Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Unterredungen mit Gott.
Stamm die großgewordenen Aeste nicht mehr tragen
kann, so gieß ihm die Schale der Gesundheit wieder voll
ein, oder nimm ihn lieber zu dir in ein schöneres Land.

Erbarme dich über die, die ihre Thränen immer mit
dem Lobopfer vermischen, das dir die reine Seele bringen
will; tröste sie in ihrer Dürftigkeit, und hilf ihnen über alle
Widerwärtigkeit, bis sie ins kühle Grab entweichen können.

Rufst du uns vom Himmel herab zu: Wandle vor
mir, und sey fromm; o so trau ich dir zu, daß du auch
auf alle meine Schicksale und Leiden ein gnädiges Auf-
sehen haben wirst.

Schon sind wir selig in Hoffnung, und Dank dir,
Gott! für diese herzerhebende Hoffnung des Christen-
thums! Bald wird der Thron Jesu Christi gebaut, bald
läßt er seine Diener in Frieden sterben, und belohnt die
leidende Tugend -- dort am ruhigen Grabe, wo uns
nichts mehr betrügt, wo alle Leiden ihr Ziel finden, und
jeder Kampf ein Ende nehmen wird.

Die Nacht kommt, die Erde wird schwarz und fin-
ster, aber mein Gebet findet dich doch. Du wachst,
wenn wir, wie Pflanzen, gefühllos liegen, und schlafen.
Dein Wort sagt! Du schläfst und schlummerst nicht.
Diese Pause meines Lebens -- wie oft ist sie schon ge-
kommen, und immer bin ich wieder erwacht. Auch jezt
wird sie vorübergehen, wie das Wasser im Strom ver-
rauscht. Deiner treuen Beschützung empfehle ich mich,
meine Seele umfaßt den Gedanken an dich, die Glieder
ruhen, und der süße Schlaf, auch ein Geschenk von dir,
überschleicht mich.

Jm verschlossenen Zimmer nach deiner Anweisung
bet ich zu dir um Verbesserung und Veredlung der Seele,

um

Unterredungen mit Gott.
Stamm die großgewordenen Aeſte nicht mehr tragen
kann, ſo gieß ihm die Schale der Geſundheit wieder voll
ein, oder nimm ihn lieber zu dir in ein ſchöneres Land.

Erbarme dich über die, die ihre Thränen immer mit
dem Lobopfer vermiſchen, das dir die reine Seele bringen
will; tröſte ſie in ihrer Dürftigkeit, und hilf ihnen über alle
Widerwärtigkeit, bis ſie ins kühle Grab entweichen können.

Rufſt du uns vom Himmel herab zu: Wandle vor
mir, und ſey fromm; o ſo trau ich dir zu, daß du auch
auf alle meine Schickſale und Leiden ein gnädiges Auf-
ſehen haben wirſt.

Schon ſind wir ſelig in Hoffnung, und Dank dir,
Gott! für dieſe herzerhebende Hoffnung des Chriſten-
thums! Bald wird der Thron Jeſu Chriſti gebaut, bald
läßt er ſeine Diener in Frieden ſterben, und belohnt die
leidende Tugend — dort am ruhigen Grabe, wo uns
nichts mehr betrügt, wo alle Leiden ihr Ziel finden, und
jeder Kampf ein Ende nehmen wird.

Die Nacht kommt, die Erde wird ſchwarz und fin-
ſter, aber mein Gebet findet dich doch. Du wachſt,
wenn wir, wie Pflanzen, gefühllos liegen, und ſchlafen.
Dein Wort ſagt! Du ſchläfſt und ſchlummerſt nicht.
Dieſe Pauſe meines Lebens — wie oft iſt ſie ſchon ge-
kommen, und immer bin ich wieder erwacht. Auch jezt
wird ſie vorübergehen, wie das Waſſer im Strom ver-
rauſcht. Deiner treuen Beſchützung empfehle ich mich,
meine Seele umfaßt den Gedanken an dich, die Glieder
ruhen, und der ſüße Schlaf, auch ein Geſchenk von dir,
überſchleicht mich.

Jm verſchloſſenen Zimmer nach deiner Anweiſung
bet ich zu dir um Verbeſſerung und Veredlung der Seele,

