fort, wird aber, gegen das Land beurtheilt, immer nie- driger. Anfangs sind die herrlichsten Spaziergänge von Brüssel zu beiden Seiten, hernach Wiesen, dann Frucht- felder, Landhäuser, kleine Dörfer, auch etwas Wal- dung. Bei jedem Wechsel der Barken ist ein Bassin, und darin Maschinen, die das Wasser aufheben und wie- der in den folgenden Kanal bringen. Man kömmt im- mer tiefer herab, *) und merkt, daß man sich Holland nähert. Zuletzt wird das Schiff gar mit vieler Umständ- lichkeit in das Bassin herabgebracht. Man macht 5. Stunden zu Wasser. Der Ort, wo man absteigt, und die Schelde selber passiren muß, heist Willebroeck. Die Schelde ist nicht tief, wenigstens war sie jetzt sehr seicht; an vielen Orten sah man den Sand; aber gewal- tig breit. An gedachtem Orte liegen 2. Schiffe für die bereit, welche Bleizeichen, und für die, welche Karten abgeben. Kaum ist man aus dem ersten Schiffe drü- ben; so reißt man sich beinahe wieder um den Platz in den Voituren. Ich stieg in eine zum Fenster hinein. Es waren 15. Personen darin. Man sitzt sehr gepreßt. Der Weg von da nach Antwerpen, ist eine einzi- ge, gerade, 21/2 Stunden lange, sehr angenehme Allee. Man sieht die Stadtthürme wohl 11/2 Stunden vorher. Ich hörte sagen, man hätte ehemals zu Wasser bis nach Antwerpen fahren können, aber seitdem 3. Schiffe mit Mann und Maus verunglückt wären, habe man die jetzi- ge Einrichtung gemacht.
Ant-
*) Bei Willebroeck steht schon ein grosser Theil der Häuser tiefer in der Erde, als das Wasser.
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fort, wird aber, gegen das Land beurtheilt, immer nie- driger. Anfangs ſind die herrlichſten Spaziergaͤnge von Bruͤſſel zu beiden Seiten, hernach Wieſen, dann Frucht- felder, Landhaͤuſer, kleine Doͤrfer, auch etwas Wal- dung. Bei jedem Wechſel der Barken iſt ein Baſſin, und darin Maſchinen, die das Waſſer aufheben und wie- der in den folgenden Kanal bringen. Man koͤmmt im- mer tiefer herab, *) und merkt, daß man ſich Holland naͤhert. Zuletzt wird das Schiff gar mit vieler Umſtaͤnd- lichkeit in das Baſſin herabgebracht. Man macht 5. Stunden zu Waſſer. Der Ort, wo man abſteigt, und die Schelde ſelber paſſiren muß, heiſt Willebroeck. Die Schelde iſt nicht tief, wenigſtens war ſie jetzt ſehr ſeicht; an vielen Orten ſah man den Sand; aber gewal- tig breit. An gedachtem Orte liegen 2. Schiffe fuͤr die bereit, welche Bleizeichen, und fuͤr die, welche Karten abgeben. Kaum iſt man aus dem erſten Schiffe druͤ- ben; ſo reißt man ſich beinahe wieder um den Platz in den Voituren. Ich ſtieg in eine zum Fenſter hinein. Es waren 15. Perſonen darin. Man ſitzt ſehr gepreßt. Der Weg von da nach Antwerpen, iſt eine einzi- ge, gerade, 2½ Stunden lange, ſehr angenehme Allee. Man ſieht die Stadtthuͤrme wohl 1½ Stunden vorher. Ich hoͤrte ſagen, man haͤtte ehemals zu Waſſer bis nach Antwerpen fahren koͤnnen, aber ſeitdem 3. Schiffe mit Mann und Maus verungluͤckt waͤren, habe man die jetzi- ge Einrichtung gemacht.
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*) Bei Willebroeck ſteht ſchon ein groſſer Theil der Haͤuſer tiefer in der Erde, als das Waſſer.
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fort, wird aber, gegen das Land beurtheilt, immer nie-
driger. Anfangs ſind die herrlichſten Spaziergaͤnge von
Bruͤſſel zu beiden Seiten, hernach Wieſen, dann Frucht-
felder, Landhaͤuſer, kleine Doͤrfer, auch etwas Wal-
dung. Bei jedem Wechſel der Barken iſt ein Baſſin,
und darin Maſchinen, die das Waſſer aufheben und wie-
der in den folgenden Kanal bringen. Man koͤmmt im-
mer tiefer herab, *) und merkt, daß man ſich Holland
naͤhert. Zuletzt wird das Schiff gar mit vieler Umſtaͤnd-
lichkeit in das Baſſin herabgebracht. Man macht 5.
Stunden zu Waſſer. Der Ort, wo man abſteigt, und
die Schelde ſelber paſſiren muß, heiſt Willebroeck.
Die Schelde iſt nicht tief, wenigſtens war ſie jetzt ſehr
ſeicht; an vielen Orten ſah man den Sand; aber gewal-
tig breit. An gedachtem Orte liegen 2. Schiffe fuͤr die
bereit, welche Bleizeichen, und fuͤr die, welche Karten
abgeben. Kaum iſt man aus dem erſten Schiffe druͤ-
ben; ſo reißt man ſich beinahe wieder um den Platz in
den Voituren. Ich ſtieg in eine zum Fenſter hinein.
Es waren 15. Perſonen darin. Man ſitzt ſehr gepreßt.
Der Weg von da nach Antwerpen, iſt eine einzi-
ge, gerade, 2½ Stunden lange, ſehr angenehme Allee.
Man ſieht die Stadtthuͤrme wohl 1½ Stunden vorher.
Ich hoͤrte ſagen, man haͤtte ehemals zu Waſſer bis nach
Antwerpen fahren koͤnnen, aber ſeitdem 3. Schiffe mit
Mann und Maus verungluͤckt waͤren, habe man die jetzi-
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*) Bei Willebroeck ſteht ſchon ein groſſer Theil der
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/473>, abgerufen am 22.11.2024.
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