erscheint. Damit das Wasser dann beim Liegen an der Luft nicht wieder zum Teile verdunstet, werden die Bohnen in dünne Schichten von Glycerin, Palmöl oder Vaseline eingehüllt. Die Bestimmung des spezifischen Gewichtes läßt auch hier mitunter die Fälschung erkennen, ist aber für den Laien nicht ausführbar, weil das spezifische Gewicht nur sehr wenig höher geworden ist und zwischen 0,65 bis 0,77 liegt. Noch weniger kann der Laie die absolut sichere Erkennung der Fälschung, nämlich die quantitative Wasserbestimmung, selbst ausführen, aber ein äußeres Erkennungszeichen ist es immerhin, daß solche wasserhaltige Bohnen weder so hart sind als reell geröstete, noch beim Zerbeißen wie diese zwischen den Zähnen krachen; sie haben vielmehr eine mehr elastische und hornartige Konsistenz angenommen.
Die am häufigsten angewendete Manipulation aber ist das Über- ziehen des Kaffees während des Röstens mit Lösungen von Zucker und ähnlichen Flüssigkeiten, wodurch ganz leicht eine Gewichtsvermehrung von 8 bis 10 % erzielt werden kann. Wie so häufig, so ist auch in diesem Falle die Fälschung aus einem ursprünglich gesunden Gedanken hervorgegangen. Ursprünglich wollte man durch derartige Überzüge das Verflüchten der aromatischen Bestandteile der gerösteten Kaffee- bohne verhüten, was aber ganz unnötig ist, denn das geschieht bereits, so weit es sich überhaupt ermöglichen läßt, durch das bei dem Rösten hervortretende und die Bohne umhüllende vegetabilische Fett derselben. Heute dient diese Manipulation nur noch dazu, den Konsumenten nach verschiedenen Richtungen hin zu benachteiligen, denn derselbe bezahlt nicht nur den zu wertlosem Karamel verbrannten Zucker mit dem hohen Preise des Kaffees, sondern durch das "Glasieren", wie diese Mani- pulation einschmeichelnd genannt wird, kann leicht eine geringere Qua- lität des Kaffees verdeckt werden, wodurch es möglich wird, schlechtere Kaffeesorten unter die besseren zu mischen. Der zum Glasieren des Kaffees verwendete Zucker hat in dem "Röstsirup" schon einen Kon- kurrenten erhalten; er wird bereits fabrikmäßig im großen dargestellt und soll dem zu röstenden Kaffee in Mengen von 3 bis 25 % (!) zu- gesetzt werden, je nachdem man matt bis schwarz glänzend gebrannten Kaffee herstellen will. Dieser Röstsirup soll nun noch im Wasser und zwar in dem doppelten bis vierfachen Quantum gelöst werden. Wenn auch diese Mengen teils vor dem Rösten, teils während desselben zu- gesetzt werden sollen, und -- wie besonders das hinzugesetzte Wasser -- zu einem Teile wieder verdunsten bezw. zu karamelähnlichen Substanzen einbrennen, so ist doch die zurückbleibende Menge mehr als groß genug, um eine bedeutende Gewichtsvermehrung zu veranlassen, und muß das Verfahren somit eine grobe Fälschung genannt werden. Ferner dient ein solcher Überzug häufig dazu, das Aussehen von nicht gar gebranntem Kaffee zu verdecken und durch dieses Nichtgarbrennen wird wiederum ein Ge- wichtsverlust auf unreelle Weise vermieden. Nun herrscht leider noch bei sehr vielen Konsumenten die falsche Ansicht, daß ein Kaffee, der
Das Buch der Erfindungen. 34
Der Kaffee.
erſcheint. Damit das Waſſer dann beim Liegen an der Luft nicht wieder zum Teile verdunſtet, werden die Bohnen in dünne Schichten von Glycerin, Palmöl oder Vaſeline eingehüllt. Die Beſtimmung des ſpezifiſchen Gewichtes läßt auch hier mitunter die Fälſchung erkennen, iſt aber für den Laien nicht ausführbar, weil das ſpezifiſche Gewicht nur ſehr wenig höher geworden iſt und zwiſchen 0,65 bis 0,77 liegt. Noch weniger kann der Laie die abſolut ſichere Erkennung der Fälſchung, nämlich die quantitative Waſſerbeſtimmung, ſelbſt ausführen, aber ein äußeres Erkennungszeichen iſt es immerhin, daß ſolche waſſerhaltige Bohnen weder ſo hart ſind als reell geröſtete, noch beim Zerbeißen wie dieſe zwiſchen den Zähnen krachen; ſie haben vielmehr eine mehr elaſtiſche und hornartige Konſiſtenz angenommen.
