papierne Schandzeichen angeheftet. Für ihre Gesund- heit trägt man die größte Sorgfalt. Sie werden zu al- len Leibesübungen angeführt; sie haben einen Platz zum öffentlichen Baden in Badekleidern; auf onanitische Ver- sündigungen wird scharfe Obsicht genommen. Schon um 8. Uhr müssen sie sich niederlegen, aber um 5. Uhr wieder aufstehen. Heute Abend sah ich sie saure Milch und Suppe speisen, und bloßes Wasser trinken. Jetzt waren ohngefähr 300. Eleven von allen Nationen hier, und darunter sogar der Sohn eines Protopopen: desglei- chen 2. Enkel des seel. Kanzlers von Mosheim und Söhne des Churhannöverischen Gesandten dieses Na- mens *) am hiefigen Hofe. Man zeigte mir verschie- dene Arbeiten der jungen Leute, Kupferstiche, Malereien, einen Anfang zu einer Flora Würteb. Aber klein sind die Besoldungen der Lehrer von 300. bis 700. Gul- den Reichsgeld. -- **)
Den 25sten Jul.
Da Naturgeschichte immer einer der Hauptzwecke aller meiner Reisen ist, so besah ich heute auch das
Naturalien-
*) Dieser Herr ist in diesem Jahre aus Churhannöv. in Herzogl. Würtemb. Dienste getreten. Herausgeber.
**) In gegenwärtigem Jahre haben 3. der dortigen Leh- rer, Hr. Werthes, Lehrer der italiänischen Sprache, Hr. Seger, Prof. der Rechtsgelartheit und ein dritter, dessen Namen uns nicht gleich beifällt, ihren Abschied gefordert und erhalten. Herausgeber.
Zweiter Theil. E
papierne Schandzeichen angeheftet. Fuͤr ihre Geſund- heit traͤgt man die groͤßte Sorgfalt. Sie werden zu al- len Leibesuͤbungen angefuͤhrt; ſie haben einen Platz zum oͤffentlichen Baden in Badekleidern; auf onanitiſche Ver- ſuͤndigungen wird ſcharfe Obſicht genommen. Schon um 8. Uhr muͤſſen ſie ſich niederlegen, aber um 5. Uhr wieder aufſtehen. Heute Abend ſah ich ſie ſaure Milch und Suppe ſpeiſen, und bloßes Waſſer trinken. Jetzt waren ohngefaͤhr 300. Eleven von allen Nationen hier, und darunter ſogar der Sohn eines Protopopen: desglei- chen 2. Enkel des ſeel. Kanzlers von Mosheim und Soͤhne des Churhannoͤveriſchen Geſandten dieſes Na- mens *) am hiefigen Hofe. Man zeigte mir verſchie- dene Arbeiten der jungen Leute, Kupferſtiche, Malereien, einen Anfang zu einer Flora Würteb. Aber klein ſind die Beſoldungen der Lehrer von 300. bis 700. Gul- den Reichsgeld. — **)
Den 25ſten Jul.
Da Naturgeſchichte immer einer der Hauptzwecke aller meiner Reiſen iſt, ſo beſah ich heute auch das
Naturalien-
*) Dieſer Herr iſt in dieſem Jahre aus Churhannoͤv. in Herzogl. Wuͤrtemb. Dienſte getreten. Herausgeber.
**) In gegenwaͤrtigem Jahre haben 3. der dortigen Leh- rer, Hr. Werthes, Lehrer der italiaͤniſchen Sprache, Hr. Seger, Prof. der Rechtsgelartheit und ein dritter, deſſen Namen uns nicht gleich beifaͤllt, ihren Abſchied gefordert und erhalten. Herausgeber.
Zweiter Theil. E
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papierne Schandzeichen angeheftet. Fuͤr ihre Geſund-
heit traͤgt man die groͤßte Sorgfalt. Sie werden zu al-
len Leibesuͤbungen angefuͤhrt; ſie haben einen Platz zum
oͤffentlichen Baden in Badekleidern; auf onanitiſche Ver-
ſuͤndigungen wird ſcharfe Obſicht genommen. Schon
um 8. Uhr muͤſſen ſie ſich niederlegen, aber um 5. Uhr
wieder aufſtehen. Heute Abend ſah ich ſie ſaure Milch
und Suppe ſpeiſen, und bloßes Waſſer trinken. Jetzt
waren ohngefaͤhr 300. Eleven von allen Nationen hier,
und darunter ſogar der Sohn eines Protopopen: desglei-
chen 2. Enkel des ſeel. Kanzlers von Mosheim und
Soͤhne des Churhannoͤveriſchen Geſandten dieſes Na-
mens *) am hiefigen Hofe. Man zeigte mir verſchie-
dene Arbeiten der jungen Leute, Kupferſtiche, Malereien,
einen Anfang zu einer Flora Würteb. Aber klein
ſind die Beſoldungen der Lehrer von 300. bis 700. Gul-
den Reichsgeld. — **)
Den 25ſten Jul.
Da Naturgeſchichte immer einer der Hauptzwecke
aller meiner Reiſen iſt, ſo beſah ich heute auch das
Naturalien-
*) Dieſer Herr iſt in dieſem Jahre aus Churhannoͤv. in
Herzogl. Wuͤrtemb. Dienſte getreten.
Herausgeber.
**) In gegenwaͤrtigem Jahre haben 3. der dortigen Leh-
rer, Hr. Werthes, Lehrer der italiaͤniſchen Sprache,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/103>, abgerufen am 24.11.2024.
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