motoren zu beschaffen sein. Dann sollten wir annehmen, daß die Dynamomaschinen zu jeder Zeit rastlos arbeiten müßten, um diesen Aufgaben zu genügen. Aber wenn man zur Zeit der vollen Thätig- keit des Werkes, die nicht für die Beleuchtung und Kraftverteilung verbrauchte Elektrizität zum Laden von Sammlern verwendet, so werden diese in den Zeiten der Ruhe des Kraftzentrums für sich den Bedarf an Strom zu decken im Stande sein. Wäre es nicht äußerst un- ökonomisch, wenn man alle Zeit alle Maschinen in Thätigkeit haben müßte? Wenn es angeht, die Zentrale Tag und Nacht ununterbrochen arbeiten zu lassen, so wird doch zu den verschiedenen Tageszeiten ihre Leistungsfähigkeit in verschiedener Weise beansprucht. Es mag Stunden geben, wo für den Kraftverbrauch die Zahl der Umdrehungen der Haupt- dynamomaschinen bis über die Grenze dessen steigen müßte, was sie vertragen kann, während zu anderer Zeit die geringste Geschwindigkeit noch immer zu groß wäre im Verhältnis zu dem geringen Anspruch an Kraft. Ist es da nicht weit gescheiter, die Maschine stets gleich- mäßig laufen zu lassen und die im letzten Falle in den Akkumulatoren aufgespeicherte Kraft zu Zeiten, wo höhere Ansprüche gestellt werden, mit in Wirksamkeit zu setzen, so daß sie die Kraft der Maschinen unterstützen? Man wird auf diese Weise sich mit der Aufstellung kleinerer Maschinen in den Zentralen genügen lassen können, als ohne die Anwesenheit der Sammler nötig wären, weil eben diese im Bedarfs- falle den Hauptmaschinen ihre Hülfe leihen.
Solche Zentralen giebt es jetzt in vielen Städten Deutschlands. Als die bemerkenswerteste dürften wohl die Berliner Elektrizitätswerke gelten. Fünf große Stationen sind mit Gleichstrommaschinen ausgestattet und übertragen ihre elektrische Arbeitskraft durch ein Kabelnetz von zusammen 612 Kilometer Länge auf die Lampen und Motoren, die in dieses eingeschaltet sind. Das Werk in der Mauerstraße allein besitzt eine 4800 Pferdestärken entsprechende Leistungsfähigkeit. Wie sind nun die Lampen und Motoren in dieses Netz eingeschaltet? Es ließe sich denken, daß etwa eine einzige geschlossene Leitung von Apparat zu Apparat geht, und nachdem sie den Weg durch alle gemacht hat, zu der Maschine zurückkehrt. Dann würde offenbar jede Stromunterbrechung, welche in einer Lampe vorkäme, in allen Apparaten plötzlich die Zufuhr der Elektrizität abschneiden. Deshalb müssen vielmehr von jeder Maschine zwei Leitungen ausgehen, deren eine -- wenn es sich etwa um Bogen- lampen handelt -- immer nur mit einer Kohle derselben in Verbindung steht, während die andere die anderen Kohlen mit einander verbindet. Die beiden Leitungen müssen freilich an einem fernen Punkte, außer- halb der Lampen mit einander verbunden sein, und man kann sie sogar beide in demselben Kabel führen, wenn man nur die eine von der anderen gehörig isoliert. Jetzt wird es offenbar den anderen Apparaten nichts schaden, wenn auch irgend eine der Lampen ein un- erwünschter Zufall trifft. Wir haben dann das Zweileitersystem vor
Die elektriſchen Erfindungen.
motoren zu beſchaffen ſein. Dann ſollten wir annehmen, daß die Dynamomaſchinen zu jeder Zeit raſtlos arbeiten müßten, um dieſen Aufgaben zu genügen. Aber wenn man zur Zeit der vollen Thätig- keit des Werkes, die nicht für die Beleuchtung und Kraftverteilung verbrauchte Elektrizität zum Laden von Sammlern verwendet, ſo werden dieſe in den Zeiten der Ruhe des Kraftzentrums für ſich den Bedarf an Strom zu decken im Stande ſein. Wäre es nicht äußerſt un- ökonomiſch, wenn man alle Zeit alle Maſchinen in Thätigkeit haben müßte? Wenn es angeht, die Zentrale Tag und Nacht ununterbrochen arbeiten zu laſſen, ſo wird doch zu den verſchiedenen Tageszeiten ihre Leiſtungsfähigkeit in verſchiedener Weiſe beanſprucht. Es mag Stunden geben, wo für den Kraftverbrauch die Zahl der Umdrehungen der Haupt- dynamomaſchinen bis über die Grenze deſſen ſteigen müßte, was ſie vertragen kann, während zu anderer Zeit die geringſte Geſchwindigkeit noch immer zu groß wäre im Verhältnis zu dem geringen Anſpruch an Kraft. Iſt es da nicht weit geſcheiter, die Maſchine ſtets gleich- mäßig laufen zu laſſen und die im letzten Falle in den Akkumulatoren aufgeſpeicherte Kraft zu Zeiten, wo höhere Anſprüche geſtellt werden, mit in Wirkſamkeit zu ſetzen, ſo daß ſie die Kraft der Maſchinen unterſtützen? Man wird auf dieſe Weiſe ſich mit der Aufſtellung kleinerer Maſchinen in den Zentralen genügen laſſen können, als ohne die Anweſenheit der Sammler nötig wären, weil eben dieſe im Bedarfs- falle den Hauptmaſchinen ihre Hülfe leihen.