Die am häufigſten angewendete Manipulation aber iſt das Über- ziehen des Kaffees während des Röſtens mit Löſungen von Zucker und ähnlichen Flüſſigkeiten, wodurch ganz leicht eine Gewichtsvermehrung von 8 bis 10 % erzielt werden kann. Wie ſo häufig, ſo iſt auch in dieſem Falle die Fälſchung aus einem urſprünglich geſunden Gedanken hervorgegangen. Urſprünglich wollte man durch derartige Überzüge das Verflüchten der aromatiſchen Beſtandteile der geröſteten Kaffee- bohne verhüten, was aber ganz unnötig iſt, denn das geſchieht bereits, ſo weit es ſich überhaupt ermöglichen läßt, durch das bei dem Röſten hervortretende und die Bohne umhüllende vegetabiliſche Fett derſelben. Heute dient dieſe Manipulation nur noch dazu, den Konſumenten nach verſchiedenen Richtungen hin zu benachteiligen, denn derſelbe bezahlt nicht nur den zu wertloſem Karamel verbrannten Zucker mit dem hohen Preiſe des Kaffees, ſondern durch das „Glaſieren“, wie dieſe Mani- pulation einſchmeichelnd genannt wird, kann leicht eine geringere Qua- lität des Kaffees verdeckt werden, wodurch es möglich wird, ſchlechtere Kaffeeſorten unter die beſſeren zu miſchen. Der zum Glaſieren des Kaffees verwendete Zucker hat in dem „Röſtſirup“ ſchon einen Kon- kurrenten erhalten; er wird bereits fabrikmäßig im großen dargeſtellt und ſoll dem zu röſtenden Kaffee in Mengen von 3 bis 25 % (!) zu- geſetzt werden, je nachdem man matt bis ſchwarz glänzend gebrannten Kaffee herſtellen will. Dieſer Röſtſirup ſoll nun noch im Waſſer und zwar in dem doppelten bis vierfachen Quantum gelöſt werden. Wenn auch dieſe Mengen teils vor dem Röſten, teils während desſelben zu- geſetzt werden ſollen, und — wie beſonders das hinzugeſetzte Waſſer — zu einem Teile wieder verdunſten bezw. zu karamelähnlichen Subſtanzen einbrennen, ſo iſt doch die zurückbleibende Menge mehr als groß genug, um eine bedeutende Gewichtsvermehrung zu veranlaſſen, und muß das Verfahren ſomit eine grobe Fälſchung genannt werden. Ferner dient ein ſolcher Überzug häufig dazu, das Ausſehen von nicht gar gebranntem Kaffee zu verdecken und durch dieſes Nichtgarbrennen wird wiederum ein Ge- wichtsverluſt auf unreelle Weiſe vermieden. Nun herrſcht leider noch bei ſehr vielen Konſumenten die falſche Anſicht, daß ein Kaffee, der
Das Buch der Erfindungen. 34
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0547"n="529"/><fwplace="top"type="header">Der Kaffee.</fw><lb/>
erſcheint. Damit das Waſſer dann beim Liegen an der Luft nicht<lb/>
wieder zum Teile verdunſtet, werden die Bohnen in dünne Schichten<lb/>
von Glycerin, Palmöl oder Vaſeline eingehüllt. Die Beſtimmung des<lb/>ſpezifiſchen Gewichtes läßt auch hier mitunter die Fälſchung erkennen,<lb/>
iſt aber für den Laien nicht ausführbar, weil das ſpezifiſche Gewicht<lb/>
nur ſehr wenig höher geworden iſt und zwiſchen 0,65 bis 0,77 liegt.<lb/>
Noch weniger kann der Laie die abſolut ſichere Erkennung der Fälſchung,<lb/>
nämlich die quantitative Waſſerbeſtimmung, ſelbſt ausführen, aber ein<lb/>
äußeres Erkennungszeichen iſt es immerhin, daß ſolche waſſerhaltige<lb/>
Bohnen weder ſo hart ſind als reell geröſtete, noch beim Zerbeißen<lb/>
