stiftete 3. Häuser in Delft, im Haag, und in Utrecht, wo junge fähige Knaben, aus andern Waisenhäusern aus- gehoben, alles frei und umsonst lernen können, nur keine Theologie. Zu jedem dieser Häuser legirte sie 25. Ton- nen Goldes. In diesem hier sind 12. junge Leute, sie haben eine prächtige Wohnung, einen grossen Lehrsaal, schlafen 2. und 2. in Betten mit Umhängen, tragen blaue Kleider mit rothem Futter und zinnernen Knöpfen. Sie haben 12. Lehrer, mahlen alle ihre Lehrer aufs prächtigste ab, machen Modelle von Windmühlen etc. haben eine Zeichenkammer, wo Modelle vom menschlichen Körper und Gliedern liegen, zeichnen die vortreflichsten Landschaf- ten auf ihre Tapeten, haben ihre eigne Kornkammer, und oben auf dem Dach die prächtigste Aussicht. Beim Es- sen ist allemahl ein Vater und eine Mutter zugegen. Das Zimmer, worin die Lehrer ihre Versammlungen halten, und wo das Leinenzeug und das Silber verwahrt wird, ist gar prächtig. Es hängt darin ein Gemälde von der edlen Frau, die ihr Geld so wohl anzuwenden wuste, und noch andre ganz kostbare Stücke von jungen Leuten, die hier gebildet wurden, und jetzt in Amsterdam mit Ma- len viel Geld verdienen. Da ich so nah war, so must ich doch auch
Zeyst besehen. Das ist ein herrenhutisches Dorf, 2. starke Stunden von Utrecht, das von jedem Fremden besucht zu werden verdient. Der Weg ist fast ganz ge- pflastert bis dahin, wo er sich nach der rechten Seite wendet, und durch einen tiefen Sand fortgeht. Da sieht man recht die herrlichen Felder um Utrecht herum, und erblickt auch wieder Aecker, und sieht pflügen etc. das man sonst in Holland nicht zu sehen bekommt. Die
Leute
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ſtiftete 3. Haͤuſer in Delft, im Haag, und in Utrecht, wo junge faͤhige Knaben, aus andern Waiſenhaͤuſern aus- gehoben, alles frei und umſonſt lernen koͤnnen, nur keine Theologie. Zu jedem dieſer Haͤuſer legirte ſie 25. Ton- nen Goldes. In dieſem hier ſind 12. junge Leute, ſie haben eine praͤchtige Wohnung, einen groſſen Lehrſaal, ſchlafen 2. und 2. in Betten mit Umhaͤngen, tragen blaue Kleider mit rothem Futter und zinnernen Knoͤpfen. Sie haben 12. Lehrer, mahlen alle ihre Lehrer aufs praͤchtigſte ab, machen Modelle von Windmuͤhlen ꝛc. haben eine Zeichenkammer, wo Modelle vom menſchlichen Koͤrper und Gliedern liegen, zeichnen die vortreflichſten Landſchaf- ten auf ihre Tapeten, haben ihre eigne Kornkammer, und oben auf dem Dach die praͤchtigſte Ausſicht. Beim Eſ- ſen iſt allemahl ein Vater und eine Mutter zugegen. Das Zimmer, worin die Lehrer ihre Verſammlungen halten, und wo das Leinenzeug und das Silber verwahrt wird, iſt gar praͤchtig. Es haͤngt darin ein Gemaͤlde von der edlen Frau, die ihr Geld ſo wohl anzuwenden wuſte, und noch andre ganz koſtbare Stuͤcke von jungen Leuten, die hier gebildet wurden, und jetzt in Amſterdam mit Ma- len viel Geld verdienen. Da ich ſo nah war, ſo muſt ich doch auch
Zeyſt beſehen. Das iſt ein herrenhutiſches Dorf, 2. ſtarke Stunden von Utrecht, das von jedem Fremden beſucht zu werden verdient. Der Weg iſt faſt ganz ge- pflaſtert bis dahin, wo er ſich nach der rechten Seite wendet, und durch einen tiefen Sand fortgeht. Da ſieht man recht die herrlichen Felder um Utrecht herum, und erblickt auch wieder Aecker, und ſieht pfluͤgen ꝛc. das man ſonſt in Holland nicht zu ſehen bekommt. Die
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ſtiftete 3. Haͤuſer in Delft, im Haag, und in Utrecht,
wo junge faͤhige Knaben, aus andern Waiſenhaͤuſern aus-
gehoben, alles frei und umſonſt lernen koͤnnen, nur keine
Theologie. Zu jedem dieſer Haͤuſer legirte ſie 25. Ton-
nen Goldes. In dieſem hier ſind 12. junge Leute, ſie
haben eine praͤchtige Wohnung, einen groſſen Lehrſaal,
ſchlafen 2. und 2. in Betten mit Umhaͤngen, tragen blaue
Kleider mit rothem Futter und zinnernen Knoͤpfen. Sie
haben 12. Lehrer, mahlen alle ihre Lehrer aufs praͤchtigſte
ab, machen Modelle von Windmuͤhlen ꝛc. haben eine
Zeichenkammer, wo Modelle vom menſchlichen Koͤrper
und Gliedern liegen, zeichnen die vortreflichſten Landſchaf-
ten auf ihre Tapeten, haben ihre eigne Kornkammer, und
oben auf dem Dach die praͤchtigſte Ausſicht. Beim Eſ-
ſen iſt allemahl ein Vater und eine Mutter zugegen. Das
Zimmer, worin die Lehrer ihre Verſammlungen halten,
und wo das Leinenzeug und das Silber verwahrt wird,
iſt gar praͤchtig. Es haͤngt darin ein Gemaͤlde von der
edlen Frau, die ihr Geld ſo wohl anzuwenden wuſte, und
noch andre ganz koſtbare Stuͤcke von jungen Leuten, die
hier gebildet wurden, und jetzt in Amſterdam mit Ma-
len viel Geld verdienen. Da ich ſo nah war, ſo muſt
ich doch auch
Zeyſt beſehen. Das iſt ein herrenhutiſches Dorf,
2. ſtarke Stunden von Utrecht, das von jedem Fremden
beſucht zu werden verdient. Der Weg iſt faſt ganz ge-
pflaſtert bis dahin, wo er ſich nach der rechten Seite
wendet, und durch einen tiefen Sand fortgeht. Da
ſieht man recht die herrlichen Felder um Utrecht herum,
und erblickt auch wieder Aecker, und ſieht pfluͤgen ꝛc. das
man ſonſt in Holland nicht zu ſehen bekommt. Die
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 595. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/619>, abgerufen am 22.11.2024.
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