sprungenen, an halben oder Viertels-Granaten. Man läßt sie auch nur an den schlechtesten die Probe machen. Die kleinste Zahl der Seiten oder Facetten ist sechs. Man schleift 12, 16, aufs höchste 32. Seiten daran. Ein geschickter Arbeiter schleift in einem Tage 1000. Granaten, auch 1100, je nachdem mehr oder weniger Facetten dar- an seyn sollen. Dafür ist sein Tagelohn nur 18. Kreu- zer. Bei diesem Schleifen springen viele Granaten ent- zwei, oft vom Hundert 28. bis 30. Stücke. Wenn sie geschliffen sind, werden sie gleich von Weibsleuten, die auch in der Schleife sitzen, mit Trippel auf einer runden Scheibe polirt, und alsdann sieht man erst das Feuer, womit sie spielen, und den herrlichen Glanz, den sie von sich werfen. Die Meister der Schleifer fassen sie auf, Taufendweise an Fäden von türkischem Garn. Wer im Ort ein Taufend kauft, dem werden sie noch auf Seiden- fäden aufgezogen. Auch für 5. Gulden kan man ein ar- tig geschliffenes Tausend haben, aber auch Tausend für 6, 8. und mehrere Louisd'or. Von Waldkirch und Freiburg gehen sie in die ganze Welt. Man bestellt insgemein, wann, wie viel, wie gros, und wie geschlif- fen man sie haben will. Nach Italien, Frankreich, und nach der Türkei gehen gar viele. Auch haben die Fabriken guten Absatz auf der Frankfurter und Zur- zacher Messe. Ein Mann hat selten eine Schleife al- lein, oft haben ganze Familien an Einer Theil. Daß der Absatz seit ungefähr zehn Jahren sehr abgenommen hat, darüber klagen die Meister nicht sowohl die Mode, als vielmehr die wälschen Faktore in Freiburg an, und sagen ihnen nach, daß sie öfters Bestellungen abweisen, oder zurückhalten, um die Granaten immer in einem nie- drigen Preise zu erhalten. Ehemals mußten alle Arbei-
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ſprungenen, an halben oder Viertels-Granaten. Man laͤßt ſie auch nur an den ſchlechteſten die Probe machen. Die kleinſte Zahl der Seiten oder Facetten iſt ſechs. Man ſchleift 12, 16, aufs hoͤchſte 32. Seiten daran. Ein geſchickter Arbeiter ſchleift in einem Tage 1000. Granaten, auch 1100, je nachdem mehr oder weniger Facetten dar- an ſeyn ſollen. Dafuͤr iſt ſein Tagelohn nur 18. Kreu- zer. Bei dieſem Schleifen ſpringen viele Granaten ent- zwei, oft vom Hundert 28. bis 30. Stuͤcke. Wenn ſie geſchliffen ſind, werden ſie gleich von Weibsleuten, die auch in der Schleife ſitzen, mit Trippel auf einer runden Scheibe polirt, und alsdann ſieht man erſt das Feuer, womit ſie ſpielen, und den herrlichen Glanz, den ſie von ſich werfen. Die Meiſter der Schleifer faſſen ſie auf, Taufendweiſe an Faͤden von tuͤrkiſchem Garn. Wer im Ort ein Taufend kauft, dem werden ſie noch auf Seiden- faͤden aufgezogen. Auch fuͤr 5. Gulden kan man ein ar- tig geſchliffenes Tauſend haben, aber auch Tauſend fuͤr 6, 8. und mehrere Louisd’or. Von Waldkirch und Freiburg gehen ſie in die ganze Welt. Man beſtellt insgemein, wann, wie viel, wie gros, und wie geſchlif- fen man ſie haben will. Nach Italien, Frankreich, und nach der Tuͤrkei gehen gar viele. Auch haben die Fabriken guten Abſatz auf der Frankfurter und Zur- zacher Meſſe. Ein Mann hat ſelten eine Schleife al- lein, oft haben ganze Familien an Einer Theil. Daß der Abſatz ſeit ungefaͤhr zehn Jahren ſehr abgenommen hat, daruͤber klagen die Meiſter nicht ſowohl die Mode, als vielmehr die waͤlſchen Faktore in Freiburg an, und ſagen ihnen nach, daß ſie oͤfters Beſtellungen abweiſen, oder zuruͤckhalten, um die Granaten immer in einem nie- drigen Preiſe zu erhalten. Ehemals mußten alle Arbei-
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ſprungenen, an halben oder Viertels-Granaten. Man
laͤßt ſie auch nur an den ſchlechteſten die Probe machen.
Die kleinſte Zahl der Seiten oder Facetten iſt ſechs. Man
ſchleift 12, 16, aufs hoͤchſte 32. Seiten daran. Ein
geſchickter Arbeiter ſchleift in einem Tage 1000. Granaten,
auch 1100, je nachdem mehr oder weniger Facetten dar-
an ſeyn ſollen. Dafuͤr iſt ſein Tagelohn nur 18. Kreu-
zer. Bei dieſem Schleifen ſpringen viele Granaten ent-
zwei, oft vom Hundert 28. bis 30. Stuͤcke. Wenn ſie
geſchliffen ſind, werden ſie gleich von Weibsleuten, die
auch in der Schleife ſitzen, mit Trippel auf einer runden
Scheibe polirt, und alsdann ſieht man erſt das Feuer,
womit ſie ſpielen, und den herrlichen Glanz, den ſie von
ſich werfen. Die Meiſter der Schleifer faſſen ſie auf,
Taufendweiſe an Faͤden von tuͤrkiſchem Garn. Wer im
Ort ein Taufend kauft, dem werden ſie noch auf Seiden-
faͤden aufgezogen. Auch fuͤr 5. Gulden kan man ein ar-
tig geſchliffenes Tauſend haben, aber auch Tauſend fuͤr
6, 8. und mehrere Louisd’or. Von Waldkirch und
Freiburg gehen ſie in die ganze Welt. Man beſtellt
insgemein, wann, wie viel, wie gros, und wie geſchlif-
fen man ſie haben will. Nach Italien, Frankreich,
und nach der Tuͤrkei gehen gar viele. Auch haben die
Fabriken guten Abſatz auf der Frankfurter und Zur-
zacher Meſſe. Ein Mann hat ſelten eine Schleife al-
lein, oft haben ganze Familien an Einer Theil. Daß
der Abſatz ſeit ungefaͤhr zehn Jahren ſehr abgenommen
hat, daruͤber klagen die Meiſter nicht ſowohl die Mode,
als vielmehr die waͤlſchen Faktore in Freiburg an, und
ſagen ihnen nach, daß ſie oͤfters Beſtellungen abweiſen,
oder zuruͤckhalten, um die Granaten immer in einem nie-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/405>, abgerufen am 22.11.2024.
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