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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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grossen und langgestreckten Wurzeln eben so weit über
dem Boden hinlaufen, und an der Luft eben so wahres
Holz, als der Stamm ist, werden, wie es Brydone
von den Bäumen auf dem Aetna erzählt. Ich zweifle
gar nicht, daß man nicht hier hundertschuhige Tannen
finden sollte. Der Pfad des Reisenden ist so abschüssig,
daß man froh ist, wenn man sich an einen der Länge
nach am Berge hinabgestürzten Baum halten kan. Im
Winter sollen hier grauenvolle Glacieren von Schnee und
Eis entstehen. Wer etwa nicht glauben wollte, daß die
Bergbewohner für ihre gesunde Luft, gutes Wasser und
andre Vortheile, auch wieder ihre Plage haben, der darf
nur hierher kommen. Es ist unbegreiflich, wie man hier
fahren kan, und doch geschieht es alle Tage. Unten aber
am Fuß des Berges fängt das schönste Thal an, und
lauft noch etliche Stunden fort bis nach Calw. Dies
herliche Wiesenthal ist nicht sehr breit, aber es wird von
der Nagold, die bei Pforzheim in die Enz fällt, durch-
strömt. Zu beiden Seiten ist es mit ziemlichen Bergen
eingefaßt, die alle mit Holz mehr oder weniger ange-
pflanzt sind, und schon hier sieht man, daß das ganze
Herzogthum Würtenberg nichts ist, als ein grosser
Haufen von ineinandergeschobenen, zusammen geworfe-
nen, aufgethürmten Bergen mit darzwischen liegenden
fruchtbaren Thälern. Beim Liebezeller Bad ist die
Gegend, wie bei allen Bädern, wieder etwas rauher, als
vorher, und die Badhäuser selber machen auch keine son-
derliche Figur. Man findet greuliche Steinbrocken im
Wege, die alle durch die Waldwasser aus den Bergen
herbeigeführt worden sind, und neben ihnen liegen ganze
Haufen von Steinen, von den schönsten Felsen, und här-
testen Wäcken, (Saxa) die man an andern Orten, wo

man
Q 5

groſſen und langgeſtreckten Wurzeln eben ſo weit uͤber
dem Boden hinlaufen, und an der Luft eben ſo wahres
Holz, als der Stamm iſt, werden, wie es Brydone
von den Baͤumen auf dem Aetna erzaͤhlt. Ich zweifle
gar nicht, daß man nicht hier hundertſchuhige Tannen
finden ſollte. Der Pfad des Reiſenden iſt ſo abſchuͤſſig,
daß man froh iſt, wenn man ſich an einen der Laͤnge
nach am Berge hinabgeſtuͤrzten Baum halten kan. Im
Winter ſollen hier grauenvolle Glacieren von Schnee und
Eis entſtehen. Wer etwa nicht glauben wollte, daß die
Bergbewohner fuͤr ihre geſunde Luft, gutes Waſſer und
andre Vortheile, auch wieder ihre Plage haben, der darf
nur hierher kommen. Es iſt unbegreiflich, wie man hier
fahren kan, und doch geſchieht es alle Tage. Unten aber
am Fuß des Berges faͤngt das ſchoͤnſte Thal an, und
lauft noch etliche Stunden fort bis nach Calw. Dies
herliche Wieſenthal iſt nicht ſehr breit, aber es wird von
der Nagold, die bei Pforzheim in die Enz faͤllt, durch-
ſtroͤmt. Zu beiden Seiten iſt es mit ziemlichen Bergen
eingefaßt, die alle mit Holz mehr oder weniger ange-
pflanzt ſind, und ſchon hier ſieht man, daß das ganze
Herzogthum Wuͤrtenberg nichts iſt, als ein groſſer
Haufen von ineinandergeſchobenen, zuſammen geworfe-
nen, aufgethuͤrmten Bergen mit darzwiſchen liegenden
fruchtbaren Thaͤlern. Beim Liebezeller Bad iſt die
Gegend, wie bei allen Baͤdern, wieder etwas rauher, als
vorher, und die Badhaͤuſer ſelber machen auch keine ſon-
derliche Figur. Man findet greuliche Steinbrocken im
Wege, die alle durch die Waldwaſſer aus den Bergen
herbeigefuͤhrt worden ſind, und neben ihnen liegen ganze
Haufen von Steinen, von den ſchoͤnſten Felſen, und haͤr-
teſten Waͤcken, (Saxa) die man an andern Orten, wo

man
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[249/0287] groſſen und langgeſtreckten Wurzeln eben ſo weit uͤber dem Boden hinlaufen, und an der Luft eben ſo wahres Holz, als der Stamm iſt, werden, wie es Brydone von den Baͤumen auf dem Aetna erzaͤhlt. Ich zweifle gar nicht, daß man nicht hier hundertſchuhige Tannen finden ſollte. Der Pfad des Reiſenden iſt ſo abſchuͤſſig, daß man froh iſt, wenn man ſich an einen der Laͤnge nach am Berge hinabgeſtuͤrzten Baum halten kan. Im Winter ſollen hier grauenvolle Glacieren von Schnee und Eis entſtehen. Wer etwa nicht glauben wollte, daß die Bergbewohner fuͤr ihre geſunde Luft, gutes Waſſer und andre Vortheile, auch wieder ihre Plage haben, der darf nur hierher kommen. Es iſt unbegreiflich, wie man hier fahren kan, und doch geſchieht es alle Tage. Unten aber am Fuß des Berges faͤngt das ſchoͤnſte Thal an, und lauft noch etliche Stunden fort bis nach Calw. Dies herliche Wieſenthal iſt nicht ſehr breit, aber es wird von der Nagold, die bei Pforzheim in die Enz faͤllt, durch- ſtroͤmt. Zu beiden Seiten iſt es mit ziemlichen Bergen eingefaßt, die alle mit Holz mehr oder weniger ange- pflanzt ſind, und ſchon hier ſieht man, daß das ganze Herzogthum Wuͤrtenberg nichts iſt, als ein groſſer Haufen von ineinandergeſchobenen, zuſammen geworfe- nen, aufgethuͤrmten Bergen mit darzwiſchen liegenden fruchtbaren Thaͤlern. Beim Liebezeller Bad iſt die Gegend, wie bei allen Baͤdern, wieder etwas rauher, als vorher, und die Badhaͤuſer ſelber machen auch keine ſon- derliche Figur. Man findet greuliche Steinbrocken im Wege, die alle durch die Waldwaſſer aus den Bergen herbeigefuͤhrt worden ſind, und neben ihnen liegen ganze Haufen von Steinen, von den ſchoͤnſten Felſen, und haͤr- teſten Waͤcken, (Saxa) die man an andern Orten, wo man Q 5

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/287>, abgerufen am 29.11.2024.