Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.Frömmigkeit des Erlösers. alle belehren, welch ein schreckliches Ende die erwartet,die den Glauben, der den Heiligen vorgegeben ist, so lange drehen und verändern, bis sie unter dem Schein einer wahren Tugend alle verdorbene Neigungen unge- stört behalten, und zu einer fürchterlichen Größe können aufwachsen lassen? Dieser Ausspruch des Erlösers ist theils ein Seufzer über das Unglück seines Volks, den ihm seine großmüthige Liebe auspreßte, theils ein maje- stätischer Beweis vom Bewußtseyn seiner göttlichen Würde, und seiner künftigen Größe. Er bereitet die treuen Gefährten, die seine Lehre in der Welt herumtra- gen sollten, zu den Verfolgungen, zu den Mishandlun- gen, zu dem Undank, den er selbst erfahren hatte. Er bittet sie, sich, so oft Unmuth und Verzweiflung sie an- wandeln würde, an sein Beyspiel zu erinnern, und mit dem Schicksal zufrieden zu seyn, das ihn selbst betroffen hatte. Theurer Erlöser! wie oft richtet auch uns dein geplagtes Leben auf, indem es uns wehe thut, daß du so viel leiden mußtest! Noch jezt sieht der Erdboden aus wie damals, da du ihn verließest. Deine Kirche ist ein Acker, wo das Unkraut nie ganz ausstirbt. Deine Knechte schlafen, und deine Langmuth läßt es oft auf- wachsen. Deine eigene Nation verwarf dich, und noch immer bist du verachtet und gering geschätzt unter denen, die deinen Namen tragen, und die den Funken von Weisheit, womit sie sich gegen dich auflehnen, nicht einmal haben würden, wenn du nicht erschienen wärest! Jndessen erblickt er die Undankbarkeit seines Volks, und die Blindheit, womit man ihn zurückstieß, in ihrem wahren Licht. Er ist so billig, daß er nicht mehr von irgend einem Menschen fordert, als er leisten kann. Er mißt
Frömmigkeit des Erlöſers. alle belehren, welch ein ſchreckliches Ende die erwartet,die den Glauben, der den Heiligen vorgegeben iſt, ſo lange drehen und verändern, bis ſie unter dem Schein einer wahren Tugend alle verdorbene Neigungen unge- ſtört behalten, und zu einer fürchterlichen Größe können aufwachſen laſſen? Dieſer Ausſpruch des Erlöſers iſt theils ein Seufzer über das Unglück ſeines Volks, den ihm ſeine großmüthige Liebe auspreßte, theils ein maje- ſtätiſcher Beweis vom Bewußtſeyn ſeiner göttlichen Würde, und ſeiner künftigen Größe. Er bereitet die treuen Gefährten, die ſeine Lehre in der Welt herumtra- gen ſollten, zu den Verfolgungen, zu den Mishandlun- gen, zu dem Undank, den er ſelbſt erfahren hatte. Er bittet ſie, ſich, ſo oft Unmuth und Verzweiflung ſie an- wandeln würde, an ſein Beyſpiel zu erinnern, und mit dem Schickſal zufrieden zu ſeyn, das ihn ſelbſt betroffen hatte. Theurer Erlöſer! wie oft richtet auch uns dein geplagtes Leben auf, indem es uns wehe thut, daß du ſo viel leiden mußteſt! Noch jezt ſieht der Erdboden aus wie damals, da du ihn verließeſt. Deine Kirche iſt ein Acker, wo das Unkraut nie ganz ausſtirbt. Deine Knechte ſchlafen, und deine Langmuth läßt es oft auf- wachſen. Deine eigene Nation verwarf dich, und noch immer biſt du verachtet und gering geſchätzt unter denen, die deinen Namen tragen, und die den Funken von Weisheit, womit ſie ſich gegen dich auflehnen, nicht einmal haben würden, wenn du nicht erſchienen wäreſt! Jndeſſen erblickt er die Undankbarkeit ſeines Volks, und die Blindheit, womit man ihn zurückſtieß, in ihrem wahren Licht. Er iſt ſo billig, daß er nicht mehr von irgend einem Menſchen fordert, als er leiſten kann. Er mißt
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Frömmigkeit des Erlöſers.
alle belehren, welch ein ſchreckliches Ende die erwartet,
die den Glauben, der den Heiligen vorgegeben iſt, ſo
lange drehen und verändern, bis ſie unter dem Schein
einer wahren Tugend alle verdorbene Neigungen unge-
ſtört behalten, und zu einer fürchterlichen Größe können
aufwachſen laſſen? Dieſer Ausſpruch des Erlöſers iſt
theils ein Seufzer über das Unglück ſeines Volks, den
ihm ſeine großmüthige Liebe auspreßte, theils ein maje-
ſtätiſcher Beweis vom Bewußtſeyn ſeiner göttlichen
Würde, und ſeiner künftigen Größe. Er bereitet die
treuen Gefährten, die ſeine Lehre in der Welt herumtra-
gen ſollten, zu den Verfolgungen, zu den Mishandlun-
gen, zu dem Undank, den er ſelbſt erfahren hatte. Er
bittet ſie, ſich, ſo oft Unmuth und Verzweiflung ſie an-
wandeln würde, an ſein Beyſpiel zu erinnern, und mit
dem Schickſal zufrieden zu ſeyn, das ihn ſelbſt betroffen
hatte. Theurer Erlöſer! wie oft richtet auch uns dein
geplagtes Leben auf, indem es uns wehe thut, daß du ſo
viel leiden mußteſt! Noch jezt ſieht der Erdboden aus
wie damals, da du ihn verließeſt. Deine Kirche iſt ein
Acker, wo das Unkraut nie ganz ausſtirbt. Deine
Knechte ſchlafen, und deine Langmuth läßt es oft auf-
wachſen. Deine eigene Nation verwarf dich, und noch
immer biſt du verachtet und gering geſchätzt unter denen,
die deinen Namen tragen, und die den Funken von
Weisheit, womit ſie ſich gegen dich auflehnen, nicht
einmal haben würden, wenn du nicht erſchienen wäreſt!
Jndeſſen erblickt er die Undankbarkeit ſeines Volks, und
die Blindheit, womit man ihn zurückſtieß, in ihrem
wahren Licht. Er iſt ſo billig, daß er nicht mehr von
irgend einem Menſchen fordert, als er leiſten kann. Er
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