um
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0020" n="14"/><fw place="top" type="header">Unterredungen mit Gott.</fw><lb/>
Stamm die großgewordenen Ae&#x017F;te nicht mehr tragen<lb/>
kann, &#x017F;o gieß ihm die Schale der Ge&#x017F;undheit wieder voll<lb/>
ein, oder nimm ihn lieber zu dir in ein &#x017F;chöneres Land.</p><lb/>
        <p>Erbarme dich über die, die ihre Thränen immer mit<lb/>
dem Lobopfer vermi&#x017F;chen, das dir die reine Seele bringen<lb/>
will; trö&#x017F;te &#x017F;ie in ihrer Dürftigkeit, und hilf ihnen über alle<lb/>
Widerwärtigkeit, bis &#x017F;ie ins kühle Grab entweichen können.</p><lb/>
        <p>Ruf&#x017F;t du uns vom Himmel herab zu: Wandle vor<lb/>
mir, und &#x017F;ey fromm; o &#x017F;o trau ich dir zu, daß du auch<lb/>
auf alle meine Schick&#x017F;ale und Leiden ein gnädiges Auf-<lb/>
&#x017F;ehen haben wir&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Schon &#x017F;ind wir &#x017F;elig in Hoffnung, und Dank dir,<lb/>
Gott! für die&#x017F;e herzerhebende Hoffnung des Chri&#x017F;ten-<lb/>
thums! Bald wird der Thron Je&#x017F;u Chri&#x017F;ti gebaut, bald<lb/>
läßt er &#x017F;eine Diener in Frieden &#x017F;terben, und belohnt die<lb/>
leidende Tugend &#x2014; dort am ruhigen Grabe, wo uns<lb/>
nichts mehr betrügt, wo alle Leiden ihr Ziel finden, und<lb/>
jeder Kampf ein Ende nehmen wird.</p><lb/>
        <p>Die Nacht kommt, die Erde wird &#x017F;chwarz und fin-<lb/>
&#x017F;ter, aber mein Gebet findet dich doch. Du wach&#x017F;t,<lb/>
wenn wir, wie Pflanzen, gefühllos liegen, und &#x017F;chlafen.<lb/>
Dein Wort &#x017F;agt! Du &#x017F;chläf&#x017F;t und &#x017F;chlummer&#x017F;t nicht.<lb/>
Die&#x017F;e Pau&#x017F;e meines Lebens &#x2014; wie oft i&#x017F;t &#x017F;ie &#x017F;chon ge-<lb/>
kommen, und immer bin ich wieder erwacht. Auch jezt<lb/>
wird &#x017F;ie vorübergehen, wie das Wa&#x017F;&#x017F;er im Strom ver-<lb/>
rau&#x017F;cht. Deiner treuen Be&#x017F;chützung empfehle ich mich,<lb/>
meine Seele umfaßt den Gedanken an dich, die Glieder<lb/>
ruhen, und der &#x017F;üße Schlaf, auch ein Ge&#x017F;chenk von dir,<lb/>
über&#x017F;chleicht mich.</p><lb/>
        <p>Jm ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Zimmer nach deiner Anwei&#x017F;ung<lb/>
bet ich zu dir um Verbe&#x017F;&#x017F;erung und Veredlung der Seele,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">um</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0020] Unterredungen mit Gott. Stamm die großgewordenen Aeſte nicht mehr tragen kann, ſo gieß ihm die Schale der Geſundheit wieder voll ein, oder nimm ihn lieber zu dir in ein ſchöneres Land. Erbarme dich über die, die ihre Thränen immer mit dem Lobopfer vermiſchen, das dir die reine Seele bringen will; tröſte ſie in ihrer Dürftigkeit, und hilf ihnen über alle Widerwärtigkeit, bis ſie ins kühle Grab entweichen können. Rufſt du uns vom Himmel herab zu: Wandle vor mir, und ſey fromm; o ſo trau ich dir zu, daß du auch auf alle meine Schickſale und Leiden ein gnädiges Auf- ſehen haben wirſt. Schon ſind wir ſelig in Hoffnung, und Dank dir, Gott! für dieſe herzerhebende Hoffnung des Chriſten- thums! Bald wird der Thron Jeſu Chriſti gebaut, bald läßt er ſeine Diener in Frieden ſterben, und belohnt die leidende Tugend — dort am ruhigen Grabe, wo uns nichts mehr betrügt, wo alle Leiden ihr Ziel finden, und jeder Kampf ein Ende nehmen wird. Die Nacht kommt, die Erde wird ſchwarz und fin- ſter, aber mein Gebet findet dich doch. Du wachſt, wenn wir, wie Pflanzen, gefühllos liegen, und ſchlafen. Dein Wort ſagt! Du ſchläfſt und ſchlummerſt nicht. Dieſe Pauſe meines Lebens — wie oft iſt ſie ſchon ge- kommen, und immer bin ich wieder erwacht. Auch jezt wird ſie vorübergehen, wie das Waſſer im Strom ver- rauſcht. Deiner treuen Beſchützung empfehle ich mich, meine Seele umfaßt den Gedanken an dich, die Glieder ruhen, und der ſüße Schlaf, auch ein Geſchenk von dir, überſchleicht mich. Jm verſchloſſenen Zimmer nach deiner Anweiſung bet ich zu dir um Verbeſſerung und Veredlung der Seele, um

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/20
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/20>, abgerufen am 06.06.2024.