schaftssekretär, mit dem der Kaiser schon oft so gespro- chen hatte, und der nach dem Tode Mar Ther. als Kurier an mehrere Höfe geschickt wurde, fand es freilich sehr unschicklich, daß ein gewisser deutscher Fürst, der ihm noch darzu für alle Arbeiten in seinen Assairen noch niemals etwas gegeben hatte, Er zu ihm sagte.
Wenn in Wien ehemals die Evangelischen Ge- sandten und Residenten für ihre Fürsten Lehn empfangen und schwören mußten, so verlangte man, sie sollten die katholische Eidesformel: bei Gott und allen Heiligen schwören. Daher stellten sie meist einen Katholicken an ihre Stelle für diesen Aktus. Der billigdenkende Kaiser hat das aufgehoben, der Protestant schwört: bei Gott dem Allmächtigen, und bei seinem heiligen Evangelium!
Die Hofkammerkapelle hier ist klein, und hat gar nichts besonders, ist auch blos zum Hausgottesdienst. Unter der verstorbenen Kaiserin wimmelte die Burg immer von Pfaffen aller Art, und in allen Farben, jetzt sind sie wegen der Anwesenheit des Pabsts wieder darin, aber sonst, wenn der Kaiser allein da ist, kan man wohl hundertmal durchgehen, man sieht keinen.
An jedem Hause in der Stadt steht zwar meistens über dem Eingang die Zahl des Hauses angezeichnet, aber nicht der Name der Gasse.
Weil in manchem Hause so viele Weine aufgehoben werden, so geht auch oft der Keller unter dem Hause bei- nahe eben so tief hinab, als das Haus hoch ist. Es sind verschiedene Stockwerke in den Kellern über einander. Man behauptet, daß die Oesterreichischen Weine, wenn sie recht alt geworden sind, so gut wären, als ein Rheinwein.
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ſchaftsſekretaͤr, mit dem der Kaiſer ſchon oft ſo geſpro- chen hatte, und der nach dem Tode Mar Ther. als Kurier an mehrere Hoͤfe geſchickt wurde, fand es freilich ſehr unſchicklich, daß ein gewiſſer deutſcher Fuͤrſt, der ihm noch darzu fuͤr alle Arbeiten in ſeinen Aſſairen noch niemals etwas gegeben hatte, Er zu ihm ſagte.
Wenn in Wien ehemals die Evangeliſchen Ge- ſandten und Reſidenten fuͤr ihre Fuͤrſten Lehn empfangen und ſchwoͤren mußten, ſo verlangte man, ſie ſollten die katholiſche Eidesformel: bei Gott und allen Heiligen ſchwoͤren. Daher ſtellten ſie meiſt einen Katholicken an ihre Stelle fuͤr dieſen Aktus. Der billigdenkende Kaiſer hat das aufgehoben, der Proteſtant ſchwoͤrt: bei Gott dem Allmaͤchtigen, und bei ſeinem heiligen Evangelium!
Die Hofkammerkapelle hier iſt klein, und hat gar nichts beſonders, iſt auch blos zum Hausgottesdienſt. Unter der verſtorbenen Kaiſerin wimmelte die Burg immer von Pfaffen aller Art, und in allen Farben, jetzt ſind ſie wegen der Anweſenheit des Pabſts wieder darin, aber ſonſt, wenn der Kaiſer allein da iſt, kan man wohl hundertmal durchgehen, man ſieht keinen.
An jedem Hauſe in der Stadt ſteht zwar meiſtens uͤber dem Eingang die Zahl des Hauſes angezeichnet, aber nicht der Name der Gaſſe.
Weil in manchem Hauſe ſo viele Weine aufgehoben werden, ſo geht auch oft der Keller unter dem Hauſe bei- nahe eben ſo tief hinab, als das Haus hoch iſt. Es ſind verſchiedene Stockwerke in den Kellern uͤber einander. Man behauptet, daß die Oeſterreichiſchen Weine, wenn ſie recht alt geworden ſind, ſo gut waͤren, als ein Rheinwein.
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ſchaftsſekretaͤr, mit dem der Kaiſer ſchon oft ſo geſpro-
chen hatte, und der nach dem Tode Mar Ther. als
Kurier an mehrere Hoͤfe geſchickt wurde, fand es freilich
ſehr unſchicklich, daß ein gewiſſer deutſcher Fuͤrſt, der
ihm noch darzu fuͤr alle Arbeiten in ſeinen Aſſairen noch
niemals etwas gegeben hatte, Er zu ihm ſagte.
Wenn in Wien ehemals die Evangeliſchen Ge-
ſandten und Reſidenten fuͤr ihre Fuͤrſten Lehn empfangen
und ſchwoͤren mußten, ſo verlangte man, ſie ſollten
die katholiſche Eidesformel: bei Gott und allen Heiligen
ſchwoͤren. Daher ſtellten ſie meiſt einen Katholicken an
ihre Stelle fuͤr dieſen Aktus. Der billigdenkende Kaiſer
hat das aufgehoben, der Proteſtant ſchwoͤrt: bei Gott
dem Allmaͤchtigen, und bei ſeinem heiligen Evangelium!
Die Hofkammerkapelle hier iſt klein, und hat gar
nichts beſonders, iſt auch blos zum Hausgottesdienſt.
Unter der verſtorbenen Kaiſerin wimmelte die Burg
immer von Pfaffen aller Art, und in allen Farben, jetzt
ſind ſie wegen der Anweſenheit des Pabſts wieder darin,
aber ſonſt, wenn der Kaiſer allein da iſt, kan man wohl
hundertmal durchgehen, man ſieht keinen.
An jedem Hauſe in der Stadt ſteht zwar meiſtens
uͤber dem Eingang die Zahl des Hauſes angezeichnet,
aber nicht der Name der Gaſſe.
Weil in manchem Hauſe ſo viele Weine aufgehoben
werden, ſo geht auch oft der Keller unter dem Hauſe bei-
nahe eben ſo tief hinab, als das Haus hoch iſt. Es ſind
verſchiedene Stockwerke in den Kellern uͤber einander.
Man behauptet, daß die Oeſterreichiſchen Weine,
wenn ſie recht alt geworden ſind, ſo gut waͤren, als ein
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/521>, abgerufen am 24.11.2024.
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