Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

ab, und es fällt nicht schlecht aus. Jetzt läßt das
Domkapitel für den Thurm auf dem neuen Dom eine
Glocke giessen, die zwischen 120-130. Zentner schwer
seyn soll. Einige alte Glocken sollen mit eingeschmolzen
werden. Der Kern der Glocke ist aus gebrannten Stei-
nen gemauert. Daraus entsteht die innre Hölung, oder
die Weite, der Umfang der Glocke selber. Darüber
kommt ein sogenannter Mantel, oder Ueberzug von
Thon, der aber vollkommen austrocknen muß, ehe man
die Glocke giessen kan. Die Krone, welche die Glocke be-
kommen soll, ist von gelbem Wachs, ebenfalls mit ei-
nem Mantel von Thon. In diesen Thon wirft und
knetet man kleingestoßne Kohlen, daher sieht er schwarz
aus. Im Wachs sind die Namen und die Jahrzahlen,
welche die Glocke bekommen soll, eingeschnitten. Nun
muß nothwendig beim Uebergiessen der glühenden Ma-
terie das Wachs herausschmelzen, und dadurch wird der
Aufsatz so wie er seyn soll, nämlich hohl. Aber ein
Hauptumstand bei der ganzen Sache ist es, die Dicke
der Glocke zu bestimmen. Zu diesem Guß hat man
ein eigenes Haus und darin einen grossen Ofen in Speier
gebaut. Die Vorbereitungen darzu währen schon seit
Ostern, und man rechnet, daß man bereits 3000. Gul-
den aufgewendet habe. Der Ofen wird mit Holzkohlen
gefeuert. Der Artilleriehauptmann, Hr. Roth von
Maynz, hat die Aufsicht und die Besorgung über-
nommen.

Sehen Sie, Lieber, das ist das, was ich in Speier
gesehen und gehört habe. Vielleicht hätte ich noch mehr
erfahren, wenn mich nicht sehr wichtige Briefe, die ich

eben
X 3

ab, und es faͤllt nicht ſchlecht aus. Jetzt laͤßt das
Domkapitel fuͤr den Thurm auf dem neuen Dom eine
Glocke gieſſen, die zwiſchen 120-130. Zentner ſchwer
ſeyn ſoll. Einige alte Glocken ſollen mit eingeſchmolzen
werden. Der Kern der Glocke iſt aus gebrannten Stei-
nen gemauert. Daraus entſteht die innre Hoͤlung, oder
die Weite, der Umfang der Glocke ſelber. Daruͤber
kommt ein ſogenannter Mantel, oder Ueberzug von
Thon, der aber vollkommen austrocknen muß, ehe man
die Glocke gieſſen kan. Die Krone, welche die Glocke be-
kommen ſoll, iſt von gelbem Wachs, ebenfalls mit ei-
nem Mantel von Thon. In dieſen Thon wirft und
knetet man kleingeſtoßne Kohlen, daher ſieht er ſchwarz
aus. Im Wachs ſind die Namen und die Jahrzahlen,
welche die Glocke bekommen ſoll, eingeſchnitten. Nun
muß nothwendig beim Uebergieſſen der gluͤhenden Ma-
terie das Wachs herausſchmelzen, und dadurch wird der
Aufſatz ſo wie er ſeyn ſoll, naͤmlich hohl. Aber ein
Hauptumſtand bei der ganzen Sache iſt es, die Dicke
der Glocke zu beſtimmen. Zu dieſem Guß hat man
ein eigenes Haus und darin einen groſſen Ofen in Speier
gebaut. Die Vorbereitungen darzu waͤhren ſchon ſeit
Oſtern, und man rechnet, daß man bereits 3000. Gul-
den aufgewendet habe. Der Ofen wird mit Holzkohlen
gefeuert. Der Artilleriehauptmann, Hr. Roth von
Maynz, hat die Aufſicht und die Beſorgung uͤber-
nommen.

Sehen Sie, Lieber, das iſt das, was ich in Speier
geſehen und gehoͤrt habe. Vielleicht haͤtte ich noch mehr
erfahren, wenn mich nicht ſehr wichtige Briefe, die ich

