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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die Taschenuhren.
also diese Reibung durch Einölen des Cylinders zu verringern suchen.
Aber das Öl behält leider seine Leichtflüssigkeit nicht lange bei; dann
wird aber der Gang der Uhr sich natürlich verlangsamen. Deshalb
bedürfen die Cylinderuhren einer häufigen Reinigung.

Diese Übelstände werden durch die freien Hemmungen vermieden.
So nennt man sie, weil sie mit der Unruhe nicht in so fester Verbindung
stehen, wie die Spindel- und die Cylinderhemmung. Sie drehen sich
nicht um die Achse der Unruhe, sondern um eine eigene, die zwischen
dem Hemmungsrade und dem Balancier liegt. Die Hemmung liegt nur
auf Momente am Steigrade sowohl, wie an der Unruhe an, und beide
Teile sind also in ihrem Gange sehr wenig von einander beeinflußt.
Wo es auf große Genauigkeit und Be-
ständigkeit im Uhrgang ankommt, wie bei
den Chronometern, ist man auf eine solche
Hemmung geradezu angewiesen. So ist u. a.
die Ankerhemmung beschaffen. In der Fig. 36
bedeuten E, B und A resp. die Unruhe,
den Anker und das Steigrad. Der Anker
setzt sich nach oben in eine Gabel o o1 fort,
während die Unruhe noch den Hebestein h
trägt. Die Unruhe macht hier sehr große
Schwingungen um die Gleichgewichtslage,
die eben erreicht ist. Wir sehen, daß in
diesem Augenblicke der Hebestein zwischen
den beiden Fanghörnern o und o1 liegt.
Aber zugleich gleitet der Zahn e des Steig-
rades an der Fläche li des Ankers entlang
und erteilt ihm einen Stoß, der die Gabel
in die Lage B x1 versetzt. In dieser bleibt
der Anker liegen, sperrt mit dem Zahn a1 b1

[Abbildung] Fig. 36.

Die Ankerhemmung.

dem Steigrade den Weg ab und läßt zugleich den Balancier frei,
nachdem er ihm noch mit dem Horn o einen Antrieb versetzt hat,
der zur Erhaltung seiner Bewegung beiträgt. Erst wenn derselbe
wieder umkehrt und der Hebestein gegen das Horn o stößt, wird
das Steigrad befreit, der Zahn e2 wird an der Fläche b1 c1 des
Ankers entlang gleiten und dabei diesem einen Stoß versetzen,
der die Gabel in die Lage B x versetzt. Dieser Stoß teilt sich auch
durch den Hebestein der Unruhe mit, und so wird diese in der ange-
deuteten Richtung ein Stück weiter schwingen. Inzwischen hemmt der
rechte Arm des Ankers die Fortbewegung des Steigrades, bis der
Balancier wieder umkehrt. Diese Hemmung ist als eine sehr voll-
kommene anzusehen, weil die Reibung an den Flächen b c und b1 c1 des
Ankers nur sehr kurze Zeit andauert und die Stöße gegen den Balancier
auch fast plötzlich erfolgen. So würde sich die Einrichtung auch für
die Chronometer eignen. Doch zieht man hier gewöhnlich eine andere

Die Taſchenuhren.
alſo dieſe Reibung durch Einölen des Cylinders zu verringern ſuchen.
Aber das Öl behält leider ſeine Leichtflüſſigkeit nicht lange bei; dann
wird aber der Gang der Uhr ſich natürlich verlangſamen. Deshalb
bedürfen die Cylinderuhren einer häufigen Reinigung.

Dieſe Übelſtände werden durch die freien Hemmungen vermieden.
So nennt man ſie, weil ſie mit der Unruhe nicht in ſo feſter Verbindung
ſtehen, wie die Spindel- und die Cylinderhemmung. Sie drehen ſich
nicht um die Achſe der Unruhe, ſondern um eine eigene, die zwiſchen
dem Hemmungsrade und dem Balancier liegt. Die Hemmung liegt nur
auf Momente am Steigrade ſowohl, wie an der Unruhe an, und beide
Teile ſind alſo in ihrem Gange ſehr wenig von einander beeinflußt.
Wo es auf große Genauigkeit und Be-
ſtändigkeit im Uhrgang ankommt, wie bei
den Chronometern, iſt man auf eine ſolche
Hemmung geradezu angewieſen. So iſt u. a.
die Ankerhemmung beſchaffen. In der Fig. 36
bedeuten E, B und A reſp. die Unruhe,
den Anker und das Steigrad. Der Anker
ſetzt ſich nach oben in eine Gabel o o1 fort,
während die Unruhe noch den Hebeſtein h
trägt. Die Unruhe macht hier ſehr große
Schwingungen um die Gleichgewichtslage,
die eben erreicht iſt. Wir ſehen, daß in
dieſem Augenblicke der Hebeſtein zwiſchen
den beiden Fanghörnern o und o1 liegt.
Aber zugleich gleitet der Zahn e des Steig-
rades an der Fläche li des Ankers entlang
und erteilt ihm einen Stoß, der die Gabel
in die Lage B x1 verſetzt. In dieſer bleibt
der Anker liegen, ſperrt mit dem Zahn a1 b1

[Abbildung] Fig. 36.

