Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Flüssige Beleuchtungsstoffe; Beleuchtung mit Lampen.
welches nach erneutem Waschen mit Schwefelsäure und Ätzlauge wasser-
hell oder schwach gelblich erscheint, blau fluoresciert und ungefährlich
ist. Durch nochmaliges Rektifizieren erhält man reine Öle, die als
Kaiseröl und unter anderen Namen in den Handel kommen.

Beim Abdestillieren des Leuchtöls bleibt Teer zurück, welcher bei
weiterer Destillation Schmieröle und Petroleumfett, Vaseline liefert;
das erstere Produkt wird als Maschinenöl, das letztere nach guter
Reinigung medizinisch verwendet.

Die leichte Entzündbarkeit der Dämpfe von schlecht raffinierten
Erdölen bedingt Vorsichtsmaßregeln. Nach einer Regierungsverordnung
darf Petroleum, welches eine Entflammungstemperatur von weniger
als 21°C. zeigt, nur als "feuergefährlich" in den Handel gebracht
werden. Zur Prüfung ist der von Abel konstruierte Petroleumprober
vorgeschrieben, welcher schon seit 1880 in England gebraucht wird.
Dieser Apparat besteht aus einem doppelwandigen Wasserbade, dessen
Temperatur durch ein von außen sichtbares Thermometer gemessen
wird. In der inneren Höhlung des Bades hängt der Petroleum-
behälter, welcher bis zu einer Marke mit dem zu untersuchenden Öl
gefüllt wird und einen dicht schließenden Deckel trägt. Auf dem letzteren
befindet sich ein um seine horizontale Achse kippbares Öllämpchen,
welches sich nach vorn über neigt, wenn durch Aufziehen eines im
Deckel angebrachten horizontalen Schiebers drei rechteckige Öffnungen,
welche sich im Deckel, gerade unter dem Lämpchen, befinden, frei gemacht
werden. Beim Zurückgehen des Schiebers in seine alte Lage richtet
sich das Lämpchen wieder auf. Die Temperatur des zu untersuchenden
Erdöls liest man an einem zweiten Thermometer ab. Sobald dieses
beim allmählichen Erwärmen des Wasserbades 19° C. erreicht hat,
öffnet und schließt man von 2 zu 2 Minuten den Schieber; das Öffnen
soll nach der Vorschrift dreimal so langsam, wie das Schließen geschehen.
Sowie eine Entflammung stattfindet, beobachtet man die Temperatur
an dem Thermometer. Pensky hat für den amtlichen Gebrauch in
Deutschland den Schieber des Abelschen Apparates mit einem Trieb
versehen, so daß sich derselbe automatisch öffnet und schließt.

Obwohl das Erdöl schon im Altertum bekannt war, datiert sein
Gebrauch zu Beleuchtungszwecken erst aus den fünfziger Jahren unseres
Jahrhunderts, zu welcher Zeit die gewaltigen Ölmassen Nordamerikas
entdeckt und zuerst systematisch ausgebeutet wurden. Aus Amerika
stammen auch die ersten Lampenkonstruktionen für Petroleum.

Zum Brennen der flüssigen Beleuchtungsstoffe dienen Lampen.
Jede Lampe enthält einen Ölbehälter, dessen Inhalt der Regel nach
durch einen Docht verbrannt wird. In den letzten Jahren des vorigen
und zu Anfang dieses Jahrhunderts sind eine große Menge von
Lampen konstruiert worden, welche aber alle für Rüböl berechnet waren
und daher heute gar keine Bedeutung mehr haben, sondern nur noch
historisches Interesse bieten.

19*

Flüſſige Beleuchtungsſtoffe; Beleuchtung mit Lampen.
welches nach erneutem Waſchen mit Schwefelſäure und Ätzlauge waſſer-
hell oder ſchwach gelblich erſcheint, blau fluoresciert und ungefährlich
iſt. Durch nochmaliges Rektifizieren erhält man reine Öle, die als
Kaiſeröl und unter anderen Namen in den Handel kommen.

Beim Abdeſtillieren des Leuchtöls bleibt Teer zurück, welcher bei
weiterer Deſtillation Schmieröle und Petroleumfett, Vaſeline liefert;
das erſtere Produkt wird als Maſchinenöl, das letztere nach guter
Reinigung mediziniſch verwendet.

