der einen Seite das Rathhaus und Komödienhaus, und auf der andern ein grosses Gebäude hat, das von Kauf- leuten bewohnt wird. Die Stadt hat sie dem Könige nach dem Frieden setzen lassen. Hat man die a la Pla- ce de Louis XV. in Paris gesehen; so kan die einem nicht sonderlich gefallen. Sie ist aus einem weissen Steine auf einem weissen Fußgestelle mit einer Grille ein- faßt. Der König steht in Römischer Kleidung mit nack- ten Füssen da, streckt die rechte Hand von sich, und legt die Linke, in der er einen Degen hält, auf eine kleine Säule. Die Innschrift ist lateinisch, und schon halb unleserlich. Kleidung und Füsse sind das Schönste am ganzen Stücke.
Le Rempart de la Ville mußt' ich auch noch besu- chen. Er ist schmal, hat aber an den Seiten artige Spaziergänge und einige Gärten. Man hat eine Stun- de zu gehen, wenn man herum kommen will. Von da aus kan man die starke Befestigung der Stadt am besten übersehen. Man findet viele Pulvermagazine und Ber- ge von Kugeln. Heute war grade der Inspecteur ge- neral da, der das Pulver wägen lies und Visitation hielt. Das Magazin über der Porte a Tournay ist im Klei- nen gebaut, wie die Bastille in Paris.Le Fort des Canons heist der Theil, wo die meisten Kanonen liegen. Nur die beim Desertiren der Soldaten gelöset werden, lie- gen auf Lavetten, die übrigen Lavetten stehen im Zeug- hause, oder unterm Thore in der Citadelle. Mein Ge- schmack an Manufakturen trieb mich an, auch
La Fabrique de Batiste zu besehen. Die Spi- tzenarbeiten der kleinen Mädchen im Hopital general gefielen mir so wohl, daß ich nach den Weberstühlen, wo
Batist
der einen Seite das Rathhaus und Komoͤdienhaus, und auf der andern ein groſſes Gebaͤude hat, das von Kauf- leuten bewohnt wird. Die Stadt hat ſie dem Koͤnige nach dem Frieden ſetzen laſſen. Hat man die à la Pla- ce de Louis XV. in Paris geſehen; ſo kan die einem nicht ſonderlich gefallen. Sie iſt aus einem weiſſen Steine auf einem weiſſen Fußgeſtelle mit einer Grille ein- faßt. Der Koͤnig ſteht in Roͤmiſcher Kleidung mit nack- ten Fuͤſſen da, ſtreckt die rechte Hand von ſich, und legt die Linke, in der er einen Degen haͤlt, auf eine kleine Saͤule. Die Innſchrift iſt lateiniſch, und ſchon halb unleſerlich. Kleidung und Fuͤſſe ſind das Schoͤnſte am ganzen Stuͤcke.
Le Rempart de la Ville mußt’ ich auch noch beſu- chen. Er iſt ſchmal, hat aber an den Seiten artige Spaziergaͤnge und einige Gaͤrten. Man hat eine Stun- de zu gehen, wenn man herum kommen will. Von da aus kan man die ſtarke Befeſtigung der Stadt am beſten uͤberſehen. Man findet viele Pulvermagazine und Ber- ge von Kugeln. Heute war grade der Inſpecteur ge- neral da, der das Pulver waͤgen lies und Viſitation hielt. Das Magazin uͤber der Porte à Tournay iſt im Klei- nen gebaut, wie die Baſtille in Paris.Le Fort des Canons heiſt der Theil, wo die meiſten Kanonen liegen. Nur die beim Deſertiren der Soldaten geloͤſet werden, lie- gen auf Lavetten, die uͤbrigen Lavetten ſtehen im Zeug- hauſe, oder unterm Thore in der Citadelle. Mein Ge- ſchmack an Manufakturen trieb mich an, auch
La Fabrique de Batiſte zu beſehen. Die Spi- tzenarbeiten der kleinen Maͤdchen im Hôpital general gefielen mir ſo wohl, daß ich nach den Weberſtuͤhlen, wo
Batiſt
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0424"n="400"/>
der einen Seite das Rathhaus und Komoͤdienhaus, und<lb/>
auf der andern ein groſſes Gebaͤude hat, das von Kauf-<lb/>
leuten bewohnt wird. Die Stadt hat ſie dem Koͤnige<lb/>
nach dem Frieden ſetzen laſſen. Hat man die <hirendition="#aq">à la Pla-<lb/>
ce de <hirendition="#i">Louis XV.</hi></hi> in <hirendition="#fr">Paris</hi> geſehen; ſo kan die einem<lb/>
