16. Kreuzer. Das ist einer von den Landweinen, die Sr. Majestät der Kaiser bei Ihrer Durchreise durch das Land, allen fremden Weinen vom Rhein, von der Mosel, aus Ungarn etc. vorzogen, und so lange Sie im Lande waren, mit grossem Beifall beehrten.
In Grozingen trieb man am Abend eine Heerde von 300. Schaafen ein, die lauter Einschürige waren. Der Ort ist Oesterreichisch und hat auch einige blaue Wollen-Manufakturen. Ich fand da, daß die Mäuse auch stark an den getrockneten Stockfischen fressen, die von den Katholicken in Kellern gehalten werden. Im- mer waren jetzt die blauen Gipfel der Berge auf der lin- ken Seite mit Wolken bedeckt. Sieht man das, so kan man mit optischer Wahrheit sagen: Die Wolken ruhen auf den Gebürgen. Regen und Sonnenschein wechseln auch hier oft in Einem Tage gar vielmahl ab, und Frei- burg ist ohnehin die bekannte Wetterscheide im Breis- gau. Die meisten Vögel waren nun (den 19. Sept.) schon vom platten Lande weg. Noch vor drei Tagen war das Vieh gewaltig von Insekten geplagt, weil aber ge- stern in diesen Gegenden ein starkes Donnerwetter ausge- brochen, so waren die meisten Insekten ebenfalls weg, und die Luft war abgekühlt; am frühen Morgen, als ich die Reise fortsetzen wollte, war die Kälte schon merklich. Weil auch das Laub in den Wäldern schon sehr gelb und roth war, so weissageten die Bauern alle frühe Kälte. Aber sie betrogen sich doch. Denn, bis jetzt in der Mitte des Novembers, da ich dies schreibe, haben wir keinen Winter, sondern die gewöhnliche Nebel, dicke Lust und die regnerische Jahrszeit gehabt, wodurch der November bei uns insgemein eben so unangenehm als ungesund wird.
Einmahl
16. Kreuzer. Das iſt einer von den Landweinen, die Sr. Majeſtaͤt der Kaiſer bei Ihrer Durchreiſe durch das Land, allen fremden Weinen vom Rhein, von der Moſel, aus Ungarn ꝛc. vorzogen, und ſo lange Sie im Lande waren, mit groſſem Beifall beehrten.
In Grozingen trieb man am Abend eine Heerde von 300. Schaafen ein, die lauter Einſchuͤrige waren. Der Ort iſt Oeſterreichiſch und hat auch einige blaue Wollen-Manufakturen. Ich fand da, daß die Maͤuſe auch ſtark an den getrockneten Stockfiſchen freſſen, die von den Katholicken in Kellern gehalten werden. Im- mer waren jetzt die blauen Gipfel der Berge auf der lin- ken Seite mit Wolken bedeckt. Sieht man das, ſo kan man mit optiſcher Wahrheit ſagen: Die Wolken ruhen auf den Gebuͤrgen. Regen und Sonnenſchein wechſeln auch hier oft in Einem Tage gar vielmahl ab, und Frei- burg iſt ohnehin die bekannte Wetterſcheide im Breis- gau. Die meiſten Voͤgel waren nun (den 19. Sept.) ſchon vom platten Lande weg. Noch vor drei Tagen war das Vieh gewaltig von Inſekten geplagt, weil aber ge- ſtern in dieſen Gegenden ein ſtarkes Donnerwetter ausge- brochen, ſo waren die meiſten Inſekten ebenfalls weg, und die Luft war abgekuͤhlt; am fruͤhen Morgen, als ich die Reiſe fortſetzen wollte, war die Kaͤlte ſchon merklich. Weil auch das Laub in den Waͤldern ſchon ſehr gelb und roth war, ſo weiſſageten die Bauern alle fruͤhe Kaͤlte. Aber ſie betrogen ſich doch. Denn, bis jetzt in der Mitte des Novembers, da ich dies ſchreibe, haben wir keinen Winter, ſondern die gewoͤhnliche Nebel, dicke Luſt und die regneriſche Jahrszeit gehabt, wodurch der November bei uns insgemein eben ſo unangenehm als ungeſund wird.
Einmahl
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16. Kreuzer. Das iſt einer von den Landweinen, die
Sr. Majeſtaͤt der Kaiſer bei Ihrer Durchreiſe durch das
Land, allen fremden Weinen vom Rhein, von der Moſel,
aus Ungarn ꝛc. vorzogen, und ſo lange Sie im Lande
waren, mit groſſem Beifall beehrten.
In Grozingen trieb man am Abend eine Heerde
von 300. Schaafen ein, die lauter Einſchuͤrige waren.
Der Ort iſt Oeſterreichiſch und hat auch einige blaue
Wollen-Manufakturen. Ich fand da, daß die Maͤuſe
auch ſtark an den getrockneten Stockfiſchen freſſen, die
von den Katholicken in Kellern gehalten werden. Im-
mer waren jetzt die blauen Gipfel der Berge auf der lin-
ken Seite mit Wolken bedeckt. Sieht man das, ſo kan
man mit optiſcher Wahrheit ſagen: Die Wolken ruhen
auf den Gebuͤrgen. Regen und Sonnenſchein wechſeln
auch hier oft in Einem Tage gar vielmahl ab, und Frei-
burg iſt ohnehin die bekannte Wetterſcheide im Breis-
gau. Die meiſten Voͤgel waren nun (den 19. Sept.)
ſchon vom platten Lande weg. Noch vor drei Tagen war
das Vieh gewaltig von Inſekten geplagt, weil aber ge-
ſtern in dieſen Gegenden ein ſtarkes Donnerwetter ausge-
brochen, ſo waren die meiſten Inſekten ebenfalls weg,
und die Luft war abgekuͤhlt; am fruͤhen Morgen, als ich
die Reiſe fortſetzen wollte, war die Kaͤlte ſchon merklich.
Weil auch das Laub in den Waͤldern ſchon ſehr gelb und
roth war, ſo weiſſageten die Bauern alle fruͤhe Kaͤlte.
Aber ſie betrogen ſich doch. Denn, bis jetzt in der Mitte
des Novembers, da ich dies ſchreibe, haben wir keinen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/408>, abgerufen am 22.11.2024.
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