Begründer der jetzt so gewaltigen Stahlfederindustrie geworden. Bis zum Jahre 1846 war England, besonders Birmingham der alleinige Sitz derselben, in diesem Jahre begann sie auch in Frankreich, und 1856 errichteten Heintze & Blankertz die erste deutsche Stahlfederfabrik in Berlin.
Die Stahlfedern werden aus Cementstahl hergestellt, der im Walz- werke zu Blechstreifen ausgearbeitet wird von etwas geringerer Breite als die doppelte Federlänge und von der Stärke, welche die Feder erhalten soll. Die Platten werden dann geglüht und alsbald in den Schneide- saal gebracht, wo eine Anzahl Mädchen mit kleinen Lochmaschinen aus ihnen Plättchen ausstoßen, die in ihren Umrissen genau die Gestalt der fertigen Federn haben. Jeder Stahlstreifen giebt zwei Reihen Plättchen, von denen die Arbeiterin erst eine Reihe ausstößt, indem sie das Blech ruckweise in gerader Linie unter dem Stempel entlang führt. Am Ende angekommen, wird der Streifen umgekehrt und rückwärts die zweite Plättchenreihe ausgestoßen. 4000 bis 4500 Stück solcher Plättchen vermag eine geübte Arbeiterin in einer Stunde fertig zu stellen.
Nun kommen die Platten in den zweiten Saal, wo ihnen der Stempel eines einfachen Fallwerks die Firma und Bezeichnung mit einem Stoße aufprägt. Wieder kommen sie unter eine zweite Loch- maschine, wo das Durchstoßen des Loches in der Mitte der Federn oder des Spaltes, d. h. nicht des Schreibspaltes, vor sich geht, auch die Seitenschlitzchen, welche die Federn häufig zur Erhöhung der Elastizität haben, werden hier eingestoßen. Nach diesen Handhabungen bedarf der Stahl abermals des Ausglühens, denn durch die vielen Stöße ist er inzwischen hart geworden. Die geglühten Platten kommen unter eine Schraubenpresse, wo sie ein konvexer Stempel in eine kon- kave Matrize eindrückt und ihnen so die erforderliche Wölbung erteilt. Durch das Glühen sind sie weich geworden, also unbenutzbar, und müssen daher von neuem gehärtet werden, zu welchem Zwecke sie aber- mals erhitzt und dann in mit Thran gefüllte Tonnen geworfen werden. In einer mit Sägespähnen gefüllten rotierenden Trommel werden sie vom Thran wieder befreit und in einer eisernen Trommel über Kohlen- feuer angelassen, gelb oder blau, je nach der Härte, die sie bekommen sollen. Abermals müssen sie in eine Trommel, die mit zerstoßenen Schmelztiegelscherben gefüllt ist, um einer energischen Reinigung unter- zogen zu werden. Dann geht es in den Schleifsaal. Zum Schleifen dienen durch Maschinenkraft in Bewegung gesetzte Schmirgelscheiben mit großer Umlaufsgeschwindigkeit. Erst werden die Federn von der Spitze bis zum Loche in der Mitte auf einem konkaven Steine, dann von einer Seite nach der anderen hinüber auf einer flachrandigen Scheibe abgeschliffen, um durch diese Verdünnung der Spitze eine noch weitere Elastizität derselben hervorzurufen; ein einmaliges Anhalten an den Stein wirkt schon vollkommen ausreichend. Die Schreibspalte
Die Metallverarbeitung.
Begründer der jetzt ſo gewaltigen Stahlfederinduſtrie geworden. Bis zum Jahre 1846 war England, beſonders Birmingham der alleinige Sitz derſelben, in dieſem Jahre begann ſie auch in Frankreich, und 1856 errichteten Heintze & Blankertz die erſte deutſche Stahlfederfabrik in Berlin.
Die Stahlfedern werden aus Cementſtahl hergeſtellt, der im Walz- werke zu Blechſtreifen ausgearbeitet wird von etwas geringerer Breite als die doppelte Federlänge und von der Stärke, welche die Feder erhalten ſoll. Die Platten werden dann geglüht und alsbald in den Schneide- ſaal gebracht, wo eine Anzahl Mädchen mit kleinen Lochmaſchinen aus ihnen Plättchen ausſtoßen, die in ihren Umriſſen genau die Geſtalt der fertigen Federn haben. Jeder Stahlſtreifen giebt zwei Reihen Plättchen, von denen die Arbeiterin erſt eine Reihe ausſtößt, indem ſie das Blech ruckweiſe in gerader Linie unter dem Stempel entlang führt. Am Ende angekommen, wird der Streifen umgekehrt und rückwärts die zweite Plättchenreihe ausgeſtoßen. 4000 bis 4500 Stück ſolcher Plättchen vermag eine geübte Arbeiterin in einer Stunde fertig zu ſtellen.
