Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.Die elektrischen Eisenbahnen. eines Elektromotors sind z. B. auf der Halleschen Straßenbahn zweivorhanden, für jede der beiden Wagenachsen eine. Wie kann der Kutscher die Bewegung des Wagens regulieren, wie wird die rückwärts gerichtete Bewegung des Wagens erhalten? Er kann dies alles durch Zuhilfenahme zweier Kurbeln leisten, wie sie ähnlich bei den Pferde- bahnen als Bremsen dienen. Durch die eine kann er ein gewöhnliches mechanisches Bremsen bewirken. Die andere aber dient zum Ein- und Ausschalten von metallenen Widerständen in die Stromleitung, wie wir sie bei der Theaterbeleuchtung kennen lernten, sowie zum Umsteuern für Her- und Hinfahrt der Lokomotive. Solche Wider- stände müssen für die Regulierung vorhanden sein, weil sonst beim An- und Abstellen des Motors das zu starke Ansteigen des Stromes die Bewickelungsdrähte schmelzen könnte; bei ihrer Einschaltung wird der Strom durch Umsetzung in Wärme entsprechend abgeschwächt. Diese Widerstände nehmen auch von dem verfügbaren Raume nichts fort, weil sie unter den Plattformen der Wagen in vier Gruppen verteilt liegen. Das Umkehren der Lokomotive wird dadurch bewirkt, daß man den Strom in umgekehrter Richtung durch den Motor leitet, was alles durch eine verschiedene Stellung derselben Kurbel zu erreichen ist. Man braucht hier, am Endziele angekommen, nicht umzuspannen, wie bei den Pferdebahnen, noch den Wagen zu wenden, wie bei den Dampfwagen. Der Kutscher braucht nur seinen Platz am andern Ende des Wagens einzunehmen, um die Strecke übersehen zu können. Auch dort findet er zwei ebensolche Kurbeln zur Bedienung. Die Betriebskosten sind für alle diese Bahnen weit geringer, als für die bisherigen Straßenbahnen; auf der hallischen Bahn wird sogar der Schaffner gespart durch die Einführung des Zahlkastensystems bei einem Einheitssatze für alle Touren. Die Bahnen sind auch in hygienischer Beziehung vollkommner als die Dampfbahnen, da sie nicht den für die Lungen der Stadtbewohner schier unerträglich gewordenen Kohlendunst noch vermehren. Dies macht sie ganz vorzüglich für unterirdische Betriebe ver- Die elektriſchen Eiſenbahnen. eines Elektromotors ſind z. B. auf der Halleſchen Straßenbahn zweivorhanden, für jede der beiden Wagenachſen eine. Wie kann der Kutſcher die Bewegung des Wagens regulieren, wie wird die rückwärts gerichtete Bewegung des Wagens erhalten? Er kann dies alles durch Zuhilfenahme zweier Kurbeln leiſten, wie ſie ähnlich bei den Pferde- bahnen als Bremſen dienen. Durch die eine kann er ein gewöhnliches mechaniſches Bremſen bewirken. Die andere aber dient zum Ein- und Ausſchalten von metallenen Widerſtänden in die Stromleitung, wie wir ſie bei der Theaterbeleuchtung kennen lernten, ſowie zum Umſteuern für Her- und Hinfahrt der Lokomotive. Solche Wider- ſtände müſſen für die Regulierung vorhanden ſein, weil ſonſt beim An- und Abſtellen des Motors das zu ſtarke Anſteigen des Stromes die Bewickelungsdrähte ſchmelzen könnte; bei ihrer Einſchaltung wird der Strom durch Umſetzung in Wärme entſprechend abgeſchwächt. Dieſe Widerſtände nehmen auch von dem verfügbaren Raume nichts fort, weil ſie unter den Plattformen der Wagen in vier Gruppen verteilt liegen. Das Umkehren der Lokomotive wird dadurch bewirkt, daß man den Strom in umgekehrter Richtung durch den Motor leitet, was alles durch eine verſchiedene Stellung derſelben Kurbel zu erreichen iſt. Man braucht hier, am Endziele angekommen, nicht umzuſpannen, wie bei den Pferdebahnen, noch den Wagen zu wenden, wie bei den Dampfwagen. Der Kutſcher braucht nur ſeinen Platz am andern Ende des Wagens einzunehmen, um die Strecke überſehen zu können. Auch dort findet er zwei ebenſolche Kurbeln zur Bedienung. Die Betriebskoſten ſind für alle dieſe Bahnen weit geringer, als für die bisherigen Straßenbahnen; auf der halliſchen Bahn wird ſogar der Schaffner geſpart durch die Einführung des Zahlkaſtenſyſtems bei einem Einheitsſatze für alle Touren. Die Bahnen ſind auch in hygieniſcher Beziehung vollkommner als die Dampfbahnen, da ſie nicht den für die Lungen der Stadtbewohner ſchier unerträglich gewordenen Kohlendunſt noch vermehren. Dies macht ſie ganz vorzüglich für unterirdiſche Betriebe ver- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0239" n="221"/><fw place="top" type="header">Die elektriſchen Eiſenbahnen.</fw><lb/><hi rendition="#g">eines</hi> Elektromotors ſind z. B. auf der Halleſchen Straßenbahn zwei<lb/> vorhanden, für jede der beiden Wagenachſen eine. 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Die Stromzuführung<lb/> von der über Tage aufgeſtellten Dampfmaſchine geſchieht durch die<lb/> an dem Stollenfirſt ſichtbaren Schienen, an denen die Zuleiter<lb/> ſchleifen. Dieſe Bahn dient dazu, das am Stollenende abgehauene<lb/> Salz zu fördern. So wurden im Februar 1884 in 87 achtſtündigen<lb/> Schichten 23868 Wagen in Zügen von meiſt 16 Wagen gefördert, zu<lb/> denen der Waſſerwagen tritt, welcher die Geleiſe von dem ſchlüpfrigen<lb/> Salzüberzug durch Waſſerberieſelung zu befreien hat. Es wurden ſo<lb/> allein im Jahre 1884 an 140000 Tonnen Salz gefördert, die ſich bei<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [221/0239]
Die elektriſchen Eiſenbahnen.
