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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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Erst fährt man lange auf andern Wassern, sieht Har-
burg, Hamburg, Altona, Wandsbeck
etc. bald von
dieser, bald von jener Seite. Wenn man endlich in der
Elbe *) selbst ist, so merkt man es bald daran, daß das
Schiff alsdann höher geht, und in dem schweren Wasser
so tief nicht sinkt. Die Farbe der Elbe ist schmuziggelb.
In den Nebenwassern sind viele Untiefen und Sandbänke.
Um die Schiffer davor zu warnen, hat man an solche Oer-
ter Tonnen mit eisernen Zacken eingeschlagen, die man auf
der obern Fläche des Wassers gewahr wird, und davor
fliehet. Hamburg zeigt sich in seiner ganzen Grösse un-
gemein schön. Man fährt in den Hafen hinein, wo
grosse und kleine Schiffe in Menge liegen **). Einige
sind sehr schön angestrichen, fast alle sind mit ihren Na-
men gezeichnet, einige haben Portraits von Frauenzim-
mern. Zwischen diesen Schiffen steht ein Gebäude, die
Schifferbörse, da ist die Wache von Hamburgischen
Stadtsoldaten, und die Reisenden müssen, weil man auf
diesem Wege kein Thor passirt, hier gleich Namen, Be-
dienung und Aufenthalt angeben ***). Man steigt bei

dem
*) Die Schiffer haben auf der Elbe grosse Freiheiten.
Eine Ohrfeige kostet dem Passagier 10. Thaler.
**) Wenn alle da sind, so sind es wohl über 200. Sie
bedecken die eine Seite der Stadt, da wo man auf
dem Wasser nicht weiter kommen kan, heißt die Ge-
gend der Kehrwieder. Im Frühjahr gehen wohl 60.
Schiffe mit einmahl ab. Die Staatsjachten sind un-
vergleichlich. Sieht man über den Hafen hin, so kan
man durch die vielen Stangen, Masten, Segel und
Tauwerke nicht durchsehen, es ist wie ein Wald.
***) Und hier beim Blockhause wird Nachts der Hafen
mit starken eisernen Ketten, auf die man neben einan-
der genagelte Balken legt, verschlossen.

Erſt faͤhrt man lange auf andern Waſſern, ſieht Har-
burg, Hamburg, Altona, Wandsbeck
ꝛc. bald von
dieſer, bald von jener Seite. Wenn man endlich in der
Elbe *) ſelbſt iſt, ſo merkt man es bald daran, daß das
Schiff alsdann hoͤher geht, und in dem ſchweren Waſſer
ſo tief nicht ſinkt. Die Farbe der Elbe iſt ſchmuziggelb.
In den Nebenwaſſern ſind viele Untiefen und Sandbaͤnke.
Um die Schiffer davor zu warnen, hat man an ſolche Oer-
ter Tonnen mit eiſernen Zacken eingeſchlagen, die man auf
der obern Flaͤche des Waſſers gewahr wird, und davor
fliehet. Hamburg zeigt ſich in ſeiner ganzen Groͤſſe un-
gemein ſchoͤn. Man faͤhrt in den Hafen hinein, wo
groſſe und kleine Schiffe in Menge liegen **). Einige
ſind ſehr ſchoͤn angeſtrichen, faſt alle ſind mit ihren Na-
men gezeichnet, einige haben Portraits von Frauenzim-
mern. Zwiſchen dieſen Schiffen ſteht ein Gebaͤude, die
Schifferboͤrſe, da iſt die Wache von Hamburgiſchen
Stadtſoldaten, und die Reiſenden muͤſſen, weil man auf
dieſem Wege kein Thor paſſirt, hier gleich Namen, Be-
dienung und Aufenthalt angeben ***). Man ſteigt bei

dem
*) Die Schiffer haben auf der Elbe groſſe Freiheiten.
Eine Ohrfeige koſtet dem Paſſagier 10. Thaler.
**) Wenn alle da ſind, ſo ſind es wohl uͤber 200. Sie
bedecken die eine Seite der Stadt, da wo man auf
dem Waſſer nicht weiter kommen kan, heißt die Ge-
gend der Kehrwieder. Im Fruͤhjahr gehen wohl 60.
Schiffe mit einmahl ab. Die Staatsjachten ſind un-
vergleichlich. Sieht man uͤber den Hafen hin, ſo kan
man durch die vielen Stangen, Maſten, Segel und
Tauwerke nicht durchſehen, es iſt wie ein Wald.
***) Und hier beim Blockhauſe wird Nachts der Hafen
mit ſtarken eiſernen Ketten, auf die man neben einan-
der genagelte Balken legt, verſchloſſen.
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[655/0693] Erſt faͤhrt man lange auf andern Waſſern, ſieht Har- burg, Hamburg, Altona, Wandsbeck ꝛc. bald von dieſer, bald von jener Seite. Wenn man endlich in der Elbe *) ſelbſt iſt, ſo merkt man es bald daran, daß das Schiff alsdann hoͤher geht, und in dem ſchweren Waſſer ſo tief nicht ſinkt. Die Farbe der Elbe iſt ſchmuziggelb. In den Nebenwaſſern ſind viele Untiefen und Sandbaͤnke. Um die Schiffer davor zu warnen, hat man an ſolche Oer- ter Tonnen mit eiſernen Zacken eingeſchlagen, die man auf der obern Flaͤche des Waſſers gewahr wird, und davor fliehet. Hamburg zeigt ſich in ſeiner ganzen Groͤſſe un- gemein ſchoͤn. Man faͤhrt in den Hafen hinein, wo groſſe und kleine Schiffe in Menge liegen **). Einige ſind ſehr ſchoͤn angeſtrichen, faſt alle ſind mit ihren Na- men gezeichnet, einige haben Portraits von Frauenzim- mern. Zwiſchen dieſen Schiffen ſteht ein Gebaͤude, die Schifferboͤrſe, da iſt die Wache von Hamburgiſchen Stadtſoldaten, und die Reiſenden muͤſſen, weil man auf dieſem Wege kein Thor paſſirt, hier gleich Namen, Be- dienung und Aufenthalt angeben ***). Man ſteigt bei dem *) Die Schiffer haben auf der Elbe groſſe Freiheiten. Eine Ohrfeige koſtet dem Paſſagier 10. Thaler. **) Wenn alle da ſind, ſo ſind es wohl uͤber 200. Sie bedecken die eine Seite der Stadt, da wo man auf dem Waſſer nicht weiter kommen kan, heißt die Ge- gend der Kehrwieder. Im Fruͤhjahr gehen wohl 60. Schiffe mit einmahl ab. Die Staatsjachten ſind un- vergleichlich. Sieht man uͤber den Hafen hin, ſo kan man durch die vielen Stangen, Maſten, Segel und Tauwerke nicht durchſehen, es iſt wie ein Wald. ***) Und hier beim Blockhauſe wird Nachts der Hafen mit ſtarken eiſernen Ketten, auf die man neben einan- der genagelte Balken legt, verſchloſſen.

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 655. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/693>, abgerufen am 25.11.2024.