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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Der Bau von Straßen und Wegen.
sich die Römer es schon von den ersten Zeiten ihrer Herrschaft ab
angelegen sein, überall da, wo sie festen Fuß gefaßt hatten, ein plan-
mäßig projektirtes und durchgearbeitetes Netz wohl befestigter Straßen
zu erbauen. In erster Linie hatten sie hierbei den Zweck im Auge,
daß ihre Legionen in möglichster Schnelle von ihren Standorten in
die entferntesten Gegenden des Reiches gelangen konnten.

Es entstand so im Laufe der Jahre die einen eigenartigen Typus
bildende Römerstraße; noch heute gilt dieselbe als das Vorbild
einer mustergiltigen Ausführung von Wegebauten. Eine solche Römer-
straße erforderte ein erhebliches Maß von Arbeit und Sorgfalt; ihre
Ausführung beschäftigte lange Zeit hindurch die Kräfte der die Besatzung
der eroberten Länder bildenden Legionen. Noch heute erregen die zahl-
reichen Überbleibsel dieser alten Kunststraßen die Bewunderung der
Fachleute wegen der Dauerhaftigkeit und Sorgfalt ihrer Ausführung.
Das bei dem Bau der Römerstraße befolgte Verfahren war folgendes:
Nachdem das Erdreich in der Breite der zu erbauenden Straße so
tief ausgehoben war, bis man einen hinreichend festen und widerstands-
fähigen Untergrund gefunden hatte, wurden auf dem Boden des so
gebildeten flachen Grabens zunächst ein bis drei Schichten kleiner
Steine verlegt und diese dann mit feuchtem Sande überschüttet.
Erforderlichen Falles wurde die Zahl der auf dem Boden verlegten
Steinschichten noch vermehrt. Die eben erwähnte Sandschicht wurde
auf das sorgfältigste festgestampft und in diese nun das eigentliche
Pflaster eingelegt. Letzteres bestand aus rohen oder aus bearbeiteten
Steinen, welche in gehörigem Verbande neben einander verlegt wurden,
oft sogar noch unter Hinzufügung eines besonderen Bindemittels. Die
Römerstraße unterschied sich also von der heiligen Straße der Griechen
wesentlich dadurch, daß sie keine Gleise oder Rinnen für die Wagen-
räder besaß, sondern nur eine einzige, stark gepflasterte Oberfläche hatte,
auf welcher die Wagen frei und ohne Umstände einander aus-
weichen konnten. Zu den beiden Seiten dieses Fahrweges zogen sich
dann erhöhte Wege für die Fußgänger hin; in gewissen Abständen
waren aufrecht stehende prismatische Steine angebracht, welche den
Reitern das Aufsteigen auf das Pferd bei dem damaligen Mangel
der Steigbügel erleichtern sollten. Im weiteren Verlaufe der Jahr-
hunderte, als der Glanz Roms sich immer mehr steigerte, da bildeten
diese Straßen in der Nähe der großen Städte eine hohe Zierde für
die Landschaft, denn es hatte sich die schöne Sitte herausgebildet, an
den wichtigeren Wegen den Göttern Heiligtümer zu erbauen und
Denkmäler zu Ehren hervorragender Bürger zu errichten. Als das
glänzendste Beispiel einer solchen Römerstraße bringen wir in Fig. 399
eine Abbildung der "Königin der Straßen", der von Rom nach Brun-
dusium führenden via Appia. Noch heute bilden die Trümmer dieser
hochwichtigen Heerstraße des Altertums einen der größten Reize der
Umgebung der ewigen Stadt.

Der Bau von Straßen und Wegen.
ſich die Römer es ſchon von den erſten Zeiten ihrer Herrſchaft ab
angelegen ſein, überall da, wo ſie feſten Fuß gefaßt hatten, ein plan-
mäßig projektirtes und durchgearbeitetes Netz wohl befeſtigter Straßen
zu erbauen. In erſter Linie hatten ſie hierbei den Zweck im Auge,
daß ihre Legionen in möglichſter Schnelle von ihren Standorten in
die entfernteſten Gegenden des Reiches gelangen konnten.

