Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Arbeitsamkeit des Erlösers.
Landes, und gab ihnen für diese traurige Zeit väterliche
Erinnerungen, und weise Rathschläge. (Matth. 24.)
An ihm gieng kein Bettler, kein Aussätziger, kein Un-
reiner, kein Samariter,, kein Weib aus den Resten der
vertilgten Samariter unbemerkt vorbey, er ließ sie zu sich
führen, hinderte die unzeitige Sorgfalt der Jünger für
seine Bequemlichkeit, (Lucä 18, 39.) und Unzähliche
giengen mit gereinigten Säften, mit gesunden Glie-
dern, aber mit Thränen im Aug, mit einem von Em-
pfindungen der Freude bestürmten Herzen von
ihm weg. Der Abend überfiel ihn oft beym Re-
den und Wunderthun, er schien sich einmal selbst zu ver-
gessen, seine Gesellschaft war bange um ihn, (Marci 3,
20. 21.) das Andringen des Volks, die Menge der Dün-
ste, die Hitze im Zimmer und an dem Tage, die Entkräf-
tung durch das beständige Reden hätte ihm leicht eine
Schwachheit zuziehen können -- aber ihn bewahrte die
süße Kost, andern wohlzuthun, Seelen zu verbessern,
Lahme aufzurichten, Väter zu trösten, Müttern Anwei-
sungen zur Kindererziehung zu geben, vieljährige Krank-
heiten durch ein Wort blitzschnell zu verscheuchen, die
Bemühung, ein Paradies um sich herum zu schaffen, ei-
nen Kreis von edeln und empfindenden Menschen um sich
zu ziehen, die Summe des Leidens zu vermindern, und
dagegen die Freuden auf Erden zu vermehren, und jedes
niedergeschlagene Gemüth aufzurichten, dies bewahrte
ihn vor einer körperlichen Erschöpfung. (Verglichen mit
Joh. 4, 31-38.) Jhn schreckten die vielen Berge in
Judäa und Galiläa nicht zurück, ihn mattete die erschlaf-
fende Hitze des Landes nicht ab, er suchte den freundli-
chen Schatten eines Baums, und die Blätter, die ihn

deckten,
P 4

Arbeitſamkeit des Erlöſers.
Landes, und gab ihnen für dieſe traurige Zeit väterliche
Erinnerungen, und weiſe Rathſchläge. (Matth. 24.)
An ihm gieng kein Bettler, kein Ausſätziger, kein Un-
reiner, kein Samariter,, kein Weib aus den Reſten der
vertilgten Samariter unbemerkt vorbey, er ließ ſie zu ſich
führen, hinderte die unzeitige Sorgfalt der Jünger für
ſeine Bequemlichkeit, (Lucä 18, 39.) und Unzähliche
giengen mit gereinigten Säften, mit geſunden Glie-
dern, aber mit Thränen im Aug, mit einem von Em-
pfindungen der Freude beſtürmten Herzen von
ihm weg. Der Abend überfiel ihn oft beym Re-
den und Wunderthun, er ſchien ſich einmal ſelbſt zu ver-
geſſen, ſeine Geſellſchaft war bange um ihn, (Marci 3,
20. 21.) das Andringen des Volks, die Menge der Dün-
ſte, die Hitze im Zimmer und an dem Tage, die Entkräf-
tung durch das beſtändige Reden hätte ihm leicht eine
Schwachheit zuziehen können — aber ihn bewahrte die
ſüße Koſt, andern wohlzuthun, Seelen zu verbeſſern,
Lahme aufzurichten, Väter zu tröſten, Müttern Anwei-
ſungen zur Kindererziehung zu geben, vieljährige Krank-
heiten durch ein Wort blitzſchnell zu verſcheuchen, die
Bemühung, ein Paradies um ſich herum zu ſchaffen, ei-
nen Kreis von edeln und empfindenden Menſchen um ſich
zu ziehen, die Summe des Leidens zu vermindern, und
dagegen die Freuden auf Erden zu vermehren, und jedes
niedergeſchlagene Gemüth aufzurichten, dies bewahrte
ihn vor einer körperlichen Erſchöpfung. (Verglichen mit
Joh. 4, 31-38.) Jhn ſchreckten die vielen Berge in
Judäa und Galiläa nicht zurück, ihn mattete die erſchlaf-
fende Hitze des Landes nicht ab, er ſuchte den freundli-
chen Schatten eines Baums, und die Blätter, die ihn

