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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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den Faden, bald den, bald jenen, zwischen den herabge-
henden Fäden, bald da bald dort durch; das ist gleich-
sam der Eintrag, oder so entstehen Maschen, die er alle
nach den durchscheinenden schwarzen Strichen macht,
und ordnet. Auf das hinter ihm hängende Bild sieht er
nur, wenn er die rechte Nüance der Farbe wählen will.
Die Maschen drückt er mit dem vorne zugespitzten Ende
des Klöppels fest aneinander. Einige haben auch dop-
pelte Kämme von Bein etc. Ich sah an einem Pfauen-
schweif arbeiten, an einem Kopf, an Blumen etc. es geht
geschwind, bis aber ein kenntbares Ganzes herauskomt,
währts doch lange. Damit sich das Stück unter der Ar-
beit nicht beschmutze, oder schwärze; so wird gleich über
ein Gesicht etc. ein Lappen Zeug angeheftet, der herabfällt,
und es bedeckt, wenn weiter hinauf die Hand des Arbei-
ters beständig darauf herumfährt. Ich hatte Stücke
von Goldfäden gesehen, und fragte auch darnach, wie
ich die halbseidne Arbeit sah: On ne fait pas encore
cela,
sagte man, ca coute trop, et se noircit. Die
Farben mit der Seide sind eben so schön. Ich fragte
nach dem Preis, man sagte: die Quadratelle von Wolle
und Seidentapeten koste 500. Livres. Der König macht
Geschenke damit. Die Königin hat dem Kaiser alle
Stücke geschenkt etc.

b) Basse-Lice. Ich sah das noch für weit künst-
licher an, wenn ich gleich wenig davon sagen kan. Da
ist gar keine Maschine, kein Stuhl, sondern nur aufge-
spannte Rahmen in gewöhnlichen Tischen, daran die Fä-
den fest sind. Das Gemälde liegt unter dem werdenden
Stücke. Der Kerl legt sich über den Tisch hin; es
scheint ihm durch. Alle Klöppel hat er vor sich, wirft

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den Faden, bald den, bald jenen, zwiſchen den herabge-
henden Faͤden, bald da bald dort durch; das iſt gleich-
ſam der Eintrag, oder ſo entſtehen Maſchen, die er alle
nach den durchſcheinenden ſchwarzen Strichen macht,
und ordnet. Auf das hinter ihm haͤngende Bild ſieht er
nur, wenn er die rechte Nuͤance der Farbe waͤhlen will.
Die Maſchen druͤckt er mit dem vorne zugeſpitzten Ende
des Kloͤppels feſt aneinander. Einige haben auch dop-
pelte Kaͤmme von Bein ꝛc. Ich ſah an einem Pfauen-
ſchweif arbeiten, an einem Kopf, an Blumen ꝛc. es geht
geſchwind, bis aber ein kenntbares Ganzes herauskomt,
waͤhrts doch lange. Damit ſich das Stuͤck unter der Ar-
beit nicht beſchmutze, oder ſchwaͤrze; ſo wird gleich uͤber
ein Geſicht ꝛc. ein Lappen Zeug angeheftet, der herabfaͤllt,
und es bedeckt, wenn weiter hinauf die Hand des Arbei-
ters beſtaͤndig darauf herumfaͤhrt. Ich hatte Stuͤcke
von Goldfaͤden geſehen, und fragte auch darnach, wie
ich die halbſeidne Arbeit ſah: On ne fait pas encore
cela,
ſagte man, ça coute trop, et ſe noircit. Die
Farben mit der Seide ſind eben ſo ſchoͤn. Ich fragte
nach dem Preis, man ſagte: die Quadratelle von Wolle
und Seidentapeten koſte 500. Livres. Der Koͤnig macht
Geſchenke damit. Die Koͤnigin hat dem Kaiſer alle
Stuͤcke geſchenkt ꝛc.

b) Baſſe-Lice. Ich ſah das noch fuͤr weit kuͤnſt-
licher an, wenn ich gleich wenig davon ſagen kan. Da
iſt gar keine Maſchine, kein Stuhl, ſondern nur aufge-
ſpannte Rahmen in gewoͤhnlichen Tiſchen, daran die Faͤ-
den feſt ſind. Das Gemaͤlde liegt unter dem werdenden
Stuͤcke. Der Kerl legt ſich uͤber den Tiſch hin; es
ſcheint ihm durch. Alle Kloͤppel hat er vor ſich, wirft

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[185/0209] den Faden, bald den, bald jenen, zwiſchen den herabge- henden Faͤden, bald da bald dort durch; das iſt gleich- ſam der Eintrag, oder ſo entſtehen Maſchen, die er alle nach den durchſcheinenden ſchwarzen Strichen macht, und ordnet. Auf das hinter ihm haͤngende Bild ſieht er nur, wenn er die rechte Nuͤance der Farbe waͤhlen will. Die Maſchen druͤckt er mit dem vorne zugeſpitzten Ende des Kloͤppels feſt aneinander. Einige haben auch dop- pelte Kaͤmme von Bein ꝛc. Ich ſah an einem Pfauen- ſchweif arbeiten, an einem Kopf, an Blumen ꝛc. es geht geſchwind, bis aber ein kenntbares Ganzes herauskomt, waͤhrts doch lange. Damit ſich das Stuͤck unter der Ar- beit nicht beſchmutze, oder ſchwaͤrze; ſo wird gleich uͤber ein Geſicht ꝛc. ein Lappen Zeug angeheftet, der herabfaͤllt, und es bedeckt, wenn weiter hinauf die Hand des Arbei- ters beſtaͤndig darauf herumfaͤhrt. Ich hatte Stuͤcke von Goldfaͤden geſehen, und fragte auch darnach, wie ich die halbſeidne Arbeit ſah: On ne fait pas encore cela, ſagte man, ça coute trop, et ſe noircit. Die Farben mit der Seide ſind eben ſo ſchoͤn. Ich fragte nach dem Preis, man ſagte: die Quadratelle von Wolle und Seidentapeten koſte 500. Livres. Der Koͤnig macht Geſchenke damit. Die Koͤnigin hat dem Kaiſer alle Stuͤcke geſchenkt ꝛc. b) Baſſe-Lice. Ich ſah das noch fuͤr weit kuͤnſt- licher an, wenn ich gleich wenig davon ſagen kan. Da iſt gar keine Maſchine, kein Stuhl, ſondern nur aufge- ſpannte Rahmen in gewoͤhnlichen Tiſchen, daran die Faͤ- den feſt ſind. Das Gemaͤlde liegt unter dem werdenden Stuͤcke. Der Kerl legt ſich uͤber den Tiſch hin; es ſcheint ihm durch. Alle Kloͤppel hat er vor ſich, wirft ſie M 5

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/209>, abgerufen am 24.11.2024.