblieben ist. Diese nun/ weil sie sich beflissen den Göttern zu dienen/ als haben sie die Kunst der Bild- und Mahlerey gar zeitlich in dieses Theil von Italien gebracht. Wie dann bey vielen alten Scribenten/ fürnemlich bey Leo Baptista Alberti zu lesen ist/ daß die Zeichen-Kunst/ zur Zeit des Porsenna, in grosser Vollkommenheit geschwebet. Solches bezeuget auch dessen Grab-Schrift/ welche man unlängst zu Chiusi entdecket/ und darbey viele schöne und halb-runde Figuren gefunden hat. Dergleichen geschahe auch zu Viterbo, und Anno 1554. zu Arezzo, da man ein Bild von Metall/ die Chimaera, aufgegraben. Dieses alles gibt zu kennen/ daß die Toscaner gar zeitlich kunstreich gewesen seyen. Man fande auch gewiße Schriften in der Klaue dieses Bildes/ und auf den andern Bildern zu Viterbo, deren fremde Characteres das Altertum anzeigen/ massen solche kein Gelehrter unsrer Zeit zu errahten oder zu lesen vermochte. I. GYGES ein Lydier/ erster Mahler in Egypten. Die Lydier brachten die Mahler-Kunst in Italien. Alte Figuren in Hetruria aufgegraben. Nun aber zu unserm Lydischen Gyges wieder zu kehren/ so wird ihm die Ehre gegeben/ daß er/ in Egypten sich aufhaltend/ die Mahler-Kunst erfunden/ und der erste Zeichner gewesen. Wann er aber eigentlich gelebet/ auch wem er diese neue Erfindung mitgetheilet/ darvon haben wir keine Gewißheit. Kundbar ist/ daß Egypten zeitlich wol-erbauet gewesen/ und des Götter-Dienstes gepflogen habe: bey welchem die Zeichen-Kunst gemeinlich/ gleichwie der Weinstock am Ulmenbaum/ aufwächset und empor kommet. So ist demnach zu vermuhten/ daß die Nymfe Pictura erstlich/ an der Gegend des sandigten Nilus, ihren viel-farbigen Rock angezogen/ auch von dar aus über andere Völker/ zu grosser Verwunderung/ weit ausgebreitet/ und ihre Schönheit auf die Schau geführet. Wie deme nun seyn mag/ so rühmen sich doch die Egypter (nach Plinii Zeugnis) daß sie dieser Kunst erste Erfinder seyen/ und zwar durch besagten Gyges. Dieses aber scheinet fremd/ was sie hinzu setzen: daß nämlich diese edle Wissenschaft/ schon sechs tausend Jahre vorher/ eh sie von ihnen zu den Griechen gekommen/ bey ihnen gewesen sey. Allhier hätte ich wieder eine lange Arbeit zu untersuchen/ wie unterschiedliche Völker die Jahr-Zahlen so ungleich nehmen: Dann/ nach unserer Rechnung/ ist die Welt nicht so alt/ daß diese Berühmung der Egypter wahr seyn könte. ich lasse aber dieses die Gelehrten ausfechten/ und will zu den andern fortschreiten. Gyges erfindet die Zeichen-Kunst. Die Egypter berühmen sich der Erfindung dieser Kunst EIne fürtreffliche Kunst/ die der Menschen Verwunderung nach sich ziehet/ kan/ wegen des Glanzes ihrer Schönheit/ nicht verborgen bleiben: welches die Ursach seyn mag/ daß unsere Mahler-Kunst aus Egypten in Griechen-Land gekommen/ und alldar/ als eine neue Erfindung/ herfür gebrochen/ durch den Vetter oder Nefe des Daedalus, welcher PYRRHUS, bey andern aber EUCTIS, heisset. Diesen benennet Aristoteles, daß er der erste Mahler in Griechen-Land gewesen seye. Daedalus aber war ein großer Künstler in Bildhauen/ Zeichnen/ und andern Kunst-Sachen/ ein Athener/ und lebte zur Zeit des Regenten Thesei, Anno Mundi 2730. vor Christi Geburt im 1120. Jahr. Hieraus ist nun abzunehmen/ daß kurtz nach dieser Jahr-Zahl die Mahler-Kunst in Griechen-Land ihren Anfang genommen habe. II. PYRRHUS, erster Griechischer Mahler/Daedali Nefe/ hat fast vor 2800. Jahren gelebet. IN Beschreibung des Lebens dieser alten Meistere/ befinde ich/ daß man/ um nicht auf Irr-Wege zu gerahten/ alles fleissig aus den alten Scribenten auf zu suchen/ und zu unterscheiden habe. Theophrastus, als Plinius meldet/ ist der Meinung gewesen/ POLYGNOTUS, von Athen gebürtig/ (dessen Contrefät in der Kupfer-Blatten mit Lit. C. gezeichnet zu finden) sey unter den Griechen der erste Mahler gewesen. Es ist aber zu wissen/ daß/ als die Mahler-Kunst erst geboren/ und sehr unvollkommen ware/ der jenige/ so etwas zu deren Verbesserung erfunden/ leichtlich für einen Erfinder derselben können gehalten werden. Es ist aber Polygnotus, so viel man mutmassen kan/ der erste gewesen/ der mit Feuer gemahlet. Diese Manier zu arbeiten habe ich fleissig untersucht/ und befunden/ daß es sey gewesen das amaliren auf Gold/ oder mit heissen und glüenden Eisen/ etwas auf Holz oder Helfenbein zu III. POLYGNOTUS Mahler zu Athen. Encaustice oder das Mahlen mit Feuer/ von ihm erfunden.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675, S. [II, Buch 1 (antike Künstler), S. 12]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0102_1675/16>, abgerufen am 24.11.2024.