Die leichte Entzündbarkeit der Dämpfe von ſchlecht raffinierten
Erdölen bedingt Vorſichtsmaßregeln. Nach einer Regierungsverordnung
darf Petroleum, welches eine Entflammungstemperatur von weniger
als 21°C. zeigt, nur als „feuergefährlich“ in den Handel gebracht
werden. Zur Prüfung iſt der von Abel konſtruierte Petroleumprober
vorgeſchrieben, welcher ſchon ſeit 1880 in England gebraucht wird.
Dieſer Apparat beſteht aus einem doppelwandigen Waſſerbade, deſſen
Temperatur durch ein von außen ſichtbares Thermometer gemeſſen
wird. In der inneren Höhlung des Bades hängt der Petroleum-
behälter, welcher bis zu einer Marke mit dem zu unterſuchenden Öl
gefüllt wird und einen dicht ſchließenden Deckel trägt. Auf dem letzteren
befindet ſich ein um ſeine horizontale Achſe kippbares Öllämpchen,
welches ſich nach vorn über neigt, wenn durch Aufziehen eines im
Deckel angebrachten horizontalen Schiebers drei rechteckige Öffnungen,
welche ſich im Deckel, gerade unter dem Lämpchen, befinden, frei gemacht
werden. Beim Zurückgehen des Schiebers in ſeine alte Lage richtet
ſich das Lämpchen wieder auf. Die Temperatur des zu unterſuchenden
Erdöls lieſt man an einem zweiten Thermometer ab. Sobald dieſes
beim allmählichen Erwärmen des Waſſerbades 19° C. erreicht hat,
öffnet und ſchließt man von 2 zu 2 Minuten den Schieber; das Öffnen
ſoll nach der Vorſchrift dreimal ſo langſam, wie das Schließen geſchehen.
Sowie eine Entflammung ſtattfindet, beobachtet man die Temperatur
an dem Thermometer. Pensky hat für den amtlichen Gebrauch in
Deutſchland den Schieber des Abelſchen Apparates mit einem Trieb
verſehen, ſo daß ſich derſelbe automatiſch öffnet und ſchließt.

Obwohl das Erdöl ſchon im Altertum bekannt war, datiert ſein
Gebrauch zu Beleuchtungszwecken erſt aus den fünfziger Jahren unſeres
Jahrhunderts, zu welcher Zeit die gewaltigen Ölmaſſen Nordamerikas
entdeckt und zuerſt ſyſtematiſch ausgebeutet wurden. Aus Amerika
ſtammen auch die erſten Lampenkonſtruktionen für Petroleum.

Zum Brennen der flüſſigen Beleuchtungsſtoffe dienen Lampen.
Jede Lampe enthält einen Ölbehälter, deſſen Inhalt der Regel nach
durch einen Docht verbrannt wird. In den letzten Jahren des vorigen
und zu Anfang dieſes Jahrhunderts ſind eine große Menge von
Lampen konſtruiert worden, welche aber alle für Rüböl berechnet waren
und daher heute gar keine Bedeutung mehr haben, ſondern nur noch
hiſtoriſches Intereſſe bieten.

