te, und also noch kein helles Wasser herabkommen wollte. Zwar, wenn ich auch durch die Ungewitter der Natur ge- zwungen worden wäre, von der Gnade des Fürsten noch länger Gebrauch zu machen, wäre es dann nicht ein lehr- reicher Aufenthalt für mich gewesen?
Indessen behauptet man doch, daß sieberhafte Leute hier wieder gesund werden. Trägt etwa die reine Luft und das gesunde, starke, eindringende Wasser etwas da- zu bei?
Für viele Menschen wäre wohl in St. Blasien nichts beschwerlicher, als der Mangel an körperlicher Be- wegung durch langsames Spaziergehen. Man muß auf dies Vergnügen Verzicht thun, sobald man in dieser Tie- fe ist. Wenn auch die Witterung günstig ist, so muß man auf allen Seiten Berge besteigen. Die ebnen We- ge in der Tiefe bedeuten nichts, und hören nach wenigen Schritten auf. Indessen kan man in den langen Gän- gen des Gebäudes selber sich die Füsse müde laufen.
Im Garten, der aber klein ist, weil die rauhe Na- tur hier nicht viel zarte Gartengewächse pflegen und erzie- hen kan, ist an einer Grotte eine artige Wasserkunst, ein verstecktes Springwerk angebracht. Man kan es, ohne daß es der Fremde bemerkt, anlassen, leiten und lenken, wie man will. Darneben ist auch ein kleines Sommer- haus, das an der Alp eine angenehme Lage hat, und hin- ter sich und vor sich so viel Aussicht, als man in St. Blasien erwarten darf.
Gemeiniglich trägt der Fürst nur ein blosses goldenes Kreuz von mittelmässiger Grösse auf der Brust. Er wies mir aber, als ich darum bat, zwei andre Pektora-
lien,
te, und alſo noch kein helles Waſſer herabkommen wollte. Zwar, wenn ich auch durch die Ungewitter der Natur ge- zwungen worden waͤre, von der Gnade des Fuͤrſten noch laͤnger Gebrauch zu machen, waͤre es dann nicht ein lehr- reicher Aufenthalt fuͤr mich geweſen?
Indeſſen behauptet man doch, daß ſieberhafte Leute hier wieder geſund werden. Traͤgt etwa die reine Luft und das geſunde, ſtarke, eindringende Waſſer etwas da- zu bei?
Fuͤr viele Menſchen waͤre wohl in St. Blaſien nichts beſchwerlicher, als der Mangel an koͤrperlicher Be- wegung durch langſames Spaziergehen. Man muß auf dies Vergnuͤgen Verzicht thun, ſobald man in dieſer Tie- fe iſt. Wenn auch die Witterung guͤnſtig iſt, ſo muß man auf allen Seiten Berge beſteigen. Die ebnen We- ge in der Tiefe bedeuten nichts, und hoͤren nach wenigen Schritten auf. Indeſſen kan man in den langen Gaͤn- gen des Gebaͤudes ſelber ſich die Fuͤſſe muͤde laufen.
Im Garten, der aber klein iſt, weil die rauhe Na- tur hier nicht viel zarte Gartengewaͤchſe pflegen und erzie- hen kan, iſt an einer Grotte eine artige Waſſerkunſt, ein verſtecktes Springwerk angebracht. Man kan es, ohne daß es der Fremde bemerkt, anlaſſen, leiten und lenken, wie man will. Darneben iſt auch ein kleines Sommer- haus, das an der Alp eine angenehme Lage hat, und hin- ter ſich und vor ſich ſo viel Ausſicht, als man in St. Blaſien erwarten darf.
Gemeiniglich traͤgt der Fuͤrſt nur ein bloſſes goldenes Kreuz von mittelmaͤſſiger Groͤſſe auf der Bruſt. Er wies mir aber, als ich darum bat, zwei andre Pektora-
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te, und alſo noch kein helles Waſſer herabkommen wollte.
Zwar, wenn ich auch durch die Ungewitter der Natur ge-
zwungen worden waͤre, von der Gnade des Fuͤrſten noch
laͤnger Gebrauch zu machen, waͤre es dann nicht ein lehr-
reicher Aufenthalt fuͤr mich geweſen?
Indeſſen behauptet man doch, daß ſieberhafte Leute
hier wieder geſund werden. Traͤgt etwa die reine Luft
und das geſunde, ſtarke, eindringende Waſſer etwas da-
zu bei?
Fuͤr viele Menſchen waͤre wohl in St. Blaſien
nichts beſchwerlicher, als der Mangel an koͤrperlicher Be-
wegung durch langſames Spaziergehen. Man muß auf
dies Vergnuͤgen Verzicht thun, ſobald man in dieſer Tie-
fe iſt. Wenn auch die Witterung guͤnſtig iſt, ſo muß
man auf allen Seiten Berge beſteigen. Die ebnen We-
ge in der Tiefe bedeuten nichts, und hoͤren nach wenigen
Schritten auf. Indeſſen kan man in den langen Gaͤn-
gen des Gebaͤudes ſelber ſich die Fuͤſſe muͤde laufen.
Im Garten, der aber klein iſt, weil die rauhe Na-
tur hier nicht viel zarte Gartengewaͤchſe pflegen und erzie-
hen kan, iſt an einer Grotte eine artige Waſſerkunſt, ein
verſtecktes Springwerk angebracht. Man kan es, ohne
daß es der Fremde bemerkt, anlaſſen, leiten und lenken,
wie man will. Darneben iſt auch ein kleines Sommer-
haus, das an der Alp eine angenehme Lage hat, und hin-
ter ſich und vor ſich ſo viel Ausſicht, als man in St.
Blaſien erwarten darf.
Gemeiniglich traͤgt der Fuͤrſt nur ein bloſſes goldenes
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/437>, abgerufen am 22.11.2024.
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