Nun kommen die Platten in den zweiten Saal, wo ihnen der Stempel eines einfachen Fallwerks die Firma und Bezeichnung mit einem Stoße aufprägt. Wieder kommen ſie unter eine zweite Loch- maſchine, wo das Durchſtoßen des Loches in der Mitte der Federn oder des Spaltes, d. h. nicht des Schreibſpaltes, vor ſich geht, auch die Seitenſchlitzchen, welche die Federn häufig zur Erhöhung der Elaſtizität haben, werden hier eingeſtoßen. Nach dieſen Handhabungen bedarf der Stahl abermals des Ausglühens, denn durch die vielen Stöße iſt er inzwiſchen hart geworden. Die geglühten Platten kommen unter eine Schraubenpreſſe, wo ſie ein konvexer Stempel in eine kon- kave Matrize eindrückt und ihnen ſo die erforderliche Wölbung erteilt. Durch das Glühen ſind ſie weich geworden, alſo unbenutzbar, und müſſen daher von neuem gehärtet werden, zu welchem Zwecke ſie aber- mals erhitzt und dann in mit Thran gefüllte Tonnen geworfen werden. In einer mit Sägeſpähnen gefüllten rotierenden Trommel werden ſie vom Thran wieder befreit und in einer eiſernen Trommel über Kohlen- feuer angelaſſen, gelb oder blau, je nach der Härte, die ſie bekommen ſollen. Abermals müſſen ſie in eine Trommel, die mit zerſtoßenen Schmelztiegelſcherben gefüllt iſt, um einer energiſchen Reinigung unter- zogen zu werden. Dann geht es in den Schleifſaal. Zum Schleifen dienen durch Maſchinenkraft in Bewegung geſetzte Schmirgelſcheiben mit großer Umlaufsgeſchwindigkeit. Erſt werden die Federn von der Spitze bis zum Loche in der Mitte auf einem konkaven Steine, dann von einer Seite nach der anderen hinüber auf einer flachrandigen Scheibe abgeſchliffen, um durch dieſe Verdünnung der Spitze eine noch weitere Elaſtizität derſelben hervorzurufen; ein einmaliges Anhalten an den Stein wirkt ſchon vollkommen ausreichend. Die Schreibſpalte
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Die Metallverarbeitung.
Begründer der jetzt ſo gewaltigen Stahlfederinduſtrie geworden. Bis
zum Jahre 1846 war England, beſonders Birmingham der alleinige
Sitz derſelben, in dieſem Jahre begann ſie auch in Frankreich, und 1856
errichteten Heintze & Blankertz die erſte deutſche Stahlfederfabrik in
Berlin.
Die Stahlfedern werden aus Cementſtahl hergeſtellt, der im Walz-
werke zu Blechſtreifen ausgearbeitet wird von etwas geringerer Breite
als die doppelte Federlänge und von der Stärke, welche die Feder erhalten
ſoll. Die Platten werden dann geglüht und alsbald in den Schneide-
ſaal gebracht, wo eine Anzahl Mädchen mit kleinen Lochmaſchinen aus
ihnen Plättchen ausſtoßen, die in ihren Umriſſen genau die Geſtalt der
fertigen Federn haben. Jeder Stahlſtreifen giebt zwei Reihen Plättchen,
von denen die Arbeiterin erſt eine Reihe ausſtößt, indem ſie das Blech
ruckweiſe in gerader Linie unter dem Stempel entlang führt. Am
Ende angekommen, wird der Streifen umgekehrt und rückwärts die
zweite Plättchenreihe ausgeſtoßen. 4000 bis 4500 Stück ſolcher
Plättchen vermag eine geübte Arbeiterin in einer Stunde fertig zu
ſtellen.
Nun kommen die Platten in den zweiten Saal, wo ihnen der
Stempel eines einfachen Fallwerks die Firma und Bezeichnung mit
einem Stoße aufprägt. Wieder kommen ſie unter eine zweite Loch-
maſchine, wo das Durchſtoßen des Loches in der Mitte der Federn
oder des Spaltes, d. h. nicht des Schreibſpaltes, vor ſich geht, auch
die Seitenſchlitzchen, welche die Federn häufig zur Erhöhung der
Elaſtizität haben, werden hier eingeſtoßen. Nach dieſen Handhabungen
bedarf der Stahl abermals des Ausglühens, denn durch die vielen
Stöße iſt er inzwiſchen hart geworden. Die geglühten Platten kommen
unter eine Schraubenpreſſe, wo ſie ein konvexer Stempel in eine kon-
kave Matrize eindrückt und ihnen ſo die erforderliche Wölbung erteilt.
Durch das Glühen ſind ſie weich geworden, alſo unbenutzbar, und
müſſen daher von neuem gehärtet werden, zu welchem Zwecke ſie aber-
mals erhitzt und dann in mit Thran gefüllte Tonnen geworfen werden.
In einer mit Sägeſpähnen gefüllten rotierenden Trommel werden ſie
vom Thran wieder befreit und in einer eiſernen Trommel über Kohlen-
feuer angelaſſen, gelb oder blau, je nach der Härte, die ſie bekommen
ſollen. Abermals müſſen ſie in eine Trommel, die mit zerſtoßenen
Schmelztiegelſcherben gefüllt iſt, um einer energiſchen Reinigung unter-
zogen zu werden. Dann geht es in den Schleifſaal. Zum Schleifen
dienen durch Maſchinenkraft in Bewegung geſetzte Schmirgelſcheiben
mit großer Umlaufsgeſchwindigkeit. Erſt werden die Federn von der
Spitze bis zum Loche in der Mitte auf einem konkaven Steine, dann
von einer Seite nach der anderen hinüber auf einer flachrandigen
Scheibe abgeſchliffen, um durch dieſe Verdünnung der Spitze eine noch
weitere Elaſtizität derſelben hervorzurufen; ein einmaliges Anhalten an
den Stein wirkt ſchon vollkommen ausreichend. Die Schreibſpalte
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 684. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/702>, abgerufen am 23.11.2024.
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