des Holzes sorgfältig einschliessen, damit bei der starken Konsumtion der Holzkohlen auf den Würtembergischen Eisenwerken doch für seine Nachkommenschaft gesorget wird. Wenn Kirchengeschäfte vorkommen, wird eine ausserordentliche Rathsversammlung gehalten, und die Geistlichen darzu gezogen, so daß die Sache auf den Fuß der protestantischen Konsistorien behandelt wird. Ehe die Rathssession anfängt, muß der Syndikus allemal einen eigenen Morgensegen vorlesen. Dann nimmt man erst die Geschäfte vor. Ich finde diese alte Einrich- tung sehr gut. Unsre Vorfahren wuften, daß Religion und Gottesfurcht der stärkste Antrieb zur Rechtschaffen- heit und Gewissenhaftigkeit ist. Daher flochten sie die Religion überall mit ein. In unsern Zeiten ist man so stolz worden, daß man sich der Verehrung Gottes an öf- sentlichen Orten schämet; aber die betrübten Wirkungen dieser eingebildeten Aufklärung vervielfältigen sich leider! auch alle Tage. Man denkt hier auch ernstlich auf die Verbesserung der Schuleinrichtungen, und man sprach eben so eifrig von der Einführung eines neuen Gesang- buchs, wozu ich den lieben Leuten auch das Gesangbuch meines Vaters schicken muste. Der Wall um die Stadt ist dem Fremden ein angenehmer Spaziergang mit einer schönen Aussicht auf die umliegenden Gegenden. In der Stadt wird viel wollenes Tuch oder Fries gemacht, auch wird viel Baumwolle von den Handelsleuten aus Wien etc. die mit Wagen hierher kommen, gesponnen, gekauft, und als gesponnenes Garn verkauft.
Auf dem Grunde und Boden der Stadt sind die er- giebigen Eisengruben, in welchen das Haus Würtem-
berg
des Holzes ſorgfaͤltig einſchlieſſen, damit bei der ſtarken Konſumtion der Holzkohlen auf den Wuͤrtembergiſchen Eiſenwerken doch fuͤr ſeine Nachkommenſchaft geſorget wird. Wenn Kirchengeſchaͤfte vorkommen, wird eine auſſerordentliche Rathsverſammlung gehalten, und die Geiſtlichen darzu gezogen, ſo daß die Sache auf den Fuß der proteſtantiſchen Konſiſtorien behandelt wird. Ehe die Rathsſeſſion anfaͤngt, muß der Syndikus allemal einen eigenen Morgenſegen vorleſen. Dann nimmt man erſt die Geſchaͤfte vor. Ich finde dieſe alte Einrich- tung ſehr gut. Unſre Vorfahren wuften, daß Religion und Gottesfurcht der ſtaͤrkſte Antrieb zur Rechtſchaffen- heit und Gewiſſenhaftigkeit iſt. Daher flochten ſie die Religion uͤberall mit ein. In unſern Zeiten iſt man ſo ſtolz worden, daß man ſich der Verehrung Gottes an oͤf- ſentlichen Orten ſchaͤmet; aber die betruͤbten Wirkungen dieſer eingebildeten Aufklaͤrung vervielfaͤltigen ſich leider! auch alle Tage. Man denkt hier auch ernſtlich auf die Verbeſſerung der Schuleinrichtungen, und man ſprach eben ſo eifrig von der Einfuͤhrung eines neuen Geſang- buchs, wozu ich den lieben Leuten auch das Geſangbuch meines Vaters ſchicken muſte. Der Wall um die Stadt iſt dem Fremden ein angenehmer Spaziergang mit einer ſchoͤnen Ausſicht auf die umliegenden Gegenden. In der Stadt wird viel wollenes Tuch oder Fries gemacht, auch wird viel Baumwolle von den Handelsleuten aus Wien ꝛc. die mit Wagen hierher kommen, geſponnen, gekauft, und als geſponnenes Garn verkauft.
Auf dem Grunde und Boden der Stadt ſind die er- giebigen Eiſengruben, in welchen das Haus Wuͤrtem-
berg
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des Holzes ſorgfaͤltig einſchlieſſen, damit bei der ſtarken
Konſumtion der Holzkohlen auf den Wuͤrtembergiſchen
Eiſenwerken doch fuͤr ſeine Nachkommenſchaft geſorget
wird. Wenn Kirchengeſchaͤfte vorkommen, wird eine
auſſerordentliche Rathsverſammlung gehalten, und die
Geiſtlichen darzu gezogen, ſo daß die Sache auf den Fuß
der proteſtantiſchen Konſiſtorien behandelt wird. Ehe
die Rathsſeſſion anfaͤngt, muß der Syndikus allemal
einen eigenen Morgenſegen vorleſen. Dann nimmt
man erſt die Geſchaͤfte vor. Ich finde dieſe alte Einrich-
tung ſehr gut. Unſre Vorfahren wuften, daß Religion
und Gottesfurcht der ſtaͤrkſte Antrieb zur Rechtſchaffen-
heit und Gewiſſenhaftigkeit iſt. Daher flochten ſie die
Religion uͤberall mit ein. In unſern Zeiten iſt man ſo
ſtolz worden, daß man ſich der Verehrung Gottes an oͤf-
ſentlichen Orten ſchaͤmet; aber die betruͤbten Wirkungen
dieſer eingebildeten Aufklaͤrung vervielfaͤltigen ſich leider!
auch alle Tage. Man denkt hier auch ernſtlich auf die
Verbeſſerung der Schuleinrichtungen, und man ſprach
eben ſo eifrig von der Einfuͤhrung eines neuen Geſang-
buchs, wozu ich den lieben Leuten auch das Geſangbuch
meines Vaters ſchicken muſte. Der Wall um die Stadt
iſt dem Fremden ein angenehmer Spaziergang mit einer
ſchoͤnen Ausſicht auf die umliegenden Gegenden. In
der Stadt wird viel wollenes Tuch oder Fries gemacht,
auch wird viel Baumwolle von den Handelsleuten aus
Wien ꝛc. die mit Wagen hierher kommen, geſponnen,
gekauft, und als geſponnenes Garn verkauft.
Auf dem Grunde und Boden der Stadt ſind die er-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/92>, abgerufen am 22.11.2024.
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