19*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0309" n="291"/><fw place="top" type="header">Flü&#x017F;&#x017F;ige Beleuchtungs&#x017F;toffe; Beleuchtung mit Lampen.</fw><lb/>
welches nach erneutem Wa&#x017F;chen mit Schwefel&#x017F;äure und Ätzlauge wa&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
hell oder &#x017F;chwach gelblich er&#x017F;cheint, blau fluoresciert und ungefährlich<lb/>
i&#x017F;t. Durch nochmaliges Rektifizieren erhält man reine Öle, die als<lb/>
Kai&#x017F;eröl und unter anderen Namen in den Handel kommen.</p><lb/>
              <p>Beim Abde&#x017F;tillieren des Leuchtöls bleibt Teer zurück, welcher bei<lb/>
weiterer De&#x017F;tillation Schmieröle und Petroleumfett, Va&#x017F;eline liefert;<lb/>
das er&#x017F;tere Produkt wird als Ma&#x017F;chinenöl, das letztere nach guter<lb/>
Reinigung medizini&#x017F;ch verwendet.</p><lb/>
              <p>Die leichte Entzündbarkeit der Dämpfe von &#x017F;chlecht raffinierten<lb/>
Erdölen bedingt Vor&#x017F;ichtsmaßregeln. Nach einer Regierungsverordnung<lb/>
darf Petroleum, welches eine Entflammungstemperatur von weniger<lb/>
als 21°<hi rendition="#aq">C.</hi> zeigt, nur als &#x201E;feuergefährlich&#x201C; in den Handel gebracht<lb/>
werden. Zur Prüfung i&#x017F;t der von Abel kon&#x017F;truierte Petroleumprober<lb/>
vorge&#x017F;chrieben, welcher &#x017F;chon &#x017F;eit 1880 in England gebraucht wird.<lb/>
Die&#x017F;er Apparat be&#x017F;teht aus einem doppelwandigen Wa&#x017F;&#x017F;erbade, de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Temperatur durch ein von außen &#x017F;ichtbares Thermometer geme&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wird. In der inneren Höhlung des Bades hängt der Petroleum-<lb/>
behälter, welcher bis zu einer Marke mit dem zu unter&#x017F;uchenden Öl<lb/>
gefüllt wird und einen dicht &#x017F;chließenden Deckel trägt. Auf dem letzteren<lb/>
befindet &#x017F;ich ein um &#x017F;eine horizontale Ach&#x017F;e kippbares Öllämpchen,<lb/>
welches &#x017F;ich nach vorn über neigt, wenn durch Aufziehen eines im<lb/>
Deckel angebrachten horizontalen Schiebers drei rechteckige Öffnungen,<lb/>
welche &#x017F;ich im Deckel, gerade unter dem Lämpchen, befinden, frei gemacht<lb/>
werden. Beim Zurückgehen des Schiebers in &#x017F;eine alte Lage richtet<lb/>
&#x017F;ich das Lämpchen wieder auf. Die Temperatur des zu unter&#x017F;uchenden<lb/>
Erdöls lie&#x017F;t man an einem zweiten Thermometer ab. Sobald die&#x017F;es<lb/>
beim allmählichen Erwärmen des Wa&#x017F;&#x017F;erbades 19° <hi rendition="#aq">C.</hi> erreicht hat,<lb/>
öffnet und &#x017F;chließt man von 2 zu 2 Minuten den Schieber; das Öffnen<lb/>
&#x017F;oll nach der Vor&#x017F;chrift dreimal &#x017F;o lang&#x017F;am, wie das Schließen ge&#x017F;chehen.<lb/>
Sowie eine Entflammung &#x017F;tattfindet, beobachtet man die Temperatur<lb/>
an dem Thermometer. Pensky hat für den amtlichen Gebrauch in<lb/>
Deut&#x017F;chland den Schieber des Abel&#x017F;chen Apparates mit einem Trieb<lb/>
ver&#x017F;ehen, &#x017F;o daß &#x017F;ich der&#x017F;elbe automati&#x017F;ch öffnet und &#x017F;chließt.</p><lb/>
              <p>Obwohl das Erdöl &#x017F;chon im Altertum bekannt war, datiert &#x017F;ein<lb/>
Gebrauch zu Beleuchtungszwecken er&#x017F;t aus den fünfziger Jahren un&#x017F;eres<lb/>
Jahrhunderts, zu welcher Zeit die gewaltigen Ölma&#x017F;&#x017F;en Nordamerikas<lb/>
entdeckt und zuer&#x017F;t &#x017F;y&#x017F;temati&#x017F;ch ausgebeutet wurden. Aus Amerika<lb/>
&#x017F;tammen auch die er&#x017F;ten Lampenkon&#x017F;truktionen für Petroleum.</p><lb/>
              <p>Zum Brennen der flü&#x017F;&#x017F;igen Beleuchtungs&#x017F;toffe dienen Lampen.<lb/>