eben
X 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0363" n="325"/>
ab, und es fa&#x0364;llt nicht &#x017F;chlecht aus. Jetzt la&#x0364;ßt das<lb/><hi rendition="#fr">Domkapitel</hi> fu&#x0364;r den Thurm auf dem neuen <hi rendition="#fr">Dom</hi> eine<lb/>
Glocke gie&#x017F;&#x017F;en, die zwi&#x017F;chen 120-130. Zentner &#x017F;chwer<lb/>
&#x017F;eyn &#x017F;oll. Einige alte Glocken &#x017F;ollen mit einge&#x017F;chmolzen<lb/>
werden. Der Kern der Glocke i&#x017F;t aus gebrannten Stei-<lb/>
nen gemauert. Daraus ent&#x017F;teht die innre Ho&#x0364;lung, oder<lb/>
die Weite, der Umfang der Glocke &#x017F;elber. Daru&#x0364;ber<lb/>
kommt ein &#x017F;ogenannter <hi rendition="#fr">Mantel,</hi> oder Ueberzug von<lb/>
Thon, der aber vollkommen austrocknen muß, ehe man<lb/>
die Glocke gie&#x017F;&#x017F;en kan. Die Krone, welche die Glocke be-<lb/>
kommen &#x017F;oll, i&#x017F;t von gelbem Wachs, ebenfalls mit ei-<lb/>
nem Mantel von Thon. In die&#x017F;en Thon wirft und<lb/>
knetet man kleinge&#x017F;toßne Kohlen, daher &#x017F;ieht er &#x017F;chwarz<lb/>
aus. Im Wachs &#x017F;ind die Namen und die Jahrzahlen,<lb/>
welche die Glocke bekommen &#x017F;oll, einge&#x017F;chnitten. Nun<lb/>
muß nothwendig beim Uebergie&#x017F;&#x017F;en der glu&#x0364;henden Ma-<lb/>
terie das Wachs heraus&#x017F;chmelzen, und dadurch wird der<lb/>
Auf&#x017F;atz &#x017F;o wie er &#x017F;eyn &#x017F;oll, na&#x0364;mlich hohl. Aber ein<lb/>
Hauptum&#x017F;tand bei der ganzen Sache i&#x017F;t es, die Dicke<lb/>
der Glocke zu be&#x017F;timmen. Zu die&#x017F;em Guß hat man<lb/>
ein eigenes Haus und darin einen gro&#x017F;&#x017F;en Ofen in <hi rendition="#fr">Speier</hi><lb/>
gebaut. Die Vorbereitungen darzu wa&#x0364;hren &#x017F;chon &#x017F;eit<lb/>
O&#x017F;tern, und man rechnet, daß man bereits 3000. Gul-<lb/>
den aufgewendet habe. Der Ofen wird mit Holzkohlen<lb/>
gefeuert. Der Artilleriehauptmann, Hr. <hi rendition="#fr">Roth</hi> von<lb/><hi rendition="#fr">Maynz,</hi> hat die Auf&#x017F;icht und die Be&#x017F;orgung u&#x0364;ber-<lb/>
nommen.</p><lb/>
          <p>Sehen Sie, Lieber, das i&#x017F;t das, was ich in <hi rendition="#fr">Speier</hi><lb/>
ge&#x017F;ehen und geho&#x0364;rt habe. Vielleicht ha&#x0364;tte ich noch mehr<lb/>
erfahren, wenn mich nicht &#x017F;ehr wichtige Briefe, die ich<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X 3</fw><fw place="bottom" type="catch">eben</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[325/0363] ab, und es faͤllt nicht ſchlecht aus. Jetzt laͤßt das Domkapitel fuͤr den Thurm auf dem neuen Dom eine Glocke gieſſen, die zwiſchen 120-130. Zentner ſchwer ſeyn ſoll. Einige alte Glocken ſollen mit eingeſchmolzen werden. Der Kern der Glocke iſt aus gebrannten Stei- nen gemauert. Daraus entſteht die innre Hoͤlung, oder die Weite, der Umfang der Glocke ſelber. Daruͤber kommt ein ſogenannter Mantel, oder Ueberzug von Thon, der aber vollkommen austrocknen muß, ehe man die Glocke gieſſen kan. Die Krone, welche die Glocke be- kommen ſoll, iſt von gelbem Wachs, ebenfalls mit ei- nem Mantel von Thon. In dieſen Thon wirft und knetet man kleingeſtoßne Kohlen, daher ſieht er ſchwarz aus. Im Wachs ſind die Namen und die Jahrzahlen, welche die Glocke bekommen ſoll, eingeſchnitten. Nun muß nothwendig beim Uebergieſſen der gluͤhenden Ma- terie das Wachs herausſchmelzen, und dadurch wird der Aufſatz ſo wie er ſeyn ſoll, naͤmlich hohl. Aber ein Hauptumſtand bei der ganzen Sache iſt es, die Dicke der Glocke zu beſtimmen. Zu dieſem Guß hat man ein eigenes Haus und darin einen groſſen Ofen in Speier gebaut. Die Vorbereitungen darzu waͤhren ſchon ſeit Oſtern, und man rechnet, daß man bereits 3000. Gul- den aufgewendet habe. Der Ofen wird mit Holzkohlen gefeuert. Der Artilleriehauptmann, Hr. Roth von Maynz, hat die Aufſicht und die Beſorgung uͤber- nommen. Sehen Sie, Lieber, das iſt das, was ich in Speier geſehen und gehoͤrt habe. Vielleicht haͤtte ich noch mehr erfahren, wenn mich nicht ſehr wichtige Briefe, die ich eben X 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/363
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/363>, abgerufen am 22.11.2024.