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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die Metallverarbeitung.
Tiegel, deren Inhalt 200 bis 1000 kg beträgt. Erst erhitzt man die
Tiegel bis zur Rotglut, bringt das Metall hinein und bedeckt sie mit
Holzkohlenlösche. Ist alles flüssig genug, so nimmt man mit einem
Schöpflöffel eine kleine Probe heraus und prüft sie auf den Fein-
gehalt. Fällt die Prüfung zufriedenstellend aus, so wird das Metall
in aufrechtstehende gußeiserne zweiteilige Formen gegossen zu Stäben
-- Zainen -- von 400 bis 600 mm Länge, 4 bis 8 mm Dicke und
einer Breite, die sich nach dem Durchmesser der Münzen richtet. Die
erkalteten Zaine kommen dann in ein Walzwerk, wo sie so lange gestreckt
und gleichzeitig verdichtet werden, bis ein ausgestoßenes Plättchen das
genaue Normalgewicht einer Münze gleicher Größe hat. Ist dies er-
reicht, so folgt das Ausstückeln, das natürlich mittels einer Loch-
maschine vor sich geht. Die dabei verbleibenden Reste wandern in den
Schmelztiegel zurück. Obgleich nun die Walzwerke, deren Walzen etwa
150 bis 250 mm Durchmesser und 200 bis 400 mm Länge haben,
aufs genaueste gearbeitet sind, so fallen die Platten doch nicht unbe-
dingt gleichmäßig aus, sie gelangen daher vor ihrer Weiterverarbeitung
in den Justiersaal. Hier sitzt ein Arbeiter an einem Tische, vor sich
eine Wage, auf deren einer Schale das Normalgewicht liegt. Auf
die andere legt er das Plättchen, ist dasselbe zu leicht, so muß es seine
Laufbahn von neuem im Schmelztiegel beginnen; ist es zu schwer, so
wird es vorsichtig so lange befeilt, bis es das richtige Gewicht zeigt.
Diese Bearbeitungen werden aber auch selbstthätig von Maschinen aus-
geführt, die Plättchen auf Plättchen auf die Wage legen und wieder weg-
schnellen, die leichten in ein bestimmtes, die zu schweren in ein anderes ge-
sondertes Behältnis. Derselben Wage bedient man sich auch, um bei den
schon im Umlauf gewesenen Münzen, die noch vollwichtigen von den
zu leichten zu sondern. Auch das Justieren besorgt ein Automat. Bei
Nickel- und Kupfermünzen giebt man sich übrigens nicht so große Mühe;
ob das einzelne Stück ganz genau ist, wird nicht untersucht, man trägt
nur Sorge, daß auf 1 kg die richtige Anzahl Münzen kommen, ohne
sie einzeln nachzusehen. Alsdann werden zuerst die Ränder, welche
natürlich rauh und uneben aus dem Durchstoß hervorgehen, einer
weiteren Bearbeitung ausgesetzt, sie werden gerändelt auf der Rändel-
maschine. Diese enthält als Arbeitszeug zwei gehärtete, gradlinige oder
kreisbogenförmige Stahlschienen, die Rändeleisen, deren eine festliegt,
während die andere derselben parallel sich soweit vorschieben läßt, daß
die Münze um eine halbe Umdrehung fortgerollt wird. Der Abstand
der Schienen ist nach dem Durchmesser der zu rändelnden Münzen ver-
stellbar. Das Rändelwerk ist übrigens eine Erfindung des französischen
Ingenieurs Cassaing aus dem Jahre 1685. Beim Rändeln wird der
Rand gleichzeitig durch die polierten Schienen geglättet und etwas
nach beiden Seiten aufgeworfen. Nach dem Rändeln, manchmal auch
schon vorher, werden die Platten ausgeglüht, wobei sie mit Kohlen-
staub bedeckt in kupfernen oder eisernen Kasten liegen, und in einer

Die Metallverarbeitung.
