Wenn man aus Komödien oder Opern geht, und es bereits Nacht ist, so kan man die Ehre haben, von Frauenzimmern mit nach Haus zu gehen gebeten zu werden. Solcher Accrocheuses gibt es besonders in der Rue St. Honore gar viele.
Die Frauenzimmer haben hier auch ihre eignen Schuhmacher, so wie die Mannspersonen die ihrigen.
Schon im Mai geht alles, was Landhäuser hat, aus der Stadt aufs Land. In der Stadt selber weiß man nichts von Jahrszeiten, Feldgeschäften, frischer Luft, Erndte, Heumachen etc. Eine Menge Menschen leben hier, ohne daß sie wissen, wie Brod und Obst wachsen. In der Stadt ist ein ewiges Rennen und Fahren nach Schauspielen und Vergnügungen der herrschende Ton. Es gibt viele Leute, die um 4. Uhr vom Tisch aufstehen, und dann eben alle Tage in die Spektakel fahren, und den andern Tag vor 10, 11. Uhr weiter nichts anfangen.
Den 26sten Mai.
La Bibliotheque du Roi ward heute von mir be- sucht. Dieser wirklich königliche Bücherschatz steht in der Rue Richelieu, hinter der Rue St. Honore in ei- nem alten, unscheinbaren, aber grossen und weitläuftigen Gebäude. Man geht auf breiten Treppen, zwischen de- nen allerlei Büsten, Urnen, Monumente etc. stehen, hin- auf. Sie empfiehlt sich gleich sehr durch das Aeussre. Die Bücher sind alle in braunes oder rothes Leder gebun- den, mit Gold. Fast die meisten haben Titel. Sie stehen in langen Zimmern neben einander, und hinterei-
nander,
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Bemerkungen.
Wenn man aus Komoͤdien oder Opern geht, und es bereits Nacht iſt, ſo kan man die Ehre haben, von Frauenzimmern mit nach Haus zu gehen gebeten zu werden. Solcher Accrocheuſes gibt es beſonders in der Rue St. Honoré gar viele.
Die Frauenzimmer haben hier auch ihre eignen Schuhmacher, ſo wie die Mannsperſonen die ihrigen.
Schon im Mai geht alles, was Landhaͤuſer hat, aus der Stadt aufs Land. In der Stadt ſelber weiß man nichts von Jahrszeiten, Feldgeſchaͤften, friſcher Luft, Erndte, Heumachen ꝛc. Eine Menge Menſchen leben hier, ohne daß ſie wiſſen, wie Brod und Obſt wachſen. In der Stadt iſt ein ewiges Rennen und Fahren nach Schauſpielen und Vergnuͤgungen der herrſchende Ton. Es gibt viele Leute, die um 4. Uhr vom Tiſch aufſtehen, und dann eben alle Tage in die Spektakel fahren, und den andern Tag vor 10, 11. Uhr weiter nichts anfangen.
Den 26ſten Mai.
La Bibliotheque du Roi ward heute von mir be- ſucht. Dieſer wirklich koͤnigliche Buͤcherſchatz ſteht in der Rue Richelieu, hinter der Rue St. Honoré in ei- nem alten, unſcheinbaren, aber groſſen und weitlaͤuftigen Gebaͤude. Man geht auf breiten Treppen, zwiſchen de- nen allerlei Buͤſten, Urnen, Monumente ꝛc. ſtehen, hin- auf. Sie empfiehlt ſich gleich ſehr durch das Aeuſſre. Die Buͤcher ſind alle in braunes oder rothes Leder gebun- den, mit Gold. Faſt die meiſten haben Titel. Sie ſtehen in langen Zimmern neben einander, und hinterei-
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Bemerkungen.
Wenn man aus Komoͤdien oder Opern geht, und
es bereits Nacht iſt, ſo kan man die Ehre haben, von
Frauenzimmern mit nach Haus zu gehen gebeten zu
werden. Solcher Accrocheuſes gibt es beſonders in
der Rue St. Honoré gar viele.
Die Frauenzimmer haben hier auch ihre eignen
Schuhmacher, ſo wie die Mannsperſonen die ihrigen.
Schon im Mai geht alles, was Landhaͤuſer hat,
aus der Stadt aufs Land. In der Stadt ſelber weiß
man nichts von Jahrszeiten, Feldgeſchaͤften, friſcher Luft,
Erndte, Heumachen ꝛc. Eine Menge Menſchen leben
hier, ohne daß ſie wiſſen, wie Brod und Obſt wachſen.
In der Stadt iſt ein ewiges Rennen und Fahren nach
Schauſpielen und Vergnuͤgungen der herrſchende Ton.
Es gibt viele Leute, die um 4. Uhr vom Tiſch aufſtehen,
und dann eben alle Tage in die Spektakel fahren, und
den andern Tag vor 10, 11. Uhr weiter nichts anfangen.
Den 26ſten Mai.
La Bibliotheque du Roi ward heute von mir be-
ſucht. Dieſer wirklich koͤnigliche Buͤcherſchatz ſteht in
der Rue Richelieu, hinter der Rue St. Honoré in ei-
nem alten, unſcheinbaren, aber groſſen und weitlaͤuftigen
Gebaͤude. Man geht auf breiten Treppen, zwiſchen de-
nen allerlei Buͤſten, Urnen, Monumente ꝛc. ſtehen, hin-
auf. Sie empfiehlt ſich gleich ſehr durch das Aeuſſre.
Die Buͤcher ſind alle in braunes oder rothes Leder gebun-
den, mit Gold. Faſt die meiſten haben Titel. Sie
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/97>, abgerufen am 25.11.2024.
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