Die Religion hat hier ihre inbrünstige Verehrer, aber die Wissenschaften haben auch ihre Pfleger und Freunde. Der Fleis des Benediktinerordens hat hier auf dem Schwarzwalde innerhalb den Mauern dieses Stifts seinen Sitz aufgeschlagen, und wetteifert mit den Genos- sen des Ordens jenseits des Rheins und jenseits der Al- pen. Das grosse und vortrefliche Muster, das alle im- mer am Vorsteher dieser Gesellschaft erblicken, wirkt Nach- eiferung bei allen, beschämt den Trägen, ermuntert den Schläfrigen, und spornt den edlen Fleis noch mehr an. Hier wäre Faulheit Schande. Die heiligen Uebungen, welche die Regul vorschreibt, werden ohne Ausnahme, zu allen Zeiten, bei Tage und in der Nacht, befolgt. Aber auch die übrige Zeit wird ausgefüllt, und je weniger die Unfreundlichkeit des Klima, die Strenge der Witterung, und die unangenehme Lage des Stifts andre Ergötzungen oder Zerstreuungen erlauben, desto mehr schränkt sich der Fleis der Religiosen in St. Blasien, nach dem Exem- pel ihres würdigen und weisen Vorgängers, auf Bücher, Urkunden, Sammlungen, Handschriften, Denkmäler der alten Geschichte, Naturalien, Münzen und Land- karten ein. Der erleuchtete Fürst prüft ihre Fähigkeiten, und theilt die Geschäfte ab. Jeder hat sein Tagewerk und seine Bestimmung. Einige werden wenigstens da- mit beschäftiget, daß sie die gelehrten Werke ihres Vor- gesetzten abschreiben, den Druck besorgen, und die Bogen durchsehen. Man schickt deswegen von vielen Oertern dem Fürsten immer junge Leute zu, damit sie unter seinen Augen gebildet werden, an allen seinen löblichen und nütz- lichen Einrichtungen, die gewis das Wohl der Kirche, der Staaten, und der Menschheit zum Zweck haben, Theil nehmen, und an Ihm selber die wahre Würde des
Gottes-
Die Religion hat hier ihre inbruͤnſtige Verehrer, aber die Wiſſenſchaften haben auch ihre Pfleger und Freunde. Der Fleis des Benediktinerordens hat hier auf dem Schwarzwalde innerhalb den Mauern dieſes Stifts ſeinen Sitz aufgeſchlagen, und wetteifert mit den Genoſ- ſen des Ordens jenſeits des Rheins und jenſeits der Al- pen. Das groſſe und vortrefliche Muſter, das alle im- mer am Vorſteher dieſer Geſellſchaft erblicken, wirkt Nach- eiferung bei allen, beſchaͤmt den Traͤgen, ermuntert den Schlaͤfrigen, und ſpornt den edlen Fleis noch mehr an. Hier waͤre Faulheit Schande. Die heiligen Uebungen, welche die Regul vorſchreibt, werden ohne Ausnahme, zu allen Zeiten, bei Tage und in der Nacht, befolgt. Aber auch die uͤbrige Zeit wird ausgefuͤllt, und je weniger die Unfreundlichkeit des Klima, die Strenge der Witterung, und die unangenehme Lage des Stifts andre Ergoͤtzungen oder Zerſtreuungen erlauben, deſto mehr ſchraͤnkt ſich der Fleis der Religioſen in St. Blaſien, nach dem Exem- pel ihres wuͤrdigen und weiſen Vorgaͤngers, auf Buͤcher, Urkunden, Sammlungen, Handſchriften, Denkmaͤler der alten Geſchichte, Naturalien, Muͤnzen und Land- karten ein. Der erleuchtete Fuͤrſt pruͤft ihre Faͤhigkeiten, und theilt die Geſchaͤfte ab. Jeder hat ſein Tagewerk und ſeine Beſtimmung. Einige werden wenigſtens da- mit beſchaͤftiget, daß ſie die gelehrten Werke ihres Vor- geſetzten abſchreiben, den Druck beſorgen, und die Bogen durchſehen. Man ſchickt deswegen von vielen Oertern dem Fuͤrſten immer junge Leute zu, damit ſie unter ſeinen Augen gebildet werden, an allen ſeinen loͤblichen und nuͤtz- lichen Einrichtungen, die gewis das Wohl der Kirche, der Staaten, und der Menſchheit zum Zweck haben, Theil nehmen, und an Ihm ſelber die wahre Wuͤrde des
Gottes-
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Die Religion hat hier ihre inbruͤnſtige Verehrer, aber
die Wiſſenſchaften haben auch ihre Pfleger und Freunde.
Der Fleis des Benediktinerordens hat hier auf dem
Schwarzwalde innerhalb den Mauern dieſes Stifts
ſeinen Sitz aufgeſchlagen, und wetteifert mit den Genoſ-
ſen des Ordens jenſeits des Rheins und jenſeits der Al-
pen. Das groſſe und vortrefliche Muſter, das alle im-
mer am Vorſteher dieſer Geſellſchaft erblicken, wirkt Nach-
eiferung bei allen, beſchaͤmt den Traͤgen, ermuntert den
Schlaͤfrigen, und ſpornt den edlen Fleis noch mehr an.
Hier waͤre Faulheit Schande. Die heiligen Uebungen,
welche die Regul vorſchreibt, werden ohne Ausnahme, zu
allen Zeiten, bei Tage und in der Nacht, befolgt. Aber
auch die uͤbrige Zeit wird ausgefuͤllt, und je weniger die
Unfreundlichkeit des Klima, die Strenge der Witterung,
und die unangenehme Lage des Stifts andre Ergoͤtzungen
oder Zerſtreuungen erlauben, deſto mehr ſchraͤnkt ſich der
Fleis der Religioſen in St. Blaſien, nach dem Exem-
pel ihres wuͤrdigen und weiſen Vorgaͤngers, auf Buͤcher,
Urkunden, Sammlungen, Handſchriften, Denkmaͤler
der alten Geſchichte, Naturalien, Muͤnzen und Land-
karten ein. Der erleuchtete Fuͤrſt pruͤft ihre Faͤhigkeiten,
und theilt die Geſchaͤfte ab. Jeder hat ſein Tagewerk
und ſeine Beſtimmung. Einige werden wenigſtens da-
mit beſchaͤftiget, daß ſie die gelehrten Werke ihres Vor-
geſetzten abſchreiben, den Druck beſorgen, und die Bogen
durchſehen. Man ſchickt deswegen von vielen Oertern
dem Fuͤrſten immer junge Leute zu, damit ſie unter ſeinen
Augen gebildet werden, an allen ſeinen loͤblichen und nuͤtz-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/432>, abgerufen am 22.11.2024.
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