deckten,
P 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0237" n="231"/><fw place="top" type="header">Arbeit&#x017F;amkeit des Erlö&#x017F;ers.</fw><lb/>
Landes, und gab ihnen für die&#x017F;e traurige Zeit väterliche<lb/>
Erinnerungen, und wei&#x017F;e Rath&#x017F;chläge. (Matth. 24.)<lb/>
An ihm gieng kein Bettler, kein Aus&#x017F;ätziger, kein Un-<lb/>
reiner, kein Samariter,, kein Weib aus den Re&#x017F;ten der<lb/>
vertilgten Samariter unbemerkt vorbey, er ließ &#x017F;ie zu &#x017F;ich<lb/>
führen, hinderte die unzeitige Sorgfalt der Jünger für<lb/>
&#x017F;eine Bequemlichkeit, (Lucä 18, 39.) und Unzähliche<lb/>
giengen mit gereinigten Säften, mit ge&#x017F;unden Glie-<lb/>
dern, aber mit Thränen im Aug, mit einem von Em-<lb/>
pfindungen der Freude be&#x017F;türmten Herzen von<lb/>
ihm weg. Der Abend überfiel ihn oft beym Re-<lb/>
den und Wunderthun, er &#x017F;chien &#x017F;ich einmal &#x017F;elb&#x017F;t zu ver-<lb/>
ge&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;eine Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft war bange um ihn, (Marci 3,<lb/>
20. 21.) das Andringen des Volks, die Menge der Dün-<lb/>
&#x017F;te, die Hitze im Zimmer und an dem Tage, die Entkräf-<lb/>
tung durch das be&#x017F;tändige Reden hätte ihm leicht eine<lb/>
Schwachheit zuziehen können &#x2014; aber ihn bewahrte die<lb/>
&#x017F;üße Ko&#x017F;t, andern wohlzuthun, Seelen zu verbe&#x017F;&#x017F;ern,<lb/>
Lahme aufzurichten, Väter zu trö&#x017F;ten, Müttern Anwei-<lb/>
&#x017F;ungen zur Kindererziehung zu geben, vieljährige Krank-<lb/>
heiten durch ein Wort blitz&#x017F;chnell zu ver&#x017F;cheuchen, die<lb/>
Bemühung, ein Paradies um &#x017F;ich herum zu &#x017F;chaffen, ei-<lb/>
nen Kreis von edeln und empfindenden Men&#x017F;chen um &#x017F;ich<lb/>
zu ziehen, die Summe des Leidens zu vermindern, und<lb/>
dagegen die Freuden auf Erden zu vermehren, und jedes<lb/>
niederge&#x017F;chlagene Gemüth aufzurichten, dies bewahrte<lb/>
ihn vor einer körperlichen Er&#x017F;chöpfung. (Verglichen mit<lb/>
Joh. 4, 31-38.) Jhn &#x017F;chreckten die vielen Berge in<lb/>
Judäa und Galiläa nicht zurück, ihn mattete die er&#x017F;chlaf-<lb/>
fende Hitze des Landes nicht ab, er &#x017F;uchte den freundli-<lb/>
chen Schatten eines Baums, und die Blätter, die ihn<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P 4</fw><fw place="bottom" type="catch">deckten,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0237] Arbeitſamkeit des Erlöſers. Landes, und gab ihnen für dieſe traurige Zeit väterliche Erinnerungen, und weiſe Rathſchläge. (Matth. 24.) An ihm gieng kein Bettler, kein Ausſätziger, kein Un- reiner, kein Samariter,, kein Weib aus den Reſten der vertilgten Samariter unbemerkt vorbey, er ließ ſie zu ſich führen, hinderte die unzeitige Sorgfalt der Jünger für ſeine Bequemlichkeit, (Lucä 18, 39.) und Unzähliche giengen mit gereinigten Säften, mit geſunden Glie- dern, aber mit Thränen im Aug, mit einem von Em- pfindungen der Freude beſtürmten Herzen von ihm weg. Der Abend überfiel ihn oft beym Re- den und Wunderthun, er ſchien ſich einmal ſelbſt zu ver- geſſen, ſeine Geſellſchaft war bange um ihn, (Marci 3, 20. 21.) das Andringen des Volks, die Menge der Dün- ſte, die Hitze im Zimmer und an dem Tage, die Entkräf- tung durch das beſtändige Reden hätte ihm leicht eine Schwachheit zuziehen können — aber ihn bewahrte die ſüße Koſt, andern wohlzuthun, Seelen zu verbeſſern, Lahme aufzurichten, Väter zu tröſten, Müttern Anwei- ſungen zur Kindererziehung zu geben, vieljährige Krank- heiten durch ein Wort blitzſchnell zu verſcheuchen, die Bemühung, ein Paradies um ſich herum zu ſchaffen, ei- nen Kreis von edeln und empfindenden Menſchen um ſich zu ziehen, die Summe des Leidens zu vermindern, und dagegen die Freuden auf Erden zu vermehren, und jedes niedergeſchlagene Gemüth aufzurichten, dies bewahrte ihn vor einer körperlichen Erſchöpfung. (Verglichen mit Joh. 4, 31-38.) Jhn ſchreckten die vielen Berge in Judäa und Galiläa nicht zurück, ihn mattete die erſchlaf- fende Hitze des Landes nicht ab, er ſuchte den freundli- chen Schatten eines Baums, und die Blätter, die ihn deckten, P 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/237
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/237>, abgerufen am 24.11.2024.