Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

unterscheiden. Man habe nie gesehen, daß die Saa-
menthierchen sich vervielfältigen; alle diese parties vita-
les
verminderten sich vielmehr immer. Dem Bonnet-
schen System sprach er alle philosophische Gründlichkeit
ab, und Haller's Memoires sur etc. bewiesen gar
nichts. -- Man müsse weiblichen Saamen statuiren,
weil er, Buffon, und D'Aubenton, die nämlichen par-
ties vitales,
die nämliche Vegetation im Liquor, wie
im männlichen Saamen gefunden hätten. Er war mit
mir einig, daß frischer aus dem Körper genommener
Saame keine parties vitales zeige, aber nach 5-6. Se-
kunden, wenigstens nach so viel Minuten, sehe man sie:
darin aber waren wir verschieden, daß dieser Saame als-
dann schon faul, und zur Zeugung untüchtig sei. Denn
nun konnt' ich ihm meine Befremdung, daß er und Buf-
fon
demungeachtet auf diese Phänomene das System der
Epigenesie bauen wollen, nicht verschweigen etc. Von
ihm ging ich und besah

Hrn. Dancot's Gemäldesammlung. Der Be-
sitzer ist ein reicher Bankier, der viele Kenntnis von Ge-
mälden, und bei meiner Addresse von Needham für mich
ungemein viel Gefälligkeit hatte. Zwei grosse Zimmer
waren mit den herrlichsten Malereien angefüllt. Man
sah darin Stücke von alten und neuen holländischen, deut-
schen, französischen, italiänischen etc. Meistern. Der
Besitzer sah es nicht gern, wenn man mit der Schreibta-
fel in der Hand herum ging, doch eins hab' ich seiner
Seltenheit wegen behalten. Es ist ein Gemälde des
L. da Vinci
für den König Franz I. verfertigt, und
stellt die Donna Monalysa di Francesco secondo,
die schönste Frau ihrer Zeit, vor. Es ist unvergleich-

lich,

unterſcheiden. Man habe nie geſehen, daß die Saa-
menthierchen ſich vervielfaͤltigen; alle dieſe parties vita-
les
verminderten ſich vielmehr immer. Dem Bonnet-
ſchen Syſtem ſprach er alle philoſophiſche Gruͤndlichkeit
ab, und Haller’s Memoires ſur etc. bewieſen gar
nichts. — Man muͤſſe weiblichen Saamen ſtatuiren,
weil er, Buffon, und D’Aubenton, die naͤmlichen par-
ties vitales,
die naͤmliche Vegetation im Liquor, wie
im maͤnnlichen Saamen gefunden haͤtten. Er war mit
mir einig, daß friſcher aus dem Koͤrper genommener
Saame keine parties vitales zeige, aber nach 5-6. Se-
kunden, wenigſtens nach ſo viel Minuten, ſehe man ſie:
darin aber waren wir verſchieden, daß dieſer Saame als-
dann ſchon faul, und zur Zeugung untuͤchtig ſei. Denn
nun konnt’ ich ihm meine Befremdung, daß er und Buf-
fon
demungeachtet auf dieſe Phaͤnomene das Syſtem der
Epigeneſie bauen wollen, nicht verſchweigen ꝛc. Von
ihm ging ich und beſah

Hrn. Dancot’s Gemaͤldeſammlung. Der Be-
ſitzer iſt ein reicher Bankier, der viele Kenntnis von Ge-
maͤlden, und bei meiner Addreſſe von Needham fuͤr mich
ungemein viel Gefaͤlligkeit hatte. Zwei groſſe Zimmer
waren mit den herrlichſten Malereien angefuͤllt. Man
ſah darin Stuͤcke von alten und neuen hollaͤndiſchen, deut-
ſchen, franzoͤſiſchen, italiaͤniſchen ꝛc. Meiſtern. Der
Beſitzer ſah es nicht gern, wenn man mit der Schreibta-
fel in der Hand herum ging, doch eins hab’ ich ſeiner
Seltenheit wegen behalten. Es iſt ein Gemaͤlde des
L. da Vinci
fuͤr den Koͤnig Franz I. verfertigt, und
ſtellt die Donna Monalyſa di Franceſco ſecondo,
die ſchoͤnſte Frau ihrer Zeit, vor. Es iſt unvergleich-