wie dieſe zwiſchen den Zähnen krachen; ſie haben vielmehr eine mehr<lb/>
elaſtiſche und hornartige Konſiſtenz angenommen.</p><lb/><p>Die am häufigſten angewendete Manipulation aber iſt das Über-<lb/>
ziehen des Kaffees während des Röſtens mit Löſungen von Zucker und<lb/>
ähnlichen Flüſſigkeiten, wodurch ganz leicht eine Gewichtsvermehrung<lb/>
von 8 bis 10 % erzielt werden kann. Wie ſo häufig, ſo iſt auch in<lb/>
dieſem Falle die Fälſchung aus einem urſprünglich geſunden Gedanken<lb/>
hervorgegangen. Urſprünglich wollte man durch derartige Überzüge<lb/>
das Verflüchten der aromatiſchen Beſtandteile der geröſteten Kaffee-<lb/>
bohne verhüten, was aber ganz unnötig iſt, denn das geſchieht bereits,<lb/>ſo weit es ſich überhaupt ermöglichen läßt, durch das bei dem Röſten<lb/>
hervortretende und die Bohne umhüllende vegetabiliſche Fett derſelben.<lb/>
Heute dient dieſe Manipulation nur noch dazu, den Konſumenten nach<lb/>
verſchiedenen Richtungen hin zu benachteiligen, denn derſelbe bezahlt<lb/>
nicht nur den zu wertloſem Karamel verbrannten Zucker mit dem hohen<lb/>
Preiſe des Kaffees, ſondern durch das „Glaſieren“, wie dieſe Mani-<lb/>
pulation einſchmeichelnd genannt wird, kann leicht eine geringere Qua-<lb/>
lität des Kaffees verdeckt werden, wodurch es möglich wird, ſchlechtere<lb/>
Kaffeeſorten unter die beſſeren zu miſchen. Der zum Glaſieren des<lb/>
Kaffees verwendete Zucker hat in dem „Röſtſirup“ſchon einen Kon-<lb/>
kurrenten erhalten; er wird bereits fabrikmäßig im großen dargeſtellt<lb/>
und ſoll dem zu röſtenden Kaffee in Mengen von 3 bis 25 % (!) zu-<lb/>
geſetzt werden, je nachdem man matt bis ſchwarz glänzend gebrannten<lb/>
Kaffee herſtellen will. Dieſer Röſtſirup ſoll nun noch im Waſſer und<lb/>
zwar in dem doppelten bis vierfachen Quantum gelöſt werden. Wenn<lb/>
auch dieſe Mengen teils vor dem Röſten, teils während desſelben zu-<lb/>
geſetzt werden ſollen, und — wie beſonders das hinzugeſetzte Waſſer —<lb/>
zu einem Teile wieder verdunſten bezw. zu karamelähnlichen Subſtanzen<lb/>
einbrennen, ſo iſt doch die zurückbleibende Menge mehr als groß genug,<lb/>
um eine bedeutende Gewichtsvermehrung zu veranlaſſen, und muß das<lb/>
Verfahren ſomit eine grobe Fälſchung genannt werden. Ferner dient ein<lb/>ſolcher Überzug häufig dazu, das Ausſehen von nicht gar gebranntem Kaffee<lb/>
zu verdecken und durch dieſes Nichtgarbrennen wird wiederum ein Ge-<lb/>
wichtsverluſt auf unreelle Weiſe vermieden. Nun herrſcht leider noch<lb/>
bei ſehr vielen Konſumenten die falſche Anſicht, daß ein Kaffee, der<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Das Buch der Erfindungen. 34</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[529/0547]
Der Kaffee.
erſcheint. Damit das Waſſer dann beim Liegen an der Luft nicht
wieder zum Teile verdunſtet, werden die Bohnen in dünne Schichten
von Glycerin, Palmöl oder Vaſeline eingehüllt. Die Beſtimmung des
ſpezifiſchen Gewichtes läßt auch hier mitunter die Fälſchung erkennen,
iſt aber für den Laien nicht ausführbar, weil das ſpezifiſche Gewicht
nur ſehr wenig höher geworden iſt und zwiſchen 0,65 bis 0,77 liegt.
