das Präsidium. Der Bediente von ihnen geht neben dem Wagen mit einem silbernen Degen, und noch andre Bediente gehen in mit Silber besetzten Kleidern, oder blauen bordirten Mänteln nebenher, wenn er zu Rathe fährt. Dies geschieht alle Tage um halb 9. Uhr. Alle Raths- herren gehen zu Rath schwarz, mit einem weissen Ge- kröse und einem samtnen Ueberrock. Jeder muß seinen eigenen Wagen haben. Wird einer erwählt und er hat noch keinen, oder er zerbricht, so hat die Stadt etliche sogenannte Stadtwagen, die leihet sie ihnen allemahl, um zu Rath zu fahren, umsonst. Sie heissen nicht Rathsherren, sondern Herren des Raths, und stehen in grossem Ansehen.
Die größte Bequemlichkeit der Stadt sind 3--5. Ka- näle, die durch dieselbe gehen. Auf diesen gehen Schiffe mit Waaren beladen, in die Mitte der Stadt herein, und bringen Korn, Holz, Steine, Kalk, Torf, Wein, und alle Kaufmannsgüter bis vor die Häuser der Kauf- leute, und so erspart man die schweren Frachtkosten auf der Achse. Die Kaufleute haben meist lange, aber schmale Häuser. Der hinterste Theil des Hauses macht eigent- lich das Waarenlager aus, da sind unten der Keller, und dann 3, 4, 5. Bühnen übereinander, wo man eine unge- heure Menge Waaren, viele 100. Tonnen aufspeichern kan. Unten ist eine Thüre, die gegen den Kanal zu ge- ösnet wird, und auf jeder Bühne ist hinten auch eine Thü- re. Nun ist die simple, wohlfeile und bequeme Einrich- tung, Waaren hinauf zu bringen, diese; zu oberst im Hause ist eine Welle, an jedem Ende der Welle ein gros- ses hölzernes Rad. Um die Welle winden sich 2. dicke, starke Seile, und diese Seile gehen in Löchern durch alle Bühnen im Hause durch bis hinunter. Nun kommt die
Fracht
Zweiter Theil. T t
das Praͤſidium. Der Bediente von ihnen geht neben dem Wagen mit einem ſilbernen Degen, und noch andre Bediente gehen in mit Silber beſetzten Kleidern, oder blauen bordirten Maͤnteln nebenher, wenn er zu Rathe faͤhrt. Dies geſchieht alle Tage um halb 9. Uhr. Alle Raths- herren gehen zu Rath ſchwarz, mit einem weiſſen Ge- kroͤſe und einem ſamtnen Ueberrock. Jeder muß ſeinen eigenen Wagen haben. Wird einer erwaͤhlt und er hat noch keinen, oder er zerbricht, ſo hat die Stadt etliche ſogenannte Stadtwagen, die leihet ſie ihnen allemahl, um zu Rath zu fahren, umſonſt. Sie heiſſen nicht Rathsherren, ſondern Herren des Raths, und ſtehen in groſſem Anſehen.
Die groͤßte Bequemlichkeit der Stadt ſind 3—5. Ka- naͤle, die durch dieſelbe gehen. Auf dieſen gehen Schiffe mit Waaren beladen, in die Mitte der Stadt herein, und bringen Korn, Holz, Steine, Kalk, Torf, Wein, und alle Kaufmannsguͤter bis vor die Haͤuſer der Kauf- leute, und ſo erſpart man die ſchweren Frachtkoſten auf der Achſe. Die Kaufleute haben meiſt lange, aber ſchmale Haͤuſer. Der hinterſte Theil des Hauſes macht eigent- lich das Waarenlager aus, da ſind unten der Keller, und dann 3, 4, 5. Buͤhnen uͤbereinander, wo man eine unge- heure Menge Waaren, viele 100. Tonnen aufſpeichern kan. Unten iſt eine Thuͤre, die gegen den Kanal zu ge- oͤſnet wird, und auf jeder Buͤhne iſt hinten auch eine Thuͤ- re. Nun iſt die ſimple, wohlfeile und bequeme Einrich- tung, Waaren hinauf zu bringen, dieſe; zu oberſt im Hauſe iſt eine Welle, an jedem Ende der Welle ein groſ- ſes hoͤlzernes Rad. Um die Welle winden ſich 2. dicke, ſtarke Seile, und dieſe Seile gehen in Loͤchern durch alle Buͤhnen im Hauſe durch bis hinunter. Nun kommt die
Fracht
Zweiter Theil. T t
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das Praͤſidium. Der Bediente von ihnen geht neben
dem Wagen mit einem ſilbernen Degen, und noch andre
Bediente gehen in mit Silber beſetzten Kleidern, oder blauen
bordirten Maͤnteln nebenher, wenn er zu Rathe faͤhrt.
Dies geſchieht alle Tage um halb 9. Uhr. Alle Raths-
herren gehen zu Rath ſchwarz, mit einem weiſſen Ge-
kroͤſe und einem ſamtnen Ueberrock. Jeder muß ſeinen
eigenen Wagen haben. Wird einer erwaͤhlt und er hat
noch keinen, oder er zerbricht, ſo hat die Stadt etliche
ſogenannte Stadtwagen, die leihet ſie ihnen allemahl,
um zu Rath zu fahren, umſonſt. Sie heiſſen nicht
Rathsherren, ſondern Herren des Raths, und ſtehen in
groſſem Anſehen.
Die groͤßte Bequemlichkeit der Stadt ſind 3—5. Ka-
naͤle, die durch dieſelbe gehen. Auf dieſen gehen Schiffe
mit Waaren beladen, in die Mitte der Stadt herein,
und bringen Korn, Holz, Steine, Kalk, Torf, Wein,
und alle Kaufmannsguͤter bis vor die Haͤuſer der Kauf-
leute, und ſo erſpart man die ſchweren Frachtkoſten auf
der Achſe. Die Kaufleute haben meiſt lange, aber ſchmale
Haͤuſer. Der hinterſte Theil des Hauſes macht eigent-
lich das Waarenlager aus, da ſind unten der Keller, und
dann 3, 4, 5. Buͤhnen uͤbereinander, wo man eine unge-
heure Menge Waaren, viele 100. Tonnen aufſpeichern
kan. Unten iſt eine Thuͤre, die gegen den Kanal zu ge-
oͤſnet wird, und auf jeder Buͤhne iſt hinten auch eine Thuͤ-
re. Nun iſt die ſimple, wohlfeile und bequeme Einrich-
tung, Waaren hinauf zu bringen, dieſe; zu oberſt im
Hauſe iſt eine Welle, an jedem Ende der Welle ein groſ-
ſes hoͤlzernes Rad. Um die Welle winden ſich 2. dicke,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 657. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/695>, abgerufen am 22.11.2024.
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