lich,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0464" n="440"/>
unter&#x017F;cheiden. Man habe nie ge&#x017F;ehen, daß die Saa-<lb/>
menthierchen &#x017F;ich vervielfa&#x0364;ltigen; alle die&#x017F;e <hi rendition="#aq">parties vita-<lb/>
les</hi> verminderten &#x017F;ich vielmehr immer. Dem <hi rendition="#fr">Bonnet-</hi><lb/>
&#x017F;chen Sy&#x017F;tem &#x017F;prach er alle philo&#x017F;ophi&#x017F;che Gru&#x0364;ndlichkeit<lb/>
ab, und <hi rendition="#fr">Haller</hi>&#x2019;s <hi rendition="#aq">Memoires &#x017F;ur etc.</hi> bewie&#x017F;en gar<lb/>
nichts. &#x2014; Man mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e weiblichen Saamen &#x017F;tatuiren,<lb/>
weil er, <hi rendition="#fr">Buffon,</hi> und <hi rendition="#fr">D&#x2019;Aubenton,</hi> die na&#x0364;mlichen <hi rendition="#aq">par-<lb/>
ties vitales,</hi> die na&#x0364;mliche Vegetation im Liquor, wie<lb/>
im ma&#x0364;nnlichen Saamen gefunden ha&#x0364;tten. Er war mit<lb/>
mir einig, daß fri&#x017F;cher aus dem Ko&#x0364;rper genommener<lb/>
Saame keine <hi rendition="#aq">parties vitales</hi> zeige, aber nach 5-6. Se-<lb/>
kunden, wenig&#x017F;tens nach &#x017F;o viel Minuten, &#x017F;ehe man &#x017F;ie:<lb/>
darin aber waren wir ver&#x017F;chieden, daß die&#x017F;er Saame als-<lb/>
dann &#x017F;chon faul, und zur Zeugung untu&#x0364;chtig &#x017F;ei. Denn<lb/>
nun konnt&#x2019; ich ihm meine Befremdung, daß er und <hi rendition="#fr">Buf-<lb/>
fon</hi> demungeachtet auf die&#x017F;e Pha&#x0364;nomene das Sy&#x017F;tem der<lb/>
Epigene&#x017F;ie bauen wollen, nicht ver&#x017F;chweigen &#xA75B;c. Von<lb/>
ihm ging ich und be&#x017F;ah</p><lb/>
            <p>Hrn. <hi rendition="#fr">Dancot</hi>&#x2019;s <hi rendition="#fr">Gema&#x0364;lde&#x017F;ammlung.</hi> Der Be-<lb/>
&#x017F;itzer i&#x017F;t ein reicher Bankier, der viele Kenntnis von Ge-<lb/>
ma&#x0364;lden, und bei meiner Addre&#x017F;&#x017F;e von <hi rendition="#fr">Needham</hi> fu&#x0364;r mich<lb/>
ungemein viel Gefa&#x0364;lligkeit hatte. Zwei gro&#x017F;&#x017F;e Zimmer<lb/>
waren mit den herrlich&#x017F;ten Malereien angefu&#x0364;llt. Man<lb/>
&#x017F;ah darin Stu&#x0364;cke von alten und neuen holla&#x0364;ndi&#x017F;chen, deut-<lb/>
&#x017F;chen, franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen, italia&#x0364;ni&#x017F;chen &#xA75B;c. Mei&#x017F;tern. Der<lb/>
Be&#x017F;itzer &#x017F;ah es nicht gern, wenn man mit der Schreibta-<lb/>
fel in der Hand herum ging, doch eins hab&#x2019; ich &#x017F;einer<lb/>
Seltenheit wegen behalten. Es i&#x017F;t ein <hi rendition="#fr">Gema&#x0364;lde des<lb/>
L. da Vinci</hi> fu&#x0364;r den Ko&#x0364;nig <hi rendition="#fr">Franz</hi> <hi rendition="#aq">I.</hi> verfertigt, und<lb/>
&#x017F;tellt die <hi rendition="#aq">Donna <hi rendition="#i">Monaly&#x017F;a</hi> di <hi rendition="#i">France&#x017F;co</hi> &#x017F;econdo,</hi><lb/>
die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Frau ihrer Zeit, vor. Es i&#x017F;t unvergleich-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lich,</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[440/0464] unterſcheiden. Man habe nie geſehen, daß die Saa- menthierchen ſich vervielfaͤltigen; alle dieſe parties vita- les verminderten ſich vielmehr immer. Dem Bonnet- ſchen Syſtem ſprach er alle philoſophiſche Gruͤndlichkeit ab, und Haller’s Memoires ſur etc. bewieſen gar nichts. — Man muͤſſe weiblichen Saamen ſtatuiren, weil er, Buffon, und D’Aubenton, die naͤmlichen par- ties vitales, die naͤmliche Vegetation im Liquor, wie im maͤnnlichen Saamen gefunden haͤtten. Er war mit mir einig, daß friſcher aus dem Koͤrper genommener Saame keine parties vitales zeige, aber nach 5-6. Se- kunden, wenigſtens nach ſo viel Minuten, ſehe man ſie: darin aber waren wir verſchieden, daß dieſer Saame als- dann ſchon faul, und zur Zeugung untuͤchtig ſei. Denn nun konnt’ ich ihm meine Befremdung, daß er und Buf- fon demungeachtet auf dieſe Phaͤnomene das Syſtem der Epigeneſie bauen wollen, nicht verſchweigen ꝛc. Von ihm ging ich und beſah Hrn. Dancot’s Gemaͤldeſammlung. Der Be- ſitzer iſt ein reicher Bankier, der viele Kenntnis von Ge- maͤlden, und bei meiner Addreſſe von Needham fuͤr mich ungemein viel Gefaͤlligkeit hatte. Zwei groſſe Zimmer waren mit den herrlichſten Malereien angefuͤllt. Man ſah darin Stuͤcke von alten und neuen hollaͤndiſchen, deut- ſchen, franzoͤſiſchen, italiaͤniſchen ꝛc. Meiſtern. Der Beſitzer ſah es nicht gern, wenn man mit der Schreibta- fel in der Hand herum ging, doch eins hab’ ich ſeiner Seltenheit wegen behalten. Es iſt ein Gemaͤlde des L. da Vinci fuͤr den Koͤnig Franz I. verfertigt, und ſtellt die Donna Monalyſa di Franceſco ſecondo, die ſchoͤnſte Frau ihrer Zeit, vor. Es iſt unvergleich- lich,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/464
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/464>, abgerufen am 10.05.2024.