lichen Kunst eine vorzügliche Stelle verdient. Weder der vorige noch der jetzige König hat es gesehen. -- Bis itzt war der Kaiser auch nicht bei ihr gewesen. Der Marggraf von Baden, und der Herzog von Weimar aber habens gesehen. Sie hat wenig Vermögen, ihre Kleidung und ihr Zimmer zeigens; sie hat eine Magd, und wenige Bekanntschaft. Jußieu und Villoison schätzen sie, die andern Aerzte aber unterstützen sie nicht. -- Man sicht zuerst im Zimmer auf einem grossen Schemel, der sich drehen läßt, einen hölzernen Kasten, der aussen mit Papier überzogen und inwendig mit blauem Taffet aus- geschlagen ist, wie ein Bett, mit Küssen und Decken. Darin liegt ein ordentlicher Mensch von Wachs, ein weib- licher Körper von mittler Grösse. Wenn die blauen Kleider zurück geschlagen, und die Schnüre in der Mitte aufgemacht sind, so sieht man den Kopf, die Brust, den Bauch; Arme und Füsse fehlen. Sie hats so eingerich- tet, daß sie die innern Theile alle nach den 3. grossen Hö- lungen zeigen kan. Der Kopf hat hinten eine Kappe, und vorne ist das Gesicht so natürlich, wie an einer Mas- ke. Wenn sie das Innere des Kopfs zeigen will, stellt sie den Wachsmenschen auf den Boden und bindet die Kap- pe ab, so sieht man ein ordentliches Cranium mit sei- nen Näthen. Sie nimmt das weg, so kommen die Me- nynges zum Vorschein. In der dura hat sie eine Stel- le gelassen, wo man die Arachnoidea sehen kan. Die Sinus hat sie auch nicht vergessen, die pia, die Sub- stantia corticalis, medullaris, die zwei Haemisphe- ria, der processus falciformis, die glandula pinea- lis, das corpus callosum, die crysta galli, das ce- rebellum, die ventriculi, die Insinuationes cor- ticis, die origines nervorum et medullae ob-
long.,
lichen Kunſt eine vorzuͤgliche Stelle verdient. Weder der vorige noch der jetzige Koͤnig hat es geſehen. — Bis itzt war der Kaiſer auch nicht bei ihr geweſen. Der Marggraf von Baden, und der Herzog von Weimar aber habens geſehen. Sie hat wenig Vermoͤgen, ihre Kleidung und ihr Zimmer zeigens; ſie hat eine Magd, und wenige Bekanntſchaft. Jußieu und Villoiſon ſchaͤtzen ſie, die andern Aerzte aber unterſtuͤtzen ſie nicht. — Man ſicht zuerſt im Zimmer auf einem groſſen Schemel, der ſich drehen laͤßt, einen hoͤlzernen Kaſten, der auſſen mit Papier uͤberzogen und inwendig mit blauem Taffet aus- geſchlagen iſt, wie ein Bett, mit Kuͤſſen und Decken. Darin liegt ein ordentlicher Menſch von Wachs, ein weib- licher Koͤrper von mittler Groͤſſe. Wenn die blauen Kleider zuruͤck geſchlagen, und die Schnuͤre in der Mitte aufgemacht ſind, ſo ſieht man den Kopf, die Bruſt, den Bauch; Arme und Fuͤſſe fehlen. Sie hats ſo eingerich- tet, daß ſie die innern Theile alle nach den 3. groſſen Hoͤ- lungen zeigen kan. Der Kopf hat hinten eine Kappe, und vorne iſt das Geſicht ſo natuͤrlich, wie an einer Maſ- ke. Wenn ſie das Innere des Kopfs zeigen will, ſtellt ſie den Wachsmenſchen auf den Boden und bindet die Kap- pe ab, ſo ſieht man ein ordentliches Cranium mit ſei- nen Naͤthen. Sie nimmt das weg, ſo kommen die Me- nynges zum Vorſchein. In der dura hat ſie eine Stel- le gelaſſen, wo man die Arachnoidea ſehen kan. Die Sinus hat ſie auch nicht vergeſſen, die pia, die Sub- ſtantia corticalis, medullaris, die zwei Haemiſphe- ria, der proceſſus falciformis, die glandula pinea- lis, das corpus calloſum, die cryſta galli, das ce- rebellum, die ventriculi, die Inſinuationes cor- ticis, die origines nervorum et medullae ob-
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lichen Kunſt eine vorzuͤgliche Stelle verdient. Weder
der vorige noch der jetzige Koͤnig hat es geſehen. — Bis
itzt war der Kaiſer auch nicht bei ihr geweſen. Der
Marggraf von Baden, und der Herzog von Weimar
aber habens geſehen. Sie hat wenig Vermoͤgen, ihre
Kleidung und ihr Zimmer zeigens; ſie hat eine Magd, und
wenige Bekanntſchaft. Jußieu und Villoiſon ſchaͤtzen
ſie, die andern Aerzte aber unterſtuͤtzen ſie nicht. — Man
ſicht zuerſt im Zimmer auf einem groſſen Schemel, der
ſich drehen laͤßt, einen hoͤlzernen Kaſten, der auſſen mit
Papier uͤberzogen und inwendig mit blauem Taffet aus-
geſchlagen iſt, wie ein Bett, mit Kuͤſſen und Decken.
Darin liegt ein ordentlicher Menſch von Wachs, ein weib-
licher Koͤrper von mittler Groͤſſe. Wenn die blauen
Kleider zuruͤck geſchlagen, und die Schnuͤre in der Mitte
aufgemacht ſind, ſo ſieht man den Kopf, die Bruſt, den
Bauch; Arme und Fuͤſſe fehlen. Sie hats ſo eingerich-
tet, daß ſie die innern Theile alle nach den 3. groſſen Hoͤ-
lungen zeigen kan. Der Kopf hat hinten eine Kappe,
und vorne iſt das Geſicht ſo natuͤrlich, wie an einer Maſ-
ke. Wenn ſie das Innere des Kopfs zeigen will, ſtellt
ſie den Wachsmenſchen auf den Boden und bindet die Kap-
pe ab, ſo ſieht man ein ordentliches Cranium mit ſei-
nen Naͤthen. Sie nimmt das weg, ſo kommen die Me-
nynges zum Vorſchein. In der dura hat ſie eine Stel-
le gelaſſen, wo man die Arachnoidea ſehen kan. Die
Sinus hat ſie auch nicht vergeſſen, die pia, die Sub-
ſtantia corticalis, medullaris, die zwei Haemiſphe-
ria, der proceſſus falciformis, die glandula pinea-
lis, das corpus calloſum, die cryſta galli, das ce-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/115>, abgerufen am 22.11.2024.
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