Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.Menschenliebe des Erlösers. nicht, auch in der allergleichgültigsten Sache nicht, auchda nicht, wo er wirklich Unrecht hat, um dessentwillen Christus gestorden ist. (Röm. 14, 15.) Gebt also bey eurer Menschenliebe auf die Triebfedern Acht, untersuchet die Wurzel, aus welcher diese süße Früchte wachsen sol- len. Wenn wir nur wohlthätig, nachgebend und barm- herzig sind, um uns Lob und Ehre von der Welt zu ver- schaffen; wenn wir nur Almosen geben, damit wir von den Menschen mit Bewunderung gesehen wer- den, (Matth. 6, 1.) oder um den unangenehmen An- blick eines Nackten und Schlechtgekleideten von uns zu entfernen, oder um Gott verborgene Sünden durch Wohlthaten abzukaufen, oder um uns gegen die Furcht vor dem göttlichen Gericht zu beruhigen, oder damit es uns Gott tausendfältig wieder gebe, oder damit wir nicht, wie jener ungerechte Richter, durch Klagen übertäubt werden: (Lucä 18, 5.) so haben wir keinen Lohn zu er- warten. Der Christ ist von einem lebendigen Eiser be- seelt, Gott durch die Beförderung des Glücks seiner edel- sten Geschöpfe zu verherrlichen. Er liebt den Gott, der ihn über alles geliebt hat, in seinen armen und hülfsbe- dürftigen Mitbrüdern. So oft er einen Hungrigen, ei- nen Elenden sieht, stellt sich Jesus Christus, der um unsertwillen arm ward, ob er gleich reich war, (2 Cor. 8, 9.) seinem Geist dar, und er erinnert sich, daß ihm das alles, was er dem Geringsten aus wahrer dank- barer Liebe gegen Gott thut, vom Haupt und Freund al- ler Menschen so belohnt werde, als wenn er es ihm sel- ber erwiesen hätte. (Matth. 25, 31-46.) Und wer ist dann unter uns, der nicht täglich zur Erbarmung Gottes seine Zuflucht nehmen müßte? Was sind wir, wenn wir uns
Menſchenliebe des Erlöſers. nicht, auch in der allergleichgültigſten Sache nicht, auchda nicht, wo er wirklich Unrecht hat, um deſſentwillen Chriſtus geſtorden iſt. (Röm. 14, 15.) Gebt alſo bey eurer Menſchenliebe auf die Triebfedern Acht, unterſuchet die Wurzel, aus welcher dieſe ſüße Früchte wachſen ſol- len. Wenn wir nur wohlthätig, nachgebend und barm- herzig ſind, um uns Lob und Ehre von der Welt zu ver- ſchaffen; wenn wir nur Almoſen geben, damit wir von den Menſchen mit Bewunderung geſehen wer- den, (Matth. 6, 1.) oder um den unangenehmen An- blick eines Nackten und Schlechtgekleideten von uns zu entfernen, oder um Gott verborgene Sünden durch Wohlthaten abzukaufen, oder um uns gegen die Furcht vor dem göttlichen Gericht zu beruhigen, oder damit es uns Gott tauſendfältig wieder gebe, oder damit wir nicht, wie jener ungerechte Richter, durch Klagen übertäubt werden: (Lucä 18, 5.) ſo haben wir keinen Lohn zu er- warten. Der Chriſt iſt von einem lebendigen Eiſer be- ſeelt, Gott durch die Beförderung des Glücks ſeiner edel- ſten Geſchöpfe zu verherrlichen. Er liebt den Gott, der ihn über alles geliebt hat, in ſeinen armen und hülfsbe- dürftigen Mitbrüdern. So oft er einen Hungrigen, ei- nen Elenden ſieht, ſtellt ſich Jeſus Chriſtus, der um unſertwillen arm ward, ob er gleich reich war, (2 Cor. 8, 9.) ſeinem Geiſt dar, und er erinnert ſich, daß ihm das alles, was er dem Geringſten aus wahrer dank- barer Liebe gegen Gott thut, vom Haupt und Freund al- ler Menſchen ſo belohnt werde, als wenn er es ihm ſel- ber erwieſen hätte. (Matth. 25, 31-46.) Und wer iſt dann unter uns, der nicht täglich zur Erbarmung Gottes ſeine Zuflucht nehmen müßte? Was ſind wir, wenn wir uns
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Menſchenliebe des Erlöſers.
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Chriſtus geſtorden iſt. (Röm. 14, 15.) Gebt alſo bey
eurer Menſchenliebe auf die Triebfedern Acht, unterſuchet
die Wurzel, aus welcher dieſe ſüße Früchte wachſen ſol-
len. Wenn wir nur wohlthätig, nachgebend und barm-
herzig ſind, um uns Lob und Ehre von der Welt zu ver-
ſchaffen; wenn wir nur Almoſen geben, damit wir
von den Menſchen mit Bewunderung geſehen wer-
den, (Matth. 6, 1.) oder um den unangenehmen An-
blick eines Nackten und Schlechtgekleideten von uns zu
entfernen, oder um Gott verborgene Sünden durch
Wohlthaten abzukaufen, oder um uns gegen die Furcht
vor dem göttlichen Gericht zu beruhigen, oder damit es
uns Gott tauſendfältig wieder gebe, oder damit wir nicht,
wie jener ungerechte Richter, durch Klagen übertäubt
werden: (Lucä 18, 5.) ſo haben wir keinen Lohn zu er-
warten. Der Chriſt iſt von einem lebendigen Eiſer be-
ſeelt, Gott durch die Beförderung des Glücks ſeiner edel-
ſten Geſchöpfe zu verherrlichen. Er liebt den Gott, der
ihn über alles geliebt hat, in ſeinen armen und hülfsbe-
dürftigen Mitbrüdern. So oft er einen Hungrigen, ei-
nen Elenden ſieht, ſtellt ſich Jeſus Chriſtus, der um
unſertwillen arm ward, ob er gleich reich war,
(2 Cor. 8, 9.) ſeinem Geiſt dar, und er erinnert ſich, daß
ihm das alles, was er dem Geringſten aus wahrer dank-
barer Liebe gegen Gott thut, vom Haupt und Freund al-
ler Menſchen ſo belohnt werde, als wenn er es ihm ſel-
ber erwieſen hätte. (Matth. 25, 31-46.) Und wer iſt
dann unter uns, der nicht täglich zur Erbarmung Gottes
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