Leute bauen hier viel Buchweitzen oder Heidekorn etc. Das Dorf selber ist in Absicht der Lage und der Gebäude, eins der schönsten Oerter, die man sehen kan. Die Bäume vor den Häusern überwölben sich, und geben die schön- sten Spaziergänge ab. Die Einwohner sind grösten- theils Herrenhuter, und Professionisten, die ihre Arbeit in der ganzen Welt herum versenden, und selbst auch vie- le englische Waaren verkaufen. Sie sind gröstentheils Deutsche, man redet daher hier deutsch, kleidet sich deutsch, und der Unterschied der Deutschen und der Hol- länder ist sichtbar. Als mährische Brüder sind sie alle still, bescheiden, liebreich, sprechen wenig, sind gegen je- den Fremden höflich, sprechen aber gern von der Re- ligion.
Ich sprach mit einigen Brüdern, und versicherte sie, daß wir in der Kirchengeschichte ihre Verdienste in Grön- land wohl zu schätzen wüsten, und daß ich Cranzens Geschichte von Grönland mit Erstaunen gelesen hätte. Dagegen erfuhr ich wieder von ihnen, daß Cranz ge- storben ist, und daß Oldendorp jetzt in Neuwied die Geschichte fortsetzt, und wirklich eine von St. Thomas, die auch für die Naturgeschichte wichtig wäre, geschrieben hat, und daß wirklich auch in Labrador durch den Dienst der Brüder ein Heide sei getauft worden. -- Wir sprachen noch manches über die protestantische Kir- che, und ich freute mich sehr, daß die Leute nicht spiel- ten, aber grosse Begriffe von der Herrlichkeit des Erlö- sers hatten, und so verlies ich mit den besten Wünschen für das ruhige Leben und Glück dieser wahrhaftig guten Menschen einen so angenehmen Ort; besah jedoch vorher noch ihre
Waaren.
Leute bauen hier viel Buchweitzen oder Heidekorn ꝛc. Das Dorf ſelber iſt in Abſicht der Lage und der Gebaͤude, eins der ſchoͤnſten Oerter, die man ſehen kan. Die Baͤume vor den Haͤuſern uͤberwoͤlben ſich, und geben die ſchoͤn- ſten Spaziergaͤnge ab. Die Einwohner ſind groͤſten- theils Herrenhuter, und Profeſſioniſten, die ihre Arbeit in der ganzen Welt herum verſenden, und ſelbſt auch vie- le engliſche Waaren verkaufen. Sie ſind groͤſtentheils Deutſche, man redet daher hier deutſch, kleidet ſich deutſch, und der Unterſchied der Deutſchen und der Hol- laͤnder iſt ſichtbar. Als maͤhriſche Bruͤder ſind ſie alle ſtill, beſcheiden, liebreich, ſprechen wenig, ſind gegen je- den Fremden hoͤflich, ſprechen aber gern von der Re- ligion.
Ich ſprach mit einigen Bruͤdern, und verſicherte ſie, daß wir in der Kirchengeſchichte ihre Verdienſte in Groͤn- land wohl zu ſchaͤtzen wuͤſten, und daß ich Cranzens Geſchichte von Groͤnland mit Erſtaunen geleſen haͤtte. Dagegen erfuhr ich wieder von ihnen, daß Cranz ge- ſtorben iſt, und daß Oldendorp jetzt in Neuwied die Geſchichte fortſetzt, und wirklich eine von St. Thomas, die auch fuͤr die Naturgeſchichte wichtig waͤre, geſchrieben hat, und daß wirklich auch in Labrador durch den Dienſt der Bruͤder ein Heide ſei getauft worden. — Wir ſprachen noch manches uͤber die proteſtantiſche Kir- che, und ich freute mich ſehr, daß die Leute nicht ſpiel- ten, aber groſſe Begriffe von der Herrlichkeit des Erloͤ- ſers hatten, und ſo verlies ich mit den beſten Wuͤnſchen fuͤr das ruhige Leben und Gluͤck dieſer wahrhaftig guten Menſchen einen ſo angenehmen Ort; beſah jedoch vorher noch ihre
Waaren.
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Leute bauen hier viel Buchweitzen oder Heidekorn ꝛc. Das
Dorf ſelber iſt in Abſicht der Lage und der Gebaͤude, eins
der ſchoͤnſten Oerter, die man ſehen kan. Die Baͤume
vor den Haͤuſern uͤberwoͤlben ſich, und geben die ſchoͤn-
ſten Spaziergaͤnge ab. Die Einwohner ſind groͤſten-
theils Herrenhuter, und Profeſſioniſten, die ihre Arbeit
in der ganzen Welt herum verſenden, und ſelbſt auch vie-
le engliſche Waaren verkaufen. Sie ſind groͤſtentheils
Deutſche, man redet daher hier deutſch, kleidet ſich
deutſch, und der Unterſchied der Deutſchen und der Hol-
laͤnder iſt ſichtbar. Als maͤhriſche Bruͤder ſind ſie alle
ſtill, beſcheiden, liebreich, ſprechen wenig, ſind gegen je-
den Fremden hoͤflich, ſprechen aber gern von der Re-
ligion.
Ich ſprach mit einigen Bruͤdern, und verſicherte ſie,
daß wir in der Kirchengeſchichte ihre Verdienſte in Groͤn-
land wohl zu ſchaͤtzen wuͤſten, und daß ich Cranzens
Geſchichte von Groͤnland mit Erſtaunen geleſen haͤtte.
Dagegen erfuhr ich wieder von ihnen, daß Cranz ge-
ſtorben iſt, und daß Oldendorp jetzt in Neuwied die
Geſchichte fortſetzt, und wirklich eine von St. Thomas,
die auch fuͤr die Naturgeſchichte wichtig waͤre, geſchrieben
hat, und daß wirklich auch in Labrador durch den
Dienſt der Bruͤder ein Heide ſei getauft worden. —
Wir ſprachen noch manches uͤber die proteſtantiſche Kir-
che, und ich freute mich ſehr, daß die Leute nicht ſpiel-
ten, aber groſſe Begriffe von der Herrlichkeit des Erloͤ-
ſers hatten, und ſo verlies ich mit den beſten Wuͤnſchen
fuͤr das ruhige Leben und Gluͤck dieſer wahrhaftig guten
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 596. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/620>, abgerufen am 22.11.2024.
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