Es entſtand ſo im Laufe der Jahre die einen eigenartigen Typus
bildende Römerſtraße; noch heute gilt dieſelbe als das Vorbild
einer muſtergiltigen Ausführung von Wegebauten. Eine ſolche Römer-
ſtraße erforderte ein erhebliches Maß von Arbeit und Sorgfalt; ihre
Ausführung beſchäftigte lange Zeit hindurch die Kräfte der die Beſatzung
der eroberten Länder bildenden Legionen. Noch heute erregen die zahl-
reichen Überbleibſel dieſer alten Kunſtſtraßen die Bewunderung der
Fachleute wegen der Dauerhaftigkeit und Sorgfalt ihrer Ausführung.
Das bei dem Bau der Römerſtraße befolgte Verfahren war folgendes:
Nachdem das Erdreich in der Breite der zu erbauenden Straße ſo
tief ausgehoben war, bis man einen hinreichend feſten und widerſtands-
fähigen Untergrund gefunden hatte, wurden auf dem Boden des ſo
gebildeten flachen Grabens zunächſt ein bis drei Schichten kleiner
Steine verlegt und dieſe dann mit feuchtem Sande überſchüttet.
Erforderlichen Falles wurde die Zahl der auf dem Boden verlegten
Steinſchichten noch vermehrt. Die eben erwähnte Sandſchicht wurde
auf das ſorgfältigſte feſtgeſtampft und in dieſe nun das eigentliche
Pflaſter eingelegt. Letzteres beſtand aus rohen oder aus bearbeiteten
Steinen, welche in gehörigem Verbande neben einander verlegt wurden,
oft ſogar noch unter Hinzufügung eines beſonderen Bindemittels. Die
Römerſtraße unterſchied ſich alſo von der heiligen Straße der Griechen
weſentlich dadurch, daß ſie keine Gleiſe oder Rinnen für die Wagen-
räder beſaß, ſondern nur eine einzige, ſtark gepflaſterte Oberfläche hatte,
auf welcher die Wagen frei und ohne Umſtände einander aus-
weichen konnten. Zu den beiden Seiten dieſes Fahrweges zogen ſich
dann erhöhte Wege für die Fußgänger hin; in gewiſſen Abſtänden
waren aufrecht ſtehende prismatiſche Steine angebracht, welche den
Reitern das Aufſteigen auf das Pferd bei dem damaligen Mangel
der Steigbügel erleichtern ſollten. Im weiteren Verlaufe der Jahr-
hunderte, als der Glanz Roms ſich immer mehr ſteigerte, da bildeten
dieſe Straßen in der Nähe der großen Städte eine hohe Zierde für
die Landſchaft, denn es hatte ſich die ſchöne Sitte herausgebildet, an
den wichtigeren Wegen den Göttern Heiligtümer zu erbauen und
Denkmäler zu Ehren hervorragender Bürger zu errichten. Als das
glänzendſte Beiſpiel einer ſolchen Römerſtraße bringen wir in Fig. 399
eine Abbildung der „Königin der Straßen“, der von Rom nach Brun-
duſium führenden via Appia. Noch heute bilden die Trümmer dieſer
hochwichtigen Heerſtraße des Altertums einen der größten Reize der
Umgebung der ewigen Stadt.

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[719/0737] Der Bau von Straßen und Wegen. ſich die Römer es ſchon von den erſten Zeiten ihrer Herrſchaft ab angelegen ſein, überall da, wo ſie feſten Fuß gefaßt hatten, ein plan- mäßig projektirtes und durchgearbeitetes Netz wohl befeſtigter Straßen zu erbauen. In erſter Linie hatten ſie hierbei den Zweck im Auge, daß ihre Legionen in möglichſter Schnelle von ihren Standorten in die entfernteſten Gegenden des Reiches gelangen konnten. Es entſtand ſo im Laufe der Jahre die einen eigenartigen Typus bildende Römerſtraße; noch heute gilt dieſelbe als das Vorbild einer muſtergiltigen Ausführung von Wegebauten. Eine ſolche Römer- ſtraße erforderte ein erhebliches Maß von Arbeit und Sorgfalt; ihre Ausführung beſchäftigte lange Zeit hindurch die Kräfte der die Beſatzung der eroberten Länder bildenden Legionen. Noch heute erregen die zahl- reichen Überbleibſel dieſer alten Kunſtſtraßen die Bewunderung der Fachleute wegen der Dauerhaftigkeit und Sorgfalt ihrer Ausführung. Das bei dem Bau der Römerſtraße befolgte Verfahren war folgendes: Nachdem das Erdreich in der Breite der zu erbauenden Straße ſo tief ausgehoben war, bis man einen hinreichend feſten und widerſtands- fähigen Untergrund gefunden hatte, wurden auf dem Boden des ſo gebildeten flachen Grabens zunächſt ein bis drei Schichten kleiner Steine verlegt und dieſe dann mit feuchtem Sande überſchüttet. Erforderlichen Falles wurde die Zahl der auf dem Boden verlegten Steinſchichten noch vermehrt. Die eben erwähnte Sandſchicht wurde auf das ſorgfältigſte feſtgeſtampft und in dieſe nun das eigentliche Pflaſter eingelegt. Letzteres beſtand aus rohen oder aus bearbeiteten Steinen, welche in gehörigem Verbande neben einander verlegt wurden, oft ſogar noch unter Hinzufügung eines beſonderen Bindemittels. Die Römerſtraße unterſchied ſich alſo von der heiligen Straße der Griechen weſentlich dadurch, daß ſie keine Gleiſe oder Rinnen für die Wagen- räder beſaß, ſondern nur eine einzige, ſtark gepflaſterte Oberfläche hatte, auf welcher die Wagen frei und ohne Umſtände einander aus- weichen konnten. Zu den beiden Seiten dieſes Fahrweges zogen ſich dann erhöhte Wege für die Fußgänger hin; in gewiſſen Abſtänden waren aufrecht ſtehende prismatiſche Steine angebracht, welche den Reitern das Aufſteigen auf das Pferd bei dem damaligen Mangel der Steigbügel erleichtern ſollten. Im weiteren Verlaufe der Jahr- hunderte, als der Glanz Roms ſich immer mehr ſteigerte, da bildeten dieſe Straßen in der Nähe der großen Städte eine hohe Zierde für die Landſchaft, denn es hatte ſich die ſchöne Sitte herausgebildet, an den wichtigeren Wegen den Göttern Heiligtümer zu erbauen und Denkmäler zu Ehren hervorragender Bürger zu errichten. Als das glänzendſte Beiſpiel einer ſolchen Römerſtraße bringen wir in Fig. 399 eine Abbildung der „Königin der Straßen“, der von Rom nach Brun- duſium führenden via Appia. Noch heute bilden die Trümmer dieſer hochwichtigen Heerſtraße des Altertums einen der größten Reize der Umgebung der ewigen Stadt.

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 719. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/737>, abgerufen am 23.11.2024.