Jede Lampe enthält einen Ölbehälter, de&#x017F;&#x017F;en Inhalt der Regel nach<lb/>
durch einen Docht verbrannt wird. In den letzten Jahren des vorigen<lb/>
und zu Anfang die&#x017F;es Jahrhunderts &#x017F;ind eine große Menge von<lb/>
Lampen kon&#x017F;truiert worden, welche aber alle für Rüböl berechnet waren<lb/>
und daher heute gar keine Bedeutung mehr haben, &#x017F;ondern nur noch<lb/>
hi&#x017F;tori&#x017F;ches Intere&#x017F;&#x017F;e bieten.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">19*</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[291/0309] Flüſſige Beleuchtungsſtoffe; Beleuchtung mit Lampen. welches nach erneutem Waſchen mit Schwefelſäure und Ätzlauge waſſer- hell oder ſchwach gelblich erſcheint, blau fluoresciert und ungefährlich iſt. Durch nochmaliges Rektifizieren erhält man reine Öle, die als Kaiſeröl und unter anderen Namen in den Handel kommen. Beim Abdeſtillieren des Leuchtöls bleibt Teer zurück, welcher bei weiterer Deſtillation Schmieröle und Petroleumfett, Vaſeline liefert; das erſtere Produkt wird als Maſchinenöl, das letztere nach guter Reinigung mediziniſch verwendet. Die leichte Entzündbarkeit der Dämpfe von ſchlecht raffinierten Erdölen bedingt Vorſichtsmaßregeln. Nach einer Regierungsverordnung darf Petroleum, welches eine Entflammungstemperatur von weniger als 21°C. zeigt, nur als „feuergefährlich“ in den Handel gebracht werden. Zur Prüfung iſt der von Abel konſtruierte Petroleumprober vorgeſchrieben, welcher ſchon ſeit 1880 in England gebraucht wird. Dieſer Apparat beſteht aus einem doppelwandigen Waſſerbade, deſſen Temperatur durch ein von außen ſichtbares Thermometer gemeſſen wird. In der inneren Höhlung des Bades hängt der Petroleum- behälter, welcher bis zu einer Marke mit dem zu unterſuchenden Öl gefüllt wird und einen dicht ſchließenden Deckel trägt. Auf dem letzteren befindet ſich ein um ſeine horizontale Achſe kippbares Öllämpchen, welches ſich nach vorn über neigt, wenn durch Aufziehen eines im Deckel angebrachten horizontalen Schiebers drei rechteckige Öffnungen, welche ſich im Deckel, gerade unter dem Lämpchen, befinden, frei gemacht werden. Beim Zurückgehen des Schiebers in ſeine alte Lage richtet ſich das Lämpchen wieder auf. Die Temperatur des zu unterſuchenden Erdöls lieſt man an einem zweiten Thermometer ab. Sobald dieſes beim allmählichen Erwärmen des Waſſerbades 19° C. erreicht hat, öffnet und ſchließt man von 2 zu 2 Minuten den Schieber; das Öffnen ſoll nach der Vorſchrift dreimal ſo langſam, wie das Schließen geſchehen. Sowie eine Entflammung ſtattfindet, beobachtet man die Temperatur an dem Thermometer. Pensky hat für den amtlichen Gebrauch in Deutſchland den Schieber des Abelſchen Apparates mit einem Trieb verſehen, ſo daß ſich derſelbe automatiſch öffnet und ſchließt. Obwohl das Erdöl ſchon im Altertum bekannt war, datiert ſein Gebrauch zu Beleuchtungszwecken erſt aus den fünfziger Jahren unſeres Jahrhunderts, zu welcher Zeit die gewaltigen Ölmaſſen Nordamerikas entdeckt und zuerſt ſyſtematiſch ausgebeutet wurden. Aus Amerika ſtammen auch die erſten Lampenkonſtruktionen für Petroleum. Zum Brennen der flüſſigen Beleuchtungsſtoffe dienen Lampen. Jede Lampe enthält einen Ölbehälter, deſſen Inhalt der Regel nach durch einen Docht verbrannt wird. In den letzten Jahren des vorigen und zu Anfang dieſes Jahrhunderts ſind eine große Menge von Lampen konſtruiert worden, welche aber alle für Rüböl berechnet waren und daher heute gar keine Bedeutung mehr haben, ſondern nur noch hiſtoriſches Intereſſe bieten. 19*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/309
Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/309>, abgerufen am 23.11.2024.