mee, die mit der Volksmenge der Staaten in keinem Verhältnis stehen, und über 300,000. Mann stark seyn soll. In Ungarn macht Er sich so souverain als möglich. Ohne neue Auflagen könnte keiner, der nur halb Depensen liebte, das alles bestreiten. Wirklich be- schäftigt den Kaiser nichts so sehr, als Soldaten, und Oekonomie zur Tilgung der Schulden von den vorigen Kriegen.
Es sind Fürsten hier, die 150-200. Pferde halten, eigene Stuttereien auf ihren Gütern haben. Wer nur halb von Stande ist, hält Wagen und Pferde. Fiakres sind etwa 500. hier; ferner sind gewiß immer mehr als 1000. Pfer- de hier von Roßhändlern zum Verkauf vorräthig.
Der Erste Staatsminister Fürst von Kaunitz soll kaum 24000. Gulden Besoldung haben mit Inbegrif der Tafelgelder; weil er viel traktiren muß.
Als der Pabst den Kaiser auf seinem Zimmer be- suchte, nöthigte der Monarch die italiänischen Haus- prälaten, die sich sonst in Gegenwart des Pabsts nie- mals setzen dürfen *), zu sitzen. Ein anderesmahl eben so den Leibarzt des Pabsts. Der Pabst meinte, er sollte ihn auch wegen seiner Augen konsultiren, der Kai- ser aber gab ganz kurz zur Antwort: "Er habe seine "Leute".
Die verstorbene Kaiserin sagte zum ersten Staats- minister: Er. Der jetzige Kaiser redet alle seine Räthe, und alle Nichtunterthanen mit Sie an. Ein Gesand-
schafts-
*) Der Pabst wird immer auf ganz oder halbgebogenen Knien bedient. Wer ihm nur ein Glas Wasser bringt, wirft sich dreimahl nieder.
mee, die mit der Volksmenge der Staaten in keinem Verhaͤltnis ſtehen, und uͤber 300,000. Mann ſtark ſeyn ſoll. In Ungarn macht Er ſich ſo ſouverain als moͤglich. Ohne neue Auflagen koͤnnte keiner, der nur halb Depenſen liebte, das alles beſtreiten. Wirklich be- ſchaͤftigt den Kaiſer nichts ſo ſehr, als Soldaten, und Oekonomie zur Tilgung der Schulden von den vorigen Kriegen.
Es ſind Fuͤrſten hier, die 150-200. Pferde halten, eigene Stuttereien auf ihren Guͤtern haben. Wer nur halb von Stande iſt, haͤlt Wagen und Pferde. Fiakres ſind etwa 500. hier; ferner ſind gewiß immer mehr als 1000. Pfer- de hier von Roßhaͤndlern zum Verkauf vorraͤthig.
Der Erſte Staatsminiſter Fuͤrſt von Kaunitz ſoll kaum 24000. Gulden Beſoldung haben mit Inbegrif der Tafelgelder; weil er viel traktiren muß.
Als der Pabſt den Kaiſer auf ſeinem Zimmer be- ſuchte, noͤthigte der Monarch die italiaͤniſchen Haus- praͤlaten, die ſich ſonſt in Gegenwart des Pabſts nie- mals ſetzen duͤrfen *), zu ſitzen. Ein anderesmahl eben ſo den Leibarzt des Pabſts. Der Pabſt meinte, er ſollte ihn auch wegen ſeiner Augen konſultiren, der Kai- ſer aber gab ganz kurz zur Antwort: „Er habe ſeine „Leute“.
Die verſtorbene Kaiſerin ſagte zum erſten Staats- miniſter: Er. Der jetzige Kaiſer redet alle ſeine Raͤthe, und alle Nichtunterthanen mit Sie an. Ein Geſand-
ſchafts-
*) Der Pabſt wird immer auf ganz oder halbgebogenen Knien bedient. Wer ihm nur ein Glas Waſſer bringt, wirft ſich dreimahl nieder.
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mee, die mit der Volksmenge der Staaten in keinem
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moͤglich. Ohne neue Auflagen koͤnnte keiner, der nur
halb Depenſen liebte, das alles beſtreiten. Wirklich be-
ſchaͤftigt den Kaiſer nichts ſo ſehr, als Soldaten, und
Oekonomie zur Tilgung der Schulden von den vorigen
Kriegen.
Es ſind Fuͤrſten hier, die 150-200. Pferde halten,
eigene Stuttereien auf ihren Guͤtern haben. Wer nur halb
von Stande iſt, haͤlt Wagen und Pferde. Fiakres ſind etwa
500. hier; ferner ſind gewiß immer mehr als 1000. Pfer-
de hier von Roßhaͤndlern zum Verkauf vorraͤthig.
Der Erſte Staatsminiſter Fuͤrſt von Kaunitz ſoll
kaum 24000. Gulden Beſoldung haben mit Inbegrif der
Tafelgelder; weil er viel traktiren muß.
Als der Pabſt den Kaiſer auf ſeinem Zimmer be-
ſuchte, noͤthigte der Monarch die italiaͤniſchen Haus-
praͤlaten, die ſich ſonſt in Gegenwart des Pabſts nie-
mals ſetzen duͤrfen *), zu ſitzen. Ein anderesmahl eben
ſo den Leibarzt des Pabſts. Der Pabſt meinte, er
ſollte ihn auch wegen ſeiner Augen konſultiren, der Kai-
ſer aber gab ganz kurz zur Antwort: „Er habe ſeine
„Leute“.
Die verſtorbene Kaiſerin ſagte zum erſten Staats-
miniſter: Er. Der jetzige Kaiſer redet alle ſeine Raͤthe,
und alle Nichtunterthanen mit Sie an. Ein Geſand-
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*) Der Pabſt wird immer auf ganz oder halbgebogenen
Knien bedient. Wer ihm nur ein Glas Waſſer bringt,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/520>, abgerufen am 28.11.2024.
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