eines Elektromotors ſind z. B. auf der Halleſchen Straßenbahn zwei
vorhanden, für jede der beiden Wagenachſen eine. Wie kann der
Kutſcher die Bewegung des Wagens regulieren, wie wird die rückwärts
gerichtete Bewegung des Wagens erhalten? Er kann dies alles durch
Zuhilfenahme zweier Kurbeln leiſten, wie ſie ähnlich bei den Pferde-
bahnen als Bremſen dienen. Durch die eine kann er ein gewöhnliches
mechaniſches Bremſen bewirken. Die andere aber dient zum Ein-
und Ausſchalten von metallenen Widerſtänden in die Stromleitung,
wie wir ſie bei der Theaterbeleuchtung kennen lernten, ſowie zum
Umſteuern für Her- und Hinfahrt der Lokomotive. Solche Wider-
ſtände müſſen für die Regulierung vorhanden ſein, weil ſonſt beim
An- und Abſtellen des Motors das zu ſtarke Anſteigen des Stromes
die Bewickelungsdrähte ſchmelzen könnte; bei ihrer Einſchaltung wird
der Strom durch Umſetzung in Wärme entſprechend abgeſchwächt.
Dieſe Widerſtände nehmen auch von dem verfügbaren Raume nichts
fort, weil ſie unter den Plattformen der Wagen in vier Gruppen
verteilt liegen. Das Umkehren der Lokomotive wird dadurch bewirkt,
daß man den Strom in umgekehrter Richtung durch den Motor leitet,
was alles durch eine verſchiedene Stellung derſelben Kurbel zu erreichen
iſt. Man braucht hier, am Endziele angekommen, nicht umzuſpannen,
wie bei den Pferdebahnen, noch den Wagen zu wenden, wie bei den
Dampfwagen. Der Kutſcher braucht nur ſeinen Platz am andern
Ende des Wagens einzunehmen, um die Strecke überſehen zu können.
Auch dort findet er zwei ebenſolche Kurbeln zur Bedienung. Die
Betriebskoſten ſind für alle dieſe Bahnen weit geringer, als für die
bisherigen Straßenbahnen; auf der halliſchen Bahn wird ſogar der
Schaffner geſpart durch die Einführung des Zahlkaſtenſyſtems bei
einem Einheitsſatze für alle Touren. Die Bahnen ſind auch in
hygieniſcher Beziehung vollkommner als die Dampfbahnen, da ſie nicht
den für die Lungen der Stadtbewohner ſchier unerträglich gewordenen
Kohlendunſt noch vermehren.
Dies macht ſie ganz vorzüglich für unterirdiſche Betriebe ver-
wendbar. Auf ſolche angewieſen ſind natürlich die Bergwerke. Die
erſte elektriſche Grubenbahn wurde von Siemens & Halske 1883 im
Zaukeroder Werk eröffnet, ihr folgte diejenige des Neuſtaßfurter Salz-
bergwerkes, welche wir im Bilde (Fig. 157) veranſchaulichen. Dieſe hatte
1885 eine Länge von insgeſamt 1550 Metern. Die Stromzuführung
von der über Tage aufgeſtellten Dampfmaſchine geſchieht durch die
an dem Stollenfirſt ſichtbaren Schienen, an denen die Zuleiter
ſchleifen. Dieſe Bahn dient dazu, das am Stollenende abgehauene
Salz zu fördern. So wurden im Februar 1884 in 87 achtſtündigen
Schichten 23868 Wagen in Zügen von meiſt 16 Wagen gefördert, zu
denen der Waſſerwagen tritt, welcher die Geleiſe von dem ſchlüpfrigen
Salzüberzug durch Waſſerberieſelung zu befreien hat. Es wurden ſo
allein im Jahre 1884 an 140000 Tonnen Salz gefördert, die ſich bei
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