Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sanders, Daniel: Brief an Berthold Auerbach. Altstrelitz, 24. Juli 1875.

Bild:
<< vorherige Seite

Es scheint mir eine unabweisliche Pflicht für die Haupt-
Stimmführer in der deutschen Schriftstellerwelt, also namentlich
auch für Sie, bei der in Aussicht genommenen Regelung
unserer Rechtschreibung ihr gewichtiges Wort in die Waage
zu werfen und ganz besonders Einspruch zu erheben ganz
die Absicht, hier alles Gewordene und Bestehende nach
und nach in Schranken zu bringen, um allmählich - mit Aus-
merzung der deutschen Lettern, ferner der großen Anfangs-
buchstaben für die Substantive, wie auch sämmtliche Dehnungs[-]
bezeichnungen und so weiter vorzugehen und unsere Schrift
nicht zur reinen Lautschrift umzugestalten, sondern ihr
einigermaßen - auf Kosten des Verdeutlichungsstrebens -
mehr anzunähern. Wenn ich nicht ganz irre, so ist eine
Regelung nur heilbringend und gut, wenn wir dabei
das Gewordene und Feststehende unbedingt festhalten
und nur für die Lücken einen Ausbau und für das

Es scheint mir eine unabweisliche Pflicht für die Haupt-
Stim̃führer in der deutschen Schriftstellerwelt, also namentlich
auch für Sie, bei der in Aussicht genom̃enen Regelung
unserer Rechtschreibung ihr gewichtiges Wort in die Waage
zu werfen und ganz besonders Einspruch zu erheben ganz
die Absicht, hier alles Gewordene und Bestehende nach
und nach in Schranken zu bringen, um allmählich mit Aus-
merzung der deutschen Lettern, ferner der großen Anfangs-
buchstaben für die Substantive, wie auch säm̃tliche Dehnungs[-]
bezeichnungen und so weiter vorzugehen und unsere Schrift
nicht zur reinen Lautschrift umzugestalten, sondern ihr
einigermaßen – auf Kosten des Verdeutlichungsstrebens –
mehr anzunähern. Weñ ich nicht ganz irre, so ist eine
Regelung nur heilbringend und gut, weñ wir dabei
das Gewordene und Feststehende unbedingt festhalten
und nur für die Lücken einen Ausbau und für das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <pb facs="#f0002" n="[1v]"/>
        <p>Es scheint mir eine unabweisliche Pflicht für die Haupt-<lb/>
Stim&#x0303;führer in der deutschen Schriftstellerwelt, also namentlich<lb/>
auch für Sie, bei der in Aussicht genom&#x0303;enen Regelung<lb/>
unserer Rechtschreibung ihr gewichtiges Wort in die <choice><orig>Wage</orig><reg>Waage</reg></choice><lb/>
zu werfen und ganz besonders Einspruch zu erheben ganz<lb/>
die Absicht, hier alles Gewordene und Bestehende nach<lb/>
und nach in Schranken zu bringen, um allmählich <del rendition="#s">&#x2013;</del> mit Aus-<lb/>
merzung der deutschen Lettern, ferner der großen Anfangs-<lb/>
buchstaben für die Substantive, wie auch säm&#x0303;tliche Dehnungs<supplied>-</supplied><lb/>
bezeichnungen <choice><abbr>u.s.w.</abbr><expan>und so weiter</expan></choice> vorzugehen und unsere Schrift<lb/>
nicht zur reinen Lautschrift umzugestalten, sondern ihr<lb/>
einigermaßen &#x2013; auf Kosten des Verdeutlichungsstrebens &#x2013;<lb/>
mehr anzunähern. Wen&#x0303; ich nicht ganz irre, so ist eine<lb/>
Regelung nur heilbringend und gut, wen&#x0303; wir dabei<lb/>
das Gewordene und Feststehende unbedingt festhalten<lb/>
und nur für die Lücken einen Ausbau und für das<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[1v]/0002] Es scheint mir eine unabweisliche Pflicht für die Haupt- Stim̃führer in der deutschen Schriftstellerwelt, also namentlich auch für Sie, bei der in Aussicht genom̃enen Regelung unserer Rechtschreibung ihr gewichtiges Wort in die Wage zu werfen und ganz besonders Einspruch zu erheben ganz die Absicht, hier alles Gewordene und Bestehende nach und nach in Schranken zu bringen, um allmählich – mit Aus- merzung der deutschen Lettern, ferner der großen Anfangs- buchstaben für die Substantive, wie auch säm̃tliche Dehnungs- bezeichnungen u.s.w. vorzugehen und unsere Schrift nicht zur reinen Lautschrift umzugestalten, sondern ihr einigermaßen – auf Kosten des Verdeutlichungsstrebens – mehr anzunähern. Weñ ich nicht ganz irre, so ist eine Regelung nur heilbringend und gut, weñ wir dabei das Gewordene und Feststehende unbedingt festhalten und nur für die Lücken einen Ausbau und für das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sebastian Göttel: Herausgeber.
Linda Martin: Transkription und TEI-Textannotation.
Linda Martin: Bearbeitung und Finalisierung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sanders_auerbach2_1875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sanders_auerbach2_1875/2
Zitationshilfe: Sanders, Daniel: Brief an Berthold Auerbach. Altstrelitz, 24. Juli 1875, S. [1v]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sanders_auerbach2_1875/2>, abgerufen am 26.04.2024.