Tiegel, deren Inhalt 200 bis 1000 kg beträgt. Erſt erhitzt man die
Tiegel bis zur Rotglut, bringt das Metall hinein und bedeckt ſie mit
Holzkohlenlöſche. Iſt alles flüſſig genug, ſo nimmt man mit einem
Schöpflöffel eine kleine Probe heraus und prüft ſie auf den Fein-
gehalt. Fällt die Prüfung zufriedenſtellend aus, ſo wird das Metall
in aufrechtſtehende gußeiſerne zweiteilige Formen gegoſſen zu Stäben
— Zainen — von 400 bis 600 mm Länge, 4 bis 8 mm Dicke und
einer Breite, die ſich nach dem Durchmeſſer der Münzen richtet. Die
erkalteten Zaine kommen dann in ein Walzwerk, wo ſie ſo lange geſtreckt
und gleichzeitig verdichtet werden, bis ein ausgeſtoßenes Plättchen das
genaue Normalgewicht einer Münze gleicher Größe hat. Iſt dies er-
reicht, ſo folgt das Ausſtückeln, das natürlich mittels einer Loch-
maſchine vor ſich geht. Die dabei verbleibenden Reſte wandern in den
Schmelztiegel zurück. Obgleich nun die Walzwerke, deren Walzen etwa
150 bis 250 mm Durchmeſſer und 200 bis 400 mm Länge haben,
aufs genaueſte gearbeitet ſind, ſo fallen die Platten doch nicht unbe-
dingt gleichmäßig aus, ſie gelangen daher vor ihrer Weiterverarbeitung
in den Juſtierſaal. Hier ſitzt ein Arbeiter an einem Tiſche, vor ſich
eine Wage, auf deren einer Schale das Normalgewicht liegt. Auf
die andere legt er das Plättchen, iſt dasſelbe zu leicht, ſo muß es ſeine
Laufbahn von neuem im Schmelztiegel beginnen; iſt es zu ſchwer, ſo
wird es vorſichtig ſo lange befeilt, bis es das richtige Gewicht zeigt.
Dieſe Bearbeitungen werden aber auch ſelbſtthätig von Maſchinen aus-
geführt, die Plättchen auf Plättchen auf die Wage legen und wieder weg-
ſchnellen, die leichten in ein beſtimmtes, die zu ſchweren in ein anderes ge-
ſondertes Behältnis. Derſelben Wage bedient man ſich auch, um bei den
ſchon im Umlauf geweſenen Münzen, die noch vollwichtigen von den
zu leichten zu ſondern. Auch das Juſtieren beſorgt ein Automat. Bei
Nickel- und Kupfermünzen giebt man ſich übrigens nicht ſo große Mühe;
ob das einzelne Stück ganz genau iſt, wird nicht unterſucht, man trägt
nur Sorge, daß auf 1 kg die richtige Anzahl Münzen kommen, ohne
ſie einzeln nachzuſehen. Alsdann werden zuerſt die Ränder, welche
natürlich rauh und uneben aus dem Durchſtoß hervorgehen, einer
weiteren Bearbeitung ausgeſetzt, ſie werden gerändelt auf der Rändel-
maſchine. Dieſe enthält als Arbeitszeug zwei gehärtete, gradlinige oder
kreisbogenförmige Stahlſchienen, die Rändeleiſen, deren eine feſtliegt,
während die andere derſelben parallel ſich ſoweit vorſchieben läßt, daß
die Münze um eine halbe Umdrehung fortgerollt wird. Der Abſtand
der Schienen iſt nach dem Durchmeſſer der zu rändelnden Münzen ver-
ſtellbar. Das Rändelwerk iſt übrigens eine Erfindung des franzöſiſchen
Ingenieurs Caſſaing aus dem Jahre 1685. Beim Rändeln wird der
Rand gleichzeitig durch die polierten Schienen geglättet und etwas
nach beiden Seiten aufgeworfen. Nach dem Rändeln, manchmal auch
ſchon vorher, werden die Platten ausgeglüht, wobei ſie mit Kohlen-
ſtaub bedeckt in kupfernen oder eiſernen Kaſten liegen, und in einer

