In Fig. 400 ist die Hälfte einer Abbildung wiedergegeben, welche den Transport einer altägyptischen Kolossalstatue mittels Schlittens darstellt. Um die Reibung zwischen den Schlittenkufen und der aus Brettern gebildeten Bahn thunlichst zu vermindern, gießt hier ein zu Füßen der Bildsäule stehender Arbeiter ein geeignetes Schmiermittel,
[Abbildung]
Fig. 400.
Transport einer altägyptischen Kolossalstatue.
Wasser oder Öl, auf die Bahn, während ein auf den Knieen der Statue stehender Aufseher die an vier Zugseilen angreifen- den 172 Arbeiter (die- selben sind in der Figur nur zum Teil dargestellt) durch Zuruf und Zeichen leitet.
So unvollkommen dieses Transportmittel uns erscheint, so erstaun- lich sind die Leistungen, welche die alten Ägypter mit demselben, allerdings unter Aufwendung un- geheurer Arbeitermassen, erzielten. So wurde auf diese Weise einer der großen Obelisken des Tempels zu Karnak im Gewichte von 29700 Kilo- gramm 28 deutsche Meilen weit befördert. Als ferneres Beispiel führen wir an, daß König Amasis von Elefantine nach Sais ein aus einem einzigen Stein bestehendes Haus schaffen ließ; hierzu gebrauchten 2000 Mann einen Zeitraum von drei Jahren.
Aus der unter die Schlittenkufen gelegten Rolle entwickelte sich alsbald das an dem Schlitten befestigte drehbare Rad, denn die der Rolle naturgemäß anhaftenden Mängel waren sehr schwer wiegender Natur. Man wird daher schon im hohen Altertum mit der Rolle die gleichen bösen Erfahrungen gemacht haben, wie dies dem bekannten Architekten Fontana im Jahre 1586 bei der Aufstellung des 10000 Centner schweren vatikanischen Obelisken widerfuhr. Zunächst erfordern die Rollen stets eine feste Unterlage, da sie anderen Falles zu tief in das Erdreich sich einpressen; dann aber haben sie beim Vorwärts- schieben stets die Neigung, sich zu verschieben und sich schräg ein- zustellen, und schließlich ermöglichen sie nur unter großen Schwierig- keiten die Ausführung von Schwenkungen beim Passieren von Wege- krümmungen.
Der Verkehr zu Lande.
In Fig. 400 iſt die Hälfte einer Abbildung wiedergegeben, welche den Transport einer altägyptiſchen Koloſſalſtatue mittels Schlittens darſtellt. Um die Reibung zwiſchen den Schlittenkufen und der aus Brettern gebildeten Bahn thunlichſt zu vermindern, gießt hier ein zu Füßen der Bildſäule ſtehender Arbeiter ein geeignetes Schmiermittel,
[Abbildung]
Fig. 400.
Transport einer altägyptiſchen Koloſſalſtatue.
Waſſer oder Öl, auf die Bahn, während ein auf den Knieen der Statue ſtehender Aufſeher die an vier Zugſeilen angreifen- den 172 Arbeiter (die- ſelben ſind in der Figur nur zum Teil dargeſtellt) durch Zuruf und Zeichen leitet.
So unvollkommen dieſes Transportmittel uns erſcheint, ſo erſtaun- lich ſind die Leiſtungen, welche die alten Ägypter mit demſelben, allerdings unter Aufwendung un- geheurer Arbeitermaſſen, erzielten. So wurde auf dieſe Weiſe einer der großen Obelisken des Tempels zu Karnak im Gewichte von 29700 Kilo- gramm 28 deutſche Meilen weit befördert. Als ferneres Beiſpiel führen wir an, daß König Amaſis von Elefantine nach Sais ein aus einem einzigen Stein beſtehendes Haus ſchaffen ließ; hierzu gebrauchten 2000 Mann einen Zeitraum von drei Jahren.
Aus der unter die Schlittenkufen gelegten Rolle entwickelte ſich alsbald das an dem Schlitten befeſtigte drehbare Rad, denn die der Rolle naturgemäß anhaftenden Mängel waren ſehr ſchwer wiegender Natur. Man wird daher ſchon im hohen Altertum mit der Rolle die gleichen böſen Erfahrungen gemacht haben, wie dies dem bekannten Architekten Fontana im Jahre 1586 bei der Aufſtellung des 10000 Centner ſchweren vatikaniſchen Obelisken widerfuhr. Zunächſt erfordern die Rollen ſtets eine feſte Unterlage, da ſie anderen Falles zu tief in das Erdreich ſich einpreſſen; dann aber haben ſie beim Vorwärts- ſchieben ſtets die Neigung, ſich zu verſchieben und ſich ſchräg ein- zuſtellen, und ſchließlich ermöglichen ſie nur unter großen Schwierig- keiten die Ausführung von Schwenkungen beim Paſſieren von Wege- krümmungen.
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Der Verkehr zu Lande.
In Fig. 400 iſt die Hälfte einer Abbildung wiedergegeben, welche
den Transport einer altägyptiſchen Koloſſalſtatue mittels Schlittens
darſtellt. Um die Reibung zwiſchen den Schlittenkufen und der aus
Brettern gebildeten Bahn thunlichſt zu vermindern, gießt hier ein zu
Füßen der Bildſäule ſtehender Arbeiter ein geeignetes Schmiermittel,
[Abbildung Fig. 400.
Transport einer altägyptiſchen Koloſſalſtatue.]
Waſſer oder Öl, auf die
Bahn, während ein auf
den Knieen der Statue
ſtehender Aufſeher die an
vier Zugſeilen angreifen-
den 172 Arbeiter (die-
ſelben ſind in der Figur
nur zum Teil dargeſtellt)
durch Zuruf und Zeichen
leitet.
So unvollkommen
dieſes Transportmittel
uns erſcheint, ſo erſtaun-
lich ſind die Leiſtungen,
welche die alten Ägypter
mit demſelben, allerdings
unter Aufwendung un-
geheurer Arbeitermaſſen,
erzielten. So wurde auf
dieſe Weiſe einer der
großen Obelisken des
Tempels zu Karnak im
Gewichte von 29700 Kilo-
gramm 28 deutſche Meilen weit befördert. Als ferneres Beiſpiel führen
wir an, daß König Amaſis von Elefantine nach Sais ein aus einem
einzigen Stein beſtehendes Haus ſchaffen ließ; hierzu gebrauchten
2000 Mann einen Zeitraum von drei Jahren.
Aus der unter die Schlittenkufen gelegten Rolle entwickelte ſich
alsbald das an dem Schlitten befeſtigte drehbare Rad, denn die der
Rolle naturgemäß anhaftenden Mängel waren ſehr ſchwer wiegender
Natur. Man wird daher ſchon im hohen Altertum mit der Rolle die
gleichen böſen Erfahrungen gemacht haben, wie dies dem bekannten
Architekten Fontana im Jahre 1586 bei der Aufſtellung des 10000 Centner
ſchweren vatikaniſchen Obelisken widerfuhr. Zunächſt erfordern die
Rollen ſtets eine feſte Unterlage, da ſie anderen Falles zu tief in
das Erdreich ſich einpreſſen; dann aber haben ſie beim Vorwärts-
ſchieben ſtets die Neigung, ſich zu verſchieben und ſich ſchräg ein-
zuſtellen, und ſchließlich ermöglichen ſie nur unter großen Schwierig-
keiten die Ausführung von Schwenkungen beim Paſſieren von Wege-
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 724. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/742>, abgerufen am 23.11.2024.
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