nicht ſonderlich gefallen. Sie iſt aus einem weiſſen<lb/>
Steine auf einem weiſſen Fußgeſtelle mit einer Grille ein-<lb/>
faßt. Der Koͤnig ſteht in Roͤmiſcher Kleidung mit nack-<lb/>
ten Fuͤſſen da, ſtreckt die rechte Hand von ſich, und legt<lb/>
die Linke, in der er einen Degen haͤlt, auf eine kleine<lb/>
Saͤule. Die Innſchrift iſt lateiniſch, und ſchon halb<lb/>
unleſerlich. Kleidung und Fuͤſſe ſind das Schoͤnſte am<lb/>
ganzen Stuͤcke.</p><lb/><p><hirendition="#aq">Le Rempart de la <hirendition="#i">Ville</hi></hi> mußt’ ich auch noch beſu-<lb/>
chen. Er iſt ſchmal, hat aber an den Seiten artige<lb/>
Spaziergaͤnge und einige Gaͤrten. Man hat eine Stun-<lb/>
de zu gehen, wenn man herum kommen will. Von da<lb/>
aus kan man die ſtarke Befeſtigung der Stadt am beſten<lb/>
uͤberſehen. Man findet viele Pulvermagazine und Ber-<lb/>
ge von Kugeln. Heute war grade der <hirendition="#aq">Inſpecteur ge-<lb/>
neral</hi> da, der das Pulver waͤgen lies und Viſitation hielt.<lb/>
Das Magazin uͤber der <hirendition="#aq">Porte à <hirendition="#i">Tournay</hi></hi> iſt im Klei-<lb/>
nen gebaut, wie die Baſtille in <hirendition="#fr">Paris.</hi><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Le Fort des<lb/>
Canons</hi></hi> heiſt der Theil, wo die meiſten Kanonen liegen.<lb/>
Nur die beim Deſertiren der Soldaten geloͤſet werden, lie-<lb/>
gen auf Lavetten, die uͤbrigen Lavetten ſtehen im Zeug-<lb/>
hauſe, oder unterm Thore in der Citadelle. Mein Ge-<lb/>ſchmack an Manufakturen trieb mich an, auch</p><lb/><p><hirendition="#aq">La Fabrique de Batiſte</hi> zu beſehen. Die Spi-<lb/>
tzenarbeiten der kleinen Maͤdchen im <hirendition="#aq">Hôpital general</hi><lb/>
gefielen mir ſo wohl, daß ich nach den Weberſtuͤhlen, wo<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Batiſt</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[400/0424]
der einen Seite das Rathhaus und Komoͤdienhaus, und
auf der andern ein groſſes Gebaͤude hat, das von Kauf-
leuten bewohnt wird. Die Stadt hat ſie dem Koͤnige
nach dem Frieden ſetzen laſſen. Hat man die à la Pla-
ce de Louis XV. in Paris geſehen; ſo kan die einem
nicht ſonderlich gefallen. Sie iſt aus einem weiſſen
Steine auf einem weiſſen Fußgeſtelle mit einer Grille ein-
faßt. Der Koͤnig ſteht in Roͤmiſcher Kleidung mit nack-
ten Fuͤſſen da, ſtreckt die rechte Hand von ſich, und legt
die Linke, in der er einen Degen haͤlt, auf eine kleine
Saͤule. Die Innſchrift iſt lateiniſch, und ſchon halb
unleſerlich. Kleidung und Fuͤſſe ſind das Schoͤnſte am
ganzen Stuͤcke.
Le Rempart de la Ville mußt’ ich auch noch beſu-
chen. Er iſt ſchmal, hat aber an den Seiten artige
Spaziergaͤnge und einige Gaͤrten. Man hat eine Stun-
de zu gehen, wenn man herum kommen will. Von da
aus kan man die ſtarke Befeſtigung der Stadt am beſten
uͤberſehen. Man findet viele Pulvermagazine und Ber-
ge von Kugeln. Heute war grade der Inſpecteur ge-
neral da, der das Pulver waͤgen lies und Viſitation hielt.
Das Magazin uͤber der Porte à Tournay iſt im Klei-
nen gebaut, wie die Baſtille in Paris. Le Fort des
Canons heiſt der Theil, wo die meiſten Kanonen liegen.
Nur die beim Deſertiren der Soldaten geloͤſet werden, lie-
gen auf Lavetten, die uͤbrigen Lavetten ſtehen im Zeug-
hauſe, oder unterm Thore in der Citadelle. Mein Ge-
ſchmack an Manufakturen trieb mich an, auch
La Fabrique de Batiſte zu beſehen. Die Spi-
tzenarbeiten der kleinen Maͤdchen im Hôpital general
gefielen mir ſo wohl, daß ich nach den Weberſtuͤhlen, wo
Batiſt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/424>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.