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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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werden, je nachdem sie gros oder klein sind. Weil man
durchaus Diamanten zum An- und Durchbohren der
Granaten haben muß, so ist dies eine viel kostbarere Ar-
beit, als das Schleifen. Der Karat von den dazu übli-
chen Diamanten gilt zwei Reichsgulden. Ein guter Dia-
mant kan in der Hand eines vernünftigen Arbeiters ein
Jahr dauren, manche springen aber entzwei, wenn man
sie kaum ein Vierteljahr gebraucht hat.

Die gebohrten Granaten werden geschliffen, damit
sie die Seiten, Flächen, Facetten, kurz die Abtheilun-
gen, die Spiegel und den Glanz bekommen, den sie ha-
ben sollen. Dazu sind vor den Thoren der Stadt, weil
man dabei dem Wasser nahe seyn muß, viele kleine nie-
drige Häuser erbaut, und in jedem ist eine Schleifmühle.
Ein Wasserrad mit Schaufeln, das von der Elz getrie-
ben wird, treibt eine Daumwelle; an diesen Baum sind
4. grosse rothe Sandsteine befestigt, mit der Daumwelle
müssen auch diese herumlaufen; vor den Sandsteinen liegt
der Arbeiter, nicht ganz auf dem Boden, wie beim
Achatschleifen im Sponheimischen, sondern mit der
Brust liegt er erheben auf einer Art von hohlen, ausge-
schnittenen Stuhl. Indem der Sandstein herumgetrie-
ben wird, läuft aus einem Kanal auch immer etwas
Wasser auf den Stein. Nun nimmt der Arbeiter einen
hölzernen Stiel in die Hand, der etwas länger ist als
eine Spanne, hinten dicker zum Anfassen, und vorne
zugespitzt. Dieser hölzerne Stiel, der blos deswegen
nöthig ist, weil die Granate zu klein ist, als daß man
sie mit der Hand fassen und schleifen könnte, (der Achat-
schleifer muß den Achakiesel selber in die Hand nehmen,)
ist hohl; der Arbeiter steckt durch diesen hölzernen Kanal

einen

werden, je nachdem ſie gros oder klein ſind. Weil man
durchaus Diamanten zum An- und Durchbohren der
Granaten haben muß, ſo iſt dies eine viel koſtbarere Ar-
beit, als das Schleifen. Der Karat von den dazu uͤbli-
chen Diamanten gilt zwei Reichsgulden. Ein guter Dia-
mant kan in der Hand eines vernuͤnftigen Arbeiters ein
Jahr dauren, manche ſpringen aber entzwei, wenn man
ſie kaum ein Vierteljahr gebraucht hat.

Die gebohrten Granaten werden geſchliffen, damit
ſie die Seiten, Flaͤchen, Facetten, kurz die Abtheilun-
gen, die Spiegel und den Glanz bekommen, den ſie ha-
ben ſollen. Dazu ſind vor den Thoren der Stadt, weil
man dabei dem Waſſer nahe ſeyn muß, viele kleine nie-
drige Haͤuſer erbaut, und in jedem iſt eine Schleifmuͤhle.
Ein Waſſerrad mit Schaufeln, das von der Elz getrie-
ben wird, treibt eine Daumwelle; an dieſen Baum ſind
4. groſſe rothe Sandſteine befeſtigt, mit der Daumwelle
muͤſſen auch dieſe herumlaufen; vor den Sandſteinen liegt
der Arbeiter, nicht ganz auf dem Boden, wie beim
Achatſchleifen im Sponheimiſchen, ſondern mit der
Bruſt liegt er erheben auf einer Art von hohlen, ausge-
ſchnittenen Stuhl. Indem der Sandſtein herumgetrie-
ben wird, laͤuft aus einem Kanal auch immer etwas
Waſſer auf den Stein. Nun nimmt der Arbeiter einen
hoͤlzernen Stiel in die Hand, der etwas laͤnger iſt als
eine Spanne, hinten dicker zum Anfaſſen, und vorne
zugeſpitzt. Dieſer hoͤlzerne Stiel, der blos deswegen
noͤthig iſt, weil die Granate zu klein iſt, als daß man
ſie mit der Hand faſſen und ſchleifen koͤnnte, (der Achat-
ſchleifer muß den Achakieſel ſelber in die Hand nehmen,)
iſt hohl; der Arbeiter ſteckt durch dieſen hoͤlzernen Kanal

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[365/0403] werden, je nachdem ſie gros oder klein ſind. Weil man durchaus Diamanten zum An- und Durchbohren der Granaten haben muß, ſo iſt dies eine viel koſtbarere Ar- beit, als das Schleifen. Der Karat von den dazu uͤbli- chen Diamanten gilt zwei Reichsgulden. Ein guter Dia- mant kan in der Hand eines vernuͤnftigen Arbeiters ein Jahr dauren, manche ſpringen aber entzwei, wenn man ſie kaum ein Vierteljahr gebraucht hat. Die gebohrten Granaten werden geſchliffen, damit ſie die Seiten, Flaͤchen, Facetten, kurz die Abtheilun- gen, die Spiegel und den Glanz bekommen, den ſie ha- ben ſollen. Dazu ſind vor den Thoren der Stadt, weil man dabei dem Waſſer nahe ſeyn muß, viele kleine nie- drige Haͤuſer erbaut, und in jedem iſt eine Schleifmuͤhle. Ein Waſſerrad mit Schaufeln, das von der Elz getrie- ben wird, treibt eine Daumwelle; an dieſen Baum ſind 4. groſſe rothe Sandſteine befeſtigt, mit der Daumwelle muͤſſen auch dieſe herumlaufen; vor den Sandſteinen liegt der Arbeiter, nicht ganz auf dem Boden, wie beim Achatſchleifen im Sponheimiſchen, ſondern mit der Bruſt liegt er erheben auf einer Art von hohlen, ausge- ſchnittenen Stuhl. Indem der Sandſtein herumgetrie- ben wird, laͤuft aus einem Kanal auch immer etwas Waſſer auf den Stein. Nun nimmt der Arbeiter einen hoͤlzernen Stiel in die Hand, der etwas laͤnger iſt als eine Spanne, hinten dicker zum Anfaſſen, und vorne zugeſpitzt. Dieſer hoͤlzerne Stiel, der blos deswegen noͤthig iſt, weil die Granate zu klein iſt, als daß man ſie mit der Hand faſſen und ſchleifen koͤnnte, (der Achat- ſchleifer muß den Achakieſel ſelber in die Hand nehmen,) iſt hohl; der Arbeiter ſteckt durch dieſen hoͤlzernen Kanal einen

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/403>, abgerufen am 02.05.2024.