Als ich vor einigen Jahren aus Holland zurückkam, war ich zwar auch in Speier. Aber ich hielt mich nur wenige Stunden auf, und schon lange war es in meinem Plan, einmal eine eigene Reise dahin zu thun. Sie ist nun geschehen, und ich muß sagen, mit grossem Vergnügen. Lassen Sie mich Ihnen, mein Freund, erzählen, was ich da gesehen, gehört und erfahren habe.
Der nächste Weg von Carlsruhe nach Speier ist, über Graben, wo Postpferde gewechselt werden, nach Rheinhausen, wo man sich über den Rhein setzen läßt; alsdann hat man nur noch eine kleine Stunde bis zur Stadt. Rheinhausen ist ein kleines unbedeutendes Dörfchen, das in das Gebiet des Bischofs von Speier, der bekanntermassen in Bruchsal wohnt, gehört. Der Rhein wächst hier öfters in zwei Tagen so stark an, daß die Schiffer die kleinen hölzernen Brücken, wo man an- landet, schnell abbrechen, und an einen andern Ort setzen müssen. Dadurch wird der Fremde gar oft aufgehalten. Bei der Ueberfahrt selber bezahlt man alles nach einer von der Herrschaft bestimmten Taxe. Die Schiffer sind nur die Knechte der Obrigkeit. Sie müssen das Geld, das bestimmt ist, abliefern, und bekommen ihren Lohn.
Man
Luſtreiſe nach Speier am Rhein.
1781.
Als ich vor einigen Jahren aus Holland zuruͤckkam, war ich zwar auch in Speier. Aber ich hielt mich nur wenige Stunden auf, und ſchon lange war es in meinem Plan, einmal eine eigene Reiſe dahin zu thun. Sie iſt nun geſchehen, und ich muß ſagen, mit groſſem Vergnuͤgen. Laſſen Sie mich Ihnen, mein Freund, erzaͤhlen, was ich da geſehen, gehoͤrt und erfahren habe.
Der naͤchſte Weg von Carlsruhe nach Speier iſt, uͤber Graben, wo Poſtpferde gewechſelt werden, nach Rheinhauſen, wo man ſich uͤber den Rhein ſetzen laͤßt; alsdann hat man nur noch eine kleine Stunde bis zur Stadt. Rheinhauſen iſt ein kleines unbedeutendes Doͤrfchen, das in das Gebiet des Biſchofs von Speier, der bekanntermaſſen in Bruchſal wohnt, gehoͤrt. Der Rhein waͤchſt hier oͤfters in zwei Tagen ſo ſtark an, daß die Schiffer die kleinen hoͤlzernen Bruͤcken, wo man an- landet, ſchnell abbrechen, und an einen andern Ort ſetzen muͤſſen. Dadurch wird der Fremde gar oft aufgehalten. Bei der Ueberfahrt ſelber bezahlt man alles nach einer von der Herrſchaft beſtimmten Taxe. Die Schiffer ſind nur die Knechte der Obrigkeit. Sie muͤſſen das Geld, das beſtimmt iſt, abliefern, und bekommen ihren Lohn.
Man
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[[299]/0337]
Luſtreiſe
nach
Speier am Rhein.
1781.
Als ich vor einigen Jahren aus Holland zuruͤckkam,
war ich zwar auch in Speier. Aber ich hielt
mich nur wenige Stunden auf, und ſchon lange war es
in meinem Plan, einmal eine eigene Reiſe dahin zu thun.
Sie iſt nun geſchehen, und ich muß ſagen, mit groſſem
Vergnuͤgen. Laſſen Sie mich Ihnen, mein Freund,
erzaͤhlen, was ich da geſehen, gehoͤrt und erfahren habe.
Der naͤchſte Weg von Carlsruhe nach Speier iſt,
uͤber Graben, wo Poſtpferde gewechſelt werden, nach
Rheinhauſen, wo man ſich uͤber den Rhein ſetzen laͤßt;
alsdann hat man nur noch eine kleine Stunde bis zur
Stadt. Rheinhauſen iſt ein kleines unbedeutendes
Doͤrfchen, das in das Gebiet des Biſchofs von Speier,
der bekanntermaſſen in Bruchſal wohnt, gehoͤrt. Der
Rhein waͤchſt hier oͤfters in zwei Tagen ſo ſtark an, daß
die Schiffer die kleinen hoͤlzernen Bruͤcken, wo man an-
landet, ſchnell abbrechen, und an einen andern Ort ſetzen
muͤſſen. Dadurch wird der Fremde gar oft aufgehalten.
Bei der Ueberfahrt ſelber bezahlt man alles nach einer
von der Herrſchaft beſtimmten Taxe. Die Schiffer ſind
nur die Knechte der Obrigkeit. Sie muͤſſen das Geld,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. [299]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/337>, abgerufen am 23.11.2024.
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