ausgenommen. Die Hauptstrasse ist so eng, daß man den Wagen kaum ausweichen kan. Der Marktplatz ist gros, regelmässig, und ringsum mit Gewerbslauben be- deckt, durch die man bequem gehen kan, sie sind aber dun- kel und niedrig. Einige Strassen sind heller, breiter, und Nachts ist die ganze Stadt mit Laternen, die an den Häusern hängen, erleuchtet. Ausserordentlich volkreich ist die Stadt. Man zeigte mir ein schmales Haus, worin 13. Familien wohnten. Der Aufseher über das Bierbrauen versicherte mich, daß alle Jahr 40000. Ei- mer Bier in München gebraut würden, der Eimer hält 64. Maas, das Maas kostet 6. Kreuzer. Unter jener Zahl ist aber das Bier nicht begriffen, das vom Lande eingeführt wird, auch das nicht, was der Hof selber braut, auch das nicht, was Herrschaften, Kavaliere etc. brauen lassen, und diese drei Rubriken sollen beinahe ein eben so grosses Quantum ausmachen. Man rechnet wenig, wenn man auf einen Mann im Jahr 12. Eimer rechnet, denn das Maas ist klein. Viele trinken täglich 6, 7, andre 10-12. Maas, und Biersäufer können 18-20. Maas in einem Tage trinken. Ein Kutscher trinkt 3. Maas, wenn man nur eine Viertelstunde ausbleibt, und ihm er- laubt, ein Glas Bier zu trinken. Offenbar hat es auf den dicken schweren Körper der Bayern viel Einfluß. Viele sind wahre Klötze, rund, wie die Bierfässer selbst, und lange nicht so rüstig, wie die Schwaben. Der Wein, den man in den Gasthöfen findet, ist theils Oe- sterreicher, theils Würzburger, theils Neckarwein etc. Das Merkwürdigste in der ganzen Stadt ist
Die Residenz, oder das Schlos. Aussen sieht es schlecht wie ein Gefängnis aus, aber innen ist die Magni-
ficenz
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ausgenommen. Die Hauptſtraſſe iſt ſo eng, daß man den Wagen kaum ausweichen kan. Der Marktplatz iſt gros, regelmaͤſſig, und ringsum mit Gewerbslauben be- deckt, durch die man bequem gehen kan, ſie ſind aber dun- kel und niedrig. Einige Straſſen ſind heller, breiter, und Nachts iſt die ganze Stadt mit Laternen, die an den Haͤuſern haͤngen, erleuchtet. Auſſerordentlich volkreich iſt die Stadt. Man zeigte mir ein ſchmales Haus, worin 13. Familien wohnten. Der Aufſeher uͤber das Bierbrauen verſicherte mich, daß alle Jahr 40000. Ei- mer Bier in Muͤnchen gebraut wuͤrden, der Eimer haͤlt 64. Maas, das Maas koſtet 6. Kreuzer. Unter jener Zahl iſt aber das Bier nicht begriffen, das vom Lande eingefuͤhrt wird, auch das nicht, was der Hof ſelber braut, auch das nicht, was Herrſchaften, Kavaliere ꝛc. brauen laſſen, und dieſe drei Rubriken ſollen beinahe ein eben ſo groſſes Quantum ausmachen. Man rechnet wenig, wenn man auf einen Mann im Jahr 12. Eimer rechnet, denn das Maas iſt klein. Viele trinken taͤglich 6, 7, andre 10-12. Maas, und Bierſaͤufer koͤnnen 18-20. Maas in einem Tage trinken. Ein Kutſcher trinkt 3. Maas, wenn man nur eine Viertelſtunde ausbleibt, und ihm er- laubt, ein Glas Bier zu trinken. Offenbar hat es auf den dicken ſchweren Koͤrper der Bayern viel Einfluß. Viele ſind wahre Kloͤtze, rund, wie die Bierfaͤſſer ſelbſt, und lange nicht ſo ruͤſtig, wie die Schwaben. Der Wein, den man in den Gaſthoͤfen findet, iſt theils Oe- ſterreicher, theils Wuͤrzburger, theils Neckarwein ꝛc. Das Merkwuͤrdigſte in der ganzen Stadt iſt
Die Reſidenz, oder das Schlos. Auſſen ſieht es ſchlecht wie ein Gefaͤngnis aus, aber innen iſt die Magni-
ficenz
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ausgenommen. Die Hauptſtraſſe iſt ſo eng, daß man
den Wagen kaum ausweichen kan. Der Marktplatz iſt
gros, regelmaͤſſig, und ringsum mit Gewerbslauben be-
deckt, durch die man bequem gehen kan, ſie ſind aber dun-
kel und niedrig. Einige Straſſen ſind heller, breiter,
und Nachts iſt die ganze Stadt mit Laternen, die an den
Haͤuſern haͤngen, erleuchtet. Auſſerordentlich volkreich
iſt die Stadt. Man zeigte mir ein ſchmales Haus,
worin 13. Familien wohnten. Der Aufſeher uͤber das
Bierbrauen verſicherte mich, daß alle Jahr 40000. Ei-
mer Bier in Muͤnchen gebraut wuͤrden, der Eimer haͤlt
64. Maas, das Maas koſtet 6. Kreuzer. Unter jener
Zahl iſt aber das Bier nicht begriffen, das vom Lande
eingefuͤhrt wird, auch das nicht, was der Hof ſelber braut,
auch das nicht, was Herrſchaften, Kavaliere ꝛc. brauen
laſſen, und dieſe drei Rubriken ſollen beinahe ein eben ſo
groſſes Quantum ausmachen. Man rechnet wenig, wenn
man auf einen Mann im Jahr 12. Eimer rechnet, denn
das Maas iſt klein. Viele trinken taͤglich 6, 7, andre
10-12. Maas, und Bierſaͤufer koͤnnen 18-20. Maas in
einem Tage trinken. Ein Kutſcher trinkt 3. Maas,
wenn man nur eine Viertelſtunde ausbleibt, und ihm er-
laubt, ein Glas Bier zu trinken. Offenbar hat es auf
den dicken ſchweren Koͤrper der Bayern viel Einfluß.
Viele ſind wahre Kloͤtze, rund, wie die Bierfaͤſſer ſelbſt,
und lange nicht ſo ruͤſtig, wie die Schwaben. Der
Wein, den man in den Gaſthoͤfen findet, iſt theils Oe-
ſterreicher, theils Wuͤrzburger, theils Neckarwein ꝛc.
Das Merkwuͤrdigſte in der ganzen Stadt iſt
Die Reſidenz, oder das Schlos. Auſſen ſieht es
ſchlecht wie ein Gefaͤngnis aus, aber innen iſt die Magni-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/75>, abgerufen am 22.11.2024.
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