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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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saal, ein grosses, rundes Zimmer, gegen den Garten
zu, ganz mit Malereien behangen, und mit einer herr-
lichen Kuppel verschönert. Die eine Seite füllt ein ein-
ziges grosses Gemälde von Jordaens, das den Prinzen
Fried. Hein. auf dem Triumphwagen vorstellt. Die
Zwietracht unter seiner Pferde Füssen, eine Menge Men-
schen um ihn herum, und der Prinz selber sind ganz vor-
treflich gemahlt. Rings herum im Zimmer sind an klei-
nen Wänden 4. Schildhalter, so natürlich gemahlt,
daß man meint, die Kerle stehen wirklich da. Jenem
Meisterstück gegenüber hängt ein andres von Rubens,
das die schmiedenden Cyklopen vorstellt. Der Pinsel
dieses grossen Malers hat wieder alles erschöpft. Man
sieht sogar die Feuerfunken, man sieht in dierothe Schmiede-
esse hinein, und dann die derben Muskeln am Körper dieser
Kerle, ihre Stellungen -- da sieht man recht Virgils
Illi inter sese etc. Die andern Stücke sind die 4.
Welttheile und Allegorien von Einnahmen der Städte
und allen Thaten des Prinzen Friedrich Heinrichs, von
Everdingen, Honthorst, Soutmann, Lairesse und
Thulden gemahlt. Oben in der Kuppel ist die zärtliche
Gemahlin im Wittwenkleide abgebildet, mit Geniussen und
lateinischen Inschriften. Der Geschmack der Holländer
ists, überall das Todtengerippe dabei anzudringen. Von
da besucht' ich nun wieder

Hrn. Lyonet und sein Kabinet. Ach, das
war wieder ein heiliger, festlicher, unschätzbarer Abend
für mich! Ich sah und redete, und hörte so lange bis
ich müde war, und die Trennung von diesem Manne mir
eine traurige Viertelstunde machte. Wir sahen I) die
Bivalven durch. Bei der Uebersicht der vielen kostba-

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ſaal, ein groſſes, rundes Zimmer, gegen den Garten
zu, ganz mit Malereien behangen, und mit einer herr-
lichen Kuppel verſchoͤnert. Die eine Seite fuͤllt ein ein-
ziges groſſes Gemaͤlde von Jordaens, das den Prinzen
Fried. Hein. auf dem Triumphwagen vorſtellt. Die
Zwietracht unter ſeiner Pferde Fuͤſſen, eine Menge Men-
ſchen um ihn herum, und der Prinz ſelber ſind ganz vor-
treflich gemahlt. Rings herum im Zimmer ſind an klei-
nen Waͤnden 4. Schildhalter, ſo natuͤrlich gemahlt,
daß man meint, die Kerle ſtehen wirklich da. Jenem
Meiſterſtuͤck gegenuͤber haͤngt ein andres von Rubens,
das die ſchmiedenden Cyklopen vorſtellt. Der Pinſel
dieſes groſſen Malers hat wieder alles erſchoͤpft. Man
ſieht ſogar die Feuerfunken, man ſieht in dierothe Schmiede-
eſſe hinein, und dann die derben Muſkeln am Koͤrper dieſer
Kerle, ihre Stellungen — da ſieht man recht Virgils
Illi inter ſeſe etc. Die andern Stuͤcke ſind die 4.
Welttheile und Allegorien von Einnahmen der Staͤdte
und allen Thaten des Prinzen Friedrich Heinrichs, von
Everdingen, Honthorſt, Soutmann, Laireſſe und
Thulden gemahlt. Oben in der Kuppel iſt die zaͤrtliche
Gemahlin im Wittwenkleide abgebildet, mit Geniuſſen und
lateiniſchen Inſchriften. Der Geſchmack der Hollaͤnder
iſts, uͤberall das Todtengerippe dabei anzudringen. Von
da beſucht’ ich nun wieder

Hrn. Lyonet und ſein Kabinet. Ach, das
war wieder ein heiliger, feſtlicher, unſchaͤtzbarer Abend
fuͤr mich! Ich ſah und redete, und hoͤrte ſo lange bis
ich muͤde war, und die Trennung von dieſem Manne mir
eine traurige Viertelſtunde machte. Wir ſahen I) die
Bivalven durch. Bei der Ueberſicht der vielen koſtba-

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[501/0525] ſaal, ein groſſes, rundes Zimmer, gegen den Garten zu, ganz mit Malereien behangen, und mit einer herr- lichen Kuppel verſchoͤnert. Die eine Seite fuͤllt ein ein- ziges groſſes Gemaͤlde von Jordaens, das den Prinzen Fried. Hein. auf dem Triumphwagen vorſtellt. Die Zwietracht unter ſeiner Pferde Fuͤſſen, eine Menge Men- ſchen um ihn herum, und der Prinz ſelber ſind ganz vor- treflich gemahlt. Rings herum im Zimmer ſind an klei- nen Waͤnden 4. Schildhalter, ſo natuͤrlich gemahlt, daß man meint, die Kerle ſtehen wirklich da. Jenem Meiſterſtuͤck gegenuͤber haͤngt ein andres von Rubens, das die ſchmiedenden Cyklopen vorſtellt. Der Pinſel dieſes groſſen Malers hat wieder alles erſchoͤpft. Man ſieht ſogar die Feuerfunken, man ſieht in dierothe Schmiede- eſſe hinein, und dann die derben Muſkeln am Koͤrper dieſer Kerle, ihre Stellungen — da ſieht man recht Virgils Illi inter ſeſe etc. Die andern Stuͤcke ſind die 4. Welttheile und Allegorien von Einnahmen der Staͤdte und allen Thaten des Prinzen Friedrich Heinrichs, von Everdingen, Honthorſt, Soutmann, Laireſſe und Thulden gemahlt. Oben in der Kuppel iſt die zaͤrtliche Gemahlin im Wittwenkleide abgebildet, mit Geniuſſen und lateiniſchen Inſchriften. Der Geſchmack der Hollaͤnder iſts, uͤberall das Todtengerippe dabei anzudringen. Von da beſucht’ ich nun wieder Hrn. Lyonet und ſein Kabinet. Ach, das war wieder ein heiliger, feſtlicher, unſchaͤtzbarer Abend fuͤr mich! Ich ſah und redete, und hoͤrte ſo lange bis ich muͤde war, und die Trennung von dieſem Manne mir eine traurige Viertelſtunde machte. Wir ſahen I) die Bivalven durch. Bei der Ueberſicht der vielen koſtba- ren J i 3

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 501. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/525>, abgerufen am 10.05.2024.