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[686/0704] Die Metallverarbeitung. Tiegel, deren Inhalt 200 bis 1000 kg beträgt. Erſt erhitzt man die Tiegel bis zur Rotglut, bringt das Metall hinein und bedeckt ſie mit Holzkohlenlöſche. Iſt alles flüſſig genug, ſo nimmt man mit einem Schöpflöffel eine kleine Probe heraus und prüft ſie auf den Fein- gehalt. Fällt die Prüfung zufriedenſtellend aus, ſo wird das Metall in aufrechtſtehende gußeiſerne zweiteilige Formen gegoſſen zu Stäben — Zainen — von 400 bis 600 mm Länge, 4 bis 8 mm Dicke und einer Breite, die ſich nach dem Durchmeſſer der Münzen richtet. Die erkalteten Zaine kommen dann in ein Walzwerk, wo ſie ſo lange geſtreckt und gleichzeitig verdichtet werden, bis ein ausgeſtoßenes Plättchen das genaue Normalgewicht einer Münze gleicher Größe hat. Iſt dies er- reicht, ſo folgt das Ausſtückeln, das natürlich mittels einer Loch- maſchine vor ſich geht. Die dabei verbleibenden Reſte wandern in den Schmelztiegel zurück. Obgleich nun die Walzwerke, deren Walzen etwa 150 bis 250 mm Durchmeſſer und 200 bis 400 mm Länge haben, aufs genaueſte gearbeitet ſind, ſo fallen die Platten doch nicht unbe- dingt gleichmäßig aus, ſie gelangen daher vor ihrer Weiterverarbeitung in den Juſtierſaal. Hier ſitzt ein Arbeiter an einem Tiſche, vor ſich eine Wage, auf deren einer Schale das Normalgewicht liegt. Auf die andere legt er das Plättchen, iſt dasſelbe zu leicht, ſo muß es ſeine Laufbahn von neuem im Schmelztiegel beginnen; iſt es zu ſchwer, ſo wird es vorſichtig ſo lange befeilt, bis es das richtige Gewicht zeigt. Dieſe Bearbeitungen werden aber auch ſelbſtthätig von Maſchinen aus- geführt, die Plättchen auf Plättchen auf die Wage legen und wieder weg- ſchnellen, die leichten in ein beſtimmtes, die zu ſchweren in ein anderes ge- ſondertes Behältnis. Derſelben Wage bedient man ſich auch, um bei den ſchon im Umlauf geweſenen Münzen, die noch vollwichtigen von den zu leichten zu ſondern. Auch das Juſtieren beſorgt ein Automat. Bei Nickel- und Kupfermünzen giebt man ſich übrigens nicht ſo große Mühe; ob das einzelne Stück ganz genau iſt, wird nicht unterſucht, man trägt nur Sorge, daß auf 1 kg die richtige Anzahl Münzen kommen, ohne ſie einzeln nachzuſehen. Alsdann werden zuerſt die Ränder, welche natürlich rauh und uneben aus dem Durchſtoß hervorgehen, einer weiteren Bearbeitung ausgeſetzt, ſie werden gerändelt auf der Rändel- maſchine. Dieſe enthält als Arbeitszeug zwei gehärtete, gradlinige oder kreisbogenförmige Stahlſchienen, die Rändeleiſen, deren eine feſtliegt, während die andere derſelben parallel ſich ſoweit vorſchieben läßt, daß die Münze um eine halbe Umdrehung fortgerollt wird. Der Abſtand der Schienen iſt nach dem Durchmeſſer der zu rändelnden Münzen ver- ſtellbar. Das Rändelwerk iſt übrigens eine Erfindung des franzöſiſchen Ingenieurs Caſſaing aus dem Jahre 1685. Beim Rändeln wird der Rand gleichzeitig durch die polierten Schienen geglättet und etwas nach beiden Seiten aufgeworfen. Nach dem Rändeln, manchmal auch ſchon vorher, werden die Platten ausgeglüht, wobei ſie mit Kohlen- ſtaub bedeckt in kupfernen oder eiſernen Kaſten liegen, und in einer

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 686. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/704>, abgerufen am 23.11.2024.