Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Nahrungs- und Genußmittel.
säure, wobei die sehr geringen Mengen des ersteren gar nicht in
Betracht kommen, während die Kohlensäure eine sehr wichtige, aber
rein mechanische Aufgabe zu lösen hat. Sie sucht zu entweichen, wird
daran aber durch die Zähigkeit des Mehlteiges verhindert, wodurch
sie diesen aufbläht, und, indem sie die bei der Krume bekannten zahl-
reichen größeren und kleineren Höhlungen in denselben reißt, macht sie
ihn sehr porös und damit für unsere Verdauung geeigneter. Bei einem
neuen Verfahren wird die Gährung im luftverdünnten Raume vorge-
nommen, wodurch sie vollkommener werden soll. Nach der Gährung,
zu welcher man nur ungefähr ein Drittel des zu verarbeitenden Teiges
nahm, wird dieser mit den anderen zwei Dritteln durchgeknetet, noch-
mals einer etwa halb so lange dauernden Gährung unterworfen und
nach dem Kneten sofort in die Form des Brotes gebracht. Während
der Gährung hat sich das Volumen des Teiges auf das Doppelte er-
höht und durch Bestreichen mit lauem Wasser, eine Manipulation,
welche vor dem Einschieben des Teiges in den Ofen wiederholt wird,
verhindert man, daß die Oberfläche desselben bei der Volumenvergröße-
rung Risse erhält. Gleichzeitig wird hierdurch die Krustenbildung und
der Glanz der Kruste erzielt, da das Wasser etwas Dextrin der Rinde
unter Erweichen derselben aufgelöst hat und dieses bei seinem Ver-
dunsten zurückläßt.

Das Abteilen der Teigstücke zu je einem Brote wird in dem
Großbetriebe der Bäckerei jetzt durch Teilmaschinen vorgenommen, und
muß hierbei, da die Brote ein bestimmtes Gewicht haben sollen, die
während des Backens verdunstende Wassermenge berücksichtigt werden.
Dieselbe beträgt je nach der Größe des Brotes bis zu 25 %, und
zwar beeinflußt die Größe des Brotes den Gewichtsverlust, weil bei
einem kleineren Brote das Verhältnis der Kruste zu dem der Krume
ein größeres ist, als bei einem großen Brote, und bei Bildung der
Kruste während des Backens mehr Wasser verloren geht, als bei der
Bildung der Krume. Auch das Kneten des Teiges wird im Groß-
betriebe jetzt durch Maschinen besorgt, und zwar giebt es recht zahl-
reiche Konstruktionen derselben, von welchen hier in Fig. 329 die-

[Abbildung] Fig. 329.

Knetmaschine.

Nahrungs- und Genußmittel.
ſäure, wobei die ſehr geringen Mengen des erſteren gar nicht in
Betracht kommen, während die Kohlenſäure eine ſehr wichtige, aber
rein mechaniſche Aufgabe zu löſen hat. Sie ſucht zu entweichen, wird
daran aber durch die Zähigkeit des Mehlteiges verhindert, wodurch
ſie dieſen aufbläht, und, indem ſie die bei der Krume bekannten zahl-
reichen größeren und kleineren Höhlungen in denſelben reißt, macht ſie
ihn ſehr porös und damit für unſere Verdauung geeigneter. Bei einem
neuen Verfahren wird die Gährung im luftverdünnten Raume vorge-
nommen, wodurch ſie vollkommener werden ſoll. Nach der Gährung,
zu welcher man nur ungefähr ein Drittel des zu verarbeitenden Teiges
nahm, wird dieſer mit den anderen zwei Dritteln durchgeknetet, noch-
mals einer etwa halb ſo lange dauernden Gährung unterworfen und
nach dem Kneten ſofort in die Form des Brotes gebracht. Während
der Gährung hat ſich das Volumen des Teiges auf das Doppelte er-
höht und durch Beſtreichen mit lauem Waſſer, eine Manipulation,
welche vor dem Einſchieben des Teiges in den Ofen wiederholt wird,
verhindert man, daß die Oberfläche desſelben bei der Volumenvergröße-
rung Riſſe erhält. Gleichzeitig wird hierdurch die Kruſtenbildung und
der Glanz der Kruſte erzielt, da das Waſſer etwas Dextrin der Rinde
unter Erweichen derſelben aufgelöſt hat und dieſes bei ſeinem Ver-
dunſten zurückläßt.