Noch weniger kann der Laie die abſolut ſichere Erkennung der Fälſchung,
nämlich die quantitative Waſſerbeſtimmung, ſelbſt ausführen, aber ein
äußeres Erkennungszeichen iſt es immerhin, daß ſolche waſſerhaltige
Bohnen weder ſo hart ſind als reell geröſtete, noch beim Zerbeißen
wie dieſe zwiſchen den Zähnen krachen; ſie haben vielmehr eine mehr
elaſtiſche und hornartige Konſiſtenz angenommen.
Die am häufigſten angewendete Manipulation aber iſt das Über-
ziehen des Kaffees während des Röſtens mit Löſungen von Zucker und
ähnlichen Flüſſigkeiten, wodurch ganz leicht eine Gewichtsvermehrung
von 8 bis 10 % erzielt werden kann. Wie ſo häufig, ſo iſt auch in
dieſem Falle die Fälſchung aus einem urſprünglich geſunden Gedanken
hervorgegangen. Urſprünglich wollte man durch derartige Überzüge
das Verflüchten der aromatiſchen Beſtandteile der geröſteten Kaffee-
bohne verhüten, was aber ganz unnötig iſt, denn das geſchieht bereits,
ſo weit es ſich überhaupt ermöglichen läßt, durch das bei dem Röſten
hervortretende und die Bohne umhüllende vegetabiliſche Fett derſelben.
Heute dient dieſe Manipulation nur noch dazu, den Konſumenten nach
verſchiedenen Richtungen hin zu benachteiligen, denn derſelbe bezahlt
nicht nur den zu wertloſem Karamel verbrannten Zucker mit dem hohen
Preiſe des Kaffees, ſondern durch das „Glaſieren“, wie dieſe Mani-
pulation einſchmeichelnd genannt wird, kann leicht eine geringere Qua-
lität des Kaffees verdeckt werden, wodurch es möglich wird, ſchlechtere
Kaffeeſorten unter die beſſeren zu miſchen. Der zum Glaſieren des
Kaffees verwendete Zucker hat in dem „Röſtſirup“ ſchon einen Kon-
kurrenten erhalten; er wird bereits fabrikmäßig im großen dargeſtellt
und ſoll dem zu röſtenden Kaffee in Mengen von 3 bis 25 % (!) zu-
geſetzt werden, je nachdem man matt bis ſchwarz glänzend gebrannten
Kaffee herſtellen will. Dieſer Röſtſirup ſoll nun noch im Waſſer und
zwar in dem doppelten bis vierfachen Quantum gelöſt werden. Wenn
auch dieſe Mengen teils vor dem Röſten, teils während desſelben zu-
geſetzt werden ſollen, und — wie beſonders das hinzugeſetzte Waſſer —
zu einem Teile wieder verdunſten bezw. zu karamelähnlichen Subſtanzen
einbrennen, ſo iſt doch die zurückbleibende Menge mehr als groß genug,
um eine bedeutende Gewichtsvermehrung zu veranlaſſen, und muß das
Verfahren ſomit eine grobe Fälſchung genannt werden. Ferner dient ein
ſolcher Überzug häufig dazu, das Ausſehen von nicht gar gebranntem Kaffee
zu verdecken und durch dieſes Nichtgarbrennen wird wiederum ein Ge-
wichtsverluſt auf unreelle Weiſe vermieden. Nun herrſcht leider noch
bei ſehr vielen Konſumenten die falſche Anſicht, daß ein Kaffee, der
Das Buch der Erfindungen. 34
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 529. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/547>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.