Die Ankerhemmung.

dem Steigrade den Weg ab und läßt zugleich den Balancier frei,
nachdem er ihm noch mit dem Horn o einen Antrieb verſetzt hat,
der zur Erhaltung ſeiner Bewegung beiträgt. Erſt wenn derſelbe
wieder umkehrt und der Hebeſtein gegen das Horn o ſtößt, wird
das Steigrad befreit, der Zahn e2 wird an der Fläche b1 c1 des
Ankers entlang gleiten und dabei dieſem einen Stoß verſetzen,
der die Gabel in die Lage B x verſetzt. Dieſer Stoß teilt ſich auch
durch den Hebeſtein der Unruhe mit, und ſo wird dieſe in der ange-
deuteten Richtung ein Stück weiter ſchwingen. Inzwiſchen hemmt der
rechte Arm des Ankers die Fortbewegung des Steigrades, bis der
Balancier wieder umkehrt. Dieſe Hemmung iſt als eine ſehr voll-
kommene anzuſehen, weil die Reibung an den Flächen b c und b1 c1 des
Ankers nur ſehr kurze Zeit andauert und die Stöße gegen den Balancier
auch faſt plötzlich erfolgen. So würde ſich die Einrichtung auch für
die Chronometer eignen. Doch zieht man hier gewöhnlich eine andere

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[47/0065] Die Taſchenuhren. alſo dieſe Reibung durch Einölen des Cylinders zu verringern ſuchen. Aber das Öl behält leider ſeine Leichtflüſſigkeit nicht lange bei; dann wird aber der Gang der Uhr ſich natürlich verlangſamen. Deshalb bedürfen die Cylinderuhren einer häufigen Reinigung. Dieſe Übelſtände werden durch die freien Hemmungen vermieden. So nennt man ſie, weil ſie mit der Unruhe nicht in ſo feſter Verbindung ſtehen, wie die Spindel- und die Cylinderhemmung. Sie drehen ſich nicht um die Achſe der Unruhe, ſondern um eine eigene, die zwiſchen dem Hemmungsrade und dem Balancier liegt. Die Hemmung liegt nur auf Momente am Steigrade ſowohl, wie an der Unruhe an, und beide Teile ſind alſo in ihrem Gange ſehr wenig von einander beeinflußt. Wo es auf große Genauigkeit und Be- ſtändigkeit im Uhrgang ankommt, wie bei den Chronometern, iſt man auf eine ſolche Hemmung geradezu angewieſen. So iſt u. a. die Ankerhemmung beſchaffen. In der Fig. 36 bedeuten E, B und A reſp. die Unruhe, den Anker und das Steigrad. Der Anker ſetzt ſich nach oben in eine Gabel o o1 fort, während die Unruhe noch den Hebeſtein h trägt. Die Unruhe macht hier ſehr große Schwingungen um die Gleichgewichtslage, die eben erreicht iſt. Wir ſehen, daß in dieſem Augenblicke der Hebeſtein zwiſchen den beiden Fanghörnern o und o1 liegt. Aber zugleich gleitet der Zahn e des Steig- rades an der Fläche li des Ankers entlang und erteilt ihm einen Stoß, der die Gabel in die Lage B x1 verſetzt. In dieſer bleibt der Anker liegen, ſperrt mit dem Zahn a1 b1 [Abbildung Fig. 36. Die Ankerhemmung.] dem Steigrade den Weg ab und läßt zugleich den Balancier frei, nachdem er ihm noch mit dem Horn o einen Antrieb verſetzt hat, der zur Erhaltung ſeiner Bewegung beiträgt. Erſt wenn derſelbe wieder umkehrt und der Hebeſtein gegen das Horn o ſtößt, wird das Steigrad befreit, der Zahn e2 wird an der Fläche b1 c1 des Ankers entlang gleiten und dabei dieſem einen Stoß verſetzen, der die Gabel in die Lage B x verſetzt. Dieſer Stoß teilt ſich auch durch den Hebeſtein der Unruhe mit, und ſo wird dieſe in der ange- deuteten Richtung ein Stück weiter ſchwingen. Inzwiſchen hemmt der rechte Arm des Ankers die Fortbewegung des Steigrades, bis der Balancier wieder umkehrt. Dieſe Hemmung iſt als eine ſehr voll- kommene anzuſehen, weil die Reibung an den Flächen b c und b1 c1 des Ankers nur ſehr kurze Zeit andauert und die Stöße gegen den Balancier auch faſt plötzlich erfolgen. So würde ſich die Einrichtung auch für die Chronometer eignen. Doch zieht man hier gewöhnlich eine andere

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/65>, abgerufen am 24.11.2024.