Das Abteilen der Teigſtücke zu je einem Brote wird in dem
Großbetriebe der Bäckerei jetzt durch Teilmaſchinen vorgenommen, und
muß hierbei, da die Brote ein beſtimmtes Gewicht haben ſollen, die
während des Backens verdunſtende Waſſermenge berückſichtigt werden.
Dieſelbe beträgt je nach der Größe des Brotes bis zu 25 %, und
zwar beeinflußt die Größe des Brotes den Gewichtsverluſt, weil bei
einem kleineren Brote das Verhältnis der Kruſte zu dem der Krume
ein größeres iſt, als bei einem großen Brote, und bei Bildung der
Kruſte während des Backens mehr Waſſer verloren geht, als bei der
Bildung der Krume. Auch das Kneten des Teiges wird im Groß-
betriebe jetzt durch Maſchinen beſorgt, und zwar giebt es recht zahl-
reiche Konſtruktionen derſelben, von welchen hier in Fig. 329 die-

[Abbildung] Fig. 329.

Knetmaſchine.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0574" n="556"/><fw place="top" type="header">Nahrungs- und Genußmittel.</fw><lb/>
&#x017F;äure, wobei die &#x017F;ehr geringen Mengen des er&#x017F;teren gar nicht in<lb/>
Betracht kommen, während die Kohlen&#x017F;äure eine &#x017F;ehr wichtige, aber<lb/>
rein mechani&#x017F;che Aufgabe zu lö&#x017F;en hat. Sie &#x017F;ucht zu entweichen, wird<lb/>
daran aber durch die Zähigkeit des Mehlteiges verhindert, wodurch<lb/>
&#x017F;ie die&#x017F;en aufbläht, und, indem &#x017F;ie die bei der Krume bekannten zahl-<lb/>
reichen größeren und kleineren Höhlungen in den&#x017F;elben reißt, macht &#x017F;ie<lb/>
ihn &#x017F;ehr porös und damit für un&#x017F;ere Verdauung geeigneter. Bei einem<lb/>
neuen Verfahren wird die Gährung im luftverdünnten Raume vorge-<lb/>
nommen, wodurch &#x017F;ie vollkommener werden &#x017F;oll. Nach der Gährung,<lb/>
zu welcher man nur ungefähr ein Drittel des zu verarbeitenden Teiges<lb/>
nahm, wird die&#x017F;er mit den anderen zwei Dritteln durchgeknetet, noch-<lb/>
mals einer etwa halb &#x017F;o lange dauernden Gährung unterworfen und<lb/>
nach dem Kneten &#x017F;ofort in die Form des Brotes gebracht. Während<lb/>
der Gährung hat &#x017F;ich das Volumen des Teiges auf das Doppelte er-<lb/>
höht und durch Be&#x017F;treichen mit lauem Wa&#x017F;&#x017F;er, eine Manipulation,<lb/>
welche vor dem Ein&#x017F;chieben des Teiges in den Ofen wiederholt wird,<lb/>
verhindert man, daß die Oberfläche des&#x017F;elben bei der Volumenvergröße-<lb/>
rung Ri&#x017F;&#x017F;e erhält. Gleichzeitig wird hierdurch die Kru&#x017F;tenbildung und<lb/>
der Glanz der Kru&#x017F;te erzielt, da das Wa&#x017F;&#x017F;er etwas Dextrin der Rinde<lb/>
unter Erweichen der&#x017F;elben aufgelö&#x017F;t hat und die&#x017F;es bei &#x017F;einem Ver-<lb/>
dun&#x017F;ten zurückläßt.</p><lb/>
            <p>Das Abteilen der Teig&#x017F;tücke zu je einem Brote wird in dem<lb/>
Großbetriebe der Bäckerei jetzt durch Teilma&#x017F;chinen vorgenommen, und<lb/>
muß hierbei, da die Brote ein be&#x017F;timmtes Gewicht haben &#x017F;ollen, die<lb/>
während des Backens verdun&#x017F;tende Wa&#x017F;&#x017F;ermenge berück&#x017F;ichtigt werden.<lb/>
Die&#x017F;elbe beträgt je nach der Größe des Brotes bis zu 25 %, und<lb/>