Solche Zentralen giebt es jetzt in vielen Städten Deutſchlands. Als die bemerkenswerteſte dürften wohl die Berliner Elektrizitätswerke gelten. Fünf große Stationen ſind mit Gleichſtrommaſchinen ausgeſtattet und übertragen ihre elektriſche Arbeitskraft durch ein Kabelnetz von zuſammen 612 Kilometer Länge auf die Lampen und Motoren, die in dieſes eingeſchaltet ſind. Das Werk in der Mauerſtraße allein beſitzt eine 4800 Pferdeſtärken entſprechende Leiſtungsfähigkeit. Wie ſind nun die Lampen und Motoren in dieſes Netz eingeſchaltet? Es ließe ſich denken, daß etwa eine einzige geſchloſſene Leitung von Apparat zu Apparat geht, und nachdem ſie den Weg durch alle gemacht hat, zu der Maſchine zurückkehrt. Dann würde offenbar jede Stromunterbrechung, welche in einer Lampe vorkäme, in allen Apparaten plötzlich die Zufuhr der Elektrizität abſchneiden. Deshalb müſſen vielmehr von jeder Maſchine zwei Leitungen ausgehen, deren eine — wenn es ſich etwa um Bogen- lampen handelt — immer nur mit einer Kohle derſelben in Verbindung ſteht, während die andere die anderen Kohlen mit einander verbindet. Die beiden Leitungen müſſen freilich an einem fernen Punkte, außer- halb der Lampen mit einander verbunden ſein, und man kann ſie ſogar beide in demſelben Kabel führen, wenn man nur die eine von der anderen gehörig iſoliert. Jetzt wird es offenbar den anderen Apparaten nichts ſchaden, wenn auch irgend eine der Lampen ein un- erwünſchter Zufall trifft. Wir haben dann das Zweileiterſyſtem vor
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[204/0222]
Die elektriſchen Erfindungen.
motoren zu beſchaffen ſein. Dann ſollten wir annehmen, daß die
Dynamomaſchinen zu jeder Zeit raſtlos arbeiten müßten, um dieſen
Aufgaben zu genügen. Aber wenn man zur Zeit der vollen Thätig-
keit des Werkes, die nicht für die Beleuchtung und Kraftverteilung
verbrauchte Elektrizität zum Laden von Sammlern verwendet, ſo werden
dieſe in den Zeiten der Ruhe des Kraftzentrums für ſich den Bedarf
an Strom zu decken im Stande ſein. Wäre es nicht äußerſt un-
ökonomiſch, wenn man alle Zeit alle Maſchinen in Thätigkeit haben
müßte? Wenn es angeht, die Zentrale Tag und Nacht ununterbrochen
arbeiten zu laſſen, ſo wird doch zu den verſchiedenen Tageszeiten ihre
Leiſtungsfähigkeit in verſchiedener Weiſe beanſprucht. Es mag Stunden
geben, wo für den Kraftverbrauch die Zahl der Umdrehungen der Haupt-
dynamomaſchinen bis über die Grenze deſſen ſteigen müßte, was ſie
vertragen kann, während zu anderer Zeit die geringſte Geſchwindigkeit
noch immer zu groß wäre im Verhältnis zu dem geringen Anſpruch
an Kraft. Iſt es da nicht weit geſcheiter, die Maſchine ſtets gleich-
mäßig laufen zu laſſen und die im letzten Falle in den Akkumulatoren
aufgeſpeicherte Kraft zu Zeiten, wo höhere Anſprüche geſtellt werden,
mit in Wirkſamkeit zu ſetzen, ſo daß ſie die Kraft der Maſchinen
unterſtützen? Man wird auf dieſe Weiſe ſich mit der Aufſtellung
kleinerer Maſchinen in den Zentralen genügen laſſen können, als ohne
die Anweſenheit der Sammler nötig wären, weil eben dieſe im Bedarfs-
falle den Hauptmaſchinen ihre Hülfe leihen.
Solche Zentralen giebt es jetzt in vielen Städten Deutſchlands. Als
die bemerkenswerteſte dürften wohl die Berliner Elektrizitätswerke gelten.
Fünf große Stationen ſind mit Gleichſtrommaſchinen ausgeſtattet und
übertragen ihre elektriſche Arbeitskraft durch ein Kabelnetz von zuſammen
612 Kilometer Länge auf die Lampen und Motoren, die in dieſes
eingeſchaltet ſind. Das Werk in der Mauerſtraße allein beſitzt eine
4800 Pferdeſtärken entſprechende Leiſtungsfähigkeit. Wie ſind nun die
Lampen und Motoren in dieſes Netz eingeſchaltet? Es ließe ſich denken,
daß etwa eine einzige geſchloſſene Leitung von Apparat zu Apparat geht,
und nachdem ſie den Weg durch alle gemacht hat, zu der Maſchine
zurückkehrt. Dann würde offenbar jede Stromunterbrechung, welche
in einer Lampe vorkäme, in allen Apparaten plötzlich die Zufuhr der
Elektrizität abſchneiden. Deshalb müſſen vielmehr von jeder Maſchine
zwei Leitungen ausgehen, deren eine — wenn es ſich etwa um Bogen-
lampen handelt — immer nur mit einer Kohle derſelben in Verbindung
ſteht, während die andere die anderen Kohlen mit einander verbindet.
Die beiden Leitungen müſſen freilich an einem fernen Punkte, außer-
halb der Lampen mit einander verbunden ſein, und man kann ſie
ſogar beide in demſelben Kabel führen, wenn man nur die eine von
der anderen gehörig iſoliert. Jetzt wird es offenbar den anderen
Apparaten nichts ſchaden, wenn auch irgend eine der Lampen ein un-
erwünſchter Zufall trifft. Wir haben dann das Zweileiterſyſtem vor
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/222>, abgerufen am 26.11.2024.
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