Herrn Enschede's Schriftgiesserei, die ich mit vielem Vergnügen gesehen habe *). Ich muß den Va- ter und den Sohn dieses Namens von dem obigen Urtheil über die Harlemer Spiesbürger ausnehmen. Die Let- tern werden aus einer Mischung von Blei, Eisen und Spiesglas gegossen. Man macht hier diese Mischung selber in grossen länglichen Stücken.
Alle Arbeiten geschehen in einem Saale von Män- nern, zum Theil auch von Kindern. Man giest, man bricht, man schneidet, man sortirt, man polirt, man verkauft die Lettern. Zum Giessen steht der Kerl vor einem kleinen Ofen, der mit 5, 6. Torfstücken gefeuert wird, und schmelzt auf dem Herde die Komposition. Ist sie im Fluß, so hat er eine kleine Maschine in der Hand, die sich in 2. Hälften zerlegen läßt, von Messing ist, und in der Mitte das Modell von dem Buchstaben eingegra- ben hat. Oben ist eine Oefnung. In diesen Kanal füllt er mit einem kleinen Löffel das fliessende Metall, schüt- telt es allemahl ein wenig, -- damit die Luft herausgeht, wie sie sagen, -- so formirt sich der Buchstabe und der Stift daran mit einem Schwanze. Geschwinde macht er die beiden Hälften von einander, der Buchstabe fällt heraus, er füllt wieder, erhält das Feuer beständig, so geht die Arbeit sehr schnell. Neben ihm sitzt ein an- drer Arbeiter, der bricht den Schwanz, das Anhängsel vom Buchstaben weg. Auch das geht schnell, er kneipt es nur mit dem Nagel am Finger ab. Die kleinen Ab- gänge werden hernach wieder zusammen geschmolzen. Ein andrer -- und diese beiden Arbeiten können auch Jun-
gen
*) Davon s. Murr's Journal zur Kunstgesch. 3ter Band.
Herrn Enſchede’s Schriftgieſſerei, die ich mit vielem Vergnuͤgen geſehen habe *). Ich muß den Va- ter und den Sohn dieſes Namens von dem obigen Urtheil uͤber die Harlemer Spiesbuͤrger ausnehmen. Die Let- tern werden aus einer Miſchung von Blei, Eiſen und Spiesglas gegoſſen. Man macht hier dieſe Miſchung ſelber in groſſen laͤnglichen Stuͤcken.
Alle Arbeiten geſchehen in einem Saale von Maͤn- nern, zum Theil auch von Kindern. Man gieſt, man bricht, man ſchneidet, man ſortirt, man polirt, man verkauft die Lettern. Zum Gieſſen ſteht der Kerl vor einem kleinen Ofen, der mit 5, 6. Torfſtuͤcken gefeuert wird, und ſchmelzt auf dem Herde die Kompoſition. Iſt ſie im Fluß, ſo hat er eine kleine Maſchine in der Hand, die ſich in 2. Haͤlften zerlegen laͤßt, von Meſſing iſt, und in der Mitte das Modell von dem Buchſtaben eingegra- ben hat. Oben iſt eine Oefnung. In dieſen Kanal fuͤllt er mit einem kleinen Loͤffel das flieſſende Metall, ſchuͤt- telt es allemahl ein wenig, — damit die Luft herausgeht, wie ſie ſagen, — ſo formirt ſich der Buchſtabe und der Stift daran mit einem Schwanze. Geſchwinde macht er die beiden Haͤlften von einander, der Buchſtabe faͤllt heraus, er fuͤllt wieder, erhaͤlt das Feuer beſtaͤndig, ſo geht die Arbeit ſehr ſchnell. Neben ihm ſitzt ein an- drer Arbeiter, der bricht den Schwanz, das Anhaͤngſel vom Buchſtaben weg. Auch das geht ſchnell, er kneipt es nur mit dem Nagel am Finger ab. Die kleinen Ab- gaͤnge werden hernach wieder zuſammen geſchmolzen. Ein andrer — und dieſe beiden Arbeiten koͤnnen auch Jun-
gen
*) Davon ſ. Murr’s Journal zur Kunſtgeſch. 3ter Band.
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Herrn Enſchede’s Schriftgieſſerei, die ich mit
vielem Vergnuͤgen geſehen habe *). Ich muß den Va-
ter und den Sohn dieſes Namens von dem obigen Urtheil
uͤber die Harlemer Spiesbuͤrger ausnehmen. Die Let-
tern werden aus einer Miſchung von Blei, Eiſen und
Spiesglas gegoſſen. Man macht hier dieſe Miſchung
ſelber in groſſen laͤnglichen Stuͤcken.
Alle Arbeiten geſchehen in einem Saale von Maͤn-
nern, zum Theil auch von Kindern. Man gieſt, man
bricht, man ſchneidet, man ſortirt, man polirt, man
verkauft die Lettern. Zum Gieſſen ſteht der Kerl vor
einem kleinen Ofen, der mit 5, 6. Torfſtuͤcken gefeuert
wird, und ſchmelzt auf dem Herde die Kompoſition. Iſt
ſie im Fluß, ſo hat er eine kleine Maſchine in der Hand,
die ſich in 2. Haͤlften zerlegen laͤßt, von Meſſing iſt, und
in der Mitte das Modell von dem Buchſtaben eingegra-
ben hat. Oben iſt eine Oefnung. In dieſen Kanal
fuͤllt er mit einem kleinen Loͤffel das flieſſende Metall, ſchuͤt-
telt es allemahl ein wenig, — damit die Luft herausgeht,
wie ſie ſagen, — ſo formirt ſich der Buchſtabe und
der Stift daran mit einem Schwanze. Geſchwinde
macht er die beiden Haͤlften von einander, der Buchſtabe
faͤllt heraus, er fuͤllt wieder, erhaͤlt das Feuer beſtaͤndig,
ſo geht die Arbeit ſehr ſchnell. Neben ihm ſitzt ein an-
drer Arbeiter, der bricht den Schwanz, das Anhaͤngſel
vom Buchſtaben weg. Auch das geht ſchnell, er kneipt
es nur mit dem Nagel am Finger ab. Die kleinen Ab-
gaͤnge werden hernach wieder zuſammen geſchmolzen. Ein
andrer — und dieſe beiden Arbeiten koͤnnen auch Jun-
gen
*) Davon ſ. Murr’s Journal zur Kunſtgeſch. 3ter Band.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/558>, abgerufen am 24.11.2024.
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