zwar beeinflußt die Größe des Brotes den Gewichtsverlu&#x017F;t, weil bei<lb/>
einem kleineren Brote das Verhältnis der Kru&#x017F;te zu dem der Krume<lb/>
ein größeres i&#x017F;t, als bei einem großen Brote, und bei Bildung der<lb/>
Kru&#x017F;te während des Backens mehr Wa&#x017F;&#x017F;er verloren geht, als bei der<lb/>
Bildung der Krume. Auch das Kneten des Teiges wird im Groß-<lb/>
betriebe jetzt durch Ma&#x017F;chinen be&#x017F;orgt, und zwar giebt es recht zahl-<lb/>
reiche Kon&#x017F;truktionen der&#x017F;elben, von welchen hier in Fig. 329 die-<lb/><figure><head>Fig. 329. </head><p>Knetma&#x017F;chine.</p></figure><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[556/0574] Nahrungs- und Genußmittel. ſäure, wobei die ſehr geringen Mengen des erſteren gar nicht in Betracht kommen, während die Kohlenſäure eine ſehr wichtige, aber rein mechaniſche Aufgabe zu löſen hat. Sie ſucht zu entweichen, wird daran aber durch die Zähigkeit des Mehlteiges verhindert, wodurch ſie dieſen aufbläht, und, indem ſie die bei der Krume bekannten zahl- reichen größeren und kleineren Höhlungen in denſelben reißt, macht ſie ihn ſehr porös und damit für unſere Verdauung geeigneter. Bei einem neuen Verfahren wird die Gährung im luftverdünnten Raume vorge- nommen, wodurch ſie vollkommener werden ſoll. Nach der Gährung, zu welcher man nur ungefähr ein Drittel des zu verarbeitenden Teiges nahm, wird dieſer mit den anderen zwei Dritteln durchgeknetet, noch- mals einer etwa halb ſo lange dauernden Gährung unterworfen und nach dem Kneten ſofort in die Form des Brotes gebracht. Während der Gährung hat ſich das Volumen des Teiges auf das Doppelte er- höht und durch Beſtreichen mit lauem Waſſer, eine Manipulation, welche vor dem Einſchieben des Teiges in den Ofen wiederholt wird, verhindert man, daß die Oberfläche desſelben bei der Volumenvergröße- rung Riſſe erhält. Gleichzeitig wird hierdurch die Kruſtenbildung und der Glanz der Kruſte erzielt, da das Waſſer etwas Dextrin der Rinde unter Erweichen derſelben aufgelöſt hat und dieſes bei ſeinem Ver- dunſten zurückläßt. Das Abteilen der Teigſtücke zu je einem Brote wird in dem Großbetriebe der Bäckerei jetzt durch Teilmaſchinen vorgenommen, und muß hierbei, da die Brote ein beſtimmtes Gewicht haben ſollen, die während des Backens verdunſtende Waſſermenge berückſichtigt werden. Dieſelbe beträgt je nach der Größe des Brotes bis zu 25 %, und zwar beeinflußt die Größe des Brotes den Gewichtsverluſt, weil bei einem kleineren Brote das Verhältnis der Kruſte zu dem der Krume ein größeres iſt, als bei einem großen Brote, und bei Bildung der Kruſte während des Backens mehr Waſſer verloren geht, als bei der Bildung der Krume. Auch das Kneten des Teiges wird im Groß- betriebe jetzt durch Maſchinen beſorgt, und zwar giebt es recht zahl- reiche Konſtruktionen derſelben, von welchen hier in Fig. 329 die- [Abbildung Fig. 329. Knetmaſchine.]

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/574
Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 556. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/574>